Aktuelle Steuerrechtsfragen in Krise und Insolvenz

Aktuelle Steuerrechtsfragen in Krise und Insolvenz

I. Ertragsteuerliche Organschaft in der Insolvenz

Die Auswirkungen einer Insolvenz auf die ertragsteuerrechtliche Organschaft sind im Vergleich zu denen auf die umsatzsteuerrechtliche Organschaft in der Rechtsprechung der Finanzgerichte unterrepräsentiert. Generell stellen sich ausgehend vom gesetzlichen Regelungsrahmen in §§ 14, 17 KStG, § 2 II 2 GewStG verschiedene Fragen bei Fällen der ertragsteuerlichen Organschaft in der Insolvenz, ua ob der Gewinnabführungsvertrag iSd § 291 AktG (vgl. § 14 I 1 KStG) unter Rückgriff auf das Urteil des BGH zur KO1 „automatisch“ (dh ohne dass es einer außerordentlichen Kündigung bedarf) durch Insolvenzeröffnung beendet wird,2 der Gewinnabführungsvertrag tatsächlich durchgeführt wird bzw. wurde (vgl. § 14 I 1 Nr. 3 S. 1 Hs. 2 KStG) und die Organgesellschaft (immer noch) finanziell eingegliedert ist (vgl. § 14 I 1 Nr. 1 S. 1 KStG).3 Bei der Falllösung sind stets die verschiedenen Fallgruppen zu berücksichtigen, die abhängig vom Sachverhalt möglich sind.4

Erste Hinweise aus der finanzgerichtlichen Rechtsprechung hatte das Urteil des FG Nürnberg vom 11.12.2018 für den Fall einer sog. Doppelinsolvenz von Organträger und Organgesellschaft gegeben.5 Nunmehr hat der BFH die vom Steuerpflichtigen geführte Revision mit Urteil vom 2.11.2022 entschieden und die Vorinstanz aufgehoben.6

In dem entschiedenen Streitfall waren eine Holding-GmbH und ihre Tochter-GmbH Teil eines internationalen Konzerns. Zwischen den genannten Gesellschaften wurde ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag („BGAV“) mit einer Laufzeit von fünf Zeitjahren geschlossen (Abschluss des BGAV am 30./31.10.2006, Eintragung in das HR der Organgesellschaft am 19.12.2006). Der BGAV wurde in den Jahren 2006 und 2007 unstreitig (tatsächlich) durchgeführt. Am 1.6.2009 wurde über das Vermögen beider Gesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet (sog. Doppelinsolvenz von Organgesellschaft und Organträger). Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung lagen die festgestellten Jahresabschlüsse für 2006 und 2007 sowie der Entwurf eines Jahresabschlusses zum 31.12.2008 vor.

Der Kl. ist der Insolvenzverwalter der Holding-GmbH und hatte für die Jahre 2006 und 2007 geänderte Steuererklärungen eingereicht, wonach die Organschaft rückwirkend entfalle. Er machte im Rahmen des Beteiligtenvortrags geltend, dass der BGAV (schon) im Jahr 2008 aus verschiedenen Gründen nicht tatsächlich durchgeführt worden sei. Auch eine Rechtfertigung der Nichtdurchführung nach Maßgabe eines „wichtigen Grundes“ iSd § 14 I 1 Nr. 3 S. 2 KStG wegen der Insolvenzeröffnung läge nicht vor. Die Nichtdurchführung des BGAV in der fünfjährigen Mindestlaufzeit erfasse die Streitjahre 2006 und 2007, weshalb auch in diesen Jahren – bei einer ex post Betrachtung – keine ertragsteuerliche Organschaft gegeben gewesen sei. In der Folge sei daher dem Einkommen der Holding-GmbH das Einkommen der Tochter-GmbH nicht zuzurechnen. Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag seien aus diesem Grund zugunsten der Holding-GmbH herabzusetzen. Folgt man dem, wäre es für die Jahre 2006 und 2007 zu einer Erstattung von Körperschaft- und Gewerbesteuer auf Ebene der Holding-GmbH (= „vermeintliche“ Organträgerin) gekommen. Das Finanzamt hätte die entsprechenden Steuern aus der Tätigkeit der Tochter-GmbH durch entsprechende Nachforderung nicht mehr (in voller Höhe) realisieren können, da auch über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.7

Nach dem ausführlich begründeten Urteil des FG Nürnberg hatte die Organschaft bis zur Insolvenzeröffnung Bestand. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Ebene des Organträgers und der Organgesellschaft qualifiziere als ein „wichtiger Grund“ für die Beendigung des BGAV. Der BGAV ende erst zu diesem Zeitpunkt automatisch, ohne dass es einer Kündigung oder einer Ausübung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO bedarf. Für den steuernormspezifischen Rechtsbegriff des wichtigen Grunds in § 14 I 1 Nr. 3 S. 2 KStG sei nicht mit unmittelbarer Wirkung auf diejenigen Maßgaben zurückzugreifen, die in zivilrechtlicher Hinsicht die Vertragsauflösung aus wichtigem Grund ermöglichen. Anders als im Zivilrecht könne der wichtige Grund, der eine Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags rechtfertigen soll, nicht im Belieben der Parteien stehen und gar nur dazu benutzt werden, um die fünfjährige Mindestlaufzeit zu unterlaufen. Die Beendigung des BGAV aufgrund einer Insolvenzeröffnung wirkt gem. § 14 I 1 Nr. 3 KStG analog iVm § 17 KStG steuerlich auf den Beginn des Wirtschaftsjahrs der Insolvenzeröffnung zurück. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens blieben die Verpflichtungen aus dem BGAV also bestehen und sind in den Jahresabschlüssen von Organgesellschaft und Organträger auszuweisen.8 Dementsprechend hat das FG Nürnberg die Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen.

Der BFH hat das Urteil des FG Nürnberg nun jüngst aufgehoben und wegen fehlender Spruchreife an das FG zurückverwiesen;9 die Organschaft sei im Ergebnis „mit Rückwirkung“ beendet. Ein wesentlicher Begründungsstrang des BFH ist zunächst die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags, die Voraussetzung für die Anerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft ist (vgl. § 14 I 1 Nr. 3 S. 1 KStG). Diese ist – insolvenzbedingt – nicht erfolgt. Sofern ein vorläufiger Jahresabschluss der Organgesellschaft wegen Insolvenz nicht mehr korrigiert werden kann und wenn bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze im endgültigen Jahresabschluss ein anderes Ergebnis auszuweisen wäre, kann diese Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags ungeachtet der Insolvenz auch nicht in (analoger) Anwendung des § 14 I 1 Nr. 3 S. 2 KStG („wichtiger Grund“) „geheilt“ werden.10 Zwar verhinderten die insolvenzrechtlichen Restriktionen, dass eine Korrektur des vorläufigen Jahresabschlusses tatsächlich umgesetzt werden könnte, da die aus dem BGAV resultierenden Forderungen lediglich Insolvenzforderungen iSd § 38 InsO sind, die grundsätzlich nicht mehr bedient werden dürfen. Sofern der vorläufig abgeführte Gewinn bzw. der vorläufig erstattete Fehlbetrag nicht dem Betrag entspricht, der in einer endgültigen Bilanz auszuweisen wäre, führt dies aber nach dem BFH zu einer schädlichen Nichtdurchführung des BGAV. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, ob und in welchem Umfang der Steuerpflichtige auf deren Erfüllung selbst Einfluss nehmen konnte oder ob er – wie im Fall der Insolvenz – durch rechtliche Restriktionen daran gehindert wurde.11

Überdies kommt es auch nicht – anders als das FG Nürnberg entschieden hatte12 – zu einer Anerkennung der Organschaft in den Jahren vor der Insolvenz, in denen die Organschaft noch tatsächlich durchgeführt wurde. Vielmehr kommt es mit Blick auf die Mindestlaufzeit von fünf Jahren (vgl. § 14 I 1 Nr. 3 S. 1 KStG; vorliegend nicht eingehalten) insgesamt zu einer (rückwirkenden) Nichtanerkennung der Organschaft (und nicht bloß zu einer „Unterbrechung“ für einzelne Veranlagungszeiträume).13

Das FG wird nun im zweiten Rechtsgang weitere Sachverhaltsermittlungen zu den konkreten Folgen der Nichtanerkennung der Organschaft in den Streitjahren anstellen, weil bislang nur die Höhe der Jahresüberschüsse bzw. Jahresfehlbeträge der Tochter-GmbH festgestellt wurden, die der Holding-GmbH aufgrund der („vermeintlichen“) Organschaft in den Streitjahren zugerechnet worden sind.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Insolvenzverwalter obsiegt und letztlich Erstattungsansprüche durchgesetzt hat.14 Dabei hat der BFH in den Entscheidungsgründen (iRd Prüfung der „tatsächlichen Durchführung“ des BGAV) ausdrücklich herausgestellt, dass der „Vorteil“ einer Nichtanerkennung der Organschaft für den Steuerpflichtigen im hiesigen Fall (in nicht insolvenzbehafteten Fällen streitet der Steuerpflichtige regelmäßig für die Anerkennung der Organschaft) zu „keinem anderen Ergebnis“ führe. Wenn der Insolvenzverwalter zur Sicherung der Masse und zum Zweck der Gläubigerbefriedigung eine Nichtanerkennung der Organschaft anstrebt, da er dadurch Steuererstattungsansprüche erlangen kann, entspricht dies laut dem BFH seinem gesetzlichen Pflichtenkreis.15 Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Insolvenzpraxis sollte sich bei Fällen mit ertragsteuerlicher Organschaft an der neuen – (derzeit) nicht im BStBl. II veröffentlichten – Rechtsprechung des BFH orientieren.

II. Änderung des AEAO zu § 251

Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 23.1.2023 ua den AEAO zu § 251 geändert und dort insbesondere die jüngere Rechtsprechung des BFH berücksichtigt.16 § 251 II 1 AO ist die sog. „Schlüsselvorschrift“ im Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht („Unberührt bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung (…)“). Die Inhalte des BMF-Schreibens sind nur teilweise „neu“, dürften aber wegen der nun erfolgten Änderung bzw. Ergänzung des AEAO zu § 251 auch von Seiten der Finanzverwaltung eine gewisse Aufmerksamkeit erhalten, weshalb sich eine eingehende Betrachtung lohnt. Nachfolgend sollen exemplarisch einige Änderungen vorgestellt werden:

1. Erlass von Steuerbescheiden bei Insolvenzforderungen

In Nr. 4.3.1 des AEAO zu § 251 wird der Abschnitt zum Erlass von Steuerbescheiden für vor Insolvenzeröffnung begründete Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (Insolvenzforderungen nach § 38 InsO) in weiten Teilen neu gefasst. Es ist geklärt, dass während des Insolvenzverfahrens hinsichtlich Insolvenzforderungen grundsätzlich keine Bescheide über die Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis und keine Bescheide, die Besteuerungsgrundlagen feststellen oder Steuermessbeträge festsetzen, erlassen werden dürfen, die die Höhe der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen können. Ein gleichwohl erlassener Steuerbescheid über einen Steueranspruch, der eine Insolvenzforderung betrifft, ist unwirksam.17 Die Finanzverwaltung ergänzt nun den „Katalog“ von auch nach Insolvenzeröffnung zulässigen Steuerbescheiden um das Urteil des BFH vom 5.4.2022 (Erlass von Steuerbescheiden, falls sich nach Berücksichtigung von Anrechnungsbeträgen insgesamt ein Erstattungsbetrag ergibt).18 Daneben nennt der AEAO iRd auch nach Insolvenzeröffnung zulässigen Bescheide weiterhin ua die Fälle der sog. „Null-Festsetzungen“, der Umsatzsteuerbescheide mit Guthabenausweis und der Festsetzung von Steuermessbeträgen, die sich für den Schuldner vorteilhaft auswirken.

2. (Keine) Restschuldbefreiung bei Steuerstraftaten

Die Nr. 5.2 des AEAO zu § 251 zur Geltendmachung von Insolvenzforderungen wird anlässlich der jüngeren Rechtsprechung des BFH zur Restschuldbefreiung bei Steuerstraftaten neugefasst.19 Liegt einer Insolvenzforderung eine Steuerstraftat des Schuldners nach §§ 370, 373 oder 374 AO zugrunde, sind neben dem Grund und dem Betrag der Forderung auch die Tatsachen, aus denen sich nach Einschätzung der Finanzbehörde eine entsprechende Steuerstraftat ergibt, anzugeben. Die Finanzverwaltung stellt nunmehr klar, dass diese Tatsachen auch gem. § 177 I 3 InsO nachträglich angemeldet werden können.

In der Nr. 5.3.2 des AEAO zu § 251 („Vom Schuldner bestrittene Forderungen“) wird der Abs. 7 um das bereits vorstehend genannte BFH-Urteil zur Restschuldbefreiung bei Steuerstraftaten ergänzt; thematisch gehören die Änderungen in der Nr. 5 und der Nr. 5.3.2 also zusammen. Die Änderung in Nr. 5.3.2 entspricht inhaltlich der früheren Verwaltungsauffassung im AEAO, wonach im Falle eines Wiederspruchs der Anmeldung einer Forderung iSv § 302 Nr. 1 InsO das Finanzamt bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens – unabhängig von einer Titulierung – einen Feststellungsbescheid iSv § 251 III AO mit dem Ziel erlassen kann, die Forderung von der Restschuldbefreiung auszunehmen, wenn der Schuldner im Zusammenhang mit den angemeldeten Forderungen wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder 374 AO rechtskräftig verurteilt worden ist.20

3. Steuerforderungen und Insolvenzplan

Von wesentlicher Bedeutung für die Insolvenz- und Sanierungspraxis sind die Inhalte der neugefassten Nr. 11 und 14 des AEAO zu § 251 AO. Beide gehen auf das BFH-Urteil vom 8.3.2022 zur Behandlung von Insolvenzforderungen nach Abschluss eines Insolvenzplanverfahrens zurück. Der Fall des BFH hatte einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer zum Gegenstand, wobei das Finanzamt die entsprechende Forderung nicht zur Insolvenztabelle angemeldet hatte, sondern als Nachzügler innerhalb der Frist des § 259b InsO festgesetzt hat. Die rechtlichen Erwägungen des BFH in den Entscheidungsgründen sind nur stellenweise neu, insgesamt aber von grundlegender Natur und verdienen Beachtung (für alle Steuerarten).21

a) Nr. 11 des AEAO zu § 251 AO

Der fünfte Absatz der Nr. 11 des AEAO zu § 251 AO ist nun wie folgt gefasst:

„Soweit auf Steuerforderungen, die Gegenstand des Insolvenzplans sind, verzichtet wurde, werden diese mit Bestätigung des Plans zu unvollkommenen Forderungen. Sie sind zwar erfüllbar, können aber grundsätzlich gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden. Die Steuerforderungen erlöschen iSd § 47 AO auch dann nicht mit der Zustimmung zu einem Insolvenzplan, wenn der Plan einen (Teil-)Erlass der Ansprüche vorsieht (BFH-Urteil vom 8.3.2022 – VI R 33/19, BStBl. 2023 II 98). Die Möglichkeit der Inanspruchnahme Dritter im Wege der Haftung bleibt bestehen, soweit nicht ein Haftungsausschluss nach § 227 II InsO in Betracht kommt.“

Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Steuerforderungen auch dann nicht mit der Zustimmung zu einem Insolvenzplan iSd § 47 AO erlöschen, wenn der Insolvenzplan einen (Teil-)Erlass der Ansprüche vorsieht.22 Die Steuerschulden (ob im Zeitpunkt der Planerstellung/-bestätigung „bekannt oder unbekannt“, dh unabhängig von einer Anmeldung zur Insolvenztabelle) sind also nicht „weg“, sondern bestehen als „natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten“ fort (sog. Naturalobligationen; zur Inanspruchnahme von Haftenden s. nachstehend).

Das Finanzamt kann Steuerschulden in Form von Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) also auch nach Aufhebung eines Insolvenzverfahrens in voller Höhe festsetzen (vgl. §§ 155 ff. AO), soweit sie nicht bereits zur Insolvenztabelle angemeldet und ggf. durch Bescheid nach § 251 III AO festgestellt worden waren, dh also regelmäßig bei erstmaligem Bescheiderlass oder Korrekturen (etwa infolge der Durchführung von Betriebsprüfungen) nach Aufhebung des Insolvenzverfah-

rens.23 Das Finanzamt ist bei der Festsetzung sog. Nachzüglerforderungen in den Grenzen des § 259b InsO also nicht auf die Insolvenzquote beschränkt. Grund hierfür ist, dass die (teilweise) Befreiung des Insolvenzschuldners von den Steuerverbindlichkeiten durch den Insolvenzplan nur die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis berührt. Die Frage, in welcher Höhe das Finanzamt seine Forderungen im Ergebnis durchsetzen kann, ist also nach der für die Praxis maßgeblichen Rechtsprechung des BFH „nur“ bzw. „erst“ im auf das Festsetzungsverfahren nachfolgenden Erhebungsverfahren24 von Relevanz; es besteht also keine „Festsetzungssperre“ (auch nicht in Höhe der über die Planquote hinausgehenden Steuerschulden).25

Zu den Wirkungen des Insolvenzplans im Erhebungsverfahren hat der BFH aus verfahrensrechtlichen Gründen nichts ausgeführt; auch der AEAO ist insofern unergiebig. Folgerichtig und rechtlich zutreffend ist, dass das Finanzamt im Ergebnis nur die (fiktive) Quote durchsetzen kann, die die Planrechnung bei rechtzeitiger Forderungsanmeldung ergeben hätte, selbst wenn der Plan eine feste Quote vorsieht (sog. „hypothetische Quotenberechnung).26 Streitigkeiten hierüber wären aus der Sicht der (ehemaligen) Schuldnerin ggf. im Erhebungsverfahren mittels eines Abrechnungsbescheids (§ 218 II 1 AO) zu klären.

Es ist überdies nicht neu, dass die Möglichkeit der Inanspruchnahme Dritter im Wege der Haftung bestehen bleibt, soweit nicht ein Haftungsausschluss nach § 227 II InsO in Betracht kommt (s. Nr. 11 Abs. 5 S. 3 AEAO zu § 251 AO). Dementsprechend formuliert auch Abschn. 61 Abs. 6 S. 3 ff. VollstrA seit der Neufassung durch BMF-Schreiben vom 23.10.201727 wie folgt:

„(…) 3Soweit auf Abgabenforderungen verzichtet wurde, werden diese zu so genannten unvollkommenen Forderungen, die gegenüber dem Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden können (Vollstreckungs- und Aufrechnungsverbot). 4Etwaige Haftungsschuldner können aber weiterhin in Anspruch genommen werden, soweit nicht ein Haftungsausschluss nach § 227 II InsO in Betracht kommt. 5§ 191 V 2 AO ist insoweit nicht anwendbar.”

Das bedeutet im Ergebnis, dass potenziell Haftende (vgl. §§ 69 ff. AO) grundsätzlich durch Haftungsbescheid (§§ 191, 219 AO) in Anspruch genommen werden können, auch wenn die entsprechende Steuerschuld („Akzessorietät der Haftung“) als Insolvenzforderung nach § 38 InsO qualifiziert und von den Wirkungen eines Insolvenzplans erfasst ist. § 254 InsO (Wirkungen des Insolvenzplans) gilt grundsätzlich nicht im Verhältnis zum Haftungsschuldner.28 Im Fall einer Haftung nach § 69 AO ist insbesondere der partielle Haftungsausschluss aus § 15b VIII InsO zu berücksichtigen. Unabhängig davon sind individuell für jeden steuerlichen Haftungstatbestand (§§ 69 ff. AO) die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen neben dem Bestehen einer fremden Steuerschuld zu prüfen. Außerdem muss das Ermessen beim Erlass eines Haftungsbescheids nach § 191 I 1 AO iVm § 5 AO ordnungsgemäß ausgeübt werden.

b) Nr. 14 des AEAO zu § 251 AO

Mit der vorstehend beschriebenen Änderung der Nr. 11 des AEAO zu § 251 thematisch verknüpft ist schließlich die Neufassung des achten Absatzes der Nr. 14 des AEAO zu § 251, die wie folgt lautet:

„Nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans ist eine Änderung einer vorinsolvenzlich erfolgten Steuerfestsetzung nicht mehr möglich (BFH-Urteil 22.10.2014 – I R 39/13, BStBl. 2015 II 577). Im Planverfahren nicht angemeldete Forderungen dürfen innerhalb der Frist des § 259b InsO mittels Bescheid geltend gemacht werden (BFH-Urteil 8.3.2022 – VI R 33/19, BStBl. 2023 II 98).“

Neu in den AEAO aufgenommen ist lediglich der S. 2 des vorstehend wiedergegebenen Absatzes. Auch dies hat seinen Ursprung in der jüngeren Rechtsprechung des BFH und stellt klar, dass die Regelung des § 259b InsO („Besondere Verjährungsfrist“) auch für die Finanzverwaltung als „unerkannten“ Gläubiger („Nachzügler“) gilt. Die in der Praxis anzustellenden Verknüpfungen mit dem Steuerverfahrensrecht und die Auswirkungen auf vorinsolvenzlich begründete (aber bislang nicht zur Insolvenztabelle angemeldete) Steuerforderungen sind bereits beschrieben worden29 und sollten in Sanierungsfällen (auch mit Transaktionsbezug) bei der Einschätzung von steuerlichen Risiken vorausschauend bedacht werden.

III. Asset-Deal „aus“ der Insolvenz und Forderungsabtretung

Transaktionsstrukturen mit Insolvenzbezug sind vielfältig. Häufig gewähltes Instrument ist der sog. Asset-Deal, mit dem einzelne (werthaltige) Vermögensgegenstände des Insolvenzschuldners im Wege der Einzelrechtsnachfolge verkauft und übertragen werden.30 In steuerlicher Hinsicht sind die Vorteile eines Erwerbs nach Insolvenzeröffnung31 ua der Ausschluss einer etwaigen Haftung des Betriebsübernehmers nach § 75 AO für sog. Betriebssteuern (vgl. § 75 II AO) sowie – im Falle von Grundstücksübertragungen – von Grundsteuer (vgl. § 11 II 2 GrStG). Auch § 25 HGB kommt bei Erwerben nach Insolvenzeröffnung hinsichtlich der Steuerschulden des Verkäufers nicht in Betracht.32 Aus Sicht des

Insolvenzverwalters oder eigenverwaltenden Schuldners wird der erzielte Gewinn aus der Veräußerung häufig mit laufenden Verlusten oder einem Verlustvortrag verrechenbar sein.33

In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht handelt es sich bei Asset-Deals nicht selten um eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (sog. „GiG“, vgl. § 1 I a UStG). Das führt dazu, dass der Umsatz „Asset-Deal“ (zivilrechtlich: die Unternehmensveräußerung im Wege der Einzelrechtsnachfolge) nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt umsatzsteuerlich an die Stelle des Veräußerers (vgl. § 1 I a 2 f. UStG). Die Finanzverwaltung hat ihre Interpretation der gesetzlichen Regelungen ausführlich in Abschn. 1.5 UStAE niedergelegt, was für die Praxis in der Regel maßgeblich ist und in vielen Fällen wertvolle Hinweise zur umsatzsteuerrechtlichen Qualifikation der Transaktion gibt.

Asset-Deals sind in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung vielfältig, die Parteien frei darin, auf den Einzelfall abgestimmte Vereinbarungen zu treffen. Soweit auch (bislang nicht nach § 362 BGB erfüllte) Forderungen aus Umsätzen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung („Altforderungen“) Teil des Kaufgegenstands sind und im Wege der Abtretung nach § 398 BGB übertragen werden, ergibt sich wegen einer derzeit ungeklärten Rechtsfrage eine besondere Problemstellung, die ihren Ursprung in der sog. Doppelberichtigungsrechtsprechung des BFH34 hat und Anlass der vorliegenden Schilderung ist.

Generell hat der Insolvenzschuldner hinsichtlich der Altforderungen mit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters eine erste (steuerreduzierende) Berichtigung nach § 17 II Nr. 1 S. 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen im sog. vorinsolvenzrechtlichen Vermögensbereich zu erklären. Falls und soweit die Forderungen später eingezogen werden, ist eine zweite (steuererhöhende) Berichtigung nach § 17 II Nr. 1 S. 2 UStG im sog. Unternehmensbereich „Insolvenzmasse“ zu erklären, die – abhängig vom Zeitpunkt des Forderungseinzugs – entweder als Masseverbindlichkeit nach § 55 II, IV InsO oder nach § 55 I InsO zu qualifizieren ist. Falls nun aber im Fall eines Asset-Deals nicht (mehr) der Insolvenzverwalter für den Insolvenzschuldner („Verkäufer“) die (Brutto-)Forderung einzieht, sondern nach dem Vollzugsstichtag der Transaktion der Käufer, stellt sich die Frage, bei welchem Rechtsträger im Ergebnis Umsatzsteuer entsteht, dh wer die in der (Brutto-)Forderung enthaltene Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss (Insolvenzschuldner/Verkäufer oder Käufer).

Im Ergebnis zutreffend ist nach hier vertretener Auffassung sowohl aus pragmatischen wie auch aus rechtlichen Gründen, dass der Käufer die in der eingezogenen Forderung enthaltene Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss. Denn der Käufer und nicht die Insolvenzmasse verfügt nunmehr über die entsprechende „Liquidität“ und hat überdies Kenntnis vom Forderungseinzug, was er bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen berücksichtigen kann. Das allein reicht indes für eine rechtliche Begründung nicht aus; die dahinterliegenden Erwägungen sind deutlich vielschichtiger und in der Dogmatik der Doppelberichtigungsrechtsprechung verortet, wonach letztlich in der Insolvenz der Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen soll, der sie zuvor vereinnahmt hat.35 Allein ein Verweis auf die sog. objektbezogene Einzelrechtsnachfolge nach § 1 I a 3 UStG36 reicht als rechtliche Begründung nicht aus, da sie gerade keinen vollumfänglichen Eintritt in die frühere umsatzsteuerliche Rechtsstellung des Veräußerers bewirkt. In der Literatur ist diese insolvenzspezifische Problemstellung, soweit ersichtlich, bislang kaum konkret erörtert worden. Soweit sich Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit einem Übergang von umsatzsteuerlichen Berichtigungspflichten finden, haben diese ohnehin größtenteils keinen Insolvenzbezug und sind daher für die hiesige Problemstellung nicht oder nur sehr eingeschränkt ergiebig. Letztlich ergibt sich ein geteiltes Meinungsbild.37 Ebenfalls keinen Insolvenzbezug hat das stellenweise angeführte Urteil des BFH vom 7.12.2006,38 aus dem eine Berichtigungspflicht beim Erwerber geschlussfolgert wird. Zu dem Urteil des BFH ist über den fehlenden Insolvenzbezug hinaus anzumerken, dass es aus einer Zeit vor der Doppelberichtigungsrechtsprechung des BFH „stammt“ und zu einem Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft ergangen ist. Eine (auf Bund-Länder-Ebene) abgestimmte und veröffentlichte Auffassung der Finanzverwaltung für die beschriebene Problemstellung gibt es derzeit, soweit ersichtlich, nicht.39

In der Praxis sind verschiedene „Lösungen“ zu beobachten, auch hinsichtlich der Abstimmung mit der Finanzverwaltung. Bis zu einer Klärung der umsatzsteuerinsolvenzrechtlichen Rechtslage sollten sich die Parteien (Käufer, Verkäufer) iRd Transaktion auf eine steuerrechtliche Lösung verständigen, diese zur Vertragsgrundlage machen und bei der Formulierung der entsprechenden Klauseln berücksichtigen, um eine angemessene Dokumentation zu schaffen. Wegen der unklaren Rechtslage sollte überdies mit den üblichen Mechanismen im Rahmen einer Steuerklausel40 vertragliche Vorsorge für den Fall getroffen werden, dass eines der betei-

ligten Finanzämter eine abweichende Rechtsauffassung vertritt. Letztlich ist durch vertragliche Regelungen im zivilrechtlichen Innenverhältnis sicherzustellen, dass derjenige Rechtsträger die Umsatzsteuer beanspruchen kann, der diese gegenüber der Finanzverwaltung schuldet.

IV. Restschuldbefreiung bei Gewinneinkünften und Betriebsaufgabe

1. Einführung

Es wurde bereits darüber berichtet, dass sich die Praxis auf die neue Rechtsprechung des BFH41 und die neue Verwaltungsauffassung42 im Zusammenhang mit Fällen zur Restschuldbefreiung einzustellen hat, wenn der Schuldner zuvor sog. Gewinneinkünfte erzielt hat (vgl. § 2 II 1 Nr. 1 EStG).43

Zu den Gewinneinkünften zählen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG, ua Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 18 I Nr. 1 EStG) und – in der Praxis vergleichsweise wenig relevant – Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG). Von besonderer Relevanz und damit auch hier im Fokus sind Fälle, in denen der Betrieb vor oder nach Insolvenzeröffnung aufgegeben worden ist (vgl. § 16 III 1 EStG). Bei einer Betriebsaufgabe handelt es sich in steuerlicher Hinsicht zugleich um den „Schlusspunkt“ der betrieblichen Betätigung, was zu einer besonderen Besteuerung führt, ua der Aufstellung einer Aufgabebilanz (sowohl im Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmen-/Überschussrechnung gem. § 4 III EStG als auch durch Bilanzierung gem. §§ 4 I, 5 I EStG). Eine Betriebsaufgabe erfordert in steuerlicher Hinsicht grundsätzlich eine Willensentscheidung oder Handlung des Steuerpflichtigen, die darauf gerichtet ist, den Betrieb als selbstständigen Organismus nicht mehr in seiner bisherigen Form bestehen zu lassen.44

2. Fallgruppen

In der Praxis sind unter Berücksichtigung des seitens der Finanzverwaltung gewährten Vertrauensschutzes aus insolvenzsteuerrechtlicher Sicht derzeit vier Fallgruppen voneinander zu unterscheiden:

(1)Betriebsaufgabe nach der Insolvenzeröffnung und bis zum 19.5.2022 erfolgt (Zeitpunkt der Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 8.4.2022 im BStBl. I 2022, 632, Heft Nr. 8/2022);

(2)Betriebsaufgabe nach der Insolvenzeröffnung und ab dem 19.5.2022 erfolgt;

(3)Betriebsaufgabe vor Insolvenzeröffnung und bis zum 8.8.2017 erfolgt (Zeitpunkt der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 13.12.2016 in BStBl. II 2017, 786);

(4)Betriebsaufgabe vor der Insolvenzeröffnung und ab dem 8.8.2017 erfolgt.45

3.  BFH-Urteil vom 6.4.2022

Nunmehr wurde auch das vorerst letzte „Puzzleteil“ aus der Rechtsprechung des BFH zum Problemkreis der Restschuldbefreiung bei einer Betriebsaufgabe veröffentlicht; die Finanzverwaltung hat das entsprechende Urteil vom 6.4.2022 zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen, womit es für die Finanzämter zugleich für allgemein anwendbar erklärt wird.46 Der entschiedene Sachverhalt hat die erste Fallgruppe zum Gegenstand, dh einen Fall der Betriebsaufgabe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die bis zum 19.5.2022 erfolgte. Der BFH qualifiziert die Erteilung der Restschuldbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens für die Ermittlung des Gewinns aus einer Betriebsaufgabe auch dann als rückwirkendes Ereignis, wenn der Betrieb erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben worden ist (Ls. 1).47 Die aus der Restschuldbefreiung resultierenden Steuern sind im Fall der Betriebsaufgabe nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten iSd § 55 I Nr. 1 InsO, da sie Folge der Verwaltung durch den Insolvenzverwalter sind (Ls. 2). Für diese Fallgruppe („Altfälle“) gewährt die Finanzverwaltung derzeit partiellen Vertrauensschutz (vgl. § 176 II AO) mit der Folge, dass der Steuerpflichtige eine erteilte Restschuldbefreiung nicht als rückwirkendes Ereignis behandeln muss.

Das vorbenannte BFH-Urteil ist in der Insolvenzpraxis mancherorts auf Unverständnis und Kritik gestoßen, die sich bei näherer Betrachtung zumeist relativiert hat. Die Folgen des BFH-Urteils sind zumindest für sog. Altfälle, bei denen die Betriebsaufgabe nach der Insolvenzeröffnung erfolgte (s. vorstehend), wegen des gewährten Vertrauensschutzes „überschaubar“. Das gilt überdies für die – jedenfalls folgerichtige – Qualifikation der auf die Betriebsaufgabe entfallenden Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit. Denn vor der Abgrenzung zwischen Insolvenzforderung (§ 38 InsO) und Masseverbindlichkeit (§ 55 InsO) ist zu klären, ob überhaupt eine Steuerschuld materiell-rechtlich entstanden ist. In steuerlicher Hinsicht kommt es durch die erteilte Restschuldbefreiung zu einem Wegfall von betrieblichen Verbindlichkeiten, was in der Folge zu einem sog. „Buchgewinn“ führt („Gewinn ohne Liquiditätszufluss“). Insofern ist der Anwendungsbereich von § 3a EStG (steuerfreie Sanierungserträge) eröffnet, wobei im Fall der Erteilung einer Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO die Besonderheiten des § 3a V EStG (sog. unternehmerbezogene Sanierung) gelten. Das bedeutet zugleich, dass die Tatbestandsvoraussetzungen der sog. unternehmensbezogenen Sanierung gem. § 3a II EStG (Sanierungsbedürftigkeit, Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger) nicht erfüllt sein müssen. Im Ergebnis ist der aus der (steuerlich rückwirkenden) Restschuldbefreiung resultierende Aufgabegewinn nach hier vertretener Auffassung gem. § 3a I 1, V EStG steuerfrei.48

Problematisch ist indes das Zusammenspiel aus den „Folgewirkungen“ von § 3a V 2 iVm § 3a III EStG in Bezug auf den Veranlagungszeitraum der Betriebsaufgabe49 iVm den

für gewöhnlich im Zeitraum zwischen Betriebsaufgabe und Erteilung der Restschuldbefreiung erfolgten Verlustverrechnungen. Denn der (verbleibende) Sanierungsertrag mindert in einer von § 3a III EStG vorgegebenen Reihenfolge verschiedene Positionen, zu denen ua der Verlustvortrag nach § 10d EStG gehört (vgl. § 3a III 2 Nr. 10 EStG). Außerdem werden die negativen Einkünfte nach § 10d I 1 EStG des Folgejahres und die negativen Einkünfte nach § 10d I 2 EStG des zweiten Folgejahrs des Sanierungsjahrs einbezogen (vgl. § 3a III 2 Nr. 12 EStG). Das führt im Ergebnis dazu, dass die Einkommensteuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab dem Jahr der Betriebsaufgabe zu korrigieren sind, da die zwischenzeitlich genutzten Verluste (abhängig vom Zahlenwerk teilweise oder vollständig) ebenfalls rückwirkend „weggefallen“ sind, dh auch für die Veranlagungszeiträume bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung bei einer ex post-Betrachtung nicht hätten genutzt werden können.

Die Folge werden regelmäßig Steuernachzahlungen aus den korrigierten Veranlagungszeiträumen sein. Diese unterliegen nicht der Restschuldbefreiung, da es sich bei den entsprechenden Besteuerungsgrundlagen um solche handelt, die den Bereich der Masseverbindlichkeiten oder den insolvenzfreien Bereich betreffen. Insofern kann das Finanzamt Steuernachzahlungen durch Bescheid festsetzen und ggf. vollstrecken. Besonders deutlich zeigt sich dieses Problem bei Zusammenveranlagungen (vgl. §§ 26, 26b EStG). Denn in diesem Fall sind die Ehegatten (auch für die Steuernachzahlungen) Gesamtschuldner nach § 44 AO. Insofern schuldet beispielsweise auch der nicht insolvente Ehegatte, der evtl. (auch) die Verluste des insolventen Ehegatten in den vergangenen Jahren vor der Restschuldbefreiung iRd Einkommensteuerveranlagungen genutzt hat, die Steuernachzahlungen. Die Auswirkungen sollten im Einzelnen berechnet werden und bei den wirtschaftlichen Planungen und etwaiger „Rücklagenbildung“ berücksichtigt werden. Bei bereits bekanntgegebenen Einkommensteueränderungsbescheiden steht zu hoffen, dass die Finanzverwaltung im Einzelfall beantragte Billigkeitsmaßnahmen sorgfältig bescheidet.

De lege ferenda ist der Vorschlag für eine vorläufige Suspendierung der Verlustnutzung für Steuerpflichtige im Insolvenzverfahren durch gesetzlich Regelung zu erwägen. De lege lata dürfte der pragmatische Vorschlag in der Literatur, „nur“ eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 I 1 AO ohne Verlustverrechnung vorzunehmen, ebenfalls gangbar sein.50 Steuerpflichtige sollten in Betracht ziehen, bei der Finanzverwaltung einen entsprechenden Antrag zu stellen und eine Abstimmung mit dem für sie zuständigen Finanzamt herbeizuführen. Jedenfalls sollte sich die Praxis auf die geschilderten Folgen einstellen und vorausschauend handeln, um den „Neustart“ nach der Restschuldbefreiung nicht zu gefährden oder zu vereiteln.

__________________________________________________________________________________________________________________________________________________

1 Vgl. BGHZ 103, 1 = NJW 1988, 1326.

2 Für den Fall eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung s. zur zivilrechtlichen Rechtslage (Beendigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags mit einer GmbH durch Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung und/oder durch außerordentliche Kündigung) OLG Düsseldorf NZI 2022, 81 mAnm Haas NZI 2022, 82.

3 Zum Themenkreis vgl. stv. Rödder/Herlinghaus/Neumann/Hageböke KStG, 2. Aufl. 2023 (iErsch), § 11 Rn. 51 ff.; Kahlert/Kayser/Bornemann Perspektiven für eine kohärente und praxisgerechte Verzahnung von Steuerrecht und Insolvenzrecht, 2020, S. 156 ff.; Sonnleitner/Witfeld HdB. Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht/Petersen/Epler Kap. 4 Rn. 207 ff., 220 ff.; Lenski/Steinberg/Schulze GewStG Anhang 2 Gewerbesteuer bei Insolvenz Rn. 53 ff.; Dötsch/Pung/Möhlenbrock/Dötsch, Die Körperschaftsteuer, KStG § 14 Rn. 622 ff.; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 296; Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 165; Waza/Uhländer/Schmittmann Insolvenzen und Steuern Rn. 1651 ff., jew. mwN sowie die lesenswerte und jüngst erschienene Monographie von J. Kümpel, Steuerliche Organschaften in (gemischten) Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren, 2023, S. 19 ff., 38 ff., 58 ff., 72 ff., die eine systematische Aufarbeitung der verschiedenen Fallgruppen bei umfassender Quellenauswertung bietet (einschließlich der umsatzsteuerlichen Organschaft). Die rechtliche Beurteilung der insolvenzbedingten Auswirkungen auf die ertragsteuerliche Organschaft ist in der Lit. iE umstritten.

4 Insb. ist die folgende Differenzierung vorzunehmen: Insolvenz in Regel-/Eigenverwaltung, Insolvenz „nur“ des Organträgers oder „nur“ der Organgesellschaft (letzteres unwahrscheinlich wg. des Verlustausgleichsanspruchs der Organgesellschaft (Ausgleich des Jahresfehlbetrags), vgl. ferner zu insolvenzabwendenden Abschlagszahlungen vor Abschluss einer Rechnungslegungsperiode jüngst OLG Düsseldorf 10.10.2022 – 26 W 5/22, BeckRS 2022, 27899 Rn. 21), Doppelinsolvenz von Organträger und Organgesellschaft, Zeitpunkt einer möglichen Beendigung der Organschaft auf den Zeitpunkt der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen oder der Insolvenzeröffnung, Dauer des Gewinnabführungsvertrags (Insolvenz innerhalb oder außerhalb der fünfjährigen Mindestdauer).

5 Vgl. FG Nürnberg EFG 2020, 479 = BeckRS 2018, 49718.

6 Vgl. BFH DStR 2023, 264.

7 Vgl. FG Nürnberg EFG 2020, 479 = BeckRS 2018, 49718.

8 Vgl. FG Nürnberg EFG 2020, 479 = BeckRS 2018, 49718 Rn. 80.

9 Vgl. BFH DStR 2023, 264.

10 Vgl. BFH DStR 2023, 264 Ls. 1.

11 Vgl. BFH DStR 2023, 264 Rn. 34 f.

12 Vgl. FG Nürnberg EFG 2020, 479 = BeckRS 2018, 49718 Rn. 109 ff.

13 Vgl. BFH DStR 2023, 264 Ls. 2.

14 Abhängig vom Einzelfall sind die Folgen dessen zu antizipieren, sowohl auf Ebene des früheren Organträgers (ua Aufrechnung seitens des FA mit Insolvenzforderungen/Aufrechnungsverbote, §§ 94 ff. InsO) als auch auf der Ebene der früheren Organgesellschaft wg. der entsprechenden Steuernachforderungen (ua Quotenverschiebungen; Auswirkungen auf etwaige Insolvenzpläne, Nachzüglerforderungen; Liquidationsszenarien).

15 Vgl. BFH DStR 2023, 264 Rn. 36.

16 Vgl. BMF-Schreiben v. 23.1.2023, BStBl. I 2023, 184 Ziffer. 33.

17 Vgl. stv. den insoweit unveränderten Nr. 4.3.1. Abs. 1 AEAO zu § 251.

18 Vgl. BFH NZI 2022, 791 mAnm Schmittmann NZI 2022, 794; vgl. dazu auch Witfeld NZI 2022, 768 (769 f.).

19 Vgl. BFH BStBl. II 2023, 791 = NZI 2022, 907.

20 Vgl. insofern auch die hiermit in Zusammenhang stehende Änderung in dem Abschnitt „Restschuldbefreiung“ (Nr. 15) in Nr. 15.2 Abs. 3, zweiter Spiegelstrich des AEAO zu § 251 (iÜ wurde die Nr. 15.2 vollständig neugefasst).

21 Vgl. dazu iE Witfeld NZI 2022, 768 (auch zu der im Streitfall vorliegenden materiellen Präklusionsklausel).

22 Vgl. bereits BFH 15.5.2013 – VII R 2/12, BeckRS 2013, 95854 Rn. 13; NZI 2019, 239 Rn. 18; ferner NZI 2022, 752 Rn. 25 = BStBl. II 2023, 98; aus der Literatur bspw. Waza/Uhländer/Schmittmann Insolvenzen und Steuern Rn. 1105.

23 Dem dürfte nach hier vertretener Auffassung BFH NZI 2015, 292 sowie die diesbezügliche „Umsetzung“ in Nr. 14 Abs. 8 AEAO zu § 251 AO, wonach „(n)ach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans (…) eine Änderung einer vorinsolvenzlich erfolgten Steuerfestsetzung nicht mehr möglich“ ist, nicht entgegenstehen. Denn (1) begehrte die (ehemalige) Schuldnerin im Streitfall des BFH, in dem das FA die Körperschaftsteuer zunächst geschätzt und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (vgl. § 164 I AO, „VdN“) festgesetzt hatte, eine Erstattung nach erstmaligem Einreichen einer Steuererklärung und (2) sind erstmalige Steuerfestsetzungen und Änderungen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens (und damit die entsprechenden Steuerverbindlichkeiten) naturgemäß nicht Teil des Verfahrens zur Tabellenfeststellung gewesen; vgl. zu den verschiedenen verfahrensrechtlichen Konstellationen die – zT durch die Rspr. des BFH überholte – Grafik bei Sonnleitner/Witfeld/Sonnleitner Kap. 3 Rn. 330.

24 Vgl. §§ 218 ff. AO, Fünfter Teil der AO.

25 AA etwa Pfirrmann FS Gosch, 2016, 321 (324); Sonnleitner/Witfeld/Sonnleitner Kap. 3 Rn. 325, 328.

26 Vgl. Dahl/Taras NJW-Spezial 2022, 503; Geserich Anm. zu BFH NZI 2022, 752 in NWB CAAAJ-16973; Sonnleitner/Witfeld/Sonnleitner Kap. 3 Rn. 325. Rspr. liegt hierzu, soweit ersichtlich, nicht vor.

27 BStBl. I 2017, 1374 = BeckVerw 348640.

28 Vgl. BFH 15.5.2013 – VII R 2/12, BeckRS 2013, 95854; nachgehende Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG 12.2.2014 – 1 BvR 2368/13, LSK 2014, 125520.

29 S. vorstehend unter 3a.

30 Die Transaktionsstruktur sollte auch aus steuerlicher Sicht stets genau geprüft werden. Nachteilig ist indes aus steuerlicher Sicht im Vergleich zu einem Share-Deal beispielsweise, dass die regelmäßig „aufgelaufenen“ Verlustvorträge vom Käufer nicht genutzt werden können, was indes im Falle einer Kapitalgesellschaft als Zielunternehmen unter den Voraussetzungen von §§ 8c I 5 ff., Ia; 8d KStGmöglich ist und ggf. zum Kaufpreisbestandteil gemacht werden kann. Bei der Entschuldung der Zielgesellschaft (etwa über einen Insolvenzplan) ist im Zusammenhang mit steuerfreien Sanierungserträgen nach § 3a EStG, § 7b GewStG insbesondere die Verlustverrechnung zu berücksichtigen, um zu ermitteln, in welcher Höhe steuerliche Verluste nach einer erfolgten Sanierung „übrig“ bleiben.

31 Vgl. zur umstrittenen Frage, ob auch der Unternehmenserwerb im Zeitraum des Insolvenzeröffnungsverfahrens unter den Haftungsausschluss nach § 75 II AO fällt stv. Tipke/Kruse/Loose AO/FGO AO § 75 Rn. 37 mwN.

32 Zur Nichtanwendbarkeit von § 25 HGB durch teleologische Reduktion bei Erwerb nach Insolvenzeröffnung (vom Insolvenzverwalter oder vom Schuldner in Eigenverwaltung) vgl. stv. BeckOGK/Moser HGB § 25 Rn. 40 f.; zur generellen Anwendbarkeit von § 25 HGB auf Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis iRe Haftungsbescheids nach § 191 I AO vgl. stv. Koenig/Kratzsch AO § 191 Rn. 32.

33 Zur derzeit beim BFH anhängigen Frage der (Nicht-)Anwendbarkeit der Mindestbesteuerung (§ 10d II EStG) in einem auf Liquidation angelegten Insolvenzverfahren vgl. FG Düsseldorf NZI 2018, 990 mAnm Witfeld NZI 2018, 993; Revision BFH I R 36/18 ausgesetzt wg. BVerfG 2 BvL 19/14; der Eintritt der Bestandskraft sollte vermieden werden; Einspruchsverfahren sind ruhend zu stellen, vgl. OFD Frankfurt 27.12.2018, BeckVerw 447487; ferner Witfeld NZI 2021, 1010 (1013); Sonnleitner/Witfeld /Petersen/Epler Kap. 4 Rn. 240. Die Mindestbesteuerung ist nach Auffassung des Verf. aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht anwendbar, womit eine vollumfängliche Verrechnung des Verlustvortrags möglich ist.

34 Die „Rechtsprechungsserie“ des BFH zur Doppelberichtigung hat ihren Ursprung im Urteil vom 9.12.2010 – V R 22/10, BStBl. II 2012, 298 = NZI 2012, 96 (sog. Dezember-Rechtsprechung); vgl. hierzu insg. Sonnleitner/Witfeld/Witfeld Kap. 5 Rn. 22 mwN.

35 Dieser wesentliche Begründungsstrang gilt nach hier vertretener Auffassung nicht nur für Unternehmensübertragungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge („Asset-Deals“) an einen Dritten, sondern auch für die Übertragung von Sachgesamtheiten im Wege der Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge, die in steuerlicher Hinsicht in den Anwendungsbereich des UmwStG fallen (ua Spaltungen nach § 15 UmwStG, Ausgliederungen nach § 20 UmwStG). In diesen Fällen hat der übernehmende Rechtsträger die Umsätze aus vereinnahmten Forderungen zu versteuern.

36 Vgl. dazu allg. Wäger/Erdbrügger UStG § 1 Rn. 288.

37 Vgl. stv. (tendenziell) beim Veräußerer Wäger/Erdbrügger UStG § 1 Rn. 292; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 763 (jew. ohne Insolvenzbezug); ferner Wagner/Gallert DStR 2010, 2017 (mit Insolvenzbezug); (tendenziell) beim Erwerber Rau/Dürrwächter/Nieskens UStG § 1 Rn. 1353; Reiß/Kraeusel/Langer/Friedrich-Vache UStG § 1 Rn. 535; Wäger/Schulze UStG § 17 Rn. 47 (jew. ohne Insolvenzbezug).

38 Vgl. BFH 7.12.2006 – V R 2/05, BStBl. II 2007, 848 = BeckRS 2006, 24002850 unter II 1 b (Organschaft, ohne Insolvenzbezug).

39 Für eine Berichtigung beim Veräußerer evtl. OFD Magdeburg idF v. 10.9.2014, S 7345-2-St 243, BeckVerw 289717 (lt. juris aufgehoben und ersetzt durch Erlass vom 26.3.2015, VV ST FinMin 2015-03-26 42-S 7344-41, nv, ohne Insolvenzbezug).

40 Hier ist insb. an Freistellungs-, Erstattungs- u. Kooperationsklauseln unter Berücksichtigung der umsatzsteuerrechtlichen Rechtslage zu denken.

41 Vgl. BFH BStBl. II 2017, 786 = NZI 2017, 583 mAnm Schmittmann NZI 2017, 586 (Betriebsaufgabe vor Insolvenzeröffnung); NZI 2023, 88.

42 Vgl. BMF-Schreiben v. 8.4.2022, BStBl. I 2022, 632 = BeckVerw 569360.

43 Vgl. dazu iE Witfeld NZI 2022, 468; Witfeld NZI 2022 768 (770 f.), jeweils mwN zur Verwaltungsauffassung der Genese in der Rspr.; ferner aus jüngerer Zeit Kahlert NWB 2023, 473 (480); Busch/Heckmann InsbürO 2023, 17.

44 Vgl. R § 16 II 1 EStR; ferner stv. Schmidt/Wacker EStG § 16 Rn. 150 ff.

45 Vgl. iE Witfeld NZI 2022, 768 (770 f.); Uhländer DB 2022, 1923 (1926 ff.), mit der jeweiligen Rechtsfolge.

46 Vgl. BFH NZI 2023, 88 = BStBl. II nn (lt. Homepage des BFH veröffentlicht am 15.12.2022).

47 Hierbei handelt es sich lt. BFH „expressis verbis“ um eine Fortführung der früheren Senats-Rspr. Das ist nach hier vertretener Auffassung zutreffend, das gefundene Ergebnis konsequent.

48 So auch jüngst Busch/Heckmann InsbürO 2023, 17.

49 Umstr., wie hier auch Busch/Heckmann InsbürO 2023, 17; Uhländer DB 2022, 1923 Fn. 25; tendenziell wohl auch Schmidt/Levedag EStG § 3a Rn. 47; aA Brandis/Heuermann/Krumm EStG § 3a Rn. 29 aE; Junkers DStR 2022, 595 (598), mit der Begr., dass das Sanierungsjahr iSd Tatbestände des § 3 III 2 EStG das Jahr der Erteilung der Restschuldbefreiung sei. Stellt man auf letztgenannte Ansicht ab, kommt es nicht zum Wegfall der Verluste auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe, sondern erst auf den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung. Danach käme es in der Folge für gewöhnlich auch weder zur Korrektur der zwischenzeitlich erfolgten Einkommensteuerveranlagungen noch zu den beschriebenen Steuernachzahlungen.

50 Vgl. dazu ausf. und ursprünglich Uhländer DB 2022, 1923 (1927 f.); ferner Witfeld NZI 2022, 768 (771).

Dr. Alexander Witfeld, Düsseldorf: Der Autor ist Rechtsanwalt und Steuerberater sowie Assoziierter Partner bei Flick Gocke Schaumburg Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaft mbB in Düsseldorf.