15 Apr Das Transparenzregister in der Unternehmensnachfolge
Die gesetzlichen Regelungen und die Verwaltungsauffassung zu den Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister werden permanent reformiert. Die Änderungen betreffen nicht nur Details, die nachgeschärft werden, sondern auch Regelungen wie die Mitteilungsfiktion und die begrenzte Einsichtnahme, die bei Einführung des Transparenzregisters noch wesentliche Grundsätze waren und zwischenzeitlich abgeschafft wurden. Dies gibt Anlass, die Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge erneut im Lichte von Gesetz und Verwaltungsauffassung darzustellen.
1. Einführung
Als das Transparenzregister im Jahr 20171 ins Leben gerufen wurde, war die Aufregung in der Praxis groß und die Zahl der Meldungen vergleichsweise klein. Nach vier Jahren, in denen die Praxis Erfahrung mit dem Transparenzregister sammeln konnte, hat sich der Wirbel um das Transparenzregister gelegt. Die stetig fortentwickelten Fragen und Antworten (FAQ) des Bundesverwaltungsamts (BVA), die mittlerweile in der 10. Auflage vom 1.8.2021 abrufbar sind,2 konnten in vielen Punkten Klarheit über die Verwaltungsauffassung schaffen. Diese entspricht zwar nicht zwingend der richtigen Auslegung des Gesetzes.3 Da der für die Führung des Transparenzregisters zuständige Bundesanzeiger Verlag und das BVA ihrer Rechtsauffassung die FAQ zugrunde legen, haben sie aber auch in der Gestaltungsberatung eine Leitfunktion.
Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister haben bei der Unternehmensnachfolge eine große praktische Bedeutung.4 Viele Gestaltungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge und durch einen Erbfall ausgelöste Veränderungen der Beteiligungsstruktur lösen Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister aus. Eine zunehmende Anzahl von Unstimmigkeitsmeldungen führt dazu, dass bereits erfolgte Eintragungen stetig überprüft und ggf. korrigiert werden müssen.
2. Entwicklung des Transparenzregisters
Das Geldwäschegesetz (GwG) verpflichtet Vereinigungen – dazu gehören neben den registergängigen Personenhandels- und Kapitalgesellschaften, zu denen ab dem 1.1.2024 auch die im Gesellschaftsregister eingetragene GbR gehören wird, insbesondere Stiftungen und Vereine – ihre wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister einzutragen. Ausgenommen sind dabei nach § 3 Abs. 2 S. 1 GwG Gesellschaften, die an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 WpHG notiert sind. Wirtschaftlich Berechtigter einer Gesellschaft ist gem. § 3 Abs. 2 GwG, wer unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile hält, mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt. Wirtschaftlich Berechtigte rechtsfähiger Stiftungen und sonstiger Rechtsgestaltungen sind die in § 3 Abs. 3 GwG Genannten.
Das GwG wurde seit Einführung des Transparenzregisters zweimal wesentlich angepasst:
(1) Die erste Aktualisierung durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 12.12.20195 brachte das Recht auf Einsichtnahme für jedermann. Während die Öffentlichkeit zuvor nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses in das Transparenzregister Einsicht nehmen konnte, wurde mit Umsetzung der Änderungsrichtlinie jedermann die Einsichtnahme erlaubt. Erforderlich ist zwar weiterhin ein Antrag über die vom Bundesanzeiger Verlag geführte Plattform. Der Antrag wird aber idR genehmigt. Zwischenzeitlich wurde mit § 23 Abs. 3 GwG auch eine Rechtsgrundlage für den automatisierten Zugang zum Transparenzregister geschaffen, der, wenn sich die Rechtsentwicklung ungebrochen fortsetzt, zukünftig auch für die Allgemeinheit geöffnet werden könnte.
(2) Die zweite Aktualisierung durch das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz vom 25.6.20216 schuf die Grundlage dafür, dass das Transparenzregister zu einem Vollregister wird, in dem alle in einem Register eingetragenen Gesellschaften, Stiftungen und Vereine ihre wirtschaftlich Berechtigten oder, wenn solche nicht vorhanden sind, fiktiv wirtschaftlich Berechtigten einzutragen haben. Gesellschaften, die sich bislang auf die Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 GwG aF berufen konnten, wurde für die erstmalige Eintragung in § 59 Abs. 8 GwG eine Übergangsfrist eingeräumt, die, sofern es sich um eine AG, SE oder KGaA handelt, am 31.3.2022, sofern es sich um eine GmbH, eG oder Europäische Genossenschaft oder Partnerschaft handelt, am 30.6.2022 und in allen anderen Fällen am 31.12.2022 abläuft. Im Transparenzregister einzutragen sind bei einer erstmaligen Mitteilungspflicht nur die im Zeitpunkt der Eintragung wirtschaftlich Berechtigten. Eine rückwirkende Meldung seit dem 1.10.2017 ist nicht erforderlich, anders als in Fällen, in denen die Mitteilungsfiktion nicht greift.7
Hinweis:
Für eingetragene Vereine wird die Mitteilung zum Transparenzregister gem. § 20a GwG automatisch vorgenommen, indem alle Mitglieder des Vorstands als wirtschaftlich Berechtigte erfasst werden.8 Eine eigenständige Mitteilungspflicht des Vereins gegenüber dem Transparenzregister kann sich trotzdem ergeben, wenn die Eintragung im Vereinsregister nicht aktuell ist, eine natürliche Person den Verein iSv § 2 Abs. 2 S. 1 bis 4 GwG kontrolliert oder – dies wird der häufigste Fall sein – ein Vorstand keinen Wohnsitz in Deutschland hat oder neben der deutschen noch weitere Staatsangehörigkeiten besitzt, wobei gem. § 19 Abs. 1 Nr. 5 GwG – anders als ursprünglich geregelt – alle Staatsangehörigkeiten eines wirtschaftlich Berechtigten angegeben werden müssen. In all diesen Fällen muss der Verein die Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten nach § 20a Abs. 2 GwG ergänzen.
3. Pflichten im Rahmen der Unternehmensnachfolge
Der Wegfall der Mitteilungsfiktion führt auch bei Unternehmensnachfolgen unter Lebenden oder von Todes wegen zu einem erhöhten Eintragungsbedürfnis. Dies betrifft insbesondere die Nachfolge von Todes wegen in Gesellschaftsanteile.
3.1 Nachfolge von Todes wegen in Gesellschaftsanteile
Gehören Gesellschaftsbeteiligungen zum Nachlass, ist stets zu prüfen, ob die Erbfolge eine wirtschaftliche Berechtigung beendet oder begründet. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur neue wirtschaftlich Berechtigte einzutragen sein können, sondern ein verstorbener wirtschaftlich Berechtigter ggf. aus dem Transparenzregister zu löschen ist.
Hinweis:
Keine Eintragungspflicht ergibt sich für die Erbengemeinschaft. Sie ist keine rechtsfähige Gesellschaft und weder eintragungsfähig noch eintragungspflichtig.9
3.1.1 Anteile an Kapitalgesellschaften im Nachlass
Anteile an Kapitalgesellschaften im Nachlass gehen mit dem Tod des Gesellschafters zunächst auf die Erben in Erbengemeinschaft über. Nach der Rechtsauffassung des BVA werden die Anteile einer Erbengemeinschaft jedem Miterben vollständig zugerechnet, da jeder Miterbe einen beherrschenden Einfluss auf die Erbengemeinschaft ausüben könne.10 Bei einer Beteiligung von mehr als 25 % an einer Kapitalgesellschaft im Nachlass sei damit jeder Erbe – unter Hinweis auf die Erbengemeinschaft – im Transparenzregister als wirtschaftlich Berechtigter einzutragen.
In der Literatur wird die Auffassung des BVA überwiegend abgelehnt. Teilweise wird vertreten, dass Erben in Erbengemeinschaft keine Kontrolle ausüben könnten und daher nicht wirtschaftliche Berechtigte seien.11 Nach vorzugswürdiger Ansicht kann nur derjenige Erbe wirtschaftlich Berechtigter sein, der in Fällen der ordnungsgemäßen Verwaltung eine Mehrheitsentscheidung eigenständig durchsetzen kann.12 Für die letztgenannte Ansicht spricht auch die Rechtauffassung des BVA zu Vetorechten in mittelbaren Beteiligungsstrukturen. Danach ist nur derjenige, der eine Entscheidung in sämtlichen Angelegenheiten auf Ebene der Muttergesellschaft verhindern kann, wirtschaftlich Berechtigter der mittelbar kontrollierten Gesellschaft.13 Ein solches Vetorecht in allen Angelegenheiten besteht in der Erbengemeinschaft idR nicht.14 Selbst wenn die Erbengemeinschaft einstimmig entscheidet, führt die Blockade eines Erben nur dazu, dass die Rechte aus der Beteiligung nicht wahrgenommen werden können. Durch die Nichtwahrnehmung von Rechten allein kann aber keine Kontrolle iSv § 3 Abs. 2 GwG auf eine – aus Sicht des Erben nur mittelbar gehaltene – Beteiligung ausgeübt werden.
3.1.2 Kommanditbeteiligung
Die Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft (KG) ist grds. vererblich (§ 177 HGB) und geht im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die Erben des Gesellschafters über. Diese Rechtsfolge wird im BGB in der ab dem 1.1.2024 nach dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) geltenden Fassung klargestellt (§ 711 Abs. 2 BGB nF [idF des MoPeG]). Die Sonderrechtsnachfolge hat zur Folge, dass die Vorschriften über die Erbengemeinschaft insoweit keine Anwendung finden (§ 711 Abs. 2 S. 3 BGB nF). Dass Anteile an einer Personengesellschaft zu einer Erbmasse gehören, wie es die FAQ des BVA in Abschn. A Frage 5 darstellen, ist daher nach dem Erbfall ausgeschlossen. Die wirtschaftlich Berechtigten der KG sind nach dem Erbfall unter Berücksichtigung der Sonderrechtsnachfolge individuell ohne Berücksichtigung etwaiger Beteiligungen von Miterben zu ermitteln.
3.1.3 Komplementärbeteiligung
Komplementäre von Kommanditgesellschaften oder andere persönlich haftende Gesellschafter üben nach Auffassung des BVA aufgrund ihrer besonderen gesellschaftsrechtlichen Stellung eine Kontrolle auf sonstige Weise aus und sind daher wirtschaftlich Berechtigte.15 Diese pauschale Aussage wird in vielen Fällen durch die Realstruktur der Gesellschaft widerlegt werden können. So ist ein Komplementär, der von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen ist, wie dies bei natürlichen Personen vorkommt, die nur zur Vermeidung einer Bilanzpublizität in die Gesellschaft aufgenommen werden, kein wirtschaftlich Berechtigter. Ein solcher Komplementär kann die Gesellschaft nicht kontrollieren. Zweifelhaft ist die Auffassung des BVA auch, wenn ein Komplementär aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag der KG weisungsabhängig gegenüber den Kommanditisten ist. Dann kann ihm keine Kontrolle auf vergleichbare Weise unterstellt werden.
3.1.4 Gesellschafter einer GbR
Mit Inkrafttreten des MoPeG wird auch die rechtsfähige GbR registerfähig und damit, sobald sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist, transparenzpflichtig. Das MoPeG enthält zwar noch eine Regelung zur Erweiterung der Mitteilungsfiktion nach § 20 Abs. 2 GwG aF auf das Gesellschaftsregister.16 Es ist aber anzunehmen, dass die parallel erfolgte Änderung des GwG im Gesetzgebungsverfahren des MoPeG noch nicht berücksichtigt werden konnte und die Mitteilungsfiktion nicht für die GbR wieder eingeführt werden soll.
Wirtschaftlich Berechtigte der GbR sind nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 GwG zunächst diejenigen Gesellschafter, die mehr als 25 % der Stimmrechte oder Kapitalanteile halten. Das Stimmrecht sowie die Anteile am Gewinn und Verlust richten sich zukünftig gem. § 709 Abs. 3 BGB nF vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen, nachrangig nach dem Verhältnis der vereinbarten Beiträge und, wenn auch solche nicht zu ermitteln sind, nach Köpfen. Entscheidend für die wirtschaftliche Berechtigung werden daher die Vereinbarungen im Innenverhältnis der Gesellschafter sein.
Eine Kontrolle auf sonstige Weise (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GwG) kann für GbR-Gesellschafter nicht pauschal angenommen werden. Sie sind zwar persönlich haftende Gesellschafter, haben aber aufgrund der gesetzlichen Gesamtgeschäftsführung und -vertretung (§§ 715, 720 BGB nF) keinen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft. Etwas anderes mag im Einzelfall gelten, wenn einem Gesellschafter Einzelvertretungsbefugnis eingeräumt wird, während die übrigen Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen sind. Dann kann ihm gesellschaftsrechtlich ein kontrollierender Einfluss zukommen.
Der Tod eines GbR-Gesellschafters führt de lege lata dazu, dass die Gesellschaft aufgelöst wird (§ 727 BGB). Mit Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 ändert sich dies. Der Gesellschafter einer rechtsfähigen GbR scheidet dann mit seinem Tod aus der Gesellschaft aus (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB nF), die nichtrechtsfähige Gesellschaft, die nicht im Gesellschafts- und damit auch nicht im Transparenzregister eingetragen werden kann, wird mit dem Tod eines Gesellschafters beendet (§ 740a Abs. 1 Nr. 3 BGB nF). Zur Nachfolge in die Gesellschaftsbeteiligung kommt es nur, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich oder konkludent vorsieht. Die Erben treten dann im Wege der Sonderrechtsnachfolge direkt in die Beteiligung des Erblassers ein. Für die Bestimmung des wirtschaftlich Berechtigten gilt insoweit nichts anderes als bei der Rechtsnachfolge in eine Kommanditbeteiligung.
3.2 Sonderrechte im Gesellschaftsvertrag
Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge behalten sich die übergebenden Gesellschafter mitunter Sonderrechte vor, die ihnen einen kontrollierenden Einfluss auf die Gesellschaft ermöglichen, auch wenn die Kapitalbeteiligung mehrheitlich bereits an die Nachfolgegeneration übertragen wurde. Solche Sonderrechte können dazu führen, dass ihr Inhaber wirtschaftlich Berechtigter der Gesellschaft ist.
Besteht das Sonderrecht in einem Mehrstimmrecht, das dem Sonderrechtsinhaber mehr als 25 % der Stimmrechte zuweist, so ist der Sonderrechtsinhaber bereits nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GwG wirtschaftlich Berechtigter. Daneben können auch die übrigen Gesellschafter wirtschaftlich Berechtigte sein, wenn ihnen aufgrund des Sonderrechts zwar nur eine geringere Stimmmacht zukommt, sie aber mit mehr als 25 % am Kapital beteiligt sind.
Wirtschaftlich Berechtigter ist nach der Rechtsauffassung des BVA außerdem, wer unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung aufgrund eines Widerspruchs- oder Vetorechts hat.17 Ein solches Vetorecht soll sich nach Auffassung des BVA auch bei mittelbaren Beteiligungen auswirken können. Kann ein Gesellschafter gegen sämtliche Gesellschafterbeschlüsse auf Ebene der Muttergesellschaft ein Veto einlegen, soll auch eine wirtschaftliche Berechtigung hinsichtlich der Tochtergesellschaft, an der die Mutter zu mehr als 25 % beteiligt ist, gegeben sein.18
Ob die Rechtsauffassung des BVA der Gesetzeslage entspricht, ist allerdings fraglich. Die wirtschaftliche Berechtigung setzt voraus, dass der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft „auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt“ (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GwG). Eine Kontrolle liegt nach § 3 Abs. 2 S. 3 GwG insbesondere vor, wenn eine natürliche Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Vereinigung ausüben kann. Für das Bestehen eines beherrschenden Einflusses erklärt § 3 Abs. 2 S. 4 GwG die Regelung des § 290 Abs. 2 bis 4 HGB für entsprechend anwendbar, der damit sowohl für die Begründung der Kontrolle auf vergleichbare Weise als auch für die Zurechnung von Kontrolle bei mittelbaren Beteiligungen eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Nach § 290 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 HGB besteht ein beherrschender Einfluss insbesondere dann, wenn einem Unternehmen bei einem anderen Unternehmen
(1) die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht,
(2) das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist oder
(3) das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen.
Ein Gesellschafter, der Entscheidungen durch sein Veto verhindern kann, hat weder die Mehrheit der Stimmrechte noch kann er die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans bestellen oder abberufen oder die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmen. Welchen Einfluss ein Gesellschafter aufgrund eines Vetorechts hat, hängt von der Corporate Governance des Unternehmens ab. Der Inhaber eines Vetorechts kann zwar Entscheidungen verhindern, er kann aber keine Beschlussfassung erzwingen. Ob dem Inhaber des Vetorechts im Einzelfall ein kontrollierender Einfluss zukommt, ist abhängig davon, welche Mitentscheidungsbefugnisse den Gesellschaftern zukommen. Entscheiden zB die Gesellschafter einer KG nur über die Änderung des Gesellschaftsvertrags, die Feststellung des Jahresabschlusses, die Verfügung über Beteiligungen und Entnahmen, begründet ein Vetorecht bei Gesellschafterentscheidungen keine Kontrolle über die Gesellschaft.
Hinweis:
Als Sonderrechte haben schließlich auch Entsenderechte eine praktische Bedeutung, zB das Recht, einen Geschäftsführer oder eine bestimmte Anzahl von Beiräten zu bestellen. Ein solches Sonderrecht kann einen Fall der wirtschaftlichen Berechtigung nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GwG darstellen, wenn zB ein Gesellschafter aufgrund des Sonderrechts die Mehrheit der Geschäftsführung oder eines die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Aufsichtsorgans bestimmen kann.
3.3 Poolvereinbarungen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG
Die Eigenschaft als wirtschaftlich Berechtigter kann auch durch den Abschluss einer Poolvereinbarung begründet werden.19 Im Rahmen der Unternehmensnachfolge werden Poolvereinbarungen insbesondere zwischen Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften geschlossen, damit Beteiligungen von weniger als 25 % erbschaftsteuerlich begünstigungsfähig sind. Der Pool, der nicht Inhaber der Gesellschaftsanteile wird, ist zwar nicht selbst im Transparenzregister einzutragen. Der Abschluss einer Poolvereinbarung kann jedoch dazu führen, dass die Beteiligungen der Poolmitglieder wechselseitig zugerechnet werden.
Das BVA stellt in der jüngsten Auflage der FAQ vom 1.8.2021 maßgeblich auf die Möglichkeit zur Vertretung des Pools ab. Danach gilt eine Person als wirtschaftlich Berechtigter, wenn sie allein zur Vertretung des Pools ermächtigt ist.20
Hinweis:
Eine solche Situation lässt sich schon dadurch vermeiden, dass jedes Poolmitglied seine Stimmen weiterhin selbständig – nach Vorgaben der Entscheidung des Pools – ausübt. Sind mehrere oder alle Poolmitglieder einzeln zur Vertretung berechtigt, soll jedes Mitglied wirtschaftlich Berechtigter sein,21 solange die Vertretungsmacht nicht nur bei einer Mehrheitsentscheidung des Pools besteht.22 Durch eine sorgfältige Gestaltung wird eine Zurechnung von Stimmrechten nach diesen Grundsätzen vermieden werden können.
Darüber hinaus erfolgt eine Zurechnung der im Pool gebündelten Stimmen auch gegenüber demjenigen Poolmitglied, das aufgrund seiner Stimmmacht den Pool kontrolliert. Falls der Poolvertrag Mehrheitsentscheidungen vorsieht, wird der Pool von einem Mitglied, dem die Mehrheit der Stimmrechte im Pool zusteht, kontrolliert.23 Sind mehr als 25 % der Stimmrechte oder Kapitalanteile einer Gesellschaft im Pool gebündelt, ist der Mehrheitsgesellschafter des Pools dann auch wirtschaftlich Berechtigter der Gesellschaft. Eine wechselseitige Zurechnung der Stimmanteile bei einem Pool, der einstimmig entscheidet, ist dagegen idR nicht angezeigt.24 Zwar kann dann jedes Poolmitglied eine Beschlussfassung auf Ebene des Pools verhindern. Auf Ebene der mitteilungspflichtigen Vereinigung ergibt sich daraus aber kein kontrollierender Einfluss, soweit Rechtsfolge der Blockade auf Ebene der Pools ist, dass auf Ebene der Gesellschaft die Stimmrechte nicht ausgeübt werden können.
3.4 Nießbrauch
Auch die in der Unternehmensnachfolge häufig vereinbarten Nießbrauchrechte werfen Fragen zur Mitteilungspflicht gegenüber dem Transparenzregister auf. Die FAQ des BVA nehmen zum Nießbrauch keine Stellung, sondern äußern sich nur zur Treuhand. Bei einer treuhänderisch gehaltenen Beteiligung von mehr als 25 % der Kapitalanteile oder Stimmrechte ist sowohl der Treuhänder als auch der Treugeber wirtschaftlich Berechtigter.25 Eine Treuhand ist zur Vermeidung der Publizität von Beteiligungsverhältnissen daher nur noch geeignet, wenn der Treugeber mit höchstens 25 % am Kapital und den Stimmrechten der Gesellschaft beteiligt ist.
Bei einem Nießbrauch an einer Gesellschaftsbeteiligung ist der Inhaber einer Beteiligung von mehr als 25 % der Stimmrechte oder des Kapitals allein aufgrund seiner Beteiligung als wirtschaftlich Berechtigter mitzuteilen, auch wenn ihm im Innenverhältnis zum Nießbraucher nur begrenzte oder gar keine Rechte zustehen.26 Ob daneben auch der Nießbraucher wirtschaftlich Berechtigter ist, hängt von der Ausgestaltung des Nießbrauchs im Einzelfall ab. Da er kein Gesellschafter ist, kann es sich nur um eine Kontrolle auf vergleichbare Weise iSv § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GwG handeln.
Hinweis:
Entscheidend ist hierfür, ob der Nießbraucher einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.27 Bei einem reinen Ertragsnießbrauch ist dies nicht der Fall. Hat der Nießbraucher dagegen bei allen unternehmerischen Entscheidungen das Stimmrecht und steht dem Anteilsinhaber das Stimmrecht nur bei Grundlagenentscheidungen zu, ist von einer beherrschenden Einflussnahme und damit wirtschaftlichen Berechtigung auch des Nießbrauchers auszugehen.28
3.5 Testamentsvollstreckung
Die Frage nach dem wirtschaftlich Berechtigten kann sich in der Unternehmensnachfolge schließlich stellen, wenn der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat. Die FAQ des BVA nehmen zu dieser Sonderkonstellation keine Stellung. Allerdings sollen Prokuristen, „Generalbevollmächtigte“, Handlungsbevollmächtigte oder einfache Vertreter grds. ebenso wenig wirtschaftlich Berechtigte sein wie gesetzliche Vertreter, zB die Eltern als gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen.29 Etwas anderes könne nach den FAQ gelten, wenn ein Bevollmächtigter mehr als 25 % einer Beteiligung treuhänderisch hält oder die Vollmacht so atypisch mit Kontrollmacht ausgestaltet ist, dass sie einer dinglichen Treuhand ähnelt.30
In der Literatur wird Testamentsvollstreckern teilweise pauschal die Eigenschaft als wirtschaftlich Berechtigte abgesprochen.31 Für den typischen Fall der Abwicklungstestamentsvollstreckung ist dem zuzustimmen. Bei einer Dauertestamentsvollstreckung kann in Einzelfällen etwas anderes gelten, insbesondere wenn ein Testamentsvollstrecker dauerhaft die Verwaltungs- und Vermögensrechte aus einer Beteiligung von mehr als 25 % wahrnehmen kann.32 Sind mehrere gleichberechtigte Testamentsvollstrecker eingesetzt, kann keiner von ihnen die der Testamentsvollstreckung unterliegende Beteiligung kontrollieren, so dass keiner von ihnen wirtschaftlich Berechtigter ist. Auch Nachlasspfleger und Nachlassverwalter sind grds. keine wirtschaftlich Berechtigten des von ihnen verwalteten Vermögens.
4. Fazit und Ausblick
Der Wandel des Transparenzregisters zum Vollregister hat zur Folge, dass wesentlich mehr Meldungen zum Transparenzregister erfolgen müssen. Die praktische Handhabung der Mitteilungspflichten wird dadurch aber erleichtert. Die Eintragung der wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister ist keine Spezialfrage mehr, die leicht übersehen werden kann; sie muss vielmehr bei jeder gesellschaftsrechtlichen Veränderung geprüft werden. Jede Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers kann eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Transparenzregister auslösen, wenn die Geschäftsführer als fiktive wirtschaftlich Berechtigte eingetragen sind. Bei jeder Veränderung auf Ebene der Anteilseigner ist zu prüfen, ob sich die Person des wirtschaftlich Berechtigten ändert. Die mitunter komplizierte Entscheidung, ob überhaupt eine Eintragung im Transparenzregister vorzunehmen ist, entfällt.
Im Übrigen ist zu hoffen, dass die rasante Rechtsentwicklung der letzten vier Jahre vorübergehend pausiert. Mehrere Gesetzesänderungen unter teilweiser Änderung der Rechtslage um 180 Grad und fast halbjährlich geänderte FAQ des BVA sind kein gutes Beispiel einer verlässlichen Gesetzgebung und Verwaltung. Wünschenswert wären schließlich mehr gerichtliche Entscheidungen, um die in den FAQ des BVA bestehende Verwaltungsauffassung zu kontrollieren und ggf. zu korrigieren. Zumindest Letzteres ist jedoch bis auf Weiteres nicht zu erwarten.
1 Eingeführt durch die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie, umgesetzt durch Gesetz v. 23.6.2017, BGBl. I 2017, 1822.
2 bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Aufgaben/ZMU/Transparenzregister/Transparenzregister_FAQ.html.
3 Vgl. zum Spannungsverhältnis zwischen Verwaltungsauffassung und Gesetzeslage Bochmann GmbHR 2020, 256 u. GmbHR 2021, R32.
4 Vgl. dazu schon Frese ZEV 2017, 695.
5 BGBl. I 2019, 2602.
6 BGBl. I 2021, 2083.
7 BVA-FAQ, Abschn. C Frage 1.
8 Goette DStR 2021, 1551 (1553 f.).
9 BVA-FAQ, Abschn. A Frage 5.
10 BVA-FAQ, Abschn. A Frage 5 aE.
11 GroßKommGmbHG/Paefgen, 3. Aufl. 2020, GmbHG § 40 Rn. 50; Wachter GmbHR 2018, 1129 (1139).
12 Frese ZEV 2017, 695 (698); zustimmend Omlor/Meier ZGR 2020, 586 (619); Dierlamm/Weissinger WPg 2019, 43 (46).
13 BVA-FAQ, Abschn. B.III Frage 3.
14 Ausf. Frese ZEV 2017, 695 (698).
15 BVA-FAQ, Abschn. C Frage 4; vgl. zu den Mitteilungspflichten bei der KG auch Heß/Laschewski DStR 2019, 2151.
16 BGBl. I 2021, 3436 (3476), Art. 92 Nr. 4.
17 BVA FAQ, Abschn. B.II Frage 3.
18 BVA FAQ, Abschn. B.III Frage 3.
19 Schaub DStR 2018, 871 (873).
20 BVA FAQ, Abschn. B.II Frage 1.
21 BVA FAQ, Abschn. B.II Frage 1.
22 BVA FAQ, Abschn. B.II Frage 1.
23 Schaub DStR 2018, 871 (875).
24 Schaub DStR 2018, 871 (875); Ausnahme kann etwa ein Pool sein, an dem alle Gesellschafter einer Gesellschaft beteiligt sind.
25 BVA FAQ, Abschn. B.II Frage 2.
26 MüKoBGB/Pohlmann, 8. Aufl. 2020, BGB § 1068 Rn. 90.
27 MüKoBGB/Pohlmann BGB § 1068 Rn. 90.
28 MüKoBGB/Pohlmann BGB § 1068 Rn. 90; Longrée/Pesch NZG 2017, 1081 (1089); Reichert/Schlitt/Bortfeldt, GmbH & Co. KG, 8. Aufl. 2021, § 39 Rn. 28.
29 BVA-FAQ, Abschn. B.I Frage 8.
30 BVA-FAQ, Abschn. B.I Frage 8.
31 Longrée/Pesch NZG 2017, 1081 (1089 f.).
32 Frese ZEV 2017, 695 (698 f.).
Dr. Yorck Frese: Der Autor ist RA und Assoziierter Partner am Hamburger Standort von Flick Gocke Schaumburg Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaft mbB