Grundzüge des Ablaufs der Liquidation einer GmbH

Grundzüge des Ablaufs der Liquidation einer GmbH

Im Gegensatz zur Gründung einer GmbH, die sich verhältnismäßig schnell und unkompliziert gestaltet, ist die Liquidation einer GmbH ein zeitaufwändiges und komplexes Verfahren. Dieser Beitrag stellt die Grundzüge der gesellschaftsrechtlichen Aspekte einer Liquidation aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses dar.

I. Einleitung

Die Liquidation eines Unternehmens ist nicht zwangsweise ein Zeichen dafür, dass das Unternehmen gescheitert ist, sondern vielmehr ein natürlicher Prozess unseres marktwirtschaftlichen Systems, in das neue Gesellschaften eintreten und bestehende Gesellschaften ausscheiden. Die Gründe für die Liquidation einer Gesellschaft sind vielfältig und reichen von der Änderung des Tätigkeitsfeldes bis hin zur Zweckerreichung oder der Auflösung der Gesellschaft aufgrund des gewünschten Eintritts der Gesellschafter in den Ruhestand. Regelmäßig werden Gesellschaften, deren gesamtes Vermögen im Wege eines Asset Deals veräußert wurde, nach Ausschüttung der Gewinne aus der Veräußerung des Unternehmens an die Gesellschafter, liquidiert. Im Jahr 2018 konnte bei den gewerblichen Liquidationen zwar ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um ca. 2,7 % verzeichnet werden, jedoch lag die Zahl der gewerblichen Liquidationen in 2018 immer noch bei 291.000 (IFM Bonn auf Basis der Gewerbeanzeigestatistik des Statistischen Bundesamtes, abrufbar unter: http://www.ifm-bonn.org/statistiken/gruendungen-und-unternehmensschliessungen). Die verhältnismäßig hohe Anzahl an Unternehmensauflösungen zeigt die praktische Relevanz der Liquidation. Anders als die verhältnismäßig einfache Gründung einer Gesellschaft, stellt sich die Liquidation als ein zeitaufwändiges und komplexes Verfahren dar, welches im Rahmen dieser Abhandlung in seinen Grundzügen skizziert werden soll.

II. Auflösungsgründe

Ausweislich der Regelung aus § 60 I GmbHG wird die GmbH aufgelöst durch (i) Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeit, (ii) Gesellschafterbeschluss, wobei dieser mit einer Mehrheit von Dreiviertel der abgegebenen Stimmen gefasst werden muss, (iii) gerichtliches Urteil oder einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts bzw. der Verwaltungsbehörde in den Fällen der §§ 61 und 62 GmbHG, (iv) Eröffnung des Insolvenzverfahrens, (v) Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, (vi) Eintritt der Rechtskraft einer Verfügung des Registergerichts, durch welche nach § 399 FamFG ein Mangel des Gesellschaftsvertrages festgestellt worden ist, sowie (vii) Löschung der Gesellschaft aufgrund Vermögenslosigkeit nach § 394 FamFG. Die in § 60 I GmbHG aufgeführten Auflösungsgründe sind nicht abschließend, sondern es kommen weitere gesetzliche Auflösungsgründe und weitere Auflösungsgründe, die gem. § 60 II GmbHG im Gesellschaftsvertrag festelegt werden können, hinzu (Lorscheider in: BeckOK GmbHG, Ziemons/Jaeger, 39. Edition, Stand: 1.5.2019, § 60, Rn. 17.; Haas in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage 2017, § 60, Rn. 71).

III. Ablauf der Liquidation aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses

1. Auflösungsbeschluss

Für die Beendigung einer Gesellschaft muss diese zunächst aufgelöst werden, was im Regelfall durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss geschieht. In dem Gesellschafterbeschluss legen die Gesellschafter den Zeitpunkt fest, an dem die GmbH ihre werbende Tätigkeit einstellt und das Gesellschaftsvermögen verwertet wird. Der Auflösungstermin ist maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung (§ 11 KStG). Der Gesellschafterbeschluss bedarf einer Mehrheit von Dreivierteln der abgegebenen Stimmen, soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Mehrheit festlegt. Der Gesellschafterbeschluss kann die Auflösung der Gesellschaft auch unter den Eintritt einer aufschiebenden Bedingung stellen oder eine bestimmte Frist festlegen, nach deren Ablauf die Gesellschaft aufgelöst werden soll (Lorscheider, aaO, § 60, Rn. 5). Der Gesellschafterbeschluss muss den Willen zur Auflösung der Gesellschaft zum Ausdruck bringen, wobei eine besondere Bezeichnung oder das Wort „Auflösung“ nicht erforderlich ist (BGH NJW 1999, 1481, 1483.; Nerlich in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 60, Rn. 42). Vielmehr gelten auch hier die allgemeinen Anforderungen an Gesellschafterbeschlüsse, so dass der Auflösungsbeschluss auch konkludent gefasst werden kann. Die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung in Bezug auf die Fassung des Auflösungsbeschlusses ist zwingend und kann nicht auf ein anderes Organ der Gesellschaft verlagert oder von der Zustimmung Dritter abhängig gemacht werden (Lorscheider, aaO, § 60, Rn. 7). Minderheitsgesellschafter können die Auflösung der Gesellschaft nicht verhindern und haben keinen Anspruch auf Fortbestand der Gesellschaft, solange die Dreiviertelmehrheit die Auflösung der Gesellschaft beschlossen und hierbei nicht treuwidrig gehandelt hat (Lorscheider, aaO, § 60, Rn. 7 a). Üblicherweise wird in dem Auflösungsbeschluss zugleich die Abberufung der Geschäftsführer, die Bestellung der Liquidatoren und die Verwahrung der Bücher und Schriften der Gesellschaft geregelt. Soweit durch Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluss nicht andere Personen zur Liquidation der Gesellschaft berufen werden, erfolgt die Liquidation durch die bisherigen Geschäftsführer, wobei es sich empfiehlt, eine entsprechende Regelung zur Klarstellung im Auflösungsbeschluss aufzunehmen.

2. Anmeldung des Auflösungsbeschlusses zum Handelsregister

Gem. § 65 I GmbHG muss die Auflösung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden, wobei die Anmeldung gem. § 12 I HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form (§ 129 BGB, § 39 a BeurkG) einzureichen ist. Das Gesetz trifft keine Aussage darüber, wer für die Anmeldung zuständig ist. Nach h. M. ist die Gesellschaft selbst anmeldepflichtig und wird hierbei durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten (Haas, aaO, § 65, Rn. 7). Da die Geschäftsführer mit Auflösung der Gesellschaft ihre Vertretungsbefugnis verloren haben, wird die Gesellschaft grundsätzlich durch die Liquidatoren in vertretungsberechtigter Zahl vertreten. Die Eintragung hat keine konstitutive, sondern lediglich deklaratorische Wirkung (Haas, aaO, § 65, Rn. 15). Die Gesellschaft ist von nun an stets als GmbH in Liquidation (GmbH i. L.) zu bezeichnen.

3. Bekanntmachung der Auflösung in den Gesellschaftsblättern

Die Auflösung der Gesellschaft ist gem. § 65 II GmbHG i. V. m. § 12 1 GmbHG von den Liquidatoren im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Im Zuge der Bekanntmachung sind die Gläubiger der Gesellschaft aufzufordern, sich bei der Gesellschaft zu melden, um eventuelle Ansprüche geltend zu machen (§ 65 II 2 GmbHG). Die Bekanntmachung ist unabhängig von der gem. § 65 I GmbHG vorgeschriebenen Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister. Die Bekanntmachung enthält die Firma und den Ort der Gesellschaft sowie die Mitteilung der Auflösung. Der Auflösungsgrund selbst muss bei der Bekanntmachung nicht angegeben werden. Die Vorschrift über die Bekanntmachung ist in direktem Zusammenhang mit der Regelung des § 73 I GmbHG zu sehen, wonach eine Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter nicht vor Ablauf eines Jahres seit der Bekanntmachung gem. § 65 II GmbHG erfolgen darf (sog. Sperrfrist); die Bekanntmachung markiert somit den Beginn des Sperrjahres.

4. Fortsetzung der Gesellschaft

Solange die Gesellschaft noch nicht beendet ist, kann die durch Beschluss aufgelöste GmbH durch einen entsprechenden (weiteren) Gesellschafterbeschluss fortgesetzt werden, wobei der Beschluss zur Fortsetzung eine eintragungsbedürftige Tatsache darstellt, die im Handelsregister eingetragen werden muss (Eller, SteuK 2012, 367).

5. Ablauf der Liquidation und Aufgabe der Liquidatoren

Die Aufgabe der Liquidatoren ist es, für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Gesellschaft zu sorgen, wofür ihnen die Vorschriften aus § 70 und § 71 GmbHG grobe Leitlinien vorgeben. Nach § 70 GmbHG haben die Liquidatoren alle laufenden Geschäfte zu beenden, Verträge zu kündigen, Forderungen der Gesellschaft einzuziehen, das Anlagevermögen und Warenvorräte zu Geld zu machen und vor allem die Verbindlichkeiten der GmbH zu tilgen. Der Umfang und die Reichweite der Vertretungsmacht der Liquidatoren entspricht diesbezüglich derjenigen der Geschäftsführer. Ferner sind die Liquidatoren verpflichtet, wie zuvor die Geschäftsführer, nach § 34 I AO als gesetzliche Vertreter der Gesellschaft die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen.

a) Liquidations-Eröffnungsbilanz

Nach § 71 I GmbHG sind die Liquidatoren verpflichtet, für den Beginn der Liquidation eine Eröffnungsbilanz mitsamt einem die Eröffnungsbilanz erläuternden Bericht sowie am Ende eines jeden Jahres einen Jahresabschluss und einen Lagebericht aufzustellen. Die Eröffnungsbilanz ist auf den Tag der Auflösung der Gesellschaft aufzustellen und stellt die bilanzielle Grundlage für die Abwicklung der Gesellschaft dar; sie wird gem. § 71 II 1 GmbHG durch die Gesellschafterversammlung festgestellt. Die Regelungen über den Jahresabschluss der werbenden Gesellschaft sind für die Rechnungslegung während der Liquidation entsprechend anzuwenden.

b) Erfüllung der Verpflichtungen

Notwendige Voraussetzung für die Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter ist die vorherige Erfüllung der Verbindlichkeiten und die Tilgung der Schulden (H.-F. Müller in: MüKo-GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 70, Rn. 10). Hierfür ist es regelmäßig notwendig, dass die Liquidatoren die Verbindlichkeiten der Gesellschaft erfassen, um den Umfang und die hierfür benötigten finanziellen Mittel kalkulieren zu können. Bestrittene Forderungen können von den Liquidatoren nach pflichtgemäßem Ermessen anerkannt und erfüllt werden (H.-F. Müller, aaO, § 70, Rn. 10). Auch steht es den Liquidatoren frei, auf eine bereits verjährte Forderung zu leisten, soweit dies nach Einschätzung der Liquidatoren unter kaufmännischen Gepflogenheiten der ordnungsgemäßen Abwicklung dient (Haas, aaO, § 70, Rn. 5). Unter den Gläubigern besteht kein Rang, so dass die Liquidatoren nach pflichtgemäßem Ermessen die Reihenfolge der zu erfüllenden Verbindlichkeiten festlegen, wobei sie grundsätzlich nicht verpflichtet sind, für eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zu sorgen (Lorscheider, aaO, § 70, Rn. 9.; Haas, aaO, § 70, Rn. 5.; H.-F. Müller, aaO, § 70, Rn. 11). Anders ist dies jedoch in den Fällen, in denen die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist, da in diesen Fällen nach § 15 a InsO die Einleitung eines Insolvenzverfahrens beantragt werden muss.

c) Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern

Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern aus normalen Verkehrsgeschäften sind ebenso wie die Ansprüche anderer Gläubiger der Gesellschaft zu erfüllen. Anders verhält es sich jedoch mit Darlehen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen erst nach Erfüllung sämtlicher Verbindlichkeiten zurückzuzahlen sind (qualifizierter Rangrücktritt). Solche Darlehen dürfen erst nach Eintritt dieser Voraussetzungen und nach Ablauf des Sperrjahres zurückbezahlt werden.

In vielen Konstellationen verhält es sich jedoch so, dass im Rahmen einer Krise der Gesellschaft, der oder die Gesellschafter häufig gezwungen sind, den Finanzierungsbedarf der Gesellschaft durch Gesellschafterdarlehen zu decken. Soweit im Laufe der Zeit und durch die gegebenen Gesellschafterdarlehen keine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft eintritt, bleibt den Gesellschaftern oft nur noch die Liquidation der Gesellschaft im Wege eines ordentlichen Liquidationsverfahrens. In diesen Konstellationen ist es der Gesellschaft häufig nicht möglich, die an sie ausgereichten Gesellschafterdarlehen bis zum Abschluss der Liquidation und der Beendigung der Gesellschaft an die Gesellschafter zurück zu zahlen. In diesen Fällen stellt sich sodann die Frage, wie mit den nicht rückzahlbaren Gesellschafterdarlehen im Zuge der Auflösung der Gesellschaft steuerlich zu verfahren ist.

Lange Zeit bestanden in den vorgenannten Konstellationen der nicht rückzahlbaren Gesellschafterdarlehen im Rahmen der Liquidation erhebliche Rechtsunsicherheiten auf Seiten des Steuerpflichtigen. Denn bei Anwendung der allgemeinen Auffassung der Finanzverwaltung zum Forderungsverzicht (Vgl. (zu § 8 KStG), H 8.9 „Forderungsverzicht“ und „Forderungsverzicht gegen Besserungsschein“ KStH 2015) auf den wirtschaftlich vergleichbaren Fall des Untergangs von Gesellschaftsverbindlichkeiten, wäre zu befürchten, dass eine sich in Liquidation befindliche vermögenslose und ggf. überschuldete Gesellschaft, Ertragsteuern zu entrichten hat. Für eine gewisse Rechtssicherheit hat diesbezüglich die Verfügung der OFD Frankfurt a. M. vom 30.6.2017 (OFD Frankfurt a. M. v. 30.6.2017 – S 2743 A – 12 – St 525), welche durch die Verfügungen vom 7.9.2017 (OFD Frankfurt a. M. v. 7.9.2017 – S 2743 A – 12 – St 525) und 3.8.2018 (OFD Frankfurt a. M. v. 3.8.2018 – S 2743 A – 12 – St 525) inhaltlich erweitert wurde, gesorgt. Ausweislich der Verfügungen geht die Finanzverwaltung davon aus, dass eine Gesellschafterverbindlichkeit im Abwicklungsendvermögen des Schuldners sowohl dem Grunde als auf der Höhe nach grundsätzlich unverändert passivierungspflichtig ist, soweit nicht ein expliziter Forderungsverzicht seitens des Gläubigers, d. h. seitens des Gesellschafters, ausgesprochen wird. Ein Forderungsverzicht kann nach h. M. nicht alleine aus der Beantragung oder Zustimmung des Gläubigers zur Liquidation gesehen werden (BFH v. 9.6.1977 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, DStR 1997, 1282.; OFD Frankfurt a. M. v. 3.8.2018 – S 2743 A – 12 – St 525.; Dietrich/Weber, DStR 2019, 966, 969), sondern muss tatsächlich explizit erklärt werden. Bezüglich der Höhe der Darlehensverbindlichkeiten sind nach der Rechtsprechung des BFH BFH v. 5.2.2014 – I R 34/12, DStR 2014, 1601, Rn. 21) und der h. M. in der Literatur (Rogge, DB 2015, 2837.; Dietrich/Weber, DStR 2019, 966, 970) die besonderen Regelungen des § 12 I BewG anzuwenden, wonach Schulden mit dem Nennwert anzusetzen sind, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Dem folgend müssen nach der hier vertretenen Auffassung und der wohl h. M. (Dietrich/Weber, DStR 2019, 966, 967.; Mayer/Betzinger, DStR 2014, 1573, 1577) bis zum Abschluss der Liquidation nicht befriedigte Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern bei der Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögen nach § 11 KStG weiterhin mit ihrem Nennwert berücksichtigt werden, weshalb insoweit keine Erhöhung des Abwicklungsgewinns im Sinne von § 11 I KStG vorzunehmen ist.

d) Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld

Die Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld soll wie die Einziehung offener Forderungen dazu dienen, die Gläubiger der Gesellschaft zu befriedigen und das Restvermögen nach Ablauf des Sperrjahres an die Gesellschafter zu verteilen (Haas, aaO, § 70, Rn. 8). Im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens können die Liquidatoren die Zeit und die Art der Verwertung bestimmen, wobei sie stets das Ziel einer möglichst gewinnbringenden Veräußerung des Vermögens der Gesellschaft verfolgen müssen (Lorscheider, aaO, § 70, Rn. 13.; H.-F. Müller, aaO, § 70, Rn. 16). Gemessen an dem Ziel eines möglichst hohen Gewinns stellt in vielen Fällen die Veräußerung des Unternehmens der Gesellschaft im Ganzen die wirtschaftlich sinnvollste Lösung dar. In diesem Rahmen nicht veräußert werden dürfen Gegenstände, die der Gesellschaft seitens eines Gesellschafters zur Nutzung überlassen wurden, da diese entsprechend § 732 BGB an den betreffenden Gesellschafter zurückzugeben sind.

e) Schlussrechnung und Vermögensverteilung

Sobald das Sperrjahr aus § 73 I GmbHG abgelaufen ist und die Voraussetzungen für eine Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter gem. § 72 GmbHG geschaffen sind, müssen die Liquidatoren eine Liquidations-Schlussbilanz aufstellen, aus der sich unter rechnerischem Abzug der restlichen Aufwendungen das zur Verteilung an die Gesellschafter verbleibende Vermögen ergibt. Die Liquidations-Schlussbilanz ist zwar anders als die in § 70 I GmbHG normierte Eröffnungsbilanz gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen, jedoch folgt ihre Notwendigkeit aus der öffentlich-rechtlichen Rechnungslegungspflicht der Gesellschaft, welche am Ende eines Geschäftsjahres mit einem Jahresabschluss enden muss (Altmeppen in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl. 2019, § 71, Rn. 33.; H.-F. Müller, aaO, § 7, Rn. 49.; Haas, aaO, § 71, Rn. 28). Ergänzt wird die Liquidations-Schlussbilanz durch eine Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum seit dem letzten Bilanzstichtag (Haas, aaO, § 71, Rn. 28). Daneben ist ein Schlussanhang mit Erläuterungen anzufügen, der auch den Verteilungsplan bezüglich des Liquidationsüberschusses enthält. Die Schlussbilanz muss von der Gesellschafterversammlung festgestellt werden.

Soweit durch den Gesellschaftsvertrag kein abweichender Verteilungsmaßstab festgelegt wurde, wird das Vermögen, das sich aus der Schlussbilanz ergibt, sodann gem. § 72 1 GmbHG im Rahmen der Liquidations-Schlussrechnung an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile ausgekehrt, wobei maßgebend nicht deren Verhältnis am Stammkapital der Gesellschaft sondern vielmehr das Verhältnis der Nennbeträge der Geschäftsanteile zueinander ist (Haas, aaO, § 72, Rn. 4). Eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft finden bei der Verteilung des Vermögens keine Berücksichtigung.

6. Beendigung der Gesellschaft

Nach § 74 GmbHG müssen die Liquidatoren in vertretungsberechtigter Zahl die Beendigung der Liquidation zur Eintragung im Handelsregister anmelden. Das zuständige Registergericht prüft hierbei, ob die Gesellschaft vermögenslos und auch im Übrigen die Liquidation beendet ist, wobei sich das Registergericht im Rahmen seiner Prüfung im Grundsatz auf die entsprechende Versicherung der Liquidatoren verlassen kann, soweit an der Richtigkeit keine begründeten Zweifel bestehen (OLG Köln Beschl. v. 5.11.2004 – 2 Wx 33/04, NZG 2005, 83, 84). Die Gesellschaft ist sodann zu löschen.

Seit Langem umstritten sind jedoch die Konsequenzen der Löschung für die Existenz der Gesellschaft als juristischer Person.

a) Deklaratorische Wirkung

Nach der früher vorherrschenden Meinung hatte die Eintragung der Löschung rein deklaratorische Wirkung, so dass die Löschung im Handelsregister für die Vollbeendigung der Gesellschaft weder ausreichend noch erforderlich war (BGH Urt. v. 4.6.1957 – VIII ZR 68/56; RG Urt. v. 6.1.1925 – II 735/23, RGZ 109, 387, 391). Vielmehr soll nach dieser Auffassung die Gesellschaft mit dem Eintritt der Vermögenslosigkeit erlöschen, unabhängig von der Eintragung. Gegen diese Meinung wird jedoch vorgebracht, dass sie die mit dem Registerverfahren verbundene Rechtssicherheit vernachlässige und gegen das geltende Normativsystem verstoße (K. Schmidt, GmbHR 1988, 209, 210).

b) Konstitutive Wirkung

Nach der Gegenmeinung kommt der Eintragung der Löschung im Handelsregister stets konstitutive Wirkung zu, so dass die Eintragung der Löschung gemessen an dieser Auffassung erforderlich, aber auch ausreichend ist (Hönn, ZHR 138 (1974), 50 ff.; Koch in: MüKo-AktG, 4. Aufl. 2016, § 262, Rn. 90). Problematisch an dieser Auffassung ist nach der hier vertretenen Auffassung jedoch deren Vereinbarkeit mit der Regelung aus § 65 V GmbHG, die vorschreibt, dass eine Nachtragsliquidation immer dann stattzufinden hat, wenn sich nach Löschung der Gesellschaft herausstellt, dass noch Vermögen vorhanden ist.

c) Lehre vom Doppeltatbestand

Nach der heute wohl überwiegend vertretenen Auffassung der Lehre vom Doppeltatbestand erlischt die Gesellschaft nur dann, wenn sie über kein verteilungsfähiges Vermögen mehr verfügt und zusätzlich im Handelsregister gelöscht worden ist (K. Schmidt, GmbHR 1988, 209, 210 ff.; OLG München Beschl. v. 6.7.2017 – 23 U 750/11, NZG 2017, 1071.; BAG Urt. v. 22.3.1988 – 3 AZR 350/86). Da weder das Fehlen von verteilungsfähigem Vermögen noch die Löschung im Handelsregister für sich gesehen ausreicht, wird durch die Lehre vom Doppeltatbestand im Interesse aller Beteiligten sichergestellt, dass die Gesellschaft bis zur formalen Beendigung der Liquidation durch die Eintragung der Löschung im Handelsregister fortbesteht. Sollte sich im Nachgang herausstellen, dass doch noch Vermögen vorhanden ist, so steht die Gesellschaft bis zum Abschluss der Nachtragsliquidation als Zurechnungssubjekt zur Verfügung.

d) Lehre vom erweiterten Doppeltatbestand

Auch vertreten wird die Lehre vom erweiterten Doppeltatbestand, wonach die Gesellschaft nach der Löschung auch dann forstbestehe, wenn zwar kein Vermögen mehr bei der Gesellschaft vorhanden ist, aber noch weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind (Haas, aaO, § 60, Rn. 7, 105). Diese Auffassung ist nach der hier vertretenen Auffassung jedoch nicht mit der Regelung des § 394 FamFG vereinbar, die eine Amtslöschung nicht erst bei Mangel anderweitiger Abwicklungsmaßnahmen, sondern bei Vermögenslosigkeit vorsieht.

7. Nachtragsliquidation

Eine Nachtragsliquidation findet immer dann statt, wenn sich nach Löschung der Gesellschaft im Handelsregister herausstellt, dass noch Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Nach Maßgabe der Lehre vom Doppeltatbestand (vgl. oben Ziffer 6 c) gilt die Gesellschaft somit nicht als erloschen sondern nur als aufgelöst. Die im GmbHG enthaltenen Regelung des § 66 V GmbH erwähnt nur den Fall, dass die Gesellschaft zu Unrecht wegen vermeintlicher Vermögenslosigkeit (§ 394 FamFG) gelöscht wird und sich nach Löschung herausstellt, dass noch Vermögen vorhanden ist, welches verteilt werden kann. Im GmbHG nicht ausdrücklich geregelt ist jedoch der Fall, dass nach Abschluss der Liquidation und Löschung der Gesellschaft im Handelsregister noch Vermögen auftaucht. In diesem Fall ist nach h. M. ebenfalls eine Nachtragsliquidation erforderlich, die dogmatisch aus einer analogen Anwendung des § 273 IV AktG hergeleitet wird (BGHZ 53, 264, 266.; Altmeppen aaO, § 74, Rn. 21.; Haas, aaO, § 60, Rn. 104).

8. Besteuerung in der Liquidation

a) Körperschaftsteuer

Die subjektive Steuerpflicht der Gesellschaft bleibt während der Liquidation bestehen. Abweichend von dem Grundsatz aus § 7 III KStG i. V. m. § 25 EstG, nach dem das Einkommen der GmbH jeweils für das Kalenderjahr ermittelt wird, legt § 11 I 1 KStG für Fälle der Liquidation der GmbH den Abwicklungszeitraum als den maßgeblichen Ermittlungszeitraum und Veranlagungszeitraum fest, wobei dieser nach § 11 I 2 KStG einen Zeitraum von drei Jahren nicht übersteigen soll. Der Abwicklungszeitraum beginnt mit der Auflösung der Gesellschaft und endet mit dem Abschluss der Abwicklung (Helm/Haaf, Beck’sches Handbuch der GmbH, 5. Aufl. 2014, § 16, Rn. 77), d. h. der Abwicklungszeitraum wird anhand der tatsächlichen Verhältnisse bestimmt. Im Abwicklungszeitraum ist gem. § 11 I KStG für die Besteuerung der erzielte Gewinn zugrunde zu legen, zu dessen Ermittlung man das Abwicklungs-Endvermögen gem. § 11 III KStG dem Abwicklungs-Anfangsvermögen gem. § 11 IV KStG gegenüberstellt.

b) Gewerbesteuer

Grundsätzlich unterliegt der Liquidationsgewinn zusätzlich der Gewerbesteuer, wobei hierfür der nach § 11 KStG ermittelte Gewinn nach Maßgabe der gewerbesteuerlichen Modifikationen maßgebend ist (Helm/Haaf, aaO, § 16, Rn. 87).

c) Umsatzsteuer

Die aufgelöste GmbH besteht als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts (§ 2 I UStG) fort, wobei dies nach Auffassung des BFH solange gelten soll, bis alle umsatzsteuerrechtlich bedeutsamen Rechtsbeziehungen, einschließlich der Rechtsbeziehung zum Finanzamt, beseitigt sind (BFH v. 9.12.1993, BStBl. II 1994, 483). Während der Abwicklung tätigt die aufgelöste GmbH also umsatzsteuerpflichtige Umsätze, ist zum Vorsteuerabzug berechtigt und muss demgemäß weiterhin Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuer-Jahreserklärungen einreichen (Eller, aaO, 367, 370).

IV. Zusammenfassung

Die Liquidation einer Gesellschaft ist Teil eines natürlichen Prozesses unseres marktwirtschaftlichen Systems, in das neue Gesellschaften eintreten und bestehende Gesellschaften ausscheiden. Die lange Zeit bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf die steuerliche Behandlung von nicht rückzahlbaren Gesellschafterdarlehen im Rahmen der Liquidation scheint nun durch die genannten Verfügungen der OFD Frankfurt a. M. geklärt. Da sich der Prozess der Liquidation als aufwändig und in Teilen sehr komplex darstellt, ist insbesondere unerfahrenen Gründern und Geschäftsführern von GmbHs zu raten, sich bei der Liquidation professioneller Hilfe von Rechtsanwälten, Steuerberatern oder professionellen Liquidatoren zu bedienen.

Quelle: Rechtsanwalt Dr. Tobias Schönhaar, LL. M., Weitnauer Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater, München