13 Apr Widerruf einer Pensionszusage
Widerruf einer Pensionszusage
Eine GmbH kann Ansprüchen aus
einer ihrem Geschäftsführer erteilten Versorgungszusage nur dann den Einwand
des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten, wenn der Versorgungsberechtigte seine
Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit
bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich
entwertet herausstellt (Festhaltung BGH, NZG 2000, 498 = ZIP 2000, 380
[381 f.]). Dies setzt voraus, dass die Gesellschaft durch das grobe
Fehlverhalten des Begünstigten in eine ihre Existenz bedrohende Lage gebracht
wurde; ob im Einzelfall die Zufügung eines außerordentlich hohen Schadens
genügen kann, kann offenbleiben.
BGH, Urt. v. 2.7.2019 – II ZR
252/16 (OLG Köln, Urt. v. 25.8.2016 – 18 U 230/14)
Zum Sachverhalt:
Der Kl. war mit einem Anteil
von 98 % Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der bekl. GmbH,
die 1995 gegründet und im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig
wurde. Unter dem 30.11.1999 erteilte die Bekl. dem Kl. eine Pensionszusage, die
später mehrmals angepasst wurde. Zur Deckung der Pensionszusage deponierte die
Bekl. in der Folgezeit bei der BB-Bank erhebliche Vermögenswerte. Ab dem
1.5.2011 bezog der damals 62-jährige Kl. die vereinbarte Altersversorgung,
blieb aber Geschäftsführer mit abgesenktem Gehalt.
Der Kl. beabsichtigte nach dem
Erreichen des Rentenalters, einen bedeutenden Teil seiner Geschäftsanteile zu
veräußern und zugleich seinen Söhnen S und N eine dauerhafte Anstellung als
Geschäftsführer der Bekl. zu ermöglichen. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom
13.6.2013 veräußerte der Kl. 51 % der Geschäftsanteile an der Bekl. an die zur
K-Unternehmensgruppe gehörende E-GmbH (künftig: E), die damit
Mehrheitsgesellschafterin wurde. Weitere Gesellschafter blieben der Kl. mit
47 % und Sch mit 2 %. Der im notariellen Vertrag genannte Kaufpreis von 150.000
Euro sollte aus Ausschüttungen der Bekl. auf die Geschäftsanteile der E gezahlt
werden. Weitere 350.000 Euro sollten gemäß einer ebenfalls am 13.6.2013
privatschriftlich geschlossenen Grundlagenvereinbarung dem Kl. ab 2014 in Form
von Tantiemen zufließen. Zu der Grundlagenvereinbarung gab die E unter dem
18.6.2013 eine Zusatzerklärung ab, die ua die Verpfändung der für
Pensionsverpflichtungen zweckgebundenen Kapitalanlagen der Bekl. an die
versorgungsberechtigten Personen vorsah.
Durch Auflösungsvereinbarung
vom 30.7.2013 wurden die Grundlagenvereinbarung und die Zusatzerklärung
aufgehoben. Am selben Tag schlossen die K-GmbH (künftig: K), die E, die Bekl.
und der Kl. zur Kompensation einen so bezeichneten Grundlagenvertrag. Dieser
regelte ua eine Überleitung der Geschäfte der Bekl. auf K. Ab dem 19.8.2013
sollten alle Leistungen der Bekl. den Kunden durch K in Rechnung gestellt
werden; die Pensionsverpflichtungen sollten aber bei der Bekl. verbleiben. Eine
Verpfändung der für Pensionsverpflichtungen zweckgebundenen Kapitalanlagen sah
der Grundlagenvertrag nicht mehr vor. Vereinbart wurden ferner der Abschluss
eines Beratervertrags zwischen K und dem Kl. sowie eine liquiditätsabhängige
Beteiligung des Kl. am Umsatz der K mit Altmandanten. Im Zusammenhang mit der
Anteilsveräußerung wurden neben dem Kl. dessen Söhne S und N sowie der
Geschäftsführer der E, U, zu weiteren Geschäftsführern der Bekl. bestellt.
Ab August 2013 kam es zu
Streitigkeiten zwischen dem Kl. und seinen Söhnen auf der einen sowie der E, U
und der Mitgesellschafterin Sch auf der anderen Seite, die in ein nachhaltiges
Zerwürfnis insbesondere zwischen dem Kl. und U mündeten. Am 23.8.2013 verpfändete
der Kl. namens der Bekl. zu seinen Gunsten Vermögenswerte (Geldbeträge und
Wertpapiere) der Bekl. im Wert von ca. 710.000 Euro oder ca. 600.000 Euro, die
zur Deckung der Pensionszusage bei der BB-Bank deponiert waren. Nachdem die
Pensionszahlung für September 2013 bis dahin ausgeblieben war, teilte der Kl.
der Bekl. mit Schreiben vom 23.9.2013 mit, dass er von seinem – bestrittenen –
Recht auf Kapitalabfindung Gebrauch mache und veranlasste den Transfer der zu
seinen Gunsten verpfändeten Vermögenswerte auf ein für ihn und seine Ehefrau
geführtes Konto. Die Bekl. nahm den Kl. in einem Parallelverfahren erfolgreich
auf Rückerstattung in Anspruch. Am 2.9.2013 verweigerten der Kl. und seine
Söhne ihnen bekannten Mitarbeitern der E den Zutritt zu den Geschäftsräumen der
Bekl. ohne Vorlage einer entsprechenden Vollmacht. Am 20.9.2013 beschloss die
Gesellschafterversammlung der Bekl. mehrheitlich, den Verwaltungssitz von B.
nach K. zu verlegen. Der Kl., der diesen Beschluss für unwirksam hielt, weigerte
sich, seine Tätigkeit in K. aufzunehmen. Auch seine Söhne wurden nicht in K.
tätig. Die gegen den Gesellschafterbeschluss gerichtete Anfechtungsklage des
Kl. hatte im Ergebnis keinen Erfolg.
Mit einem Rundschreiben vom
1.10.2013 wandte sich der Kl. an Kunden der Bekl. und teilte mit, er sei als
Geschäftsführer der Bekl. bis auf weiteres nicht mehr unter der bekannten
Festnetznummer, sondern nur noch unter seiner näher bezeichneten
Mobilfunknummer erreichbar.
In einer
Gesellschafterversammlung vom 9.10.2013 wurde der Kl. als Geschäftsführer
abberufen und der für die K Gruppe tätige T N zum weiteren Geschäftsführer
bestellt. Weiter wurde beschlossen, die dem Kl. erteilte Pensionszusage zu
widerrufen. Diesen Beschluss hat der Kl. in einem Parallelverfahren erfolgreich
angefochten.
In der
Gesellschafterversammlung vom 28.11.2013 wurden zu TOP 1–3 mehrheitlich
Beschlüsse gefasst, die die Abberufung der beiden Söhne des Kl. als
Geschäftsführer aus wichtigem Grund sowie die Kündigung der Anstellungsverträge
mit dem Kl. und seinen Söhnen betrafen. Zu TOP 4 wurde die Bestätigung des
Gesellschafterbeschlusses vom 9.10.2013 über den Widerruf der dem Kl. erteilten
Pensionszusage beschlossen; weiter wurde beschlossen, den Widerruf vorsorglich
erneut zu erklären. Neben der Bekl. bestand die Dr. L-Gesellschaft mbH
(künftig: Dr. L.). Für diese Gesellschaft wurde der Kl. im Bereich der
betrieblichen Altersversorgung tätig, wobei auch die Bezeichnung „Dr. L-GmbH“
verwendet wurde. Demgegenüber hat die Bekl. ihre Geschäftstätigkeit
mittlerweile eingestellt. Worauf dies zurückzuführen ist, ist im Einzelnen
streitig. Die Bekl. erhebt den Vorwurf, dass der Kl. und seine Söhne die
Bestandskunden der Bekl. bzw. die für die Kundenwerbung maßgebenden
„Multiplikatoren“ auf die Dr. L übergeleitet hätten.
Mit seiner Anfechtungsklage
wendet sich der Kl. gegen die am 28.11.2013 zu TOP 1–4 gefassten
Gesellschafterbeschlüsse. Das LG hat lediglich den zu TOP 4 gefassten Beschluss
für nichtig erklärt, soweit damit der – seinerseits in einem Vorprozess für
nichtig erklärte – Beschluss vom 9.10.2013 über den Widerruf der Pensionszusage
bestätigt worden ist (LG Köln, Urt. v. 14.11.2014 – 82 O 25/14, BeckRS 2016,
16516). Im Übrigen, auch hinsichtlich des erneuten Widerrufs der
Pensionszusage, hat das LG die Klage abgewiesen. Das BerGer. (OLG Köln, Beschl.
v. 25.8.2016 – 18 U 230/14, BeckRS 2016, 136673) hat die Berufung des Kl. durch
Beschluss zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat insoweit
zugelassenen Revision verfolgt der Kl. die Anfechtung des zu TOP 4 zum erneuten
Widerruf der Pensionszusage gefassten Gesellschafterbeschlusses weiter.
Die Revision hatte Erfolg und
führte hinsichtlich des zu TOP 4 gefassten Gesellschafterbeschlusses zur
Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das
BerGer.
Aus den Gründen:
14I. Das BerGer. hat seine
Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen
wie folgt begründet:
15Der Widerruf der dem Kl.
erteilten Pensionszusage sei wegen der Verfehlungen des Kl. und ihrer
Auswirkungen auf die Bekl. gerechtfertigt. Der Kl. habe seine langjährige
Tätigkeit für die Bekl. teilweise – nämlich hinsichtlich der Bindung der Kunden
an die Bekl. und nicht den Kl. persönlich – schon dadurch entwertet, dass er
zum einen an der vereinbarten Integration der Bekl. in die K-Gruppe nicht
mitgewirkt und sich der Umsetzung der jedenfalls vorläufig wirksam
beschlossenen Verlegung des Verwaltungssitzes der Bekl. ohne weiteres
verweigert habe, und dass er zum anderen mit seiner Rund-E-Mail an die Kunden
der Bekl. dafür gesorgt habe, dass sein persönlicher Kontakt zu den Kunden
aufrechterhalten geblieben sei, diese nicht ohne weiteres auf ein Unternehmen
der K-Gruppe hätten übergeleitet werden können und zudem Rückfragen der Kunden bei
dem ihnen bekannten Kl. zum Hintergrund der Rund-E-Mail nahegelegen hätten.
16Im Übrigen habe der Kl.
seine Tätigkeit für die Bekl. entwertet, indem er eigenmächtig auf die
Vermögenswerte der Bekl. zugegriffen habe und schließlich für seine andere Gesellschaft
im Geschäftsfeld der Bekl. tätig geworden sei. Denn danach sei der Bekl. jede
auch nur teilweise und zeitweise Verwendung des Deckungsvermögens, die den
Deckungszweck selbst nicht berühre, unmöglich gewesen.
17Der Widerruf der
Pensionszusage sei dem Kl. nicht nur vor dem Hintergrund seiner schwerwiegenden
Pflichtverletzungen zumutbar, sondern auch deshalb, weil er an den zur Bekl.
zurückgelangenden und nach dem Widerruf der Pensionszusage nicht mehr
zweckgebundenen Vermögenswerten mittelbar als Gesellschafter und im Falle
seines Ausscheidens über seinen Abfindungsanspruch beteiligt wäre.
18Offenbleiben könne, in
welchem Umfang die Dr. L schon vor der Auseinandersetzung zwischen dem Kl. und
U um die Bekl. am Markt tätig gewesen sei. Ebenso brauche nicht aufgeklärt zu
werden, in welchem Umfang der Kl. für diese weitere Gesellschaft Geschäfte mit
früheren Kunden der Bekl. tätige und wie es genau dazu gekommen sei.
Schließlich brauche nicht festgestellt zu werden, inwieweit das Auftreten des
Geschäftsführers N gegenüber Multiplikatoren zum Zusammenbruch der Geschäfte
der Bekl. beigetragen habe und inwiefern der Bekl. von Unternehmen der K-Gruppe
zu Unrecht Leistungen in Rechnung gestellt worden seien.
19II. Diese Ausführungen
halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
20Der angegriffene
Gesellschafterbeschluss zum „Widerruf“ der Pensionszusage kann nur Bestand
haben, wenn die Verpflichtungen der Bekl. aus der Pensionszusage nicht mehr
bestehen oder die Bekl. eine Erfüllung dieser Verpflichtungen verweigern,
insbesondere dem Kl. den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten kann. Die
Voraussetzungen hierfür sind nach den vom BerGer. getroffenen Feststellungen
nicht erfüllt.
211. Nach der gefestigten
Rechtsprechung des Senats sind Versorgungszusagen nur dann dem durchgreifenden
Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, wenn der Pensionsberechtigte seine
Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit
bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich
entwertet herausstellt (BGH, NZG 2000, 498 = ZIP 2000, 380 [381 f.]; NJW-RR
2000, 1277 = NZA 2001, 612 = ZIP 2000, 1452 [1454]; NZA 2002, 511 = ZIP 2002,
364 [365]; NZG 2002, 635 [636]; NJW-RR 2007, 1563 Rn. 18). Diese – mit der
Judikatur des BAG übereinstimmende – Rechtsprechung beruht auf der Erwägung,
dass das Versorgungsversprechen Teil des von dem Dienstberechtigten
geschuldeten Entgelts ist. Ebenso, wie durch eine fristlose Kündigung des
Dienstverhältnisses die Vergütungspflicht des Dienstherrn nicht rückwirkend
beseitigt werden kann, kann sich der die Versorgung Zusagende durch eine
entsprechende Erklärung nicht von der Verpflichtung befreien, im
Versorgungsfall diesen Teil der geschuldeten und versprochenen Vergütung zu
leisten. Insofern bewendet es vielmehr dabei, dass das Dienstverhältnis fristlos
beendet und gegebenenfalls Schadenersatz gefordert werden kann. Erst dann, wenn
das pflichtwidrige Verhalten des Dienstverpflichteten sich als eine besonders
grobe Verletzung der Treuepflicht des Leitungsorgans darstellt, kann die
Gesellschaft den Rechtsmissbrauchseinwand erheben (BGH, NZA 2002, 511 = ZIP
2002, 364 [365]; NZG 2002, 635 [636]).
22Hierfür genügt es nicht,
dass ein wichtiger Grund für die sofortige Beendigung des
Anstellungsverhältnisses besteht oder dass das Leitungsorgan gegen
strafrechtliche Vorschriften verstoßen hat. Vielmehr hat der Senat die
entsprechende Voraussetzung bisher nur dann bejaht, wenn der
Versorgungsberechtigte den Versprechenden in eine seine Existenz bedrohende
Lage gebracht hat, weil jedenfalls dann die Grenze überschritten ist, bis zu
der auch der pflichtwidrig Handelnde, ohne sich dem Einwand auszusetzen,
rechtsmissbräuchlich zu handeln, das ihm gegebene Versprechen einfordern kann.
Ob auch ohne eine solche Existenzgefährdung der versorgungspflichtigen
Gesellschaft sich der Versorgungsberechtigte im Einzelfall wegen der besonderen
Umstände seines Verhaltens und der extremen Höhe des von ihm angerichteten,
wenngleich nicht zur Existenzgefährdung führenden Schadens ausnahmsweise den
Rechtsmissbrauchseinwand entgegenhalten lassen muss, hat der Senat bislang
offengelassen (BGH, NZA 2002, 511; NZG 2002, 635 [636]; NJW-RR 2007, 1563 Rn.
18).
23Danach setzt ein zum
„Widerruf“ der Pensionszusage berechtigender Rechtsmissbrauch jedenfalls voraus,
dass die Gesellschaft durch das grobe Fehlverhalten des Begünstigten in eine
ihre Existenz bedrohende Lage gebracht wurde, zumindest aber einen
außerordentlich hohen Schaden erlitten hat. Ob es stets einer
Existenzgefährdung bedarf, muss hier nicht entschieden werden. Erforderlich ist
zumindest eine massive Schädigung der Gesellschaft durch das Fehlverhalten des
Begünstigten.
242. Die Erfüllung dieser
rechtlichen Voraussetzungen, von denen auch die Revisionserwiderung ausgeht,
hat das BerGer. nicht festgestellt. Zwar mag eine existenzbedrohende Lage der
Bekl. anzunehmen sein. Es fehlt aber an der Feststellung, dass die
Existenzgefährdung maßgebend auf grobe Pflichtverletzungen des Kl.
zurückzuführen ist.
25a) Die Feststellungen des
BerGer. zur Einflussnahme auf das Kundenverhalten, namentlich im Zusammenhang
mit der Tätigkeit des Kl. für die Dr. L, genügen nicht, um eine
existenzgefährdende Schädigung der Bekl. durch pflichtwidriges Verhalten des
Kl. annehmen zu können. Die gegenteilige Auffassung der Revisionserwiderung,
die sich vornehmlich auf Ausführungen des BerGer. in seinem Hinweisbeschluss
stützt, geht fehl.
26aa) Allerdings hatte das LG,
auf dessen Urteil das BerGer. in seinem Hinweisbeschluss Bezug genommen hat,
noch festgestellt, dass der Kl. den Kundenstamm der Bekl. treuwidrig mithilfe
falscher oder zumindest irreführender Informationen auf die Dr. L übergeleitet
und hierdurch seit Anfang Oktober 2013 den Geschäftsbetrieb der Bekl.
vorsätzlich und nachhaltig zum Erliegen gebracht habe. Diese Einschätzung hat
der Kl. mit seiner Berufung aber angegriffen. Das BerGer. hat in seinem
Hinweisbeschluss daraufhin offengelassen, ob der Kl. die früheren Kunden der
Bekl. aktiv auf seine weitere Gesellschaft übergeleitet habe, und ausgeführt,
hierauf komme es letztendlich nicht an und es sei auch nicht ausschlaggebend,
dass für den Kl. kein vertragliches Wettbewerbsverbot vorgesehen gewesen sei.
Gleichwohl hat das BerGer. im Hinweisbeschluss ausgeführt, es sei insbesondere
unter Berücksichtigung der E-Mail-Schreiben des Kl. von Anfang Oktober 2013
sowie des zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Geschäftseinbruch bei der Bekl.
und des umfangreichen Geschäfts der Dr. L mit früheren Kunden der Bekl. davon
überzeugt (§ 286 I ZPO), dass der Kl. die Bekl. sowohl mit dem zu seiner
Abberufung und Kündigung als Geschäftsführer führenden Verhalten als auch mit
seinem Verhalten kurz vor und nach seinem Ausscheiden so schwer geschädigt
habe, dass sich seine langjährige Tätigkeit für die Bekl. vor diesem
Hintergrund als erheblich entwertet herausstelle und er die Bekl. in eine
existenzbedrohende Lage gebracht habe.
27Ob diese teilweise wertende
Einschätzung ausreichende tatsächliche Feststellungen für die Annahme einer
Existenzgefährdung der Bekl. infolge groben Fehlverhaltens des Kl. beinhaltet,
kann offenbleiben. Denn der abschließenden Entscheidung über die Berufung des
Kl., auf die die revisionsrechtliche Prüfung bezogen ist, liegen jedenfalls
keine hinreichenden Feststellungen mehr zugrunde.
28bb) Das BerGer. hat, nachdem
der Kl. zu dem Hinweisbeschluss nochmals umfassend Stellung genommen und eine
ihm anzulastende schwerwiegende Schädigung der Bekl. im Einzelnen in Abrede
gestellt hatte, im Zurückweisungsbeschluss zwar auf den Hinweisbeschluss Bezug
genommen. Es hat aber auch erklärt, dass die Ausführungen des Kl. zum
Hinweisbeschluss Anlass zu einigen Richtigstellungen und weiteren Ergänzungen
gäben. Im Zurückweisungsbeschluss hat das BerGer. sodann ausdrücklich
offengelassen, in welchem Umfang die Dr. L schon vor der Auseinandersetzung am
Markt tätig war und in welchem Umfang der Kl. für diese Gesellschaft Geschäfte
mit früheren Kunden der Bekl. getätigt hat. Die pflichtwidrige Überleitung
eines erheblichen Teils der Kunden der Bekl. auf das vom Kl. geleitete
Konkurrenzunternehmen kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden.
Überdies hat das BerGer. davon abgesehen, nähere Feststellungen zu
anderweitigen, von dem Kl. nicht zu verantwortenden Umständen zu treffen, die
nach dem Vorbringen des Kl. für den wirtschaftlichen Niedergang der Bekl.
ausschlaggebend gewesen sein sollen. So hat das BerGer. dahinstehen lassen,
inwiefern das Auftreten des Geschäftsführers N zum Zusammenbruch der Geschäfte
der Bekl. beigetragen habe.
29Das BerGer. hat sich im
Zurückweisungsbeschluss darauf beschränkt, einzelne, einer Existenzgefährdung
der Bekl. vorgelagerte Umstände festzustellen, die dem Kl. vorzuwerfen seien
und seine langjährige Tätigkeit für die Bekl. entwerteten. Die angesprochenen
Verhaltensweisen des Kl. wie seine fehlende Mitwirkung an der Integration der
Bekl. in die K-Gruppe, die verweigerte Teilnahme an der Verlegung des so
bezeichneten Verwaltungssitzes nach K., das Aufrechterhalten eines persönlichen
Kontaktes zu Kunden der Bekl. sowie die Tätigkeit des Kl. für die Dr. L
betreffen zwar Umstände, die zu einer wirtschaftlichen Schwächung der Bekl.
beigetragen haben können. Ohne eine nähere Bewertung der jeweiligen
Auswirkungen unter Berücksichtigung möglicher Alternativursachen rechtfertigen
diese Umstände aber nicht die Schlussfolgerung, dass die existenzbedrohende
Lage der Bekl. im Wesentlichen dem Kl. anzulasten sei.
30Das BerGer. hat im Übrigen
auch keine Feststellungen zu einer möglichen Verpflichtung des im Pensionsalter
stehenden Kl. getroffen, der Bekl. längerfristig als Geschäftsführer,
insbesondere für geschäftliche Außenkontakte, zur Verfügung zu stehen. Insofern
kann die nach den Ausführungen des BerGer. durch eigenes Fehlverhalten des Kl.
herbeigeführte Abberufung als Geschäftsführer nicht ohne weiteres als eine den
Pensionsanspruch berührende wesentliche Pflichtverletzung gewertet werden, auch
wenn bereits das Ausscheiden des Kl. dazu beigetragen haben sollte, dass so
bezeichnete Multiplikatoren, denen für die Zuführung von Kunden besondere Bedeutung
zukommt, davon Abstand nahmen, ihre langjährige, durch ein persönliches
Vertrauensverhältnis mitgeprägte Zusammenarbeit mit der unter neuer Leitung
stehenden Bekl. fortzusetzen.
31b) Der dem Kl. außerdem
vorgeworfene eigenmächtige Zugriff auf Vermögenswerte der Bekl. lässt keine
Schädigung der Gesellschaft erkennen, auf die eine Verweigerung der
Pensionszahlungen gestützt werden könnte.
32Das BerGer. geht selbst
davon aus, dass die betroffenen Vermögenswerte der Deckung der dem Kl. sowie
ferner der Mitgesellschafterin Sch erteilten Pensionszusagen dienen sollen. Es
verweist zwar darauf, dass der Bekl. durch den Zugriff des Kl. jede auch nur
teilweise und zeitweise Verwendung des Deckungsvermögens, die den Deckungszweck
selbst nicht berühre, unmöglich gewesen sei. Es ist indes, wie die Revision zu
Recht einwendet, nicht ersichtlich, welche zeitweiligen
Verwendungsmöglichkeiten, die den Deckungszweck unberührt lassen, ihn
insbesondere auch nicht gefährden, tatsächlich bestanden haben und zur
Abwendung des wirtschaftlichen Niedergangs geeignet gewesen sein könnten. Zudem
ist der Bekl. auch deshalb im Ergebnis kein bleibender Schaden entstanden, weil
ihr bereits vor Erlass der Berufungsentscheidung in einem Parallelverfahren ein
Rückgewähranspruch zugesprochen worden und durch Sicherheitsleistung des Kl.
gesichert war.
33c) Der Hinweis des BerGer.,
dass der Kl. bei einem Verlust seiner Pensionsansprüche immerhin aufgrund
seiner Stellung als Gesellschafter, auch im Falle seines Ausscheidens, von den
dann nicht mehr zweckgebundenen Vermögenswerten anteilig profitieren könne,
ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen für einen durchgreifenden
Rechtsmissbrauchseinwand nach den bisherigen Feststellungen nicht vorliegen.
Ferner würde der Umstand, dass sich ein etwaiger Abfindungsanspruch des Kl.
durch einen Wegfall der Pensionsverpflichtungen anteilig erhöhen würde, in
gleicher Weise das Interesse der Bekl. an einer Befreiung von den
Pensionsverpflichtungen mindern.
34III. Die
Berufungsentscheidung ist danach aufzuheben (§ 562 I ZPO). Die Sache ist zur
neuen Entscheidung zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung
reif ist (§ 563 I 1 und 3 ZPO).
35Das BerGer. wird die
erforderlichen Feststellungen zu treffen und bei einer erneuten Würdigung des
Verhaltens des Kl. gegebenenfalls auch eine mögliche Abhängigkeit der für die
Übertragung der Geschäftsanteile vereinbarten Gegenleistung vom
wirtschaftlichen Wohlergehen der Bekl. zu berücksichtigen und sich mit der
unter Beweis gestellten Behauptung des Kl. zu befassen haben, U habe vor dem
Erwerb der Geschäftsanteile Dritten gegenüber erklärt,
Darlehensverbindlichkeiten „aus dem Vermögen der Bekl.“ zurückzahlen zu wollen.
Anm. d. Schriftltg.:
S. BGH, NZA 2019, 706 = NJW
2019, 2086 mAnm. Lunk zur Frage, ob der GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer
anzusehen ist. Zur Versorgungszusage an Gesellschaftergeschäftsführer einer
GmbH vgl. LAG Baden-Württemberg, NZG 2019, 713 Ls. = BeckRS 2019, 7826 und
Uckermann/Heilck, NZA 2014, 1187.
Quelle: BGH: Widerruf einer
Pensionszusage, NZA-RR 2019, 491. BGB § 242; ZPO § 286 I.