27 Nov Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern
In drei jüngeren Entscheidungen hat das BSG seine Rechtsprechung, wann Geschäftsführer einer GmbH der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterfallen, weiter konkretisiert.1 Auch wenn die Einordnung danach weiterhin anhand aller Umstände des Einzelfalls erfolgen soll, lassen sich klare Fallgruppen bilden, wann Geschäftsführer der Sozialversicherungspflicht unterfallen, und wann nicht.
Der folgende Beitrag zeichnet diese Fallgruppen nach.
I. Rechtsgrundlagen der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV sind in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen
Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige versicherungspflichtig u. a. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Dementsprechend finden sich in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung Regelungen, die die Versicherungspflicht für abhängig gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte vorsehen (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX).
Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts definiert § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV sind Anhaltspunkte hierfür eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Durch den Zusatz „insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ wird deutlich, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auch in anderen Rechtsbeziehungen erbracht werden kann, so bei der Tätigkeit von Organen.2
II. Grundsätze der sozialversicherungsrechtlichen Zuordnung von GmbH-Geschäftsführern
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG setzt eine (abhängige) Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV voraus, dass der Beschäftigte persönlich abhängig tätig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Tätigkeit. Dieses richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.3
In älterer Rechtsprechung ging das BSG davon aus, dass im Rahmen der Einzelfallbeurteilung die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, die nur zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend davon abweichen.4 Diese Auffassung konkretisierte bzw. korrigierte das BSG später dahingehend, dass die wertende Zuordnung zwar im Ausgangspunkt nach dem Vertragsverhältnis der Beteiligten vorzunehmen ist, aber so, wie es tatsächlich vollzogen wird. Allerdings sind die tatsächlichen Umstände nur insoweit relevant, wie sie sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen halten.5 Eine im Widerspruch zu getroffenen Vereinbarungen stehende Tätigkeit geht der formellen Vereinbarung (nur) vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist.6
Die Stellung des Geschäftsführers zur GmbH bestimmt sich neben den Regelungen des GmbHG insbesondere nach dem Gesellschaftsvertrag und dem schuldrechtlichen Dienstvertrag des Geschäftsführers. Diese drei Regelungsentitäten bilden den rechtlichen Rahmen für die Beziehung des Geschäftsführers zur Gesellschaft und damit auch für die Frage der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers gegenüber der GmbH.
Ausgangspunkt ist die gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 1 GmbHG. Hiernach sind Geschäftsführer gegenüber der GmbH verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Grundsätzlich unterliegt ein GmbH-Geschäftsführer daher den Weisungen der Gesellschafterversammlung, ist mithin weisungsabhängig tätig und unterliegt deshalb der Sozialversicherungspflicht.
Von diesem für die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung entscheidenden, gesetzlich vorgegebenen Grundsatz des § 37 Abs. 1 GmbHG sind in der Rechtsprechung des BSG zahlreiche Ausnahmen gemacht worden. In seiner Rechtsprechung erkannte das BSG Ausnahmen aufgrund gesellschaftsrechtlicher bzw. satzungsrechtlicher Regelungen, aufgrund von Regelungen des schuldrechtlichen Geschäftsführerdienstvertrags oder diesen ergänzenden Vereinbarungen, aber auch aufgrund von tatsächlichen Umständen an.7
Neben der Beschränkung der Bedeutung der rechtlichen Vereinbarungen durch die tatsächlichen Umstände hob das BSG hingegen in neuer Rechtsprechung die Bedeutung der rechtlichen Umstände hervor, indem es die tatsächlich erfolgte Nichtausübung eines Rechts (z. B. Nichtinanspruchnahme des Stimmrechts in der Gesellschaftsversammlung oder das Unterlassen der Ausübung des Weisungsrechts) im Gegensatz zur älteren Rechtsprechung für unbeachtlich erklärte.8
Dabei geht das BSG zwar weiterhin von einer rechtlichen Einordnung anhand des Gesamtbilds der Tätigkeit aus9, reduziert die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung von Geschäftsführern einer GmbH im Ergebnis aber auf die Frage, ob der Beschäftigte einem Weisungsrecht unterliegt, oder ob dieser über die Rechtsmacht verfügt, ihm unangenehme Weisungen jederzeit zu verhindern. So weist das BSG bzgl. anderer Umstände darauf hin, dass diese sowohl in einem selbstständigen als auch in einem nicht selbstständigen Arbeitsverhältnis vereinbart werden können und daher für die Zuordnung im Wesentlichen unbeachtlich sind (so z. B. die Zahlung einer erfolgsabhängigen Vergütung).
III. Fallgruppen
Der aufgezeigte Wandel der Rechtsprechung führt dazu, dass in der neueren Rechtsprechung das Merkmal der Weisungsgebundenheit für die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung der Tätigkeit des Geschäftsführers von überragender Bedeutung ist. Ist die GmbH als „Arbeitgeber“ in der Lage, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, so ist von einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Ab. 1 S. 1 SGB IV auszugehen. Verfügt der Geschäftsführer dagegen über die Rechtsmacht, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern, so ist regelmäßig von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen. Entscheidend für die Frage der Weisungsgebundenheit sind dabei – wie aufgezeigt – nicht mehr die tatsächlichen Umstände10 der Beziehungen des Geschäftsführers zur Gesellschaft, sondern die Rechtsbeziehungen.
1. Fremd-Geschäftsführer
Der Fremd-Geschäftsführer, der nicht auch Gesellschafter ist, unterliegt den Weisungen der Gesellschafterversammlung, ist mithin weisungsabhängig im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV tätig und unterliegt deshalb der Sozialversicherungspflicht.
2. Gesellschafter-Geschäftsführer hält mindestens 50 % der Anteile
Der Grundsatz der Weisungsabhängigkeit wird durchbrochen, wenn der Geschäftsführer über die Rechtsmacht verfügt, Weisungen an sich jederzeit zu verhindern.
Eine solche Rechtsmacht kann insbesondere dann bestehen, wenn der Geschäftsführer als Gesellschafter an der GmbH beteiligt ist, mithin aufgrund seiner Gesellschafterstellung in der Gesellschafterversammlung mit abstimmt und auf diese Weise auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung Einfluss nehmen kann.
Da die Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung nach § 47 Abs. 1 GmbHG vorbehaltlich einer abweichenden Regelung11 grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, ist im Grundsatz davon auszugehen, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der mindestens 50 % der Anteile an der GmbH hält, ihm in seiner Rolle als Geschäftsführer nicht genehme Weisungen verhindern kann, indem er seine Stimmrechte im Rahmen der Gesellschafterversammlung dazu einsetzt, entsprechende Beschlüsse zu unterbinden.
Dieses soll nach der Rechtsprechung des BSG auch dann gelten, wenn ein besonderer Beirat geschaffen worden ist. Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der mit einem Anteil von 50 % an der GmbH beteiligt ist, ist auch in diesem Fall selbstständig tätig und unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht.12
3. Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer
Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der weniger als 50 % der Anteile hält, ist ebenso wie der Fremd-Geschäftsführer regelmäßig rechtlich nicht in der Lage, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Mithin ist bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, der weniger als 50 % der Anteile an der GmbH hält, ebenso wie bei einem Fremd-Geschäftsführer aufgrund seiner Weisungsgebundenheit nach § 37 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GmbHG im Grundsatz von einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV und damit vom Bestehen der Sozialversicherungspflicht auszugehen.
Von diesem Grundsatz können Ausnahmen auftreten, und zwar durch besondere gesellschaftsrechtliche oder schuldrechtliche Vereinbarungen oder aufgrund der Umstände der Tätigkeit.
4. Gesellschaftsrechtlich begründete Ausnahmen
In der Praxis wird von den gesetzlich vorgesehenen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen nicht selten abgewichen.
a) Gesellschaftsvertraglich verankerte Sperrminorität
Eine Sperrminorität bezeichnet die Möglichkeit, bei Abstimmungen Mehrheitsbeschlüsse verhindern zu können, ohne über die hierfür grundsätzlich erforderliche Quote der für eine Beschlussfassung erforderlichen Stimmen zu verfügen.
Wie sich aus § 45 Abs. 2 GmbHG ergibt, ist die Regelung des § 47 Abs. 1 GmbHG dispositiv, sodass die Vereinbarung einer Sperrminorität im Gesellschaftsvertrag zulässig ist. Der Geschäftsführer, der über einen entsprechenden Umfang an Anteilen verfügt und sich auf ein gesellschaftsvertraglich verankertes Minderheitenrecht stützen kann, verfügt damit über die Rechtsmacht, ihm unangenehme Weisungen zu unterbinden.13
Bislang war zweifelsfrei, dass ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer weisungsfrei und damit selbstständig ist, wenn er über eine gesellschaftsrechtlich verankerte Sperrminorität verfügt. Das BSG hat in seiner jüngsten Rechtsprechung indes daran gezweifelt, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragslage mit Rücksicht auf die im sozialversicherungsrechtlichen Kontext des § 7 Abs. 1 SGB IV stehende Beurteilung der Geschäftsführertätigkeit für die Statusentscheidung bedeutsam sind.14
Letztlich hat es diese Frage offen gelassen und auch nicht ausgeführt, wie diese Zweifel mit der Einheit der Rechtsordnung einhergehen. Ob ein Geschäftsführer Weisungen unterliegt, ist eine Tatsache, die nicht vom Rechtsgebiet abhängt.
Das BSG fordert zudem, dass die gesellschaftsvertraglich verankerte Sperrminorität beständig ist und der Minderheitsgesellschafter sich im Konfliktfall gegen die Entziehung seiner Sperrminorität wehren kann.15
Wenn ein Gesellschafter über eine umfassende Sperrminorität verfügt, kann sie ihm gegen seinen Willen nicht entzogen werden, da er diese Satzungsänderung mit seiner Sperrminorität verhindern kann. § 47 Abs. 4 GmbHG steht dem nicht entgegen. Die Sperrminorität ist mithin beständig.
b) Gesellschaftsvertragliches Vetorecht gegen Weisungen
Anstelle einer Sperrminorität, welche die Fassung von Beschlüssen der Gesellschafter verhindern kann, kann auch ein Vetorecht des Geschäftsführers gesellschaftsrechtlich vorgesehen sein, das dem Geschäftsführer das Recht gibt, ihm erteilte Weisungen nicht befolgen zu müssen. Die Geltendmachung des Vetorechts und die damit einhergehende Nichtbefolgung von Weisungen kann dann nicht von der Gesellschaft sanktioniert werden, da dem Geschäftsführer dieses Recht gerade zugesprochen wurde. Anders als bei der Sperrminorität ist bei einem Vetorecht indes die vom BSG geforderte notwendige Beständigkeit der Weisungsfreiheit fraglich, weil das Vetorecht, das sich nur auf die Befolgung von Weisungen bezieht, die Gesellschafter nicht hindert, den Gesellschaftsvertrag dahingehend zu ändern, dass das Vetorecht entzogen wird.16
c) Gesellschaftsrechtliche Sonderrechte durch Beteiligung oder Sperrminorität auf Ebene der Muttergesellschaft
Denkbar ist ebenfalls, dass der Geschäftsführer an der Gesellschaft nicht beteiligt ist, aber Anteile an einer Muttergesellschaft hält. Hält der Geschäftsführer in einem Umfang Anteile an der Muttergesellschaft, der es ihm ermöglicht, dortige Beschlüsse über das Abstimmungsverhalten im Rahmen der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft herbeizuführen, kann er damit Beschussfassungen auf Ebene der Tochtergesellschaft verhindern, wenn die Muttergesellschaft ihrerseits mindestens 50 % der Anteile an der Tochtergesellschaft hält. Mithin kann er die Erteilung von Weisungen an ihn in seiner dortigen Funktion als Fremd-Geschäftsführer unterbinden.
Auch bei weiteren Zwischengesellschaften kann eine solche Rechtsmacht bestehen.
Soweit ersichtlich hatte die Rechtsprechung bislang nur über die Konstellation einer Beteiligung an der Muttergesellschaft von weniger als 50 % und ohne anderweitige gesellschaftsrechtliche Besonderheiten zu entscheiden. Da in dieser Konstellation keine Möglichkeit besteht, auf Ebene der Tochtergesellschaften Beschlüsse zu verhindern, besteht Sozialversicherungspflicht als Fremd-Geschäftsführer der Tochtergesellschaft.17
Dogmatisch liegt in der beschriebenen Konstellation, in denen die Rechtsmacht besteht, aufgrund einer Beteiligung an der Obergesellschaft Weisungen an sich in der Rolle als Fremd-Geschäftsführer einer Untergesellschaft zu verhindern, eine weisungsunabhängige Tätigkeit vor, sodass der Fremd-Geschäftsführer auch auf Ebene der Untergesellschaft nicht abhängig beschäftigt ist.
Nach den Äußerungen des BSG in den jüngsten Entscheidungen müssen gleichwohl Zweifel verbleiben, wie sich die Rechtsprechung positionieren wird.
d) Gesellschaftsrechtliche Stimmbindungsvereinbarung
Da von den Regelungen des § 47 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 S. 2 GmbHG zur erforderlichen Mehrheit bei einfachen Gesellschafterbeschlüssen und bei Gesellschafterbeschlüssen zur Änderung der Satzung im Gesellschaftsvertrag jedenfalls durch strengere Regelungen abgewichen werden kann, ist auch eine gesellschaftsvertraglich verankerte Stimmbindung der Gesellschafter geeignet, die erforderliche Rechtsmacht des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer zu begründen.18
e) Beraterpflicht
Die Vereinbarung von Sonderechten, wie die Sperrminorität für Minderheitsgesellschafter, bedeutet gleichzeitig die Beschränkung der Rechte der Mehrheit der Gesellschafter. Dies kann im Streitfall bis zu einer vollständigen Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen, wenn der Minderheitsgesellschafter die gewünschten Entscheidungen der Mehrheit verhindert und die von ihm gewünschten Entscheidungen mangels erforderlicher Mehrheit nicht durchsetzen kann.
Sofern Gesellschafter entsprechende Sonderrechte oder Mehrheitsverhältnisse im Gesellschaftsvertrag aufnehmen wollen, muss der beratende Rechtsanwalt auf das entsprechende Risiko hinweisen. Unterbleibt der Hinweis, sind haftungsrechtliche Konsequenzen nicht ausgeschlossen. Das gesellschaftliche Risiko der Handlungsunfähigkeit wird in solchen Konstellationen regelmäßig vermieden werden müssen.
5. Schuldrechtlich eingeräumte Sonderrechte
a) Schuldrechtliches Vetorecht, Schuldrechtliche Weisungsfreiheit
Um den Nachteilen gesellschaftsvertraglich festgelegter Sonderrechte zu entgehen, wird Geschäftsführern zum Teil durch schuldrechtliche Vereinbarung eines Minderheitenrechts eine weisungsfreie Tätigkeit ermöglicht, etwa im Rahmen des Geschäftsführer-Dienstvertrags oder als Nebenabrede dazu.
Da auch in diesen Fällen eine weisungsfreie Tätigkeit vorliegt, liegt dogmatisch eine selbstständige Tätigkeit vor. Folgerichtig wurden Tätigkeiten in diesem rechtlichen Rahmen von der Instanzrechtsprechung als selbstständige Tätigkeit angesehen.19
Das BSG hat in seinen Entscheidungen vom 11.11.2015 hingegen die Berücksichtigungsfähigkeit von schuldrechtlichen Vereinbarungen im Rahmen der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status verneint.20
Dabei problematisierte das BSG zunächst, ob die Vereinbarung eines schuldrechtlichen Vetorechts gesellschaftsrechtlich überhaupt wirksam vereinbart werden könne. Dagegen könnte sprechen, dass eine solche schuldrechtliche Beschränkung des Stimmrechts regelmäßig eine Vereinbarung des Begünstigten mit dem Stimmrechtsinhaber – also den Gesellschaftern – erfordere. Dies sei aber im Rahmen des Dienstvertrags, bei welchem lediglich die Gesellschaft Vertragspartner des Geschäftsführers wird, regelmäßig nicht der Fall.21 Zu beachten wird diesbzgl. allerdings sein, dass die Gesellschaft bei Abschluss des Dienstvertrags von den Gesellschaftern vertreten wird. Das BSG ließ das Ergebnis offen, da es die Vereinbarung eines schuldrechtlichen Vetorechts aus anderen Gründen nicht als ausreichend ansieht.
Entscheidend für das BSG war, dass ein schuldrechtlich eingeräumtes Vetorecht auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Wirksamkeit zumindest außerordentlich nach § 626 BGB gekündigt werden könne und daher nicht geeignet sei, eine Änderung der sozialversicherungsrechtlichen Zuordnung herbeizuführen. Da im Falle eines Konflikts zwischen dem mit Sonderrechten ausgestatteten Geschäftsführer und den anderen Gesellschaftern der Geschäftsführer mit der außerordentlichen Kündigung des Sonderrechts rechnen müsse, könne jederzeit wieder eine Weisungsgebundenheit eintreten. Eine solche Situation sei mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar.22
Für eine außerordentliche Kündigung ist aber das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB erforderlich. Was ein solcher Grund in der Praxis sein könnte, erschließt sich nicht: Die Ausübung des Vetorechts kann – und genau dieser Fall scheint dem BSG vorzuschweben – kein wichtiger, zur Kündigung berechtigender Grund sein, da die Geltendmachung vertraglicher Rechte kein zur Kündigung des Vertrags berechtigender Pflichtverstoß ist.
Extreme Pflichtverstöße im Rahmen der Amtsführung mögen zur außerordentlichen Kündigung des Dienstvertrages berechtigen. Zu einer isolierten Kündigungsmöglichkeit einzelner Vertragsbedingungen führen sie indes regelmäßig nicht. Hinzu kommt, dass die Vergütungszahlung, welche die Grundlage der Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge ist, ebenfalls im Geschäftsführerdienstvertrag geregelt ist und mit einer kündigungsbedingten Beendigung desselben regelmäßig auch keine Vergütungszahlung mehr erfolgt, auf die Beiträge zur Sozialversicherung erhoben werden könnten.
Schließlich ist nicht ersichtlich, warum die Annahme eines wichtigen Grundes weniger vorhersehbar sein soll als eine Veränderung der Verteilung der Geschäftsanteile, welche dazu führt, dass der Geschäftsführer z. B. mehr als 50 % oder die für eine satzungsrechtliche Sperrminorität erforderliche Anzahl an Geschäftsanteilen erlangt und insofern nach den oben aufgezeigten Grundsätzen nicht mehr als abhängig beschäftigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzusehen ist. In Zusammenhang mit dem sozialversicherungs- und beitragsrechtlichen Grundsatz der Vorhersehbarkeit spricht für die Berücksichtigung von schuldrechtlichen Vereinbarungen im Rahmen der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status, dass die Beendigung eines Geschäftsführerdienstvertrages endgültig ist und anders als die Höhe des Gesellschaftsanteils keinen Schwankungen durch An- und Verkauf der Anteile unterliegen kann.
Schließlich sind geänderte Umstände einer Beschäftigung ab deren Eintritt zu berücksichtigen. Dass man bei der Beurteilung der aktuellen Situation darauf abstellen soll, dass sich die Situation ändern kann, ist eine neu entwickelte Dogmatik, die in der Praxis zu neuen Streitfragen führen wird.
Insgesamt vermag die Heranziehung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung ohne Erklärung, was der wichtige Grund dafür sein könnte, allenfalls bedingt zu überzeugen.
b) Schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung
Neben der schuldrechtlichen Vereinbarung eines Vetorechts hat das BSG auch der Vereinbarung einer uneingeschränkten („in allen Angelegenheiten alleinig entscheidungsbefugt“) Stimmrechtsübertragung die Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status abgesprochen. Dies soll unabhängig davon gelten, dass der Geschäftsführer mit den übertragenen Stimmrechten in der Lage ist, Weisungen gegen sich zu vermeiden.
Zur Begründung führt das BSG aus, dass eine solche schuldrechtlich vereinbarte unbeschränkte Stimmrechtsvereinbarung losgelöst von den Geschäftsanteilen gesellschaftsrechtlich unwirksam ist.23
Da das Stimmrecht ein wesentliches Element der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft und an den Gesellschaftsanteil gebunden ist, gilt das Abspaltungsverbot. Hiernach kann das Stimmrecht eines Gesellschafters nicht ohne den dazugehörigen Geschäftsanteil übertragen werden.24 Zwar bestünde in diesem Fall die Möglichkeit, eine unzulässige Stimmrechtsübertragung nach § 140 BGB in eine Stimmrechtsvollmacht umzudeuten. Eine solche Stimmrechtsvollmacht ist aber nur zulässig, wenn sie als widerrufliche Stimmrechtsvollmacht vereinbart wird.25
Für beide Fälle, also für den Fall der unwiderruflichen Stimmrechtsvereinbarung, die aber unwirksam wäre und für den Fall der Umdeutung in eine wirksame Stimmrechtsvollmacht, die aber widerruflich wäre, stellt das BSG ausdrücklich fest, dass keine sozialversicherungsrechtliche Relevanz besteht. Rechtlich unwirksame Vereinbarungen seien insoweit nicht zu berücksichtigen. Eine einseitig widerrufliche Stimmrechtsvollmacht ist mit Rücksicht auf den Grundsatz der neu entwickelten, notwendigen sozialversicherungs- und beitragsrechtlichen Vorhersehbarkeit nicht ausreichend, da es erforderlich sei, die Sozialversicherungspflicht bereits zu Beginn der Tätigkeit verbindlich festzustellen.26
6. Treuhandvereinbarung
Das BSG hat noch zur alten Rechtslage nach dem Gesetz zur Arbeitsförderung entschieden, dass ein Treuhandverhältnis im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung zu berücksichtigen sei, da eine solche Treuhandabrede Einfluss auf die Ausübung der aus der Gesellschafterstellung erwachsenen Rechte habe.27
Eine solche Treuhandvereinbarung zeichnet sich dadurch aus, dass der Treuhänder formell die Geschäftsanteile an der GmbH zwar als Eigentümer hält und im Verhältnis zu dieser auch Gesellschafter mit allen Rechten und Pflicht ist. Im Verhältnis zum Treugeber treffen den Treuhänder aber regelmäßig besondere Pflichten aus dem Treueverhältnis. Diese können vorsehen, dass der Treuhänder seine Mitgliedschaftsrechte nicht mehr oder nur noch eingeschränkt im eigenen Interesse ausüben darf. Wirtschaftlich betrachtet sei in diesem Fall daher der Treugeber als Gesellschafter anzusehen.28
Das BSG hat daher in einem Fall auch einen als Geschäftsführer bestellten alleinigen Gesellschafter einer GmbH als im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV abhängig beschäftigt angesehen, weil er seine 100 %ige Kapitalbeteiligung entsprechend der in einem Treuhandvertrag detailliert geregelten Weisungsbefugnisse des Treugebers einzusetzen hatte. Er sei daher nicht in der Lage, seine Position als Alleingesellschafter auszuüben.
Konkret sah der Treuhandvertrag dabei vor, dass der Treuhänder über seine Anteile nur nach Maßgabe der schriftlichen Weisungen des Treugebers verfügen und seine Rechte als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft oder Dritten nur nach Einholung vorheriger Weisung durch den Treugeber ausüben durfte. Neben weiteren Vereinbarungen bevollmächtigte der Gesellschafter-Geschäftsführer den Treugeber zudem unwiderruflich zur Ausübung der Stimmrechte aus dem Geschäftsanteil. Dem Treugeber war es zudem jederzeit möglich, das Treuhandverhältnis durch Kündigung zu beenden und dadurch einen Anspruch auf Übertragung der Anteile herbeizuführen.29
Ausdrücklich weist das BSG jedoch darauf hin, dass ein solcher Treuhandvertrag nur dann Einfluss auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung haben kann, wenn er wirksam vereinbart worden ist. In diesem Zusammenhang ist insbesondere § 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG zu beachten. Hiernach bedarf eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird, der notariellen Form. Nach der Rechtsprechung des BGH erstreckt sich das Beurkundungserfordernis des § 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG nach seinem Sinn und Zweck auch auf solche Rechtsgeschäfte, einschließlich aller Nebenabreden, die zwar nicht ausdrücklich, aber zwangsläufig zumindest befristet oder bedingt eine Verpflichtung zur Übertragung der Geschäftsanteile begründen.30
In der Praxis wird dieses Erfordernis nicht immer beachtet. So kann es vorkommen, dass die Parteien zwar die Übertragung der Geschäftsanteile notariell beurkunden lassen, aber nicht das Treuhandverhältnis als Nebenabrede. Als Folge dieses Fehlers stellt sich die Übertragung der Anteile als wirksam dar, die Treuhandabrede hingegen nicht, so dass auch keine treuhänderischen Rechte und Pflichten entstanden sind.31
Ob bzgl. dieser Grundsätze ebenfalls eine Änderung der Rechtsprechung eintreten wird, bleibt abzuwarten.
7. Maßgeblicher Einfluss aufgrund von tatsächlichen Umständen, Familiengesellschaft und Kopf-und-Seele-Rechtsprechung
In der älteren Rechtsprechung des BSG war anerkannt, dass auch die Tätigkeit eines Minderheits-Geschäftsführers ohne Sperrminorität oder eines Fremd-Geschäftsführers als selbständig zu beurteilen sei, wenn der Geschäftsführer aufgrund von tatsächlichen Umständen einen derartigen Einfluss auf die Führung der Geschäfte der GmbH hat, dass er praktisch weisungsfrei tätig wird.32 Ein solcher maßgeblicher Einfluss war insbesondere bei der Mitarbeit in sog. Familiengesellschaften, bei einem besonderen (unverzichtbaren) Know-How des Geschäftsführers oder aufgrund eines besonderen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Risikos anerkannt.
a) Tätigkeit in Familiengesellschaften
Noch kurz vor der Jahrtausendwende stellte der 2. Senat des BSG fest, dass auch für einen geschäftsführenden Gesellschafter, der über keine Mehrheit am Stammkapital oder über eine Sperrminorität verfügt, eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen sein kann, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen zu verhindern. Dies könne insbesondere bei der Mitarbeit in einer Familiengesellschaft der Fall sein, weil zwischen den Gesellschaftern und Geschäftsführern ein Gefühl der Verbundenheit und der erhöhten Verantwortung füreinander bestehen würde, welche einen Einklang der Interessen bewirke.33
In der besagten Entscheidung war der Geschäftsführer in der mehrheitlich von seiner Ehefrau gehaltenen GmbH tätig. Zudem verfügte nur er über das zur Geschäftsführung erforderliche Fachwissen. Darüber hinaus machte die Ehefrau von ihren gesellschaftlichen Rechten nach dem GmbHG keinen Gebrauch. Es fanden insbesondere auch keine Gesellschafterversammlungen statt. Das BSG urteilte, dass der Geschäftsführer sich nach dem Gesamtbild wie der Alleininhaber der Gesellschaft verhalten habe und daher nicht abhängig beschäftigt gewesen sei.34
Dieser Rechtsprechung ist der 12. Senat des BSG in seiner jüngeren Rechtsprechung entgegen getreten. Hierfür hat er die für die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung relevanten Grundsätze bezüglich des Verhältnisses zwischen den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten präzisiert.
„Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. […] Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange wie diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist.“ 35
Auch im Falle der Mitarbeit im Rahmen einer Familiengesellschaft sei entscheidendes Abgrenzungskriterium die Frage, ob der Geschäftsführer über die Rechtsmacht verfüge, unliebsame Weisungen des Dienstberechtigten abzuwenden. Aufgrund familiärer Rücksichtnahme kann dies zwar solange der Fall sein, wie Einvernehmen zwischen den Familienmitgliedern bestehe. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses der Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen. In diesem Fall bestünde auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit des Geschäftsführers. Ausdrücklich wird weiter ausgeführt, dass eine solche „Schönwetter-Selbstständigkeit“ mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar sei.36
b) Besonderes „Know-How / „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung
Das BSG hatte in seiner älteren Rechtsprechung ebenfalls die sog. „Kopf und Seele“-Rechtsprechung entwickelt. Hiernach war eine selbstständige Tätigkeit des Geschäftsführers anzunehmen, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führen kann und geführt hat, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderten.37
Daran hält das BSG in seiner neueren Rechtsprechung ebenfalls nicht mehr fest. Eine Abhängigkeit der sozialversicherungsrechtlichen Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten sei nicht ausreichend, eine weisungsfreie Tätigkeit zu begründen.38
8. Maßgebliches unternehmerisches Risiko
Als weiteres Kriterium für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung zieht das BSG ein eigenes unternehmerisches Risiko des Geschäftsführers heran.
Ein solches maßgebendes unternehmerisches Risiko nimmt das BSG jedoch nur dann an, wenn eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Einschränkend stellt das BSG zudem darauf ab, dass diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen stehen müssen.39
Allein die Gewährung eines Darlehens reicht für die Annahme eines entsprechenden unternehmerischen Risikos nicht aus. Gewährt der Geschäftsführer der GmbH ein Darlehen, so besteht dabei nur das mit jeder Darlehensgewährung verbundene Haftungs- und Ausfallrisiko.40 Zudem sei es nicht völlig unüblich, dass Arbeitnehmern ihren Arbeitgebern ein Darlehen gewährten. Dies sei bei Familiengesellschaften im Besonderen der Fall, da die Banken in der Praxis auf eine finanzielle Beteiligung bzw. Mithaftung von Ehepartnern bestehen.41
Auch eine für die GmbH erteilte Bürgschaft oder eine vermeintliche wirtschaftliche Abhängigkeit der GmbH vom Geschäftsführer reicht nicht aus. Den Gesellschaftern steht es auch in einem solchen Fall frei, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, den Unternehmenszweck zu ändern oder sogar das Unternehmen zu liquidieren. Ob mit einer solchen Maßnahme ggf. wirtschaftliche Nachteile verbunden wären, ist nicht maßgebend.42
Auch die Vergütung in Form einer Erfolgsbeteiligung bzw. Tantieme reicht für eine Einordnung als selbstständige Tätigkeit nicht aus.43
IV. Fazit
Ob der Geschäftsführer einen GmbH sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, hängt im Ergebnis davon ab, ob er den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. Dies ist grundsätzlich bei Fremd-Geschäftsführern und Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern der Fall, nicht aber bei Gesellschafter-Geschäftsführern mit einem Gesellschaftsanteil von 50 % oder mehr.
Sozialversicherungsrechtlich bedeutsam sind Treuhandvereinbarungen und gesellschaftsrechtliche Sonderkonstellationen wie im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Sperrminoritäten, Vetorechte und Stimmbindungsvereinbarungen. Von solchen ist den Gesellschaftern ggf. abzuraten, wenn sie so weit gehen, dass sie die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft gefährden.
Schuldrechtliche Sonderkonstellationen sind nicht geeignet, den sozialversicherungsrechtlichen Status zu beeinflussen. Die Begründung dafür ist dogmatisch nicht zweifelsfrei.
Faktische Umstände und die Nichtausübung bestehender Rechtsmacht beeinflussen den sozialversicherungsrechtlichen Status nicht.
1 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 2/14 R; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R.
2 Nach Rechtsprechung von BGH und BAG sind Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig keine Arbeitnehmer. Allerdings ist diese Rechtsprechung aufgrund eines europarechtlich leicht divergierenden Verständnisses und entsprechender Rechtsprechung des EuGH in Diskussion.
3 stRspr.: BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R; Urt. v. 30.10.2013 – B 12 KR 17/11 R; Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R; Urt. v. 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R; Urt. v. 8.12.1994 – 11 Rar 48/94.
4 BSG Urt. v. 18.4.1991 – 7 RAr 32/90; Urt. v. 8.12.1994 – 11 Rar 49/94.
5 stRspr.: BSG Urt. v. 30.10.2013 – B 12 KR 17/11 R; Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R; Urt. v. 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R.
6 BSG Urt. v. 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R.
7 Vgl. beispielhaft BSG Urt. v. 14.12.1999 – B 2 U 48/98 R; Urt. v. 18.4.1991 – 7 RAr 32/90; Urt. v. 30.1.1990 – 11 RAr 47/88; Urt. v. 27.7.1989 – 11/7 Rar 71/87.
8 BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 R 14/10 R; Urt. v. 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R.
9 BSG Urt. v. 25.4.2012 – B 12 KR 24/10 R.
10 So etwa noch BSG Urt. v. 14.12.1999 – B 2 U 48/98 R; Urt. v. 30.1.1990 – 11 RAr 47/88; Urt. v. 27.7.1989 – 11/7 Rar 71/87 Urt. v. 15.12.1971 – 3 RK 67/68.
11 Siehe § 45 Abs. 2 GmbHG.
12 BSG Urt. v. 24.6.1982 – 12 RK 43/81.
13 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R; Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R.
14 BSG Urt. v. 11.11.2015, B 12 R 2/ 14 R; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R.
15 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R, Im konkreten Fall äußerte sich das BSG nur nebenbei zu einer gesellschaftsrechtlich verankerte Sperrminorität. In der Sache ging es um ein schuldrechtlich vereinbartes Sonderrecht (Vetorecht).
16 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R, zu einem schuldrechtlich vereinbarten Vetorecht.
17 LSG NRW Urt. v. 10.12.2014 – L 8 R 259/14; LSG Nds – Bremen Urt. v. 21.4.2010 – L 2 R 646/09.
18 Dieser Grundsatz klingt in BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R an.
19 HessLSG Urt. v. 15.5.2014 – L 1 KR 235/13
20 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R.
21 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R; Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, § 47 Rn. 38.
22 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 10/14 R.
23 BGH Urt. v. 11.10.1976 – II ZR 119/75.
24 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R; Drescher in MüKo, § 47 Rn. 75; Römermann in Michalski, § 47 Rn. 47.
25 BGH Urt. v. 11.10.1976 – II ZR 119/75.
26 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R.
27 BSG Urt. v. 8.12.1994 – 11 Rar 49/94.
28 BSG Urt. v. 25.1.2006 – B 12 KR 30/04; Urt. v. 28.8.2007 – B 7/7 a AL 10/06; Ebbing in Michalski, § 15 GmbHG Rn. 206.
29 BSG Urt. v. 8.12.1994 – 11 Rar 49/94.
30 BGH Urt. v. 27.6.2001 – VIII ZR 329/99; Urt. v. 19.4.1999 – II ZR 365/97; Zur Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 GmbHG in den verschiedenen Gründungsstadien einer GmbH vergleiche LSG SchlH Urt. v. 14.1.2010 – L 5 KR 81/08.
31 Vergleiche hierzu BSG Urt. v. 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R: Die Ehefrau bekam vom Ehemann vermeintlich treuhänderisch die Gesellschaftsanteile übertragen, ohne dass dabei die Treuhandabrede notariell beurkundet wurde, mit der Folge, dass die Ehefrau nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und somit ihren sozialversicherungsrechtlichen Schutz einbüßte.
32 BSG Urt. v. 27.7.1989 – 11/7 Rar 71/87.
33 BSG Urt. v. 14.12.1999 – B 2 U 48/98 R; Urt. v. 8.12.1987 – 7 Rar 25/86.
34 BSG Urt. v. 14.12.1999 – B 2 U 48/98 R.
35 Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R, zu einem nicht beteiligten Nicht–Geschäftsführer;BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 R 14/10 R; Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG; Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R (Vertriebsleiter einer Familiengesellschaft); Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R (Minderheitsgesellschafter als leitender Angestellter einer GmbH).
36 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R; Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R.
37 BSG Urt. v. 23.6.1994 – 12 RK 72/92.
38 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R; Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R.
39 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R; Urt. v. 29.9.2011 – B 12 R 17/09.
40 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R.
41 BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R; Urt. v. 30.6.1999 – BZU 35/98.
42 BSG Urt. v. 29.7.2015 – B 12 KR 23/13 R.
43 BSG Urt. v. 10.5.2007 – B 7a AL 8/06 R; Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R
Quelle: Burkhard Fabritius und R.-Alexander Markgraf: Der Autor Fabritius ist Rechtsanwalt und Assoziierter Partner, der Autor Markgraf Rechtsanwalt bei Flick Gocke Schaumburg, Hamburg.