13 Nov Zeitenwende auch im Sozialstaat?
Während der Sozialstaat in den letzten Jahrzehnten von der überaus positiven Entwicklung Deutschlands profitiert hat, stellt die demografische Entwicklung die umlagefinanzierten Systeme vor enorme Probleme. Zudem führen weitere Herausforderungen zu Ziel- und Interessenkonflikten bei der Verteilung der Staatsausgaben. Daher wird sich auch im Gesundheits- und Sozialbereich die Frage nach einer Zeitenwende stellen. Der Beitrag präsentiert hierzu Reformansätze, die solidarische Absicherung und Eigenverantwortung neu austarieren.
I. Der deutsche Sozialstaat – eine 150-jährige Erfolgsgeschichte
1 Die sozialen Sicherungssysteme schreiben eine annähernd 150-jährige Erfolgsgeschichte.1 Die beitrags- und umlagefinanzierte Sozialversicherung hilft bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und Pflegebedürftigkeit sowie den Lebensunterhalt im Alter zu sichern. Die steuerfinanzierte Sozialhilfe und die Grundsicherung für Arbeitsuchende (seit 1.1.2023: Bürgergeld) garantieren auch finanziell/wirtschaftlich bedürftigen Menschen ein sogenanntes soziokulturelles Existenzminimum, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst aus Einkommen und Vermögen bestreiten können. Zahlreiche familienpolitische Leistungen wie Elterngeld, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, Ausbildungsförderung, Wohngeld oder Leistungen zur Flankierung des Asylrechts runden das Bild eines sozialen Deutschlands ab, um das uns viele beneiden und dessen Attraktivität und Anziehungskraft nicht zu übersehen sind.
II. Verfassungsrechtlicher Rahmen
1. Grundgesetz
2In auffälligem Kontrast zu seiner wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Bedeutung und auch im Kontrast zu dem im Grundgesetz in 18 Artikeln geregelten Finanzwesen, finden sich im Grundgesetz für den Bereich Gesundheit und Soziales nur wenige Normen. Neben dem aus Art. 20 I und Art. 28 I 1 GG folgenden Sozialstaatsprinzip als Staatszielbestimmung2 und den Grundrechten befassen sich nur wenige Vorschriften explizit mit sozialer Sicherung: Art. 74 I Nr. 12 GG zum Beispiel gibt dem Bund die Kompetenz für die konkurrierende Gesetzgebung bezüglich der Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung, Nr. 7 für die öffentliche Fürsorge. Art. 87 II GG verlangt, dass diejenigen sozialen Versicherungsträger als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts geführt werden, die sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstrecken. Nach Art. 120 I 4 GG trägt der Bund die Zuschüsse zulasten der Sozialversicherung mit Einschluss der Arbeitslosenversicherung. Die Vorschrift ist – umrahmt von Regelungen über Aufwendungen für Besatzungskosten sowie Kriegsfolgen – Teil der Übergangs- und Schlussbestimmungen des Grundgesetzes und gleichwohl verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage für den Bundeszuschuss unter anderem zur Rentenversicherung3 iHv jährlich inzwischen über 100 Mrd. EUR.4
2. Deutungshoheit des BVerfG
3 Die Deutungshoheit darüber, was Sozialversicherung ist, wie weit die Gestaltungsmacht des Gesetzgebers bei der Ausformung des Sozialstaatsgebots, seine Eingriffsbefugnisse und die von ihm verordnete Solidarität kollektiver Sicherungssysteme reichen und was soziale Sicherung zu gewährleisten hat, liegt angesichts der spärlichen Vorgaben im Grundgesetz letztlich beim BVerfG, wie unter anderem die Entscheidung zum soziokulturellen Existenzminimum zeigt: Während das Gericht in einer seiner ersten Entscheidung noch ausführte, dass weder Art. 1 I GG noch Art. 2 II GG ein Grundrecht des Einzelnen auf gesetzliche Ansprüche auf angemessene Versorgung durch den Staat begründe und „das Wesentliche zur Verwirklichung des Sozialstaates“ nur der Gesetzgeber tun könne,5 hat es diese Zurückhaltung in neuerer Zeit aufgegeben. Es hat damit den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unter anderem für die beitragsfinanzierte Sozialversicherung („Beitragszahlung soll sich lohnen“), aber auch für die Grundsicherung und Sozialhilfe erheblich eingeengt. In seiner Entscheidung zu den Hartz-IV-Regelsätzen aus dem Jahr 2010 und zu den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hat das BVerfG einen subjektiv öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Gewährung eines soziokulturellen Existenzminimums hergeleitet.6 Art. 1 I 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I 1 GG garantiert danach ein Grundrecht, ja Menschenrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Der Anspruch „umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben“, wobei ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung von Art und Höhe der Leistungen verbleibt.7 Das Grundrecht steht „deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu“8.
4 Die Grundsicherung (Bürgergeld) garantiert heute jedem in Deutschland lebenden mittellosen Erwachsenen neben einen umfassenden Krankenversicherungsschutz die Übernahme der Kosten einer angemessenen Wohnung nebst Heizkosten sowie einer monatlichen Regelleistung von monatlich grds. 502 EUR (Stand 2023).9 In erfreulicher Klarheit hat das BVerfG in seiner sogenannten Sanktionsentscheidung aber auch dem Nachranggrundsatz bzw. Subsidiaritätsprinzip Nachdruck verliehen. Das Grundgesetz verwehrt es dem Gesetzgeber danach nicht, die Inanspruchnahme sozialer Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz an den Nachranggrundsatz zu binden, also nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn Menschen ihre Existenz nicht vorrangig selbst sichern können. Der Gesetzgeber kann den Nachranggrundsatz nicht nur durch eine Pflicht zum vorrangigen Einsatz aktuell verfügbarer Mittel aus Einkommen, Vermögen oder Zuwendungen Dritter zur Geltung bringen. Er kann auch von denjenigen, die staatliche Leistungen der sozialen Sicherung in Anspruch nehmen, verlangen, an der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit selbst aktiv mitzuwirken oder die Bedürftigkeit gar nicht erst eintreten zu lassen.10 Zur Durchsetzung für sich genommen verhältnismäßiger Mitwirkungspflichten, nicht jedoch zur repressiven Ahndung vorangegangenen Fehlverhaltens, darf der Gesetzgeber auch Sanktionen in Form zum Beispiel einer Leistungsminderung vorsehen.11 Dass der Gesetzgeber im Nachgang zur Sanktionsentscheidung im Bürgergeldgesetz prinzipiell zulässige Sanktionen generell auf eine höchstens lediglich 30%-ige Verringerung der Regelleistung auch für hartnäckige Leistungsverweigerer trotz eines erheblichen Arbeitskräftemangels beschränkt hat,12 ist nur schwer nachvollziehbar, zumal das BVerfG auch sehr viel spürbarere Sanktionen für zulässig erachtet hatte.13
5Auch hinsichtlich der Aussage des BVerfG, dass die in Art. 1 I GG garantierte Menschenwürde migrationspolitisch nicht relativiert werden darf, bestehen größere Spielräume, als dies verbreitet angenommen wird. Insoweit geht es – wie das BVerfG selbst unmissverständlich klargestellt hat – darum, dass die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge nicht mit dem Ziel unter das Existenzminimum abgesenkt werden dürfen, Anreize für Wanderungsbewegungen nach Deutschland zu vermeiden.14
6Mit dieser Zielrichtung lässt die Aussage insbesondere den Nachranggrundsatz unberührt, wonach der Bezug existenzsichernder Leistungen bei fehlender, aber möglicher und zumutbarer Wahrnehmung von Pflichten und Obliegenheiten zur Überwindung, Vermeidung oder Verringerung von Bedürftigkeit ganz oder teilweise eingeschränkt werden kann.15 Dieser Nachrang existenzsichernder Leistungen kann gerade auch dann zum Tragen kommen, wenn ausländer- oder asylrechtliche Pflichten und Obliegenheiten nicht erfüllt werden. Es stellt daher keine unzulässige „migrationspolitische Erwägung“ dar, wenn existenzsichernde Leistungen beispielsweise deshalb eingeschränkt werden, weil aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen nicht vollzogen werden können, die vom Leistungsberechtigten zu vertreten sind (§ 1a III AsylbLG). Verfassungsrecht stünde wohl auch Einschränkungen existenzsichernder Leistungen nicht entgegen, die das Ziel verfolgen, Asylantragsteller zur Übersiedlung in den nach Unionsrecht für ihr Asylverfahren und damit für ihre Existenzsicherung zuständigen Mitgliedstaat zu bewegen.16 Einer solchen Maßnahme lägen ebenfalls keine „migrationspolitischen Erwägungen“ zugrunde; vielmehr diente sie schlicht der Durchsetzung geltenden Unionsrechts.
II. Wie viel Geld wofür?
7Der Sozialstaat hat in den letzten Jahrzehnten von der überaus positiven wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands profitiert. Es sah lange so aus, als wären seiner Expansion keine Grenzen gesetzt. Die Sozialleistungsquote erreicht mittlerweile über 30 % des Bruttoinlandsprodukts,17 so dass hierzulande praktisch jeder dritte Euro für Soziales ausgegeben wird. Der Anteil der Sozialausgaben an den Gesamtausgaben des Bundeshaushalts beträgt aktuell 45 % und ist damit der größte Ausgabenblock des Bundeshaushalts.18 Die Ausgaben der Träger der im Grundsatz beitragsfinanzierten Sozialversicherung (2021: 779 Mrd. EUR)19 reichen an das gesamte Steueraufkommen von Bund, Ländern und Kommunen (2021: 795 Mrd. EUR)20 heran.
8Die demografische Entwicklung stellt die umlagefinanzierten Systeme, insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung (GRV), aber auch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sowie die soziale Pflegeversicherung (SPV) vor enorme Probleme. Kamen 1962 noch sechs Beitragszahler auf einen Rentner, waren es 1992 noch 2,7, 2021 noch 2,1 und 2030 werden es voraussichtlich nur noch 1,5 sein.21 Seit 1960 hat sich die Lebenserwartung der Menschen um rund zehn Jahre erhöht,22 ebenso die durchschnittliche Rentenbezugsdauer.23 Auf die GKV und die SPV werden demografiebedingt erhebliche Kosten zukommen, weil ältere Menschen einen deutlich höheren Bedarf an Krankenbehandlung und auch Pflege haben.
9Die Pandemie und noch mehr der Ukrainekrieg mit seinen Folgen haben zusätzlich neue Themen auf die politische Agenda gesetzt und schmerzlich vor Augen geführt, dass Deutschland in besorgniserregendem Umfang von anderen Staaten abhängig ist: militärisch von den USA, wirtschaftlich von China als Zulieferer und Absatzmarkt, in Sachen Rohstoffe von Russland und künftig anderen teils autoritär regierten Staaten, bei Medikamenten bzw. Vorprodukten unter anderem von Indien. Sollen diese Abhängigkeiten reduziert, zugleich der Klimaschutz durch CO2-freie Energieversorgung vorangebracht, die in weiten Teilen desolate Infrastruktur (Bahn, Brücken, Breitbandausbau etc.) auf den für ein Industrieland akzeptablen Stand gebracht werden und die Bundeswehr irgendwann in der Lage sein, ihren Verteidigungsauftrag wieder zufriedenstellend zu erfüllen, müssen die künftigen Jahre „Jahre der Investitionen“ sein.
10Die im politischen Bereich insoweit avisierten Ziele werfen zwangsläufig die Frage auf: „Wie viel Geld wofür?“ Und die Antworten auf diese Frage werden zu erheblichen Ziel- und Interessenkonflikten führen, die auch den Bereich sozialer Sicherung nicht unberührt lassen. Denn jeder Euro, der in Deutschland ausgegeben wird, wofür auch immer, muss zuvor in diesem Land erwirtschaftet und über Steuern oder Beiträge aufgebracht werden. Hinzu kommt ein gravierender Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel,24 der allein durch qualifizierte Zuwanderung wohl kaum gedeckt werden kann. Damit wird sich auch im Gesundheits- und Sozialbereich die Frage nach einer Zeitenwende stellen, oder anders ausgedrückt: „Wie viel Geld und wie viel Personal wofür?“ Eine umfassende Aufgabenkritik aller Sozialleistungsbereiche und eine sich hieran anschließende Neujustierung des Verhältnisses zwischen solidarischer, also umverteilender Vorsorge und Eigenverantwortung des Einzelnen sind mittelfristig unvermeidbar. Die notwendigen Veränderungen im Bereich Gesundheit und Pflege werden dabei zwangsläufig gravierender sein als im Bereich der Altersvorsorge.
III. Reformansätze in der gesetzlichen Rentenversicherung
1. Renteneintrittsalter – Beitragshöhe – Rentenhöhe
112021 nahm die GRV 347,7 Mrd. EUR ein; davon entfielen bei einem Beitragssatz von 18,6 % 245,7 Mrd. EUR im Wesentlichen auf Beiträge der Versicherten und ihrer Arbeitgeber sowie der Rest auf steuerfinanzierte Bundesmittel.25 Mit Blick auf die demografische Entwicklung fehlt es nicht an Vorschlägen zur Reform der GRV.26 Im Wesentlichen sind es drei Stellschrauben, die für Korrekturen in der GRV theoretisch in Betracht kommen: das Rentenniveau, der Beitragssatz und das Renteneintrittsalter. Alle drei Themen sind in der Reformdiskussion gleichermaßen vermintes Gelände, zumal man mit zu Ende gedachten und durchgerechneten Reformvorschlägen weder Beifall erwarten noch Wahlen gewinnen kann. Zudem stehen einem „Drehen an allen drei Stellschrauben“ gewichtige Argumente entgegen.
12Zur Rentenhöhe: Potenzial für Rentenkürzungen besteht bei nüchterner Betrachtung nicht, zumal das deutsche Rentenniveau im europäischen Vergleich ohnehin im unteren Drittel liegt.27 Die Höhe der gesetzlichen Rente bemisst sich nach der Höhe der im Laufe des Arbeitslebens entrichteten Beiträge. Zielvorstellung dabei ist, dass ein so genannter Standard- oder Eckrentner 45 Jahre lang gearbeitet und dabei Beiträge aus einem Durchschnittslohn gezahlt hat (2021: 40.463 EUR). Er erhält dann als sogenannte Standardrente 49,4 % seines letzten Bruttolohns.28 Diese hypothetische Standardrente beträgt (Stand 2021) 1.539 EUR.29
13Die gezahlten durchschnittlichen Altersrenten liegen tatsächlich aber weit unter diesem Betrag. In den alten Bundesländern hatten Männer im rechnerischen Durchschnitt 1.212 EUR Rente im Monat (Neuzugänge 2021: 1.218 EUR), Frauen nur 737 EUR (Neuzugänge 2021: 809).30 Auch wenn in diesen Durchschnittswerten auch „Kleinstrenten“ von Personen enthalten sind, die nicht in Vollzeit beschäftigt waren oder die der GRV nur zeitweise angehört haben und später zum Beispiel Beamte oder Mitglied in einem berufsständischen Versorgungswerk wurden, macht ein Blick auf die Rentenschichtung (Stand 2021) klar, dass bei einer Absenkung des Rentenniveaus viele Rentner auf ergänzende Sozialhilfe bzw. Grundsicherung im Alter angewiesen wären. So lag zum Beispiel 2021 der Prozentsatz der Rentner (alte Bundesländer) mit Versichertenrenten unter 300 EUR bei 12,4 % und zwischen 300–600 EUR bei 9,8 %, 600–900 EUR Rente hatten 10,9 %, 900–1.200 EUR hatten 14,3 %, 1.200–1.500 EUR hatten 18,4 % und 1.500–1.800 EUR hatten 16,9 % aller männlichen Rentner; nur 17,4 % lagen mit ihrer Rente über 1.800 EUR. Bei Rentnerinnen (2021/West) sieht das Bild noch düsterer aus: Renten unter 300 EUR hatten 15,8 % aller Frauen, Renten zwischen 300–600 EUR hatten 25,9 %, 600–900 EUR hatten 23,7 %, 900–1200 hatten 19,7 %, 1200–1500 hatten noch 9,3 % und nur 5,6 % aller Rentnerinnen hatten eine Rente über 1.500 EUR.31 Von den genannten Bruttorenten gehen noch die vom Rentner zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge ab.
14In der ehemaligen DDR waren die Versicherungsbiografien konstanter und sind die durchschnittlichen Bestandsrenten 2021 höher als im Westen. Männer kommen im Osten auf 1.292 EUR/Monat (Neuzugänge: 1.141 EUR/Monat), Frauen auf 1.082 EUR/Monat (Neuzugänge: 1.070 EUR/Monat).32 Allerdings fehlte es in der ehemaligen DDR weithin an anderen Vorsorgeformen, wie der Bildung von Privateigentum, privater oder betrieblicher Zusatzvorsorge. Die Alterseinkünfte sind dort folglich aufs Ganze gesehen insgesamt niedriger als im Westen.
15Zum Beitragssatz: Bei einem Beitragssatz von 18,6 % in der GRV und einem Gesamtsozialversicherungsbeitrag von schon jetzt über 40 % ist auch der Spielraum für Beitragserhöhungen äußerst gering. Denn vom Bruttolohn soll nach Abzug von Steuern und Beiträgen noch etwas zum Leben verbleiben und die Lohnnebenkosten sollen im internationalen Wettbewerb auch nicht zum Standortnachteil gereichen.
16Bleibt das unbeliebte Thema Renteneintrittsalter. Es steht außer Frage, dass nicht jeder gesundheitlich in der Lage ist, bis 68, 69 oder 70 zu arbeiten. Dies macht es notwendig, für Erwerbsgeminderte zumutbare Exitmöglichkeiten zu entwickeln. Für einige Berufsgruppen könnte ein höheres Renteneintrittsalter zumutbar sein; diskutiert wird vor allem eine an die Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung gekoppelte Erhöhung des Renteneintrittsalters.33 Realistisch ist dies meines Erachtens allenfalls bei Erwerbstätigen, die in ihren Berufen positive Rückmeldungen erfahren etwa von Kunden oder Patienten, die im Wesentlichen selbstbestimmt arbeiten können oder bei denen der eigene Beitrag zum Arbeitserfolg greifbar und erlebbar ist, Arbeit „Spaß“ macht und über die Entlohnung hinaus Wertschätzung erfährt. Ein „Allheilmittel“ jedenfalls ist eine Erhöhung des Renteneintrittsalters angesichts der Definition des Standardrentners (45 Jahre!) nicht.
2. Ausweitung des versicherten Personenkreises
17Die Reformdiskussion bezüglich einer Erstreckung der Versicherungspflicht auf weitere Personenkreise beschränkt sich bislang auf Selbstständige. Wie ich an anderer Stelle ausführlicher dargelegt habe,34 ist die Einbeziehung aller Selbstständigen in die GRV schon zur Beseitigung vielfältiger Widersprüche im geltenden Recht, vor allem aber aufgrund des doppelten Zwecks der Rentenversicherung geboten: Sowohl der Schutz des einzelnen Selbstständigen als auch der Schutz der Allgemeinheit vor mangelnder Eigenvorsorge der Selbstständigen verlangen ihre Einbeziehung in die GRV. Gleiches gilt für die Versicherungspflicht der geringfügig Beschäftigten. Eine sachliche Rechtfertigung für das Recht zum opt-out ist nicht zu erkennen. Mit dem Recht auf ein opt-out sind Altersarmut oder Abhängigkeit vom Ehegatten, Partner oder ein sich Verlassen auf die Hinterbliebenenrente geradezu vorprogrammiert.
18Sämtliche Erwerbstätigen sollten bei einer auf längere Sicht angelegten Reform ohne Ausnahmen in die GRV zu einem neu zu definierenden Sicherungsniveau einbezogen werden und auch Beiträge zahlen müssen. Die derzeitigen Befreiungsmöglichkeiten für abhängig Beschäftigte und die Versicherungsfreiheit der Beamten, Richter und Soldaten sind nicht mehr zeitgemäß und voller Widersprüche. Allerdings bedarf es im Hinblick auf Art. 33 V GG und die Grundsätze des Vertrauensschutzes ergänzender Regelungen für Beamte sowie die Angehörigen der freien Berufe. Für Beamte und Angehörige der freien Berufe könnte sich die Einbeziehung in die GRV als Basissystem darstellen. Dieses Basissystem wäre für Beamte im Hinblick auf Art. 33 V GG zwingend um die Versorgung durch den Dienstherrn zu ergänzen. Für die Angehörigen der freien Berufe könnten die bisherigen berufsständischen Versorgungswerke als ergänzende, auch durch Kammerrecht verpflichtende Systeme „betrieblicher“ bzw. berufsspezifischer zusätzlicher Alterssicherung erhalten werden.
3. Neu definiertes Sicherungsziel
19Das neue Sicherungsziel der GRV sollte für die Zukunft neu definiert werden. Jeder Erwerbstätige sollte nach einem erfüllten Berufsleben – realistisch sind maximal 40 Arbeitsjahre – von seiner Altersrente leben können und eine Rente erreichen, die deutlich über Grundsicherungs- oder Sozialhilfeniveau liegt; realistisch und trotzdem ambitioniert sind 10–20 %. Es wäre dann Sache des Einzelnen, im Rahmen seiner Eigenverantwortung darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form er weitergehende Vorsorge betreiben will, um seinen Lebensstandard auch im Alter einigermaßen zu halten.
20Dieser Vorschlag zur Abrundung der GRV im Sinne einer Einbeziehung aller Erwerbstätigen mit einem generell neu definierten Sicherungsziel hätte den Charme, dass alte Vorurteile bezüglich privilegierter Gruppen entkräftet, Wertungswidersprüche beseitigt und damit vor allem die Diskussion zum Beispiel über das Renteneintrittsalter politisch erleichtert würde. Es würde klar: die Stabilisierung der GRV ist eine Angelegenheit der Generationengerechtigkeit, die alle angeht.
4. Keine Lösung: Höhere schuldenfinanzierte Bundeszuschüsse
21In seiner Entscheidung zum Klimaschutzgesetz (KSG) hat das BVerfG angenommen, das KSG entfalte „eingriffsähnliche Vorwirkungen“ und biete „unverhältnismäßige Gefahren der Beeinträchtigung künftiger grundrechtlicher Freiheit“. Das Grundgesetz verpflichte unter bestimmten Voraussetzungen zur Sicherung grundrechtsgeschützter Freiheit über die Zeit und zur verhältnismäßigen Verteilung von Freiheitschancen über die Generationen. „Klimaschutzmaßnahmen, die gegenwärtig unterbleiben, um Freiheit aktuell zu schonen, müssen in Zukunft unter möglicherweise noch ungünstigeren Bedingungen ergriffen werden, und würden dann identische Freiheitsbedürfnisse und -rechte weit drastischer beschneiden“35.
22Die Kernaussagen des BVerfG zum KSG treffen sinngemäß auch auf andere Bereiche zu, in denen es ebenfalls um die Sicherung grundrechtsgeschützter Freiheit über die Zeit und um die verhältnismäßige Verteilung von Freiheitschancen über die Generationen geht. Es geht um die Gefährdung von Freiheitschancen durch Lasten. Im Bereich des Klimaschutzes sind dies Maßnahmen zur Emissionsreduktion. Im Bereich der sozialen Sicherung sind dies finanzielle Lasten durch Beiträge und Steuern, die den Bürgern für eine Mittelverwendung nach eigenen Vorstellungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Im Bereich des Klimaschutzes sollen künftige Generationen ab 2031 nicht damit rechnen müssen, viel stärkeren Restriktionen zu unterliegen, weil man jetzt bis 2030 zu schonend vorgeht und zu viel zulässt. Auf den Bereich der Sozialversicherung übertragen heißt das – auch wenn die Entscheidung zum KSG verfassungsrechtlich nicht „eins zu eins“ auf die umlagefinanzierten Sozialsysteme zu übertragen und daraus für Versicherte nicht unmittelbare verfassungsrechtliche Abwehransprüche abzuleiten sind –: Der Gesetzgeber sollte das Recht so ausgestalten, dass Beiträge und Leistung bei der gegenwärtigen wie der künftigen Generation verhältnismäßig verteilt sind. Denn Beiträge und Steuern engen Freiheitsrechte ebenso ein wie etwa Umweltabgaben, und Sozialleistungen wie Renten etc. ermöglichen Freiheitsgebrauch.36
23Daraus folgt: Erstens sollten konsumtive Sozialleistungen, die heute erbracht werden, auch heute erwirtschaftet und finanziert werden, das heißt, es sollte keine Finanzierung von Renten, Bürgergeld, Sozialhilfe aber auch Leistungen im Gesundheitsbereich etc. auf Pump erfolgen, was aber gegenwärtig jedenfalls zum Teil geschieht. Zweitens müssen zum Zweck effektiverer Mittelverwendung strukturelle Reformen in Angriff genommen werden. Dies gilt insbesondere für den sogleich dazustellenden Bereich Gesundheit und Pflege (zB Krankenhausstrukturreform). Drittens dürfen keine Leistungsausweitungen versprochen werden, bei denen absehbar ist, das sie künftigen Generationen nicht mehr zugute kommen können (zB Rente mit 63; Aussetzen des Anpassungsfaktors; Pflege-Vollversicherung).
IV. Gesetzliche Krankenversicherung
1. Finanzsituation der GKV
24Aktuell hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein Milliardendefizit in der GKV für das Jahr 2024 prognostiziert und eine Erhöhung der Beiträge angekündigt.37 In Deutschland sind rund 90 % der Bevölkerung in der GKV versichert. Von den rund 74 Millionen GKV-Versicherten sind 34,5 Millionen aufgrund einer Beschäftigung pflichtversichert, 17 Millionen als Rentner und sechs Millionen freiwillig versichert. Mehr als 16 Millionen Familienangehörige sind kostenfrei mitversichert. Die mit einem Einkommen bis zur Versicherungspflichtgrenze von 5.550 EUR/Monat (2023) pflichtversicherten Beschäftigten zahlen Beiträge aus ihrem Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze (BBG) von 4.987,50 EUR/Monat (2023). Einkommen aus Kapital- oder Mieterträgen wird nicht berücksichtigt. Pflichtversicherte Rentner zahlen Beiträge aus Renten- sowie Versorgungsbezügen sowie gegebenenfalls aus Arbeitseinkommen bis zur BBG, weitere Einkommen werden für die Beitragsbemessung ebenfalls nicht herangezogen. Bei freiwillig Versicherten, häufig hauptberuflich Selbstständige oder Rentner mit zu kurzer Vorversicherungszeit, werden Beiträge aus dem gesamten Einkommen, auch aus Kapitalerträgen oder Mieteinkünften, erhoben.
25Der gesetzliche Beitragssatz beträgt 14,6 % des beitragspflichtigen Einkommens. Hinzu kommt ein von der Krankenkasse festzulegender Zusatzbeitrag (Bundesdurchschnitt ca. 1,6 %). Die Beitragseinnahmen betrugen – Stand 2021 – 278,3 Mrd. EUR. Die Gesamtausgaben der GKV beliefen sich 2021 auf 285 Mrd. EUR, davon entfallen 263,4 Mrd. EUR auf Leistungsausgaben und 11,7 Mrd. EUR auf Verwaltungsausgaben.38 Lediglich das Krankengeld orientiert sich der Höhe nach am versicherten Einkommen, darauf entfallen nur 6,3 %39 der Leistungsausgaben. Den weitaus größten Anteil an den Ausgaben haben Behandlungsleistungen (ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Arzneimittel, Heil- und Hilfsmittel, Krankenhaus) mit ca. 214 Mrd. EUR (81 %).40 Der Umfang der den Versicherten zustehenden Leistungen ist unabhängig vom versicherten Arbeitsentgelt und auch unabhängig davon, ob jemand zum Beispiel nur teilzeitbeschäftigt ist.
26Der Bund zahlt seit 2017 einen jährlichen festgeschriebenen Zuschuss des Bundes zur Abgeltung versicherungsfremder Leistungen iHv 14,5 Mrd. EUR (§ 221 I SGB V), ohne dass im Einzelnen definiert ist, was zu diesen versicherungsfremden Leistungen gehört. 2022 ist ein zusätzlicher Bundeszuschuss von 14 Mrd. EUR gezahlt worden, um eine Erhöhung des Beitragssatzes und der Zusatzbeiträge zu vermeiden.41
2. Prognosen für GKV
27Die Ausgaben der GKV steigen seit Jahren, so von 2016 bis 2021 von 210,4 Mrd. EUR (6,7 % BIP) auf 263,4 Mrd. EUR (7,3 % BIP). Ursachen hierfür sind der demografischer Wandel – in einer alternden Gesellschaft steigt der Behandlungsbedarf –, enorme medizinische Innovationen als Kostentreiber sowie eine stetige Erweiterung des Leistungsspektrums. Eine Simulation der Bertelsmann-Stiftung42 hat Ausgaben der GKV im Jahr 2030 von 331 Mrd. EUR errechnet (2040 Prognose: 426 Mrd. EUR), was zu einer Anhebung des Beitragssatzes auf 15,4 % (2040 16,9 %) führen müsste. Soll der Beitragssatz 15 % nicht übersteigen, wäre 2030 ein Bundeszuschuss von ca. 30 Mrd. EUR notwendig (2040 70 Mrd. EUR). Nach einer Berechnung des Wissenschaftlichen Instituts der PKV43 soll bei einer Fortschreibung der Ausgabendynamik der Jahre 1999 bis 2019 ohne Erhöhung des Beitragssatzes im Jahr 2030 ein Bundeszuschuss – je nach Szenario – zwischen 30 Mrd. EUR und 128 Mrd. EUR notwendig sein.
3. Reformen innerhalb des gegenwärtigen GKV-Systems
28Insbesondere Sozialverbände und Gewerkschaften favorisieren Reformansätze, bei denen die Beitragsbasis durch eine Anhebung oder Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze erweitern würde.44 Dies führe zu einer (gerechtfertigten) Belastung von Besserverdienern. Hiergegen spricht, dass dadurch – ebenso wie durch eine Erhöhung des Beitragssatzes – angesichts der paritätischen Finanzierung der GKV die Lohnnebenkosten steigen und Ansätze zu einer sparsameren Mittelverwendung unterlaufen würden. Die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze innerhalb des beitragsfinanzierten Systems wäre verfassungsrechtlich zumindest schwierig.45 Gegen eine Beitragspflicht auf alle Einnahmen der Versicherten aber spricht vor allem das verwaltungspraktische Argument, dass der Beitragseinzug der Krankenkassen hierauf nicht eingerichtet ist. Bisher sorgen die Arbeitgeber im Wege des Lohnabzugsverfahren dafür, dass die Beiträge zu den Trägern gelangen. Zudem wären bei einer Ausweitung der Beitragslast der Versicherten Ausweichreaktionen in Schattenwirtschaft oder Einschränkung des Erwerbsverhalten zu erwarten, wenn sich aus Sicht der Beschäftigten „das Arbeiten angesichts der Beitrags- und Steuerbelastung nicht mehr lohnt“.
29Leistungskürzungen im Bereich der GKV sind, auch wo sie sinnvoll wären, politisch kaum durchsetzbar; so hat sich jüngst gezeigt, dass die Politik selbst bei evident missbräuchlicher Inanspruchnahme von Notarzteinsätzen oder Notdiensten von Krankenhäusern nicht bereit ist, die Versicherten an den verursachten Kosten zur beteiligen.46
30Moderate Ansätze zur Leistungseinschränkung wären Zugangsbarrieren wie sie ein strenges Hausarztmodell (fachärztliche Behandlung nur auf Überweisung durch den Hausarzt) oder die verpflichtende Zweitmeinung für mengenanfällige Eingriffe darstellen können. Erfolgversprechend wäre auch eine verpflichtende elektronische Patientenakte, bei der eine opt-out-Möglichkeit nur gegen einen höheren Beitrag möglich sein sollte.47
31Die diskutierte Einführung eines generellen Kostenerstattungssystems könnte zwar das Kostenbewusstsein der Versicherten stärken. Neben gewichtigen verwaltungspraktischen Argumenten (zB Aufgabe der bisherigen pauschalen, relativ bürokratiearmen Abrechnungssysteme) spricht vor allem der Umstand gegen ein Kostenerstattungssystem, dass die Versicherten vorleistungspflichtig und anschließend für ihre Anträge auf Kostenerstattung gegenüber ihrer Krankenkasse eigenverantwortlich wären. Hierzu dürften viele Versicherte zumindest finanziell nicht in der Lage sein. Kurz: Kostenerstattung ist meines Erachtens ein nicht gangbarer Weg. Kostentransparenz ist schon jetzt möglich, sofern nur jeder Versicherte von seinen Auskunftsrecht gegenüber der Krankenkasse (§ 305 I SGB V) zu Leistungen und Kosten sowie von seinem Anspruch auf eine Patientenquittung gegenüber seinem Vertragsarzt (§ 305 II 1 SGB V) und gegen das behandelnde Krankenhaus (§ 305 II 5 SGB V) Gebrauch machen würde.
32Eine Erhöhung der Steuermittel ist jedenfalls insoweit erforderlich, als die Zahlungen des Bundes an die GKV für die Bezieher von Bürgergeld- (Alg II-)Bezieher an deren tatsächliche Krankheitskosten angepasst werden; dies brächte den Krankenkassen derzeit rund 9,5–10 Mrd. EUR zusätzliche Mittel.48 Entsprechendes gilt für die vollständige Gegenfinanzierung versicherungsfremder Leistungen. Der Bundeszuschuss nach § 221 I SGB V dient zur pauschalen Abgeltung versicherungsfremder Leistungen, ohne dass klar definiert ist, was darunter oder unter „gesamtgesellschaftlicher Aufgaben“49 zu verstehen ist. Denkbar wäre, hierunter die beitragsfreie Versicherung von Kindern und die Finanzierung von Versorgungsforschung (Modellvorhaben §§ 63 ff. SGB V, Innovationsfonds § 92a SGB V), neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (Erprobung, §§ 137e, 137h SGB V), Vorsorge, Prävention (§§ 20 ff. SGB V) sowie den gesamte Bereich der Telematik zu fassen.
4. Denkanstoß: Umstieg auf ein steuerfinanziertes Gesundheitssystem?
33Ein ganz grundlegender und hier als Denkanstoß gedachter Reformansatz könnte die vollständige Finanzierung des Gesundheitssystems aus Steuermitteln sein, wobei die erforderlichen Mittel neben einer Erhöhung der Einkommens- und Verbrauchssteuern insbesondere auch aus Steuern auf „ungesunden“ Konsum wie Tabaksteuer (2021: 14,7 Mrd. EUR), Alkoholsteuer und Alkopopsteuer (2021: 2,1 Mrd. EUR), Schaumweinsteuer (2021: 0,34 Mrd. EUR), oder etwa einer neuen Steuer auf „ungesunden Zucker“ stammen sollten.50 Der Umstieg auf eine Steuerfinanzierung wäre mit einer Abschaffung des im Wesentlichen an das Arbeitseinkommen anknüpfenden Beitrags zur GKV verbunden. Das würde zu einer deutlichen Senkung der Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und der Beitragslast für Beschäftigte und damit insbesondere zu einer Entlastung der personalintensiven Branchen wie dem Handwerk führen. Nebenfolge wäre eine Beschränkung der privaten Krankenversicherung (PKV) auf das Geschäft mit Zusatzversicherungen für Zahnbehandlung, Komfortleistungen, gegebenenfalls auch für das Krankengeld.
34Der Umstieg auf eine steuerfinanzierte GKV brächte eine deutlich stärkere Verantwortung des Bundesgesetzgebers für Leistungsausweitungen mit sich, indem der Deutsche Bundestag in den jährlichen Haushaltsberatungen auch Rechenschaft über die Ausgaben für das Gesundheitssystem vor dem Hintergrund der dann auch für diese Ausgaben geltenden Schuldenbremse des Grundgesetzes abgeben müsste. Allein dies hätte eine enorm disziplinierende Wirkung in Hinblick auf das Ausgabenverhalten der GKV.
35Zwar müssten die bisherigen Selbstverwaltungskörperschaften (insbes. Krankenkassen) ihren bisherigen Rechtsstatus aufgeben. Ihre Organisationseinheiten und Personal blieben aufgrund ihrer Fach- und Sachkunde jedoch unverzichtbar (zB Gemeinsamer Bundesausschuss; Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) und ebenso wie dezentrale Leistungsträger nebst der „gemeinsamen Selbstverwaltung“ mit Vertragsärzten und Krankenhäusern zu erhalten, wenn auch in gegebenenfalls anderer Rechtsform und „schlanker“ als bisher.
36Eine Steuerfinanzierung würde vor allem untere Einkommensgruppen entlasten, allerdings auch Gutverdiener sowie Unternehmen stärker belasten. Teil der Bemessungsgrundlagen wären alle Einkünfte, auch solche aus Kapital und Vermietung/Verpachtung etc. Die Steuerfinanzierung führte zu einer insgesamt sozial gerechteren Verteilung der Gesundheitskosten auf alle Steuersubjekte entsprechend ihrer gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei deutlicher Entlastung der abhängig Beschäftigten. Vor allem aber führte sie zu einer Entlastung des Faktors Arbeit mit Vorteilen vor allem für kleinere und personalintensive Betriebe.
37Der Wegfall des Beitragseinzugs bei den Krankenkassen und die Übertragung des Mitteleinzugs auf die Deutsche Rentenversicherung (DRV) könnte zu einem erheblichen Bürokratieabbau beitragen. Die DRV ist schon jetzt für die Statusfeststellung (§ 7a SGB IV; Kosten/Jahr 12,9 Mio. EUR) und Betriebsprüfungen (§ 28p SGB IV; Kosten/Jahr 323,5 Mio. EUR) zuständig, wobei es zahlreiche Überschneidungen zur Prüfung der Versicherungspflicht auch durch die Einzugsstelle gibt (§ 28 II SGB IV).51 Arbeitgeber hätten nur noch einen einzigen Ansprechpartner für die Klärung von Versicherungs- und Beitragspflicht, Meldungen und Beitragszahlung und damit letztlich weniger Verwaltungsaufwand.52 Die Gesamteinkommensprüfung läge nur noch bei den Finanzämtern, womit auch insoweit Doppelstrukturen abgebaut werden könnten.
38Es ist einzuräumen, dass die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems stärker von der Haushaltslage abhängige wäre. Zu klären wäre neben Fragen der Rechtsform (zB der Krankenkassen) auch, wie mit Altersrückstellungen der jetzt PKV-Versicherten bei zwangsweiser Beendigung der PKV umzugehen, deren Vermögen gegebenenfalls vor dem Hintergrund des Art. 14 GG53 und gegebenenfalls Grundrechte der PKV-Unternehmen (Art. 12 I GG) durch Entschädigungsleistungen oder Übergangsregelungen zu schützen wären.54 Lösbar wären diese Detailfragen aber allemal, jedenfalls wenn man den Weg einer „minimalinvasiven“ Änderung auch des Grundgesetzes nicht scheut.
V. Reformen in der Pflegeversicherung
1. Ausgangspunkt: Ähnliche Probleme wie GKV
39Die 1995 eingeführte Pflegeversicherung steht wegen der gleichartigen Finanzierung wie die GKV vor ähnlichen Problemen. Durch die Alterung der Gesellschaft stieg die Zahl der Pflegebedürftigen und damit Leistungsberechtigten stetig an von ca. 1 Million Personen im Jahr 1995 auf ca. 4,6 Millionen Personen im Jahr 2021.55 Prognostiziert werden 6,5 Millionen Pflegebedürftige im Jahr 2050.56 Die Defizite der sozialen Pflegeversicherung von 1,35 Mrd. EUR im Jahr 202157 und 2,2 Mrd. EUR im Jahr 202258 wurden aus der Liquiditätsreserve finanziert, die unter anderem ein zum 31.12.2023 fälliges Darlehen des Bundes iHv 1 Mrd. EUR beinhaltet.
40Insbesondere im Bereich der stationären Pflege decken die festen Leistungssätze der Pflegeversicherung nicht die tatsächlich anfallenden Heimkosten. Der durchschnittliche Eigenanteil beträgt 2.468 EUR/Monat59 und muss entweder aus eigenem Einkommen und Vermögen der Pflegebedürftigen, durch Unterhaltsleistungen der Angehörigen60 oder vom Träger der Sozialhilfe als Hilfe zur Pflege61 getragen werden. Das ursprüngliche Ziel der Pflegeversicherung, die Sozialhilfeträger und damit den Steuerzahler von den Pflegekosten zu entlasten, wurde nur teilweise erreicht.
41Die SPV ist als Teilkaskoversicherung angelegt, was in der gesellschaftlichen Diskussion allerdings in Vergessenheit geraten ist. Sowohl in der häuslichen Pflege als auch in der teil- und vollstationären Pflege decken die Leistungsbeträge lediglich einen Teil der pflegebedingten Kosten ab. Finanziell leistungsfähige Pflegebedürftigen, die zuhause leben, nehmen häufig nur die Pflegesachleistungen in Anspruch, die von der Pflegeversicherung bezahlt werden. Sie nehmen eine Unterversorgung also in Kauf. Besteht ein Anspruch auf Hilfe zur Pflege, werden von der Pflegeversicherung nicht umfasste Leistungen auf dieser Grundlage erbracht. Pflegebedürftige in Pflegeheimen haben neben den sogenannten Hotelkosten (den von der Pflegeversicherung nicht gedeckten Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie ggf. Investitionskosten) ebenfalls einen erheblichen Anteil an pflegebedingten Kosten zu tragen, der von der Pflegeversicherung nicht gedeckt ist. Da dieser Teil in den letzten Jahren (zurückzuführen insbes. auf die 2022 gesetzlich eingeführte Bezahlung der Pflegekräfte nach Tarif bzw., in Anlehnung daran) stark angestiegen ist, wurde 2022 neben den eigentlichen vollstationären Leistungen ein Leistungszuschlag eingeführt. Abhängig von der Verweildauer in der Einrichtung vermindert dieser den von den Pflegebedürftigen zu tragenden Kostenanteil um derzeit 5 % in den ersten zwölf Monaten bis zu 70 % ab einer Verweildauer von mehr als drei Jahren.
42Das im Mai 2023 verabschiedete Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz erhöht Leistungshöhen wie Leistungszuschlag noch einmal. Trotz der Anhebung der Beiträge zur Pflegeversicherung werden sich daher neue Defizite aufbauen. Bis Mitte des Jahres 2024 sollen daher Vorschläge zur mittel- und langfristigen Finanzierung der Pflegeversicherung vorliegen.
2. Rückbesinnung auf Teilkostenversicherung statt Leistungsausweitung
43Nicht nur die finanzielle Situation der SPV, sondern auch die schon derzeit zu geringe Zahl von Altenpflegekräften, der eine zunehmende Zahl von Pflegebedürftigen gegenübersteht,62 legen eine Rückbesinnung auf den Grundsatz der Teilkaskoversicherung nahe. Denn eine Situation, in der wenige Versicherte alle Leistungen bekommen und dies beitragsfinanziert, während absehbar viele Versicherte angesichts von Personalknappheit überhaupt nicht mehr versorgt werden können, ist nicht nur höchst ungerecht, sondern verstößt auch gegen das Postulat der Versorgungssicherheit. 44Leistungen dürfen daher keinesfalls weiter ausgeweitet und allenfalls noch moderat dynamisiert werden. Sollte man Leistungseinschränkungen in Erwägung ziehen, ist zu überlegen, ob die Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung tatsächlich von der Pflegeversicherung übernommen werden müssen.
45Die Angehörigenpflege, die entgegen aller Unkenrufe weiter ansteigt, sollte wertgeschätzt und erhalten bleiben. Menschen ohne (nahe) Angehörige sollten sich frühzeitig Gedanken über ihr Alter machen und Freundes- oder Nachbarschaftsnetzwerke für eine niedrigschwellige gegenseitige Versorgung knüpfen. Hier wäre ausnahmsweise eine medienwirksame Kampagne des zuständigen Ministerium hilfreich.
46Die professionelle Altenpflege sollte durch einen Mix an Ausbildung, gegebenenfalls Anwerbung und guten Arbeitsbedingungen ausgebaut und attraktiver werden. Dazu gehört auch, dass das Bild der Altenpflege, das stark durch und Klagen über angeblich prekäre Arbeitsverhältnisse und schlechte Verdienstmöglichkeiten geprägt ist, durch ein positives Selbstbild abzulösen. Ein Gesundheitsministerium, das stets die Verhältnisse einer Branche beklagt, wird kaum in der Lage sein, genügen junge Menschen zu motivieren, in dieser „schlecht geredeten“ Branche tätig zu werden, um die Pflegebedürftigen von morgen zu versorgen.
47Anders als im Bereich der GKV sind in der PKV kaum Effizienzgewinne ersichtlich. Technische Innovationen können zwar in Pflegeheimen für körperliche Entlastung sorgen, Pflegevorgänge jedoch nicht vollständig übernehmen. Anders als etwa in Japan ist es derzeit auch nicht denkbar, Roboter als Ersatz für menschliche Zuwendung bei der Betreuung einzusetzen. Angebotstransformationen zur Versorgung von mehr Pflegebedürftigen und städtische Quartierslösungen können ebenfalls nur einen geringen Beitrag leisten.
VI. Schlussbemerkung
48Reformen in den sozialen Sicherungssystemen sind angesichts des demografischen Wandels und der steigenden Kosten des medizinischen und technischen Fortschritts unvermeidlich. Für soziale Sicherung werden absehbar nicht mehr, sondern eher weniger Beitrags- und Steuermittel zur Verfügung stehen. Solidarische Absicherung und Eigenverantwortung sind neu auszutarieren, wenn der Sozialstaat auch in Zukunft ein Erfolgsmodell zur angemessenen Absicherung elementarer Lebensrisiken bleiben soll. Der Sozialstaat muss sich dabei auf das Wesentliche beschränken und eher fragen: „Worauf kann künftig verzichtet werden?“ anstatt: „Welche Leistungen können neu eingeführt oder weiter ausgebaut werden?“ Die politisch Verantwortlichen müssen sich zu einer Aufgabenkritik durchringen und den Eindruck vermeiden, der Staat könne dem Einzelnen alle Unwägbarkeiten und Risiken vollständig abnehmen sowie jegliche Krise für den Einzelnen unmerklich machen. Vor allem ist die Zeit einer ehrlichen Diskussion über eine finanziell und personell nachhaltige Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme gekommen. Das erfordert Mut und Ehrlichkeit sowie einen gesellschaftlichen Dialog, der bei der Betrachtung der Fakten beginnen und frei von Umverteilungsideologien sein sollten.
1 Vgl. Stolleis Geschichte SozR, 2003, S. 36 ff.; Ruland/Becker/Axer SRH/Hähnlein, 7. Aufl. 2022, § 2, S. 82 ff.
2 BVerfGE 152, 68 = NJW 2019, 3703 Rn. 125.
3 Vgl. BVerfGE 113, 167 (206) = NVwZ 2006, 559 = NJW 2006, 2764 Ls.; BeckOGK/Matlok, 1.12.2020, SGB VI § 213 Rn. 3; BeckOK GG/Barczak, 55. Ed. 15.5.2023, GG Art. 120 Rn. 10; v. Mangoldt/Klein/Starck/Muckel, 7. Aufl. 2018, GG Art. 120 Rn. 30; BK-GG/Hebele, 218. EL 2022, GG Art. 120 Rn. 27; Dürig/Herzog/Scholz/Butzer GG, 99. EL 2022, Art. 120 Rn. 154 „Selbstverpflichtung“.
4 Inkl. weiterer Bundesmittel (ua für AAÜG, Kindererziehung), vgl. Bundesamt für Soziale Sicherung, https://www.bundesamtsozialesicherung.de/fileadmin/redaktion/Rentenversicherung/20220530Bundeszahlungen.pdf.
5 BVerfGE 1, 97 (105) = NJW 1952, 297.
6 BVerfGE 125, 175 (222) = NJW 2010, 505; vgl. BVerfG 12.5.2021 – 1 BvR 2682/17, BeckRS 2021, 17368 Rn. 16 ff.
7 BVerfGE 137, 34 = NJW 2014, 3425 Rn. 76; BVerfG NJW 2023, 376 Rn. 55 ff.; BVerfGE 152, 68 = NJW 2019, 3703 13 Rn. 121.
8 BVerfGE 132, 134 = NVwZ 2012, 1024 Rn. 95 = NJW 2012, 3020 Ls.; vgl. BVerfG NJW 2023, 37 = NVwZ 2023, 246 Rn. 53 ff.
9 Im Bundeshaushalt 2023 sind 43,825 Mrd. EUR für das Bürgergeld (Bürgergeld: 23,76 Mrd. EUR, Kosten der Unterkunft und Heizung: 10,4 Mrd. EUR, Verwaltungskosten: 5,25 Mrd. EUR, Leistungen zur Eingliederung in Arbeit: 4,4 Mrd. EUR, Forschung, Untersuchungen uÄ: 15 Mio. EUR) veranschlagt, vgl. https://www.sgb2.info/DE/Service/Meldungen/bundeshaushalt-2023.html.
10 BVerfGE 152, 68 = NJW 2019, 3703 Rn. 123–126.
11 BVerfGE 152, 68 = NJW 2019, 3703 Rn. 129, 131.
12 Vgl. § 31a I, IV 1 SGB II; dazu BeckOGK/Lauterbach, 1.5.2023, SGB II § 31a Rn. 9.
13 BVerfGE 152, 68 = NJW 2019, 3703 Rn. 209.
14 BVerfGE 132, 134 (173) = NVwZ 2012, 1024 Rn. 95 = NJW 2012, 3020 Ls.; BVerfG NJW 2023, 37 Rn. 56.
15 BVerfG NJW 2023, 37 Rn. 62, 75 ff.
16 Die vorgesehene Verschärfung des EU-Asylrechts soll auch den umfangreichen unerlaubten Migrationsbewegungen innerhalb der Europäischen Union entgegenwirken, vgl. Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Asyl und Migrationsmanagement, COM (2020) 610 final, S. 5.
17 BMAS Sozialbudget 2021 (Sozialleistungsquote 32,5 %), https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/Broschueren/a230-21-sozialbudget-2021.html.
18 BMF https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2023/02/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-1-sollbericht-2023.html.
19 Statistisches Bundesamt, 5.4.2023, https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentliche-Finanzen/EU-Haushaltsrahmenrichtlinie/Tabellen/oeffentlicher-gesamthaushalt.html.
20 Steuereinnahmen 2021, Bund: 313,7 Mrd. EUR, Länder: 355,1 Mrd. EUR, Gemeinden: 126,2 Mrd. EUR, BMF 27.10.2022, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2022/10/2022-10-27-ergebnisse-der-steuerschaetzung.html.
21 Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2023, https://www.demografie-portal.de/DE/Fakten/altersrentner-beitragszahler.html; Institut der deutschen Wirtschaft Köln eV, https://www.iwkoeln.de/themen/verteilung-und-oeffentliche-finanzen/rente-pflege-kranken-und-arbeitslosenversicherung.html.
22 Statistisches Bundesamt https://www.demografie-portal.de/DE/Fakten/lebenserwartung.html.
23 DRV Rentenversicherung in Zahlen 2022, S. 66.
24 Fachkräftelücke 2026 nach Berufsgattung: Altenpflege 19840, Gesundheits- und Krankenpflege 19167, (Zahn)Medizinische Fachangestellten 22565, Physiotherapie 11099, https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Report/PDF/2023/IW-Report_2023-Arbeitsmarktfortschreibung.pdf.
25 Bundesmittel: 85 Mrd EUR Zuschuss, zusätzlich weitere 16,9 Mrd. EUR Beiträge für Kindererziehungszeiten, vgl. DRV Rentenatlas 2022, S. 4, https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken-und-Berichte/Rentenatlas/2022/rentenatlas_2022_einnahmen_2021.html.
26 Steinmeyer Gutachten zum 73. DJT, NJW Beilage 2022, 39; Becker JZ 2022, 804; Rolfs NJW 2022, 2717; BMAS Bericht der Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ (2020), Bd. I, S. 16, https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rente/Kommission-Verlaesslicher-Generationenvertrag/bericht-der-kommission-band-1.pdf.
27 Vgl. Nettoersatzquote in europäischen Ländern im OECD-Bericht von 2021, https://read.oecd.org/10.1787/ca401ebd-en?format=pdf.
28 Rentenversicherungsbericht 2022, Übersicht B 8, https://www.bmas.de/DE/Soziales/Rente-und-Altersvorsorge/rentenversicherungsbericht-art.html.
29 Vgl. Rentenversicherungsbericht 2022, Übersicht B 8.
30 DRV Aktuelle Daten 2023, https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken-und-Berichte/statistikpublikationen/aktuelle_daten.html.
31 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und wegen Alters, ggl. DRV Rentenversicherung in Zahlen 2022, S. 38.
32 Vgl. DRV Aktuelle Daten 2023.
33 Dazu Sachverständigenrat Wirtschaft, Jahresgutachten 2020/21, S. 372 ff. https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/jahresgutachten-2020.html, krit. dort Truger, S. 401 ff.
34 Schlegel NZS 2022, 681.
35 BVerfGE 157, 30 = NJW 2021, 1723 Rn. 146, 182 f.
36 G. Kirchhof Intertemporale Freiheitssicherung, 2022, S. 33 ff.; Schlegel NJW 2021, 2085; gegenüber einer Übertragung krit. Sachs DRiZ 2021, 228 (231); abl. Janda ZRP 2021, 149 (152 f.); Spitzlei NZS 2021, 945 (949); bejahend Ruttloff/Freihoff NVwZ 2021, 917 (921).
37 https://www.tagesschau.de/inland/lauterbach-kassenbeitraege-100.html.
38 vdek, https://www.vdek.com/content/dam/vdeksite/vdek/daten/einnahmen-ausgaben/gkv_einnahmen_ausgaben_tabelle.jpg/_jcr_content/renditions/cq5dam.web.1280.1280.jpeg.
39 2021: 16,6 Mrd. EUR, vdek, https://www.vdek.com/content/dam/vdeksite/vdek/daten/d_versorgung_leistungsausgaben/einnahmen_ausgaben_gkv.jpg/_jcr_content/renditions/cq5dam.web.1280.1280.jpeg.
40 vdek https://www.vdek.com/content/dam/vdeksite/vdek/daten/d_versorgung_leistungsausgaben/einnahmen_ausgaben_gkv.jpg/_jcr_content/renditions/cq5dam.web.1280.1280.jpeg.
41 2020: 3,5 Mrd. EUR, 2021: 5 Mrd. EUR, 2023: 2 Mrd. EUR, BMG, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/finanzierung-gkv.html.
42 Bertelsmann-Stiftung Zukünftige Entwicklung der GKV-Finanzierung, 2019, S. 21 ff.
43 Bahnsen/Wild Die zukünftige Entwicklung der GKV-Finanzen WIP-Kurzanalyse, März 2021, S. 7.
44 Stellungnahmen zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: SoVD, 28.9.2022, 9, https://www.bundestag.de/resource/blob/912616/b667236c3863a32352b8424b03a8804e/20_14_0053-33-_Sozialverband-Deutschland_Stellungnahme-GKV_nicht-barrierefrei-data.pdf und DGB, 27.9.2022, S. 5, https://www.bundestag.de/resource/blob/912618/0e7deccfd74a866bccb093f227eec113/20_14_0053-32-_Deutscher-Gewerkschaftsbund_Stellungnahme-GKV_nicht-barrierefrei-data.pdf; vdk, Sozialpolitischer Antrag Nr. 4, S. 6, https://www.vdk.de/deutschland/downloadmime/6498/Sozialpolitischer-Antrag-Nr-04-zum-19.-BVT_Gesundheitsversorgung.pdf.
45 BVerfGE 29, 221 (235 f.) = NJW 1971, 365.
46 Lauterbach lehnt Gebühr für Besuch der Notaufnahme ab, FA 12, 4 (2023), https://www.faz.net/aktuell/politik/notaufnahme-gebuehr-karl-lauterbach-spricht-sich-gegen-idee-aus-18814800.html; Tagesschau vom 12.4.2023, https://www.tagesschau.de/inland/kassenaerzte-gassen-notaufnahme-101.html; Ärzteblatt, Nachrichten vom 12.4.2023, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/142367/Debatte-ueber-Notaufnahmegebuehr-entbrannt.
47 Dazu Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege, Gutachten 2021, 67, https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2021/SVR_Gutachten_2021.pdf; vgl. auch Gassner ZRP 2023, 34 – 37.
48 Breidenbach/Nahrgang Ersatzkasse, 2022, S. 40.
49 BT-Drs. 16/3100, 212.
50 BMF https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/2023-01-27-steuereinnahmen-4-vierteljahr-kalenderjahr-2022.pdf?_blob=publicationFile&v=2.
51 Zu den Kosten des Beitragseinzugs und der weiteren Verfahren: Vereinbarung nach § 28l SGB IV.
52 BDA-Positionspapier, Beitragseinzug bündeln und vereinfachen, vom 27.1.2021.
53 So Dinter NZS 2021, 675 (680); anders BVerfGE 123, 186 (253) = NJW 2009, 2033: kein individueller Sparvorgang, sondern auf kollektiver Risikokalkulation beruhende Kapitalsicherstellung.
54 Vgl. den Hinweis in BVerfGE 186, 265 = NJW 2009, 2033 („Auszehrung“).
55 BMG Zahlen und Fakten zur Pflegeversicherung, S. 4.
56 AOK-Bundesverband https://www.aok-bv.de/hintergrund/dossier/pflege/index_15431.html.
57 Vdek, https://www.vdek.com/presse/daten/f_pflegeversicherung.html.
58 GKV-Spitzenverband, https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_1554304.jsp.
59 Vdek https://www.vdek.com/content/dam/vdeksite/vdek/daten/f_pflegeversicherung/spv_eigenbeteiligung_in_eur_tabelle.jpg.
60 Erst ab einem Jahreseinkommen des Angehörigen von 100.000 EUR, § 94 a SGB XII.
61 §§ 61 ff. SGB XII.
62 Stollmann GesR 2023, 84; vgl. auch Taufer/Fuchs GSP 2022, Nr. 1, 30.
Prof. Dr. Rainer Schlegel: Der Autor ist Präsident des BSG.