Die Rechtsprechung des BGH zum Versicherungsrecht

Die Rechtsprechung des BGH zum Versicherungsrecht

Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung

Vorwort

„Der Versicherungszweig, der in der Praxis des Versicherungswesens als Lebensversicherung bezeichnet wird, umfaßt diejenigen Formen der Kapital- oder Rentenversicherung, bei welchen die Leistung des VR in der Art von dem Leben einer Person abhängig gemacht wird, daß die seitens des VR zu tragende Gefahr aus der Ungewißheit der Dauer dieses Lebens entspringt.“1 Diese vom historischen Gesetzgeber gewählte Umschreibung der Lebensversicherung ist im Prinzip heute noch gültig. Die diese Versicherungsart betreffenden Rechtsstreitigkeiten haben sich allerdings im Laufe der Zeit geändert. In den letzten Jahren hatte sich der IV. Zivilsenat des BGH immer noch mit zahlreichen Verfahren zu der bereits Ende 2007 außer Kraft getretenen Vorschrift des § 5 a VVG a. F. zu befassen, aber auch mit anderen Problemen, wie Bezugsberechtigung und Beteiligung an den Bewertungsreserven. Auch die häufig mit einer Lebensversicherung verbundene, erst im Zuge der VVG-Reform teilweise gesetzlich geregelte Berufsunfähigkeitsversicherung hat den Senat in vielfältiger Hinsicht beschäftigt. Dabei sind einige grundlegende Fragen geklärt worden, etwa zur Befristung des Leistungsanerkenntnisses und zum Nachprüfungsverfahren.

A. Lebensversicherung

I. Bezugsrechtsbestimmung zugunsten des überlebenden Ehegatten

Immer wieder kommt es zum Streit über die Bezugsberechtigung, wenn der VN bei Vertragsschluss oder später angibt, die Versicherungsleistung solle im Todesfall an den überlebenden Ehegatten gezahlt werden. Die Erklärung des VN gegenüber dem VR, im Falle seines Todes solle „der verwitwete Ehegatte“ Bezugsberechtigter der Versicherungsleistung sein, ist auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe und Wiederheirat des VN regelmäßig dahin auszulegen, dass der mit dem VN zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt sein soll2. Eine solche Erklärung kann aber auch – je nach den vom Tatrichter zu würdigenden Umständen des Einzelfalles – anders ausgelegt werden. Für die Auslegung einer Bezugsrechtsbestimmung kommt es darauf an, welchen Willen der VN bei Abgabe dieser Erklärung gegenüber dem VR zum Ausdruck gebracht hat3.

1. Sach- und Streitstand

Der Kl., ein praktischer Arzt, beantragte im Mai 1995 den Abschluss einer so genannten Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung seiner bei ihm angestellten Lebenspartnerin als versicherter Person (im Folgenden: die Versicherte).

Im Oktober 1995 gaben der Kl. und die Versicherte gegenüber dem VR eine vorformulierte Erklärung zum Bezugsrecht ab. Nach deren Inhalt sollte der versicherte Arbeitnehmer sowohl für den Erlebensfall als auch für den Todesfall unwiderruflich bezugsberechtigt sein und die Versicherungsleistung im Todesfall in erster Linie „an den überlebenden Ehegatten“ zu zahlen sein. Anfang November 1995 heirateten der Kl. und die Versicherte. Das Arbeitsverhältnis der Versicherten in der Praxis des Kl. endete im Jahre 2001. Die Ehe wurde 2009 geschieden.

Im Mai 2016 heiratete die Versicherte den Bekl. Sie verstarb im Dezember 2016.

Der VR zahlte die Versicherungsleistung iHv 47.036,78 EUR im April 2017 an den Bekl. aus, da er diesen als bezugsberechtigt ansah.

Der Kl. meinte, er sei bezugsberechtigt gewesen, und nahm den Bekl. unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung auf Auskehrung der Versicherungsleistung in Anspruch.

Das LG gab der Klage, gestützt auf § 816 Abs. 2 BGB, überwiegend statt.

Auf die Berufung des Bekl. wies das OLG4 die Klage ab. Die Bestimmung des Bezugsrechts sei so zu verstehen, dass mit „überlebender Ehegatte“ der Ehemann der Versicherten zum Todeszeitpunkt gemeint sei. Zwar mögen der Kl. und die Versicherte subjektiv angesichts ihrer geplanten und neun Tage später vollzogenen Eheschließung die Vorstellung gehabt haben, hiermit den Kl. zu begünstigen. Das sei dem VR aber nicht erkennbar gemacht worden. Außerdem hätten sich beide gegenüber dem VR niemals als Ehepaar, sondern als Arbeitgeber und Arbeitnehmerin im Rahmen einer Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung erklärt. Bei einer solchen Versicherung liege aus dem objektiven Empfängerhorizont des VR nahe, dass der Arbeitgeber mit der Versicherung zugunsten des Arbeitnehmers soziale Zwecke verfolge und regelmäßig das Versorgungsinteresse der Hinterbliebenen des Arbeitnehmers schützen wolle.

2. Entscheidung des BGH

Nach Hinweis des Senats, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorlägen und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg habe (§ 552 a ZPO), wurde die Revision zurückgewiesen.

Für die Auslegung einer Bezugsrechtsbestimmung kommt es auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung und auf den dem VR gegenüber zum Ausdruck gebrachten Willen des VN an. Hier hatte das Berufungsgericht zur Ermittlung des zum Ausdruck gebrachten Willens auch den Charakter der Versicherung als betriebliche Altersvorsorge berücksichtigt. Gerade wegen dieses Zwecks der Versicherung liegt es ausgesprochen nahe, dass mit dem „überlebenden Ehegatten“ der Ehegatte im Zeitpunkt des Todes der Versicherten gemeint sein sollte, wenn es – wie im Streitfall – im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung einen Ehegatten nicht gibt. Der im Todeszeitpunkt vorhandene Ehegatte kann in einem solchen Fall als Hinterbliebener des Arbeitnehmers angesehen werden, dessen Versorgung durch die Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung auch gesichert werden sollte. Ein abweichender Wille der Versicherten dahin, mit der Bezugsrechtsbestimmung gleichwohl nur eine ganz bestimmte Person, nämlich den Kl., zu begünstigen, weil die Eheschließung mit ihm unmittelbar bevorstand, war für den VR nicht erkennbar5.

II. Übertragung der Versicherungsnehmerstellung oder der Bezugsberechtigung im Erlebensfall

Wird eine Lebensversicherung für den Fall des Todes eines anderen genommen und übersteigt die vereinbarte Leistung den Betrag der gewöhnlichen Beerdigungskosten, ist nach § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG (§ 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F.) zur Wirksamkeit des Vertrags die schriftliche Einwilligung des anderen erforderlich. Das Einwilligungserfordernis zielt darauf ab, die Spekulation mit dem Leben anderer zu unterbinden. Es soll insbesondere der Gefahr entgegenwirken, die sich daraus ergeben kann, dass der VN oder ein sonstiger Beteiligter in der Lage ist, den Versicherungsfall herbeizuführen. Die zu versichernde Person soll sich der Gefährdung bewusst werden und das Risiko abwägen können, das sie mit der Einwilligung auf sich nimmt6. Mit Blick auf den Gesetzeszweck ist § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG nicht entsprechend anwendbar bei Übertragung der Versicherungsnehmerstellung oder der Bezugsberechtigung im Erlebensfall; in diesem Fall bedarf es nicht der Einwilligung der versicherten Person7.

1. Sach- und Streitstand

Die Kl. machten gegen die Bekl. Ansprüche auf Erfüllung und Schadensersatz aus zwei Kapitallebensversicherungen geltend.

Der Großvater der Kl. schloss bei der Bekl. zu 2 in den Jahren 1993 und 1998 zwei Kapitallebensversicherungen mit einer Laufzeit von 20 Jahren und einer Versicherungssumme von 100.000 DM ab. Versicherte Person war die Mutter der Kl. Bezugsberechtigt aus der einen Lebensversicherung war im Todesfall und auch im Erlebensfall die Kl. und aus der zweiten Lebensversicherung der Kl.

Der 2010 verstorbene Großvater der Kl. wurde von seiner Ehefrau, der Bekl. zu 1 (im Folgenden: Großmutter), beerbt. Sie zahlte die Versicherungsprämien zunächst weiter und ließ die Verträge Anfang 2011 beitragsfrei stellen. Ende 2011 gab sie in zwei bei der Bekl. zu 2 eingereichten, mit „Wechsel des VN“ überschriebenen Formularen den Onkel der Kl. als neuen VN an. Dieser sollte auch im Erlebensfall bezugsberechtigt für beide Versicherungen werden; bezugsberechtigt im Todesfall sollten dessen Kinder für jeweils eine der Versicherungen werden. Die Bekl. zu 2 übersandte dem Onkel der Kl. entsprechende Nachträge zu den Versicherungsscheinen.

Die Mutter der Kl. reichte im Juni 2012 ebenfalls zwei Formulare zum „Wechsel des VN“ bei der Bekl. zu 2 ein, die sie selbst als neue VN und Bezugsberechtigte im Erlebensfall für beide Lebensversicherungen vorsahen; als Bezugsberechtigte im Todesfall war jeweils einer der beiden Kl. angegeben.

Der Onkel der Kl. kündigte die Lebensversicherungsverträge Ende Juni 2012. Die Bekl. zu 2 zahlte ihm für die eine Lebensversicherung den Rückkaufswert und für die zweite, zwischenzeitlich abgelaufene Lebensversicherung eine Ablaufleistung aus.

Die Kl. verlangten in erster Linie von den Bekl. Zahlung in Höhe der nach ihrer Berechnung geschuldeten Ablaufleistungen als Versicherungsleistung oder Schadensersatz. Außerdem begehrten sie die Feststellung, dass ihre Mutter VN sei. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos.

Das Berufungsgericht8 hielt die Großmutter zur Übertragung der Versicherungen und zur Änderung der – widerruflichen – Bezugsrechte für berechtigt und verneinte Schadensersatzansprüche der Kl.

2. Entscheidung des BGH

Die Revision führte zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

a) Keinen Erfolg hatte die Revision im Verhältnis zu dem beklagten VR. Gegen diesen standen den Kl. keine Zahlungsansprüche – weder als Versicherungsleistung noch als Schadensersatz – zu, nachdem ihr Onkel als neuer VN die Versicherungsverträge wirksam gekündigt hatte.

aa) Die Großmutter der Kl. hatte die Versicherungsnehmerstellung und die Bezugsberechtigung im Erlebensfall wirksam auf den Onkel der Kl. übertragen. Eine Einwilligung der versicherten Person, der Mutter der Kl., war nicht entsprechend § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG erforderlich.

(1) Diese Vorschrift ist auf spätere Vertragsänderungen nicht unmittelbar anwendbar. Sie erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur den Abschluss des Versicherungsvertrages. Spätere Änderungen, welche diesen Versicherungsvertrag betreffen, können zwar ihrerseits im Vertragswege vorgenommen werden, jedoch wird die bereits bestehende Versicherung auf das Leben des anderen dadurch nicht mehr „genommen“9.

(2) Die streitige Frage, ob § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG auf eine spätere rechtsgeschäftliche Übertragung der Versicherungsnehmerstellung oder der Bezugsberechtigung entsprechend anwendbar ist, hat der Senat dahin beantwortet, dass nur solche Änderungen einwilligungsbedürftig sind, die das Risiko der versicherten Person beeinflussen10.

(a) Dabei hat der Senat auf den erwähnten Zweck des Einwilligungserfordernisses, die Spekulation mit dem Leben anderer zu unterbinden, abgestellt. Die für den Abschluss der Versicherung in unmittelbarer Anwendung von § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG erforderliche Einwilligung muss demgemäß die Umstände umfassen, von denen das Risiko der versicherten Person im Wesentlichen abhängt, nämlich die Höhe der Versicherungssumme, die Person von VN und Bezugsberechtigtem und die Dauer der Versicherung. Die entsprechende Anwendung von § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG auf spätere Änderungen des Versicherungsvertrages oder der Bezugsrechtsbestimmungen reicht mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nur soweit, wie der Gesetzeszweck durch eine solche Änderung betroffen ist. Für das Einwilligungserfordernis maßgeblich ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers das Schutzbedürfnis der versicherten Person. Die Vorschrift ist daher über ihren Wortlaut hinaus anzuwenden, wenn ihr Schutzzweck, jeder Möglichkeit eines Spiels mit dem Leben eines Anderen vorzubeugen, danach verlangt. Bei einer Vertragsänderung bedarf es der erneuten Einwilligung der versicherten Person gemäß § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG analog nur, soweit ihr Risiko beeinflussende Umstände abgeändert werden. Dies ist insbesondere bei allen Änderungen der Fall, die sich darauf auswirken, wer im Versicherungsfall profitiert und in welcher Höhe11.

(b) Folglich bedarf zwar jede gewillkürte Änderung des Begünstigten im Todesfall in entsprechender Anwendung von § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG der Einwilligung der versicherten Person, da eine solche Änderung ihr Risiko betrifft. Daher war hier die Übertragung der Bezugsberechtigung im Todesfall mangels Zustimmung der Mutter der Kl. unwirksam. Um Ansprüche auf die Todesfallleistungen ging es aber nicht. Dagegen ist ein Wechsel des VN als solcher nicht zustimmungspflichtig, da hiermit keine Risikoerhöhung für die versicherte Person verbunden ist. Der Versicherungsanspruch im Todesfall, der dem VN selbst oder einem Bezugsberechtigten zustehen kann, ist getrennt davon zu betrachten. Nur die Übertragung dieses Anspruchs kann eine Spekulation mit dem Leben eines anderen sein. Für das Risiko der versicherten Person ist die Identität des VN dagegen nicht maßgeblich, solange er nicht im Todesfall begünstigt ist. Erst dann, wenn der VN Verfügungen über den Versicherungsanspruch im Todesfall vornimmt, ist dies einwilligungsbedürftig12.

(c) Dementsprechend erfordert auch eine Kündigung des Versicherungsvertrages keine Einwilligung der versicherten Person, da ihre Gefährdung dabei ausgeschlossen ist. Nach dem Schutzzweck der Vorschrift ist es nicht nötig, eine solche Verfügung des VN ohne Zustimmung der versicherten Person zu verhindern, denn wenn der VN die Versicherung auf das Leben eines anderen kündigt, ist eine Spekulation mit dessen Leben ohnehin ausgeschlossen. § 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG dient dagegen nicht dem Schutz des widerruflich Bezugsberechtigten, dessen Bezugsrecht mit einer Kündigung hinfällig wird13.

bb) Der Onkel der Kl. war bei Abgabe seiner Kündigungserklärung VN. Eine Übertragung der Versicherungsnehmerstellung von der Bekl. zu 1 auf die Mutter der Kl. kam danach nicht mehr in Betracht14.

cc) Auch Schadensersatzansprüche der Kl. gegen die Bekl. zu 2 bestanden nicht, da sie mit der Zahlung an den Onkel der Kl. keine Rechte der Kl. verletzt hatte. Nachdem der neue

VN, dem auch der Versicherungsanspruch im Erlebensfall zustand, die Versicherungen gekündigt hatte, war die Bekl. zu 2 aufgrund der Versicherungsverträge verpflichtet, fällige Leistungen an diesen auszuzahlen. Dabei war es ohne Bedeutung, ob der Großvater der Kl. gegenüber der Bekl. zu 2 zum Ausdruck gebracht hatte, dass er die Versicherungssumme den Kl. schenken wolle. Für die Frage, wer gegenüber dem VR bezugsberechtigt ist, ist allein das Deckungsverhältnis zwischen VN und VR entscheidend. Hier war den Kl. im Deckungsverhältnis lediglich ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden; dieses hatte die Großmutter für den Erlebensfall wirksam widerrufen15.

b) Das Berufungsgericht durfte jedoch die Zahlungsklagen der beiden Kl. gegen die Großmutter auf Schadensersatz in Höhe der Ablaufleistungen der Versicherungen nicht mit der gegebenen Begründung abweisen.

aa) Zwar stand den Kl. gegen ihre Großmutter als Erbin kein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung eines auf die Versicherungsleistungen gerichteten Schenkungsversprechens ihres Großvaters zusteht. Ein etwaiges, nicht vollzogene Schenkungsversprechen war wegen Formmangels nichtig (§ 518 Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz1 BGB)16.

bb) Die Versicherungsansprüche waren auch nicht Gegenstand eines formfreien Ausstattungsversprechens iSv § 1624 Abs. 1 BGB. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift können nur Vater oder Mutter ihrem Kind eine Ausstattung zuwenden. Sie erfasst keine Zuwendungen von Großeltern an ihre Enkel17.

cc) Den Kl. stand auch kein Schadensersatzanspruch gegen ihre Großmutter wegen Verletzung einer von ihr begründeten Vertragspflicht zur Übertragung der Versicherungsnehmerstellung zu. Eine entsprechende Vereinbarung wäre ebenfalls ein nach § 518 Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB formnichtiges Schenkungsversprechen, das nicht vollzogen wurde18.

dd) In Betracht kamen aber Schadensersatzansprüche der Kl. gegen ihre Großmutter, weil sie die Erfüllung eines Vermächtnisses zugunsten der Kl., das sie als Erbin beschwerte, schuldhaft unmöglich gemacht haben könnte (§§ 2174, 283 Satz 1, 280 BGB). Nach dem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt hatte der Großvater in einem gemeinschaftlichen Testament als Vermächtnis zu ihren Gunsten bestimmt, dass die Großmutter als Erbin die Prämien der für die Kl. abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge weiter zu zahlen habe. Falls den Kl. ein solcher Vermächtnisanspruch zustand, könnte die Großmutter durch die Übertragung der Versicherungsverträge auf einen anderen VN, der die Verträge anschließend gekündigt hat, die Erfüllung dieses Vermächtnisses vereitelt haben. Dazu musste das Berufungsgericht noch Feststellungen treffen19.

III. Bezugsrechtsänderung zugunsten des Betreuers

Bei einer Lebensversicherung auf den Tod eines anderen erfordert die Änderung der Bezugsberechtigung im Todesfall in entsprechender Anwendung von § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. (§ 150 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG) die schriftliche Einwilligung der versicherten Person. Entsprechend § 159 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. (§ 150 Abs. 2 Satz 2 VVG) kann jedenfalls der für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge bestellte Betreuer der versicherten Person diese bei Erteilung der Einwilligung nicht vertreten, wenn die Bezugsberechtigung zu seinen Gunsten geändert werden soll20.

1. Sach- und Streitstand

Die Kl. nahm den Bekl. auf Rückzahlung von Versicherungsleistungen aus zwei Lebensversicherungen in Anspruch.

Der Sohn des Bekl. (im Folgenden: Betreuter) hatte diese als VN und versicherte Person im Jahr 1989 mit der Rechtsvorgängerin der Kl. (im Folgenden: Kl.) abgeschlossen und seine spätere Ehefrau als Bezugsberechtigte für seinen Todesfall benannt. Im April 1993 fiel er infolge eines Unfalles ins Koma. Der Bekl. wurde zu seinem Betreuer mit den Aufgabenkreisen „Sorge für die Gesundheit des Betroffenen einschließlich der Zustimmung zu ärztlichen Maßnahmen“, „Aufenthaltsbestimmung“, „Vermögenssorge“ sowie „Geltendmachung von Ansprüchen auf Rente, Sozialhilfe und Unterhalt“ bestellt. Die Ehe des Betreuten wurde im August 1994 geschieden.

Mit Schreiben vom Oktober 1994 bat der Bekl. in seiner „Eigenschaft als Betreuer“ die Kl. unter Hinweis auf die Ehescheidung, ihn selbst bei den Lebensversicherungen als bezugsberechtigte Person einzutragen, und erklärte, dass nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres die Tochter des Betreuten bezugsberechtigt sein solle. Die Kl. teilte dem Bekl. mit, ihn als widerruflich bezugsberechtigt vorgemerkt zu haben. Der Betreute verstarb Ende des Jahres 2011. Alleinerbin ist seine Tochter. Auf Antrag des Bekl. zahlte die Kl. die Versicherungsleistungen iHv 27.323,30 EUR an ihn und iHv 42.697,09 EUR an ein Bestattungsinstitut aus, welches nach Abzug der für die Beerdigung des Betreuten angefallenen Kosten 39.499,22 EUR an den Bekl. weiterleitete.

Im Jahr 2013 verlangte die geschiedene Ehefrau des Betreuten von der Kl. die Auszahlung der Versicherungsleistungen. Dem kam die Kl. nach. In der Folge forderte sie den Bekl. mehrfach zur Rückzahlung der ausgezahlten Beträge auf. Der Bekl. behauptete, der Betreute habe seit dem Unfall an einem sogenannten Locked-In-Syndrom gelitten. Er habe durch Augenkontakt mit seiner Umwelt kommunizieren können. Auf diese Weise habe der Betreute ihn mit der Änderung der Bezugsrechte aus den Lebensversicherungen beauftragt.

Das LG wies die ursprünglich auf Zahlung von 70.000 EUR nebst Zinsen gerichtete Klage ab.

Das OLG gab der im Berufungsverfahren etwas erhöhten Klage bis auf einen Teil der Zinsen statt. Es sprach der Kl. die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Der Bekl. habe die Beträge durch Leistungen der Kl. erlangt. Das gelte auch für den Betrag, den die Kl. an das Bestattungsinstitut gezahlt habe, da insoweit eine dem Bekl. zuzurechnende Anweisung vorgelegen habe. Die Leistungen seien ohne Rechtsgrund erbracht worden. Der Bekl. sei nicht Bezugsberechtigter geworden. Die Bezugsrechtsänderung zu seinen Gunsten sei unwirksam, weil der Bekl. nicht vertretungsbefugt gewesen sei. Die Änderung eines Bezugsrechts sei eine Verfügung und ein einseitiges Rechtsgeschäft. Der Bekl. hätte daher gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1812 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 1831 Satz 1 BGB der vorherigen Genehmigung des Betreuungsgerichts bedurft. Auch eine wirksame Vollmacht habe nicht bestanden, weil eine solche in entsprechender Anwendung des § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. schriftlich oder – angesichts der vorgetragenen körperlichen Beeinträchtigung des Betreuten – in notariell beurkundeter Form hätte erteilt werden müssen. Der Bekl. könne nicht damit gehört werden, lediglich als Bote des Betreuten gehandelt zu haben. Die Rückzahlungsansprüche seien nicht aufgrund eines Anerkenntnisses der Kl. ausgeschlossen. Deren Schreiben vom 18.10.1994 könne keine Erklärung entnommen werden, dass sie auf Einwendungen gegen die Bezugsrechtsänderung verzichten wolle. Der Bekl. könne den Ansprüchen nicht gemäß § 242 BGB entgegenhalten, dass die Kl. die zurückgeforderten Beträge alsbald im Wege des Schadensersatzes wieder erstatten müsse.

2. Entscheidung des BGH

Die Revision des Bekl. hatte nur zu einem geringen Teil (hinsichtlich des Zinsanspruchs) Erfolg.

a) Die Kl. konnte den Bekl. gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen.

aa) Der Bekl. hatte diese ohne rechtlichen Grund erlangt. Ihm stand keine Bezugsberechtigung für die Leistungen aus den Lebensversicherungen zu, da er die ursprünglich zugunsten der geschiedenen Ehefrau des Betreuten begründeten Bezugsrechte durch sein Schreiben vom Oktober 1994 nicht wirksam dahin geändert hatte, dass er bezugsberechtigt wurde.

(1) Der Bekl. hatte in seiner Eigenschaft als Betreuer keine Befugnis, die Bezugsberechtigung zu seinen Gunsten zu ändern.

(a) Das folgt allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht daraus, dass der Bekl. hierfür nach § 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung iVm § 1812 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (im Folgenden: BGB a. F.) der vorherigen Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedurft hätte und die Änderung der Bezugsberechtigung ohne eine solche Genehmigung nach § 1831 Satz 1 BGB a. F. unwirksam gewesen wäre. Denn § 1812 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. fand auf den Bekl. in Ermangelung einer anderweitigen Anordnung des Vormundschaftsgerichts gemäß §§ 1908 i Abs. 2 Satz 2, 1857 a, 1852 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. keine Anwendung, da er der Vater des Betreuten war21.

(b) Die Änderung der Bezugsberechtigung war indes jedenfalls aufgrund des Fehlens einer schriftlichen oder notariell beurkundeten Einwilligung des Betreuten unwirksam.

(aa) Eine solche Einwilligung war hier in analoger Anwendung des § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. erforderlich. Diese Vorschrift war hier nicht unmittelbar anwendbar, weil der Bekl. keinen Lebensversicherungsvertrag für den Fall des Todes des Betreuten abgeschlossen hatte22. § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. ist jedoch über seinen Wortlaut hinaus anzuwenden, wenn sein – oben dargelegter – Schutzzweck danach verlangt. Dementsprechend findet § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. analoge Anwendung, wenn die versicherte Person zwar zugleich VN, am Vertragsschluss aber nicht unmittelbar beteiligt ist. Dies ist etwa der Fall, wenn der Lebensversicherungsvertrag durch den Bezugsberechtigten als Vertreter des VN, dessen Leben versichert werden soll, abgeschlossen wird, oder wenn ein solcher VN den Versicherungsantrag blanko unterschreibt23. Nach dem oben genannten Senatsurt. v. 27.6.2018 bedarf jede spätere gewillkürte Änderung des Begünstigten im Todesfall der Einwilligung der versicherten Person, da eine solche Änderung ihr Risiko betrifft. Aus diesem Grund ist § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. auch in der hier in Rede stehenden Konstellation analog anzuwenden. Die von dem Bekl. als Betreuer zu seinen Gunsten vorgenommene Änderung der Bezugsberechtigung für den Todesfall betraf das Risiko des Betreuten, dessen Leben versichert war, weil die Person des Bezugsberechtigten geändert werden sollte24.

(bb) Die danach erforderliche schriftliche Einwilligung des Betreuten lag nicht vor. Dieser selbst erteilte keine solche Einwilligung. Ob der schriftliche Antrag im Schreiben des Bekl. vom Oktober 1994, die Bezugsberechtigung abzuändern, als Einwilligungserklärung im Sinne des § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. zu qualifizieren ist, konnte offenbleiben, da die Erklärung nicht gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB für und gegen den Betreuten wirkte. Der Bekl. konnte als Betreuer den Betreuten insoweit nicht wirksam vertreten. Das folgte im Streitfall jedenfalls aus einer entsprechenden Anwendung des § 159 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. (§ 150 Abs. 2 VVG n. F.), so dass nicht entschieden werden musste, ob die Erteilung einer Einwilligung nach § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. überhaupt in den Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ des Bekl. fiele.

§ 159 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. beschränkt die Vertretungsmacht des Betreuers nach § 1902 BGB a. F. Gemäß § 159 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. kann der VN den anderen bei der Erteilung der Einwilligung unter anderem dann nicht vertreten, wenn für den anderen ein Betreuer bestellt ist und die Vertretung in den seine Person betreffenden Angelegenheiten dem VN zusteht. Wie § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. bezweckt die Bestimmung, die versicherte Person vor der Gefahr zu schützen, die sich daraus ergeben kann, dass der VN oder ein sonstiger Beteiligter in der Lage ist, den Versicherungsfall herbeizuführen. § 159 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. soll sicherstellen, dass der gesetzliche Vertreter der versicherten Person von der Vertretung unter allen Umständen ausgeschlossen ist, wenn er selbst als VN beteiligt ist und daher – in Ermangelung eines anderen Bezugsberechtigten – vom Todesfall profitieren würde. Dieser Schutzzweck gebot es, § 159 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. im Streitfall über seinen Wortlaut hinaus anzuwenden. Der Bekl. wäre durch die wirksame Änderung der Bezugsberechtigung aus den Lebensversicherungen begünstigt worden. Dass er nicht für alle denkbaren, die Person des Betreuten betreffenden Angelegenheiten zu dessen Betreuer bestellt wurde, war nach dem Zweck des § 159 Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. hier unerheblich. Der Bekl. wurde unter anderem mit dem Aufgabenkreis „Sorge für die Gesundheit einschließlich der Zustimmung zu ärztlichen Maßnahmen“ betraut, der im Hinblick auf eine mögliche Spekulation mit dem Leben des Betreuten von besonderer Bedeutung ist25.

(2) Die vom Bekl. in dem Schreiben vom Oktober 1994 erklärte Bezugsrechtsänderung war auch nicht aufgrund einer vom Betreuten rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht wirksam. Dabei konnte offenbleiben, ob ein geschäftsfähiger Betreuter seinem Betreuer überhaupt wirksam Vollmacht erteilen kann und ob sich der Bekl. auf eine Vollmacht stützen könnte, obwohl er die in dem genannten Schreiben enthaltenen Erklärungen ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Betreuer – und nicht: als Bevollmächtigter – abgegeben hatte. Für eine wirksame Bezugsrechtsänderung durch den Bekl. als rechtsgeschäftlicher Vertreter fehlte es zumindest an einer schriftlichen oder notariell beurkundeten Vollmacht des Betreuten. Eine solche war ist im Anwendungsbereich des § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F., der im Streitfall eröffnet war, erforderlich26.

(3) Der Bekl. war kein Bote des Betreuten, weil er die im Schreiben vom Oktober 1994 enthaltenen Erklärungen nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts gegenüber der Kl. in seiner Eigenschaft als Betreuer und somit als gesetzlicher Vertreter des Betreuten abgegeben hatte und sich die Abgrenzung zwischen einem Boten- und einem Vertreterhandeln nicht nach dem Innenverhältnis zum Geschäftsherrn, sondern danach richtet, wie die Mittelsperson nach außen aufgetreten ist27.

bb) Den Rückforderungsansprüchen der Kl. stand nicht entgegen, dass sie die Bezugsrechtsänderung anerkannt hätte. Ihren Schreiben konnte nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts keine Erklärung entnommen werden kann, dass die Kl. auf Einwendungen gegen die Bezugsrechtsänderung verzichten wollte28.

cc) Der Bekl. konnte den Rückzahlungsansprüchen nicht entgegenhalten, dass die Kl. verpflichtet wäre, ihm die zurückgeforderten Beträge im Wege des Schadensersatzes wegen Verletzung einer Hinweispflicht wieder zu erstatten. Die Kl. musste den Bekl. nicht auf das Erfordernis der Einholung einer vormundschaftlichen Genehmigung hinweisen, da eine solche, wie darlegt, nicht erforderlich war. Auch ein Hinweis auf die entsprechend § 159 Abs. 2 VVG a. F. erforderliche schriftliche Einwilligung des Betreuten war nicht geboten. Diese Vorschrift bezweckt den Schutz allein der versicherten Person; der Bekl. als von der Bezugsrechtsänderung potentiell Begünstigter stand außerhalb des Schutzbereichs der Norm29.

b) Das Berufungsgericht hatte der Kl. ganz überwiegend zu Recht Ansprüche auf Zahlung von Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen zugesprochen. Entgegen seiner Auffassung besteht die Zinszahlungspflicht aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB allerdings erst ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag30.

IV. Beteiligung an den Bewertungsreserven

Zur Beteiligung des VN an den Bewertungsreserven hat der zwei Grundsatzentscheidungen getroffen. Das maßgebliche Regelungsgefüge ist kompliziert. Gemäß § 153 Abs. 1 VVG steht dem VN eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen. Nach § 153 Abs. 3 Satz 1 VVG hat der VR die Bewertungsreserven jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursachungsorientierten Verfahren rechnerisch zuzuordnen. Bei der Beendigung des Vertrages wird der für diesen Zeitpunkt zu ermittelnde Betrag zur Hälfte zugeteilt und an den VN ausgezahlt (§ 153 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 VVG). Ferner hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz, LVRG) vom 1.8.2014, in Kraft getreten am 7.8.201431, eine Änderung von § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG vorgenommen. Hiernach bleiben aufsichtsrechtliche Regelungen zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen, insbesondere § 53 c, § 54 Abs. 1 und 2, § 56 a Abs. 3 und 4 sowie § 81 c Abs. 1 und 3 VAG a. F. unberührt. Ab 1.1.2016 lautet die Regelung: „…, insbesondere die §§ 89, 124 Absatz 1, § 139 Absatz 3 und 4 und die §§ 140 sowie 214 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bleiben unberührt.“ Gemäß § 56 a Abs. 3 VAG in der Fassung vom 1.8.2014 (= § 139 Abs. 3 VAG n. F.) sind Bewertungsreserven aus direkt oder indirekt vom Versicherungsunternehmen gehaltenen festverzinslichen Anlagen und Zinsabsicherungsgeschäften bei der Beteiligung der VN an den Bewertungsreserven gemäß § 153 VVG nur insoweit zu berücksichtigen, als sie einen etwaigen Sicherungsbedarf aus den Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie gemäß Absatz 4 überschreiten. Nach § 56 a Abs. 4 Satz 1 und 2 VAG a. F. (= § 139 Abs. 4 Satz 1 und 2 VAG n. F.) ist der Sicherungsbedarf aus den Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie die Summe der Sicherungsbedarfe der Versicherungsverträge, deren maßgeblicher Rechnungszins über dem maßgeblichen Euro-Zinsswapsatz zum Zeitpunkt der Ermittlung der Bewertungsreserven (Bezugszins) liegt. Der Sicherungsbedarf eines Versicherungsvertrages ist die versicherungsmathematisch unter Berücksichtigung des Bezugszinses bewertete Zinssatzverpflichtung des Versicherungsvertrages, vermindert um die Deckungsrückstellung32. Grund für diese Neuregelung war, dass nach Auffassung des Gesetzgebers ein lang anhaltendes Niedrigzinsumfeld mittel- bis langfristig die Fähigkeit der privaten Lebensversicherungsunternehmen bedrohen würde, die den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu erbringen. Die gesetzlichen Vorgaben für Lebensversicherungen seien zu ändern, um ökonomisch ungerechtfertigte Mittelabflüsse zu verhindern. Die Regelungen zur Beteiligung an den Bewertungsreserven seien dahingehend anzupassen, dass die Ausschüttung von Bewertungsreserven an die ausscheidenden Versicherten begrenzt werde, soweit dies zur Sicherung der den Bestandskunden zugesagten Garantien erforderlich sei. Es bestehe ansonsten die Gefahr, dass Vermögen, welches mittel- und langfristig für die Erfüllung der Garantien der Versicherten benötigt werde, kurzfristig abfließe. Solche Mittelabflüsse könnten sich insbesondere durch zu hohe Ausschüttungen an Aktionäre, durch hohe Kosten in den Versicherungsunternehmen oder durch eine ökonomisch inadäquate Bemessung der Überschussbeteiligung zugunsten eines kleinen Teils der ausscheidenden VN, aber zu Lasten der Mehrheit der verbleibenden VN ergeben. Die bestehende Regelung bevorzuge einseitig die Interessen der aktuell aus einem Versicherungsverhältnis Ausscheidenden gegenüber den Interessen derjenigen, deren Versicherungsverträge erst in Zukunft endeten33.

1. Vorbehalt aufsichtsrechtlicher Regelungen

Zunächst hat der Senat entschieden, dass die Bestimmung zum Vorbehalt aufsichtsrechtlicher Regelungen bei der Ermittlung der Bewertungsreserven in § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG nicht verfassungswidrig ist34.

a) Sach- und Streitstand

Der Kl. begehrte die Auszahlung von Bewertungsreserven aus abgetretenem Recht nach Ablauf einer kapitalbildenden Lebensversicherung.

Der VN unterhielt bei der Bekl. seit dem 1.9.1999 eine zum 1.9.2014 planmäßig beendete kapitalbildende Lebensversicherung. Als Versicherungsleistung wurde ein garantiertes Erlebensfallkapital iHv 46.585 EUR vereinbart. Mit Schreiben vom Juli 2014 kündigte die Bekl. dem VN zum Vertragsablauf eine Versicherungsleistung iHv 50.274,17 EUR an, wovon auf die garantierte Versicherungssumme 46.585 EUR, die Überschussbeteiligung 867,82 EUR sowie die Beteiligung an den Bewertungsreserven 2.821,35 EUR entfielen. Hinsichtlich der Beteiligung an den Bewertungsreserven wies die Bekl. darauf hin, dass diese endgültig erst zum Fälligkeitstermin feststünden und gegebenenfalls auch niedriger ausfallen könnten. Im August 2014 teilte die Bekl. dem VN die endgültige Versicherungsleistung iHv 47.601,77 EUR mit. Durch weiteres Schreiben vom Dezember 2014 erläuterte sie ihm dies dahin, dass auf die Bewertungsreserve ein Betrag von 148,95 EUR entfalle.

Der VN trat seine sämtlichen gegen die Bekl. aus dem streitbefangenen Lebensversicherungsvertrag in Betracht kommenden Rechte und Ansprüche an den Kl. ab.

Mit seinem Hauptantrag begehrte der Kl. die Auszahlung des Differenzbetrages zwischen der im Schreiben der Bekl. vom Juli 2014 angegebenen sowie der tatsächlich zur Auszahlung gelangten Bewertungsreserve. Hilfsweise begehrte er Auskunft über die mathematische Berechnung des Anteils der auf den Zedenten entfallenden Beteiligungen an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven einschließlich ihrer Berechnungsgrundlagen sowie anschließend Auszahlung der ihm zustehenden Überschussbeteiligung.

Das AG wies die Klage ab. Das LG wies die Berufung zurück.

Das Berufungsgericht35 verneinte einen Anspruch auf weitere Beteiligung an den Bewertungsreserven. Es hielt die anwendbaren Regelungen des Lebensversicherungsreformgesetzes gemäß § 153 Abs. 3 VVG sowie § 56 a Abs. 3 und Abs. 4 VAG a. F. für verfassungskonform. Auch der hilfsweise geltend gemachte Auskunftsanspruch stehe dem Kl. nicht zu, weil er auf eine im Rahmen von § 242 BGB nicht geschuldete Rechnungslegung gerichtet sei.

b) Entscheidung des BGH

Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

aa) Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen durfte das Berufungsgericht dem Kl. den von ihm mit dem Hauptantrag geltend gemachten Zahlungsanspruch iHv 2.672,40 EUR nicht versagen.

(1) § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG in der Fassung des LVRG ist allerdings nicht verfassungswidrig.

(a) Nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber durch die in Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG enthaltenen objektiv rechtlichen Schutzaufträge verpflichtet, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Versicherten einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung an den durch die Prämienzahlung geschaffenen Vermögenswerten bei der Ermittlung des Schlussüberschusses angemessen beteiligt werden. Der Gesetzgeber ist danach verpflichtet vorzusorgen, dass die durch die Prämienzahlungen im Rahmen der unternehmerischen Entscheidungen des VR geschaffenen Vermögenswerte als Grundlage einer Schlussüberschussbeteiligung einsetzbar sind, soweit sie nicht durch vertragsgemäße Dispositionen, etwa für die Verrechnung mit Abschluss- und laufenden Verwaltungskosten und die Erbringung der vereinbarten Versicherungsleistungen, verbraucht worden sind. Die Effektivität des Grundrechtsschutzes fordert hierbei Maßstäbe und Möglichkeiten einer rechtlichen Überprüfung daraufhin, ob die maßgebenden Vermögenswerte bei der Berechnung des Schlussüberschusses angemessen berücksichtigt worden sind. Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Normen verlangen auch Vorgaben dafür, ob und wie weit stille Reserven bei der Berechnung des Rohüberschusses zu berücksichtigen sind und Querverrechnungen den Schlussüberschuss verringern dürfen36. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe kommt dem Gesetzgeber allerdings ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Von Verfassungs wegen kann die Verletzung einer Schutzpflicht nur im Falle der Evidenz in Betracht kommen, wenn also Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen worden sind, die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben37.

(b) Auf dieser Grundlage ist § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG in der Fassung durch das LVRG nicht verfassungswidrig.

(aa) Zunächst enthält § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG unter dem Gesichtspunkt der Normenbestimmtheit und -klarheit gegenüber der Vorgängervorschrift des § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG a. F., die lediglich bestimmte, dass aufsichtsrechtliche Regelungen zur Kapitalausstattung unberührt bleiben eine präzisere Regelung. Nunmehr wird im Gesetz im Einzelnen geregelt, welche aufsichtsrechtlichen Regelungen zur Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungen unberührt bleiben. Insbesondere wird auf den hier maßgebenden § 56 a Abs. 3 und 4 VAG a. F. (ab 1.1.2016: § 139 Abs. 3 und 4 VAG) verwiesen. Gerichte sind anhand der konkreten Vorgaben der in § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG in Bezug genommenen Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Lage, gegebenenfalls mittels sachverständiger Hilfe die angemessene Beteiligung der VN an den Bewertungsreserven anhand rechtlicher Maßstäbe zu kontrollieren38.

(bb) § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG stellt auch keine unzulässige Rückwirkung dar. Die Norm findet auf alle Lebensversicherungsverträge Anwendung, die – wie im vorliegenden Fall – im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung noch nicht beendet waren. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Der Gesetzgeber muss allerdings, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maße Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu wahren. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszweckes geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt39.

(cc) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen hält die gesetzliche Neuregelung stand. Sie ist Reaktion auf die seit Jahren infolge der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise andauernde Niedrigzinsphase, die mittel- bis langfristig die Fähigkeit privater Lebensversicherer bedrohen kann, die den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu erbringen. So bestand nach Auffassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie Modellrechnungen der Bundesbank die Gefahr, dass zahlreiche VR in Zukunft nicht einmal die vertraglichen Garantieleistungen würden auszahlen können. Um diesen Gefahren zu begegnen, hat der Gesetzgeber an verschiedenen Stellen angesetzt. So wurde § 4 Abs. 4 der Mindestzuführungsverordnung in der Fassung vom 1.8.2014 (gültig bis 31.12.2015) dahingehend geändert, dass die VN mit mindestens 90 % statt wie bislang 75 % an den Risikoüberschüssen zu beteiligen sind. Mit Wirkung zum 1.1.2015 wurde ferner der Höchstzinssatz gemäß § 2 Abs. 1 Deckungsrückstellungsverordnung von 1,75 % auf nunmehr 1,25 % gesenkt. Ebenfalls zum 1.1.2015 wurde gemäß § 4 Abs. 1 Deckungsrückstellungsverordnung der Höchstsatz für die bilanzielle Anrechnung von Abschlusskosten von 4 % auf 2,5 % herabgesetzt, um die Vertriebskosten zu senken. Ferner wurde die Kostentransparenz erhöht, indem der seit 1.1.2015 geltende § 2 Abs. 1 Nr. 9 VVG-InfoV bestimmt, dass bei Lebensversicherungsverträgen, die Versicherungsschutz für ein Risiko bieten, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des VR gewiss ist, die Minderung der Wertentwicklung durch Kosten in Prozentpunkten (Effektivkosten) bis zum Beginn der Auszahlungsphase anzugeben ist. Weiter wurde § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. dahin gefasst, dass ein Bilanzgewinn nur ausgeschüttet werden darf, soweit er einen etwaigen Sicherungsbedarf nach § 56 a Abs. 4 VAG a. F. übersteigt. Schließlich erfolgte die Neuregelung zu den Bewertungsreserven in § 56 a Abs. 3 und 4 VAG a. F. Diese bezieht sich lediglich auf festverzinsliche Anlagen und Zinsabsicherungsgeschäfte, während es bei den übrigen Bewertungsreserven, etwa auf Aktien und Immobilien, bei der hälftigen Beteiligung des VN gemäß § 153 Abs. 3 Satz 2 VVG verbleibt. Auch die Überschussbeteiligung der Versicherten aus realisierten Kapitalerträgen bleibt unberührt40.

(dd) Der Gesetzgeber hat damit insgesamt für eine ausgewogene Regelung Sorge getragen, die sowohl die Interessen der ausscheidenden VN als auch derjenigen, die ihre Verträge noch in der Zukunft fortführen, sowie diejenigen der Anteilseigner berücksichtigt. Hierbei sind die dem Gesetzgeber zukommenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielräume zu beachten. Anhaltspunkte dafür, dass Vorkehrungen gegen eine Verletzung der den Gesetzgeber treffenden Schutzpflicht überhaupt nicht getroffen wurden, die Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel nicht erreichen oder sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben, bestehen nicht. Insbesondere war der Gesetzgeber nicht gehalten, den Interessen der ausscheidenden VN an der ungeschmälerten Beteiligung an den Bewertungsreserven gemäß § 153 Abs. 3 Satz 1 und 2 VVG den Vorrang vor den Interessen der VN zu geben, deren Verträge erst in Zukunft enden. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, der Gesetzgeber sei gehindert, die Feststellung des Schlussüberschusses – respektive hier der Beteiligung an den Bewertungsreserven – ausschließlich am Interesse der oder eines einzelnen Versicherten oder gar an dem Interesse eines aus dem Versicherungsverhältnis Ausscheidenden an der Optimierung der an ihn auszukehrenden Leistung auszurichten. Dies widerspräche dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft und damit des Ausgleichs der verschiedenen, weder im Zeitablauf noch hinsichtlich des Gegenstands stets identischen Interessen der Beteiligten. Von einer einseitigen Benachteiligung der VN durch die Neuregelung kann hier – wie oben im Einzelnen ausgeführt – jedenfalls nicht gesprochen werden41.

Sich für den einzelnen VN ergebende Härten, wie sie hier beim VN angesichts einer ausgezahlten Bewertungsreserve von 148,95 EUR statt der zunächst in Aussicht gestellten 2.821,35 EUR entstehen, führen nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelung. Diese ist vielmehr zur Sicherstellung der dauerhaften Erfüllbarkeit der die VR auch in Zukunft treffenden Verpflichtungen aus Verträgen mit zugesagten Garantiezinsen erforderlich.

Der Gesetzgeber musste aus verfassungsrechtlichen Gründen von der Neuregelung des § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG iVm § 56 a VAG a. F. auch nicht deshalb Abstand nehmen, weil die von den VR versprochenen Zinsgarantien Teil ihres wirtschaftlichen Risikos wären. Hierbei wird übersehen, dass Lebensversicherungsverträge üblicherweise auf längere Zeit, häufig Jahrzehnte, angelegt sind. Kommt es aus im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbaren Umständen, wie hier der langanhaltenden Niedrigzinsphase, die in den Risikobereich keiner der beiden Vertragsparteien fällt, zu nachhaltigen Störungen der Geschäftsgrundlage der Verträge, so ist der Gesetzgeber nicht gehindert, hierauf durch eine gesetzliche Regelung zu reagieren, deren Ziel es ist, den VR auch mittel- und langfristig die Erfüllung der von ihnen den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu ermöglichen.

Auch eine verfassungsrechtlich unzulässige Benachteiligung der VN gegenüber den Aktionären/Gesellschaftern der VR liegt nicht vor. Wie schon oben ausgeführt, darf ein Bilanzgewinn nach der Regelung in § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. nur ausgeschüttet werden, soweit er einen etwaigen Sicherungsbedarf nach Absatz 4 überschreitet. Dies ist erst dann der Fall, wenn der Rechnungszins der Summe der Sicherungsbedarfe der Versicherungsverträge mit Zinsgarantie unter dem maßgeblichen Euro-Zinsswapsatz liegt. Eine Ausschüttung des Bilanzgewinns wird mithin erst im Falle einer – derzeit nicht konkret absehbaren – nachhaltigen Änderung des bisherigen Niedrigzinsumfelds in Betracht kommen42.

(2) Zu Unrecht rügte die Revision ferner die Praxis der Bekl. hinsichtlich der Finanzierung der Bewertungsreserve aus den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung. Hierzu hat der Senat bereits mit Urt. v. 11.2.2015 entschieden und im Einzelnen begründet, dass aus den vom VR zu bildenden Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (§ 56 a und b VAG a. F.) sowohl die Beteiligung an dem Überschuss gemäß § 153 Abs. 2 VVG als auch die Bewertungsreserven gemäß § 153 Abs. 3 VVG zu bilden sind. Hat der VR die Bewertungsreserven nach einem verursachungsorientierten Verfahren ermittelt, sind diese aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattung auszuzahlen43. Die gegen das genannte Urteil des Senats gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte ebenfalls keinen Erfolg44.

bb) Mit Erfolg rügte die Revision, das Berufungsgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob tatsächlich ein Sicherungsbedarf der Bekl. gemäß § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG iVm § 56 a Abs. 3 und 4 VAG a. F. bestanden habe. Der VN ist darlegungs- und beweispflichtig für seine Behauptung, die ihm vom VR bei Vertragsende ausgezahlte Bewertungsreserve sei zu gering und er habe Anspruch auf einen höheren Betrag. Der Kl. machte eine Bewertungsreserve iHv 2.821,35 EUR geltend, wie sie die Bekl. mit Schreiben vom Juli 2014 angekündigt hatte. Die Bekl. hielt dem entgegen, nach dem Inkrafttreten des LVRG bestehe bei ihr gemäß § 153 Abs. 3 VVG iVm § 56 a Abs. 3 und 4 VAG a. F. ein Sicherungsbedarf, der eine Herabsetzung der Bewertungsreserve auf 148,95 EUR rechtfertige. Hierfür traf sie eine sekundäre Darlegungslast. Sie musste im Einzelnen darlegen, dass bei ihr ein entsprechender Sicherungsbedarf bestanden hatte45.

2. Gewinnabführung an die Muttergesellschaft

Die Frage, ob die Gewinnabführung an die Muttergesellschaft aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages unter die Ausschüttungssperre für den Bilanzgewinn gemäß § 56 a abs. 2 Satz 3 VAG a. F. (§ 139 Abs. 2 Satz 3 VAG i. d. F. 1.4.2015) fällt, hat der Senat in einem Fall, in dem es um die Berechnung einer Überschussbeteiligung einer Kapitallebensversicherung ging, verneint46.

a) Sach- und Streitstand

Der Kl. begehrte die Feststellung, dass die Bekl. ihn anlässlich des Ablaufs seiner Versicherung mit einem höheren Anteil an den Bewertungsreserven zu beteiligen hat.

Die Parteien schlossen 1987 einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit zusätzlich jährlich abnehmender Kapitalleistung im Todesfall. Die Versicherung endete zum 1.11.2014. Die Bekl. rechnete den Vertrag ab und zahlte an den Kl. einen Betrag iHv 12.395,39 EUR aus. Hierin ist eine Beteiligung an den Bewertungsreserven (Sockelbetrag) iHv 6.388 EUR enthalten. Ein volatiler Anteil an den Bewertungsreserven war nicht ausgewiesen. Mit Schreiben vom September 2010 hatte die Bekl. in ihrer Standmitteilung an den Kl. noch eine Beteiligung an den Bewertungsreserven iHv 11.310,04 EUR ausgewiesen. Auf dessen Nachfrage erklärte die Bekl., dass durch das Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz; im Folgenden: LVRG) vom 1.8.201447 die auszuzahlende Beteiligung an den Bewertungsreserven zu Lasten der VN begrenzt sei, weil sie einen Sicherungsbedarf errechnet und einbehalten habe.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führte die Bekl. im Geschäftsjahr 2014 aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages Gewinne an die Muttergesellschaft ab.

Der Kl. berief sich darauf, ihm stehe ein höherer Anteil an den Bewertungsreserven zu. Ein Sicherungsbedarf zugunsten der Bekl. bestehe nicht. Die Gewinnabführung an die Muttergesellschaft im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages sei mit der Ausschüttung von Bilanzgewinnen an Aktionäre im Sinne des § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG in der vom 7.8.2014 bis 31.12.2015 geltenden Fassung (im Folgenden: § 56 a VAG a. F.) gleichzusetzen. Der Verstoß gegen die Ausschüttungssperre habe zur Folge, dass die Bekl. dem Kl. die Bewertungsreserven gemäß § 153 Abs. 3 VVG zur Hälfte auszuzahlen habe.

Das LG gab der Klage statt. Das OLG wies sie nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab.

Das Berufungsgericht48 meinte, der Umstand, dass die Bekl. im Jahr 2014 Gewinne an ihre Konzernmutter abgeführt habe, stehe der Annahme eines Sicherungsbedarfs iSv § 56 a Abs. 3 VAG a. F. nicht entgegen. Eine Gewinnabführung an den Mutterkonzern sei bereits einer Ausschüttung im Sinne des § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. nicht gleichgestellt. Die Bekl. habe im Rahmen der sie treffenden sekundären Darlegungslast auch einen Sicherungsbedarf substantiiert dargelegt. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen seien die von der Bekl. vorgelegten Zahlen nach eigenen Berechnungen im Schätzverfahren plausibel und nachvollziehbar.

b) Entscheidung des BGH

Die Revision hatte keinen Erfolg.

aa) Durch die im Jahr 2014 an ihre Muttergesellschaft auf der Grundlage eines bestehenden Vertrages abgeführten Gewinne hatte die Bekl. nicht gegen das Ausschüttungsverbot des § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. (= § 139 Abs. 2 Satz 3 VAG n. F.) verstoßen. Hiernach darf ein Bilanzgewinn nur ausgeschüttet werden, soweit er einen etwaigen Sicherungsbedarf nach Absatz 4 überschreitet. Unter einem Bilanzgewinn iSv § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. ist nur der an die Aktionäre in Form einer Dividende auszuzahlende Gewinn (§ 58 Abs. 4 Satz 1 AktG) zu verstehen, nicht dagegen ein solcher, den ein Lebensversicherer infolge eines Gewinnabführungsvertrages (§ 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AktG) an ein anderes Unternehmen abführt49.

(1) Bei dem aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages abzuführenden Gewinn handelt es sich schon begrifflich nicht um einen Bilanzgewinn. Der Bilanzgewinn in § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. stellt einen technischen Begriff des Bilanzrechts dar. Er errechnet sich aus dem Saldo aus Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag und den Posten nach § 158 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AktG sowie gegebenenfalls noch zusätzlich auszuweisenden Posten bei einer Kapitalherabsetzung. Die Beteiligung der Aktionäre am Bilanzgewinn erfolgt in Form einer Dividende, soweit ihr Anspruch nicht nach dem Gesetz – z. B. nach § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. – ausgeschlossen ist, § 58 Abs. 4 Satz 1 AktG. Der Gewinn einer Tochtergesellschaft, die in einen Gewinnabführungsvertrag eingebettet ist, stellt demgegenüber bilanztechnisch keinen Gewinn dar. Durch einen solchen Vertrag verpflichtet sich eine Aktiengesellschaft (sog. Tochtergesellschaft), ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen (sog. Muttergesellschaft) abzuführen (§ 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 301 AktG). Der an die Muttergesellschaft abzuführende Betrag wird als Verbindlichkeit gegenüber der Konzernmutter auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen und in der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB als Aufwendung verbucht (vgl. Formblatt 3 Ziffer II Nr. 10 der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen; im Folgenden: RechVersV). Demgemäß gelten gemäß § 291 Abs. 3 AktG die Leistungen der Tochter- an die Muttergesellschaft aktienrechtlich nicht als Verstoß gegen ein Ausschüttungsverbot iSv § 58 Abs. 4 Satz 1 AktG.

Die Gewinnabführung an die Muttergesellschaft ist auch nicht strukturell mit der Ausschüttung eines Bilanzgewinns iSv § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. gleichzusetzen. Die errechneten Bewertungsreserven, die zusammen mit der Beteiligung am Überschuss die Überschussbeteiligung bilden (§ 153 Abs. 1 VVG), werden nicht davon berührt, ob das Lebensversicherungsunternehmen einem Gewinnabführungsvertrag unterliegt oder nicht. Die nach § 153 Abs. 3 Satz 1 VVG iVm §§ 54 ff. RechVersV zu ermittelnden Bewertungsreserven stellen zunächst rein rechnerische Posten dar, deren Höhe sich aus dem Unterschied zwischen Buchwert und Zeitwert von Kapitalanlagen ergibt. Sie sind in der Bilanz erst dann als Gewinn ersichtlich und erhöhen den Jahresüberschuss, wenn sie durch ein Umsatzgeschäft realisiert worden sind, § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB50.

(2) Gegen eine Einbeziehung von Gewinnabführungsverträgen in das Verbot der Ausschüttung des Bilanzgewinns gemäß § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. spricht auch die Gesetzgebungsgeschichte. In der Sachverständigenanhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages wiesen zahlreiche Teilnehmer auf die unterschiedliche Behandlung von Dividendenausschüttungen und Gewinnabführungsverträgen hin. Trotz der hieran geäußerten Kritik und der damit verbundenen Forderung zur Einbeziehung von Gewinnabführungsverträgen nahm der Gesetzgeber diese bewusst nicht in den Anwendungsbereich des § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. auf. Bestätigt wird dies durch den Bericht des Bundesministeriums der Finanzen an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur Evaluierung des Lebensversicherungsreformgesetzes vom Juni 2018. Hiernach gilt die Ausschüttungssperre nicht für Lebensversicherungs-Aktiengesellschaften, die aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages ihren Jahresüberschuss abführen müssen51.

(3) Für dieses Verständnis des § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. sprechen schließlich Sinn und Zweck des Gesetzes. Zielsetzung des LVRG war, wie bereits in dem Urt. v. 27.6.201852 dargelegt, die Anpassung der gesetzlichen Vorgaben für Lebensversicherungen an die Risiken eines lang anhaltenden Niedrigzinsumfeldes, die sich in der Bilanz und der Solvabilitätsrechnung der Versicherungsunternehmen nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung zeigen. Vermögen, das mittel- und langfristig für die Erfüllung der Garantien der Versicherten benötigt wird, könnte kurzfristig abfließen, insbesondere durch zu hohe Ausschüttungen an Aktionäre, hohe Kosten in den Versicherungsunternehmen oder eine ökonomisch inadäquate Bemessung der Überschussbeteiligung zugunsten eines kleinen Teils der ausscheidenden VN zu Lasten der Mehrheit der verbleibenden VN. Zum Schutz des Versichertenkollektivs war es daher vorrangiges Ziel des Gesetzgebers, ökonomisch ungerechtfertigte Mittelabflüsse aus dem Vermögen der Lebensversicherer zu unterbinden und so sicherzustellen, dass die Mittel weiterhin zur Erfüllung der Ansprüche der VN zur Verfügung stehen. Dieses Ziel gebietet es nicht, Gewinnabführungsverträge in den Anwendungsbereich des § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. einzubeziehen. Bei bestehendem Sicherungsbedarf kommt es durch Ausschüttungen an Aktionäre zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten endgültigen Mittelabfluss aus dem Vermögen des Lebensversicherungsunternehmens, da die Aktionäre nach Leistung ihrer Einlage (§ 54 Abs. 1 AktG) nicht zu Nachschüssen oder einem Verlustausgleich der Aktiengesellschaft verpflichtet sind. Im Gegensatz dazu korrespondiert der Anspruch der Muttergesellschaft auf Gewinnabführung zwingend mit ihrer Verlustausgleichspflicht gegenüber der Tochtergesellschaft. Die Verlustausgleichspflicht dient gerade der Sicherung der Gesellschaft und ihrer Gläubiger gegen den Verlust ihrer bilanzmäßigen Vermögenssubstanz und stellt damit zugleich die vom LVRG beabsichtigte Erfüllbarkeit der Ansprüche der VN sicher53.

Keinen Erfolg hatte der Einwand der Revision, die Frage, ob ein Sicherungsbedarf nach § 56 a Abs. 3 VAG a. F. bestehe, könne nicht losgelöst davon beantwortet werden, ob die Ausschüttungssperre nach § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. greife. Zwar trifft es zu, dass aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen die Ausschüttung eines Bilanzgewinns unzulässig sein soll, solange die Beteiligung der Versicherten an den Bewertungsreserven wegen eines Sicherungsbedarfs des Lebensversicherungsunternehmens eingeschränkt ist. Das damit verbundene gesetzgeberische Ziel, auf diese Weise sicherzustellen, dass ausscheidende Versicherte und Eigentümer des Versicherungsunternehmens gemeinsam zur Sicherung der Garantien der verbleibenden Versicherten beitragen, wird durch die unterschiedliche Behandlung von Dividendenausschüttungen und Gewinnabführungsverträgen aber nicht beeinträchtigt, sondern durch die mit letzteren verbundene Verlustübernahmepflicht der Muttergesellschaft sogar besser erfüllt54.

Die von den gesetzlichen Neuregelungen verfolgten Ziele sind schließlich nicht deckungsgleich. Dient die in § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG iVm § 56 a Abs. 3 VAG a. F. vorgesehene Koppelung der Beteiligung der VN an den Bewertungsreserven an das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs nach dem Willen des Gesetzgebers entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts primär dem Interessenausgleich der in einer Risikogemeinschaft verbundenen Versicherten, soll durch die Einführung einer Ausschüttungssperre in § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. vor allem erreicht werden, dass keine Mittel aus dem Unternehmen abfließen, die bei unveränderten Kapitalmarktzinsen für die Erfüllung der Versicherungsverträge benötigt werden. Letzteres ist nach dem oben Gesagten bei Gewinnabführungsverträgen wegen der Verlustausgleichspflicht der Muttergesellschaft gegenüber der Tochtergesellschaft gerade nicht der Fall55.

bb) Zu Unrecht rügte die Revision ferner, bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages könne denknotwendigerweise kein Sicherungsbedarf gemäß § 56 a Abs. 4 VAG a. F. entstehen. Bei dem Sicherungsbedarf handelt es sich um die Gegenüberstellung zweier Deckungsrückstellungen, zum einen der handelsrechtlich zu bildenden Deckungsrückstellung und zum anderen der Deckungsrückstellung, die sich aus der versicherungsmathematisch unter Berücksichtigung des Bezugszinses bewerteten Zinssatzverpflichtung ergibt. Der Betrag, um den diese hypothetische Deckungsrückstellung die handelsrechtliche übersteigt, stellt den Sicherungsbedarf des jeweiligen Versicherungsvertrages dar, die Summe aller so einzelvertraglich ermittelten Sicherungsbedarfe den abziehbaren Sicherungsbedarf nach § 56 a Abs. 4 VAG a. F. In Höhe des Sicherungsbedarfs werden die im Kollektiv verbleibenden Bewertungsreserven zur Finanzierung der Zinszusatzreserve und damit zur Finanzierung der Deckungsrückstellung für die garantierten Versicherungsleistungen benötigt.

Der Sicherungsbedarf wird bilanziell nicht erfasst. Er wird in seiner Berechnung von einem bilanziellen Gewinn oder Verlust der Tochtergesellschaft und dessen Abführung oder Ausgleich mithin nicht beeinflusst. Die Verlustübernahmepflicht der Muttergesellschaft ergibt sich demgegenüber aus dem vom Tochterunternehmen bilanziell ausgewiesenen Jahresfehlbetrag im Rahmen der Gewinnverwendung. Die Verlustübernahme bezieht sich auf den sonst bei der Konzerntochter entstehenden Jahresfehlbetrag iSv § 341 a Abs. 2 Satz 2 HGB iVm § 2, Formblatt 3 Ziffer II Nr. 11 RechVersV, wie er auszuweisen wäre, wenn ihm nicht der Anspruch gegen die Konzernmutter gegenüberstände56. Mithin haben die Abführung des Bilanzgewinns aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages und umgekehrt der Ausgleich eines Jahresfehlbetrages durch die Konzernmutter keinen Einfluss auf die Höhe des Sicherungsbedarfs. Er ist hinsichtlich seiner Berechnung von einem bilanziellen Gewinn oder Verlust genauso unabhängig wie von der Höhe der Bewertungsreserven. Auch aus der Gesetzgebungsgeschichte lässt sich nicht herleiten, dass der Gesetzgeber den abzuführenden Gewinn im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages bei der Ermittlung des Sicherungsbedarfs gemäß § 56 a Abs. 4 VAG a. F. berücksichtigt wissen wollte. Dies ergibt sich weder aus dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages noch aus dem Evaluierungsbericht. Die Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren betrafen vielmehr hauptsächlich die Frage, ob Gewinnabführungsverträge unter § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. fallen (sollen), was – wie gezeigt – nicht der Fall ist.

cc) Die Nichtberücksichtigung von Gewinnabführungsverträgen in § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. ändert nichts an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung. Die Gewinnabführung an eine Muttergesellschaft unterscheidet sich wegen der mit ihr verbundenen Verlustübernahmepflicht hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die vom Gesetzgeber angestrebte Fähigkeit der Lebensversicherer zur Sicherstellung der Erfüllbarkeit der den Versicherten gegebenen Garantiezusagen grundlegend von der mit einem endgültigen Mittelabfluss verbundenen Ausschüttung an Aktionäre. Durch das Verbot der Ausschüttung des Bilanzgewinns soll sichergestellt werden, dass ausscheidende Versicherte und Eigentümer des Versicherungsunternehmens in gleicher Weise zur Sicherung der Garantien der verbleibenden Versicherten beitragen.

Daher ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, im Falle eines Sicherungsbedarfs nach § 56 a Abs. 4 VAG a. F. gegenüber den Aktionären die Ausschüttung eines Bilanzgewinns gemäß § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. zu untersagen, nicht aber die Gewinnabführung an die Muttergesellschaft, die – anders als der Aktionär – dem Tochterunternehmen im Verlustfalle wirtschaftlich zur Seite steht und Mittel zuführt. Die Verlustübernahmepflicht schützt die Lebensversicherungsunternehmen und trägt dazu bei, dass die den Versicherten garantierten Leistungen im Niedrigzinsumfeld erfüllt werden können. Durch sie wird gegenüber § 56 a Abs. 2 Satz 3 VAG a. F. eine noch höhere Sicherungsstufe erreicht. Zusätzlich wird die Fähigkeit der Unternehmensgruppe zur Kapitalaufnahme gestärkt, da die Muttergesellschaft für die Gesamtgruppe als Nachfrager nach zusätzlichem Eigenkapital auf den Kapitalmärkten auftritt. Auch hiervon profitiert das Versichertenkollektiv während der Laufzeit des Gewinnabführungsvertrages57.

Schon bisher entsprach es überdies der ständigen Praxis der BaFin, dass zum Schutz des Versichertenkollektivs Aufhebungen und Kündigungen von Gewinnabführungsverträgen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde bedürfen. Dem ist nunmehr auch der Gesetzgeber gefolgt und hat gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 VAG mit Wirkung zum 16.7.2019 ausdrücklich eine entsprechende Genehmigungspflicht eingeführt und damit die aufsichtsrechtliche Kontrolle der Gewinnabführungsverträge auch durch gesetzliche Regelungen verstärkt58.

dd) Nicht auf Rechtsfehlern beruhte schließlich die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Bestehen eines Sicherungsbedarfs der Bekl. gemäß § 153 Abs. 3 Satz 3 VVG iVm § 56 a Abs. 3 und 4 VAG a. F. Es hatte rechtsfehlerfrei angenommen, die Bekl. habe ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Die Bekl. hatte die zur Ermittlung ihres Sicherungsbedarfs relevanten Berechnungsgrundlagen vorgetragen. Das Berufungsgericht hatte hiernach Beweis erhoben über die Behauptung des Kl., die Bewertungsreserven hätten zum Stichtag 17.9.2014 den Sicherungsbedarf der Bekl. überschritten. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen waren die von der Bekl. vorgelegten Zahlen nach seinen Berechnungen im Schätzverfahren plausibel und nachvollziehbar. Er sah nach dem ihm möglichen Einblick in die Berechnungsgrundlagen keine Anhaltspunkte dafür, dass die offengelegten Zahlen des Deckungskapitals, der Bewertungsreserven, der Bewertungsreserven aus festverzinslichen Anlagen und der Zinsunterschiede zwischen Rechnungs- und Bezugszins fehlerhaft seien. Ebenso bestätigte er aus eigener Sachkunde und Berechnung den von der Bekl. zugrunde gelegten Bezugszins. Auf dieser Grundlage hatte sich das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Überzeugung gebildet, die Bekl. habe einen entsprechenden gerichtlich überprüfbaren Sicherungsbedarf dargelegt59.

V. Widerspruch nach § 5 a VVG a. F.

Mit Streitigkeiten über Bereicherungsansprüche nach einem Widerspruch gemäß § 5 a VVG a. F. ist der IV. Zivilsenat mehr als 14 Jahre nach Außerkrafttreten dieser Vorschrift noch in vielfältiger Hinsicht befasst. Grundsatzentscheidungen sind allerdings in letzter Zeit nicht getroffen werden.

Genannt seien nur zwei Entscheidungen, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausreicht.

1. Streitwert

Die – auch für die Rechtsmittelbeschwer relevante – Frage, wie der Streitwert zu bemessen ist, hat der Senat dahin entschieden, dass der Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen ist60.

a) Sach- und Streitstand

Der Kl. forderte von der Bekl. nach einem Widerspruch gegen das Zustandekommen einer im Jahr 2000 nach dem sogenannten Policenmodell des § 5 a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5 a VVG a. F.) abgeschlossenen fondsgebundenen Lebensversicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 BGB die Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge sowie die Herausgabe von Nutzungen, die die Bekl. aus den Beiträgen gezogen haben soll.

Nachdem der Kl. den Versicherungsvertrag zunächst gekündigt und die Bekl. daraufhin den Rückkaufswert ausgezahlt hatte, erklärte der Kl. im Jahr 2015 den Widerspruch des Vertrages. Er meinte, das Widerspruchsrecht habe zum Zeitpunkt der Erklärung noch bestanden, weil die Widerspruchsfrist gemäß § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. nicht zu laufen begonnen habe und § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. nicht anwendbar sei.

Der Kl. hat die bereicherungsrechtliche Forderung auf 4.316,21 EUR beziffert und so berechnet, dass er von der Summe der gezahlten Versicherungsbeiträge einen Risikoanteil, den erhaltenen Rückkaufswert sowie Fondsverluste abgezogen und Nutzungen iHv 3.728,39 EUR hinzugerechnet hat.

Das AG wies die Klage wegen Verwirkung ab und setzte den Streitwert auf 4.316,21 EUR fest.

Das LG verwarf die Berufung des Kl., weil die Beschwer 600 EUR nicht übersteige; der Streitwert sei auf 587,82 EUR festzusetzen. Der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen werde als Nebenforderung im Sinne des § 4 ZPO geltend gemacht, da der Rückkaufswert nach den Tarifbedingungen der Lebensversicherung nicht die Beitragsanteile enthalten könne, aus denen die Bekl. nach dem Vortrag des Kl. die Nutzungen gezogen haben soll. Diese Beitragsanteile seien folglich im klägerischen Antrag enthalten und der Nutzungsherausgabeanspruch bei der Berechnung des Streitwerts daher nicht zu berücksichtigen.

b) Entscheidung des BGH

Die Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes der Berufung betrug 4.316,21 EUR und überstieg damit die Wertgrenze von 600 EUR (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), weil der vom Kl. geltend gemachte Nutzungsherausgabeanspruch im Streitfall nicht als Nebenforderung im Sinne des § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO zu qualifizieren war.

Verlangt ein VN gestützt auf einen Widerspruch nach § 5 a VVG a. F. die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages, ist ein in diesem Rahmen geltend gemachter Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO.

Die Vorschrift bezweckt eine praktische, einfache und klare Wertermittlung, da von der Wertfestsetzung die sachliche Zuständigkeit der Gerichte und die Zulässigkeit von Rechtsmitteln abhängt. Dieser Zweck einer Vereinfachung der Berechnung würde verfehlt, wenn es in Fällen der vorliegenden Art für die Streitwertermittlung darauf ankäme, ob und in welchem Umfang der eingeklagte Nutzungsherausgabeanspruch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem weiter geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Versicherungsbeiträge steht, von diesem also sachlich rechtlich abhängt. Dies kann hier von Fall zu Fall insbesondere danach variieren, mit welchem der Ansprüche der an den VN typischerweise ausgezahlte Rückkaufswert in welcher Höhe zu verrechnen ist. Hierfür kommt es nicht nur darauf an, wie die Frage nach der Verrechnung des Rückkaufswerts abstrakt-generell zu beantworten ist61. Es bestimmt sich auch nach den Umständen des Einzelfalles, deren rechtliche Bewertung unterschiedlich ausfallen kann.

Auf dieser vielschichtigen Grundlage wäre es für die Parteien in derartigen Prozessen häufig kaum möglich, im Vorhinein zu erkennen, welches Gericht sachlich zuständig ist und ob ein Rechtsmittel zulässigerweise eingelegt werden kann, wenn die volle oder teilweise (Nicht-)Berücksichtigung des Nutzungsherausgabeanspruchs insofern zu unterschiedlichen Ergebnissen führte; die insbesondere auch in ihrem Interesse gebotene praktische, einfache und klare Wertermittlung wäre nicht mehr gewährleistet. Der § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO zugrunde liegende Vereinfachungsgedanke spricht daher entscheidend dafür, den Nutzungsherausgabeanspruch des VN in Fällen der vorliegenden Art unabhängig von den Umständen des Einzelfalles bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen62.

2. Falschangabe über Zugehörigkeit des VR zu einem Sicherungsfonds

Wenn die dem VN bei Abschluss eines Rentenversicherungsvertrags ausgehändigte Verbraucherinformation die – unzutreffende – Angabe enthält, der VR gehöre keinem Sicherungsfonds an, ist der auf diesen Umstand gestützte Widerspruch des VN rechtsmissbräuchlich63.

a) Sach- und Streitstand

Der Kl. nahm die Bekl. – auf Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrages und Herausgabe von Nutzungen aus ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch.

Die Rentenversicherung wurde aufgrund eines Antrags des Kl. mit Versicherungsbeginn zum 1.12.2004 nach dem so genannten Policenmodell des § 5 a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden: § 5 a VVG a. F.) abgeschlossen. In der Verbraucherinformation nach § 10 a Abs. 1 VAG a. F. wurde die Frage, ob es für den Fall, dass ein deutscher Lebensversicherer insolvent werde, einen Garantiefonds oder eine sonstige Entschädigungsregelung gebe, verneint und angegeben, es gebe jedoch die P. Lebensversicherungs-AG, die von den deutschen Lebensversicherern gegründet worden sei, um Verträge in Not geratener Gesellschaften zu übernehmen und fortzuführen.

Mit Schreiben vom September 2017 erklärte der Kl. den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Vertrages, hilfsweise die Kündigung. Die Bekl. wies den Widerspruch zurück und zahlte einen Rückkaufswert an den Kl. aus.

Mit der Klage verlangte der Kl. von der Bekl. Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge und Herausgabe von Nutzungen abzüglich des Rückkaufswertes, insgesamt 4.165,03 EUR, sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten jeweils nebst Zinsen.

Nach seiner Auffassung war der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil er noch im Jahr 2017 den Widerspruch rechtzeitig erklärt habe. Die Widerspruchsfrist sei nicht in Gang gesetzt worden, da die Widerspruchsbelehrung nicht ordnungsgemäß und die Verbraucherinformation hinsichtlich der Angabe zum Nichtbestehen eines Sicherungsfonds falsch sei. Das AG wies die Klage ab, das LG wies die hiergegen gerichtete Berufung zurück. Das Berufungsgericht verneinte Ansprüche des Kl. auf Prämienrückerstattung und Herausgabe von Nutzungen aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Widerspruchsbelehrung sei formell und auch inhaltlich ordnungsgemäß. Die Verbraucherinformation sei nicht unvollständig. Wenn tatsächlich ein Sicherungsfonds vorhanden gewesen sei, enthielte die Verbraucherinformation eine Falschangabe, die aber kein Widerspruchsrecht auslöste. Das Fehlen einer Information, die offenkundig für die Entscheidung, sich vertraglich zu binden, keine Rolle spielen könne, sei unschädlich.

b) Entscheidung des BGH

Die Revision war unbegründet. Der Kl. konnte den Widerspruch nicht noch im Jahr 2017 wirksam erklären.

aa) Der Beginn der hier maßgeblichen, in § 5 a Abs. 1 Satz 2 VVG a. F. bestimmten 30-tägigen Widerspruchsfrist setzt gemäß § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. voraus, dass dem VN der Versicherungsschein und die Unterlagen nach § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F., darunter die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a. F., vollständig vorliegen und er ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist. Beide Voraussetzungen waren hier erfüllt.

bb) Ein Widerspruchsrecht des ordnungsgemäß belehrten Kl. folgte nicht aus der Angabe in der Verbraucherinformation, für den Fall der Insolvenz eines deutschen Lebensversicherers gebe es keinen Garantiefonds und keine sonstige Entschädigungsregelung, obwohl alle Lebensversicherer nach § 124 Abs. 1 VAG a. F.64 verpflichtet waren, einem Sicherungsfonds anzugehören, der dem Schutz der Ansprüche ihrer VN, der versicherten Personen, Bezugsberechtigten und sonstiger aus dem Versicherungsvertrag begünstigter Personen diente65.

(1) Dahinstehen konnte, ob eine Verpflichtung eines Lebensversicherers zur Information über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds mit der hier einschlägigen Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.11.2002 über Lebensversicherungen66 unvereinbar ist. Weiterhin konnte offenbleiben, ob von der Bekl. verlangt werden konnte, ihre dem Kl. unter dem 21.12.2004 übersandte Verbraucherinformation kurzfristig anzupassen, und ob eine Mitteilung über die Zugehörigkeit zu einem Sicherungsfonds nicht möglich war, solange er tatsächlich noch nicht existierte. Selbst wenn die dem Kl. überlassene Verbraucherinformation inhaltlich unzutreffend und unvollständig war, weil sie eine Zugehörigkeit des VR zu einer Einrichtung zur Sicherung der Ansprüche von Versicherten (Sicherungsfonds) verneinte (vgl. Abschnitt I Nr. 1 Buchst. i) der Anlage Teil D zum VAG a. F.), ergab sich daraus kein (fortbestehendes) Widerspruchsrecht des Kl.67.

(2) Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist rechtsmissbräuchlich iSv § 242 BGB, wenn hiermit eine bloß formal bestehende Rechtsposition ohne schutzwürdiges Eigeninteresse des VN ausgenutzt wird. Die Gewährung eines Widerspruchsrechts ist kein Selbstzweck. Kein Widerspruchsrecht besteht, wenn die vollständige und zutreffende Information ihrer Art nach dem VN keinen Anlass hätte geben können, vom Abschluss des Vertrages abzusehen, weil sie ihn im Vergleich mit der unvollständigen bzw. unzutreffenden Information begünstigt. Der Kl. verfolgte mit der Ausübung des Widerspruchsrechts kein schützenswertes Eigeninteresse; er berief sich vielmehr nur auf eine formale Rechtsposition. Die vollständige und zutreffende Information über die Verpflichtung der Bekl. zur – von der Aufsichtsbehörde überwachten (§ 125 VAG a. F.) – Zugehörigkeit zu einer Einrichtung zur Sicherung der Ansprüche von Versicherten (Sicherungsfonds) hätte einem Interessenten schon ihrer Art nach keinen Anlass geben können, vom Vertragsschluss abzusehen, weil es sich um eine für ihn ausschließlich vorteilhafte Einrichtung handelt68.

cc) Die Frage, ob das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union unvereinbar ist, war hier nicht entscheidungserheblich. Auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells ist es dem ordnungsgemäß belehrten Kl., der sich aus den genannten Gründen nicht auf eine etwaige Unvollständigkeit bzw. Unrichtigkeit der Verbraucherinformation berufen kann, nach Treu und Glauben verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten69.

B. Berufsunfähigkeitsversicherung

I. Versicherung für fremde Rechnung

Auch in der Berufsunfähigkeitsversicherung sind VN und versicherte Person nicht zwangsläufig identisch. So kann etwa ein Elternteil – wie in einem vom IV. Zivilsenat entschiedenen Fall70 – eine Berufsunfähigkeitsversicherung für ein minderjähriges Kind abschließen. Bei einer solchen Konstellation bedarf es zunächst einer Abgrenzung zwischen einer Eigenversicherung des VN, bei der die versicherte Person lediglich Gefahrperson ist, und einer Versicherung für fremde Rechnung. Im Leistungsfall ist dann zu klären, wem die Leistungen im Innenverhältnis zustehen.

1. Sach- und Streitstand

Der Kl., der als überörtlicher Sozialhilfeträger der Tochter des Bekl. Leistungen nach SGB XII gewährte, machte gegen den Bekl. aus übergeleitetem Recht seiner Tochter Ansprüche geltend.

Der Bekl. schloss im Jahr 2002 als VN eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Der Versicherungsschein, in dem die damals siebzehnjährige Tochter des Bekl. als „versicherte Person“ bezeichnet war, wies die bei Berufsunfähigkeit monatlich zu zahlende Rente unter der Überschrift „Leistungen für [die Tochter des Bekl.]“ aus. Weiter hieß es im Versicherungsschein, dass ein „Bezugsrecht“ als vereinbart gelte, nach dem die Versicherungsleistung im Erlebensfall an die versicherte Person zu zahlen sei.

Im Mai 2009 stellte der VR mit Wirkung zum November 2006 die Berufsunfähigkeit der Tochter des Bekl. fest. Nachdem er die Versicherungsleistungen zunächst an diese und später an den Kl. erbracht hatte, zahlte der VR die Berufsunfähigkeitsrente ab März 2013 an den Bekl. aus.

Mit Bescheid vom April 2016 leitete der Kl. gemäß § 93 SGB XII „den Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung bzw. den Auskehranspruch aus dem versicherungsrechtlichen Treuhandverhältnis ab 1.3.2013 von [der Tochter des Bekl.] gegen [den Bekl.] in Höhe der Versicherungsleistung von mtl. EUR 1.224,80 bzw. in der jeweiligen Höhe auf sich über“.

Mit der Ende 2016 eingereichten Klage verlangte der Kl. von dem Bekl. Zahlung von insgesamt 56.340,80 EUR für die Monate März 2013 bis Dezember 2016 (46 x 1.224,80 EUR) nebst Zinsen.

Der Bekl. machte geltend, das Bezugsrecht seiner Tochter zwischenzeitlich widerrufen zu haben. Ferner erhob er die Verjährungseinrede.

In den Vorinstanzen war die Klage erfolglos. Das Berufungsgericht verneinte einen Bereicherungsanspruch der Tochter des Bekl. gegen diesen ebenso wie einen Auskehrungsanspruch aus einem versicherungsrechtlichen Treueverhältnis oder Ansprüche aus einem Ausstattungsversprechen gemäß § 1624 Abs. 1 BGB. Es legte den Versicherungsvertrag dahin aus, dass es sich nicht um einen Vertrag für fremde Rechnung handele.

2. Entscheidung des BGH

Die Revision führte zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Der Tochter des Bekl. stand gegen diesen ein Auskehrungsanspruch zu, den der Kl. auf sich übergeleitet hatte.

a) Für die Abwicklung des in der Person der Tochter des Bekl. eingetretenen Versicherungsfalles war gemäß Art. 1 Abs. 2 EGVVG das Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung (im Folgenden: VVG a. F.) anzuwenden, da der Versicherungsfall, die Berufsunfähigkeit der Versicherten, im Jahre 2006 eingetreten war71.

b) Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht das Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung und das Bestehen eines daraus folgenden Auskehrungsanspruchs aus einem zwischen der Versicherten und dem VN bestehenden Treuhandverhältnis verneint.

Die tatrichterliche Auslegung des Vertragsinhalts war hier ausnahmsweise für das Revisionsgericht nicht bindend, weil wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden war. Die Versicherung eines fremden Interesses ergab sich aus dem Inhalt des Vertrages, nach dem als Gegenstand der Versicherung durch die Bestimmung der versicherten Person der Schutz der Tochter des Bekl. vor gesundheitsbedingten Einbußen ihrer Fähigkeit, die bisherige Erwerbstätigkeit auszuüben, und eben nicht der entsprechende Schutz des VN vereinbart war. Diesen Vertragsinhalt hatte das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung nicht hinreichend beachtet72.

aa) Für die Abgrenzung zwischen einer Eigenversicherung des VN, in der die versicherte Person lediglich Gefahrsperson ist, und einer Versicherung für fremde Rechnung kommt es entscheidend auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen und die nach diesen Vereinbarungen geschützten Interessen an.

(1) Dabei bleibt es den Parteien des Versicherungsvertrages zwar überlassen, die Rechtsstellung der versicherten Person näher zu bestimmen, und es kann danach die Einbeziehung eines Dritten in den Versicherungsschutz auch als reine Eigenversicherung des VN gewollt sein. Davon ist auszugehen, wenn dieser sich nur gegen eigene wirtschaftliche Einbußen schützen will, die für ihn mit dem Eintritt des Versicherungsfalles verbunden sind. In einem solchen Fall bleibt die versicherte Person nur Gefahrsperson, der aus dem Versicherungsvertrag keine eigenen Rechte erwachsen. Eine Versicherung für fremde Rechnung liegt aber vor, wenn mit dem Vertrag ausschließlich oder jedenfalls neben dem Eigeninteresse des VN auch das eigene Interesse der versicherten Person versichert werden soll. Hier sollen der versicherten Person, soweit ihr Interesse versichert ist, direkt aus dem Versicherungsvertrag Versicherungsleistungen zugewendet werden. In einem solchen Fall liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter iSv § 328 Abs. 1 BGB vor. Soweit die Versicherung daneben möglicherweise auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse des VN, im Streitfall z. B. wegen denkbarer Ersparnis von Unterhaltsleistungen, gelegen haben kann, schließt das zusätzliche Vorhandensein eines solchen Interesses das Bestehen einer Fremdversicherung nicht aus73.

(2) In der Berufsunfähigkeitsversicherung, in der versichertes Interesse regelmäßig der Schutz des Versicherten vor gesundheitsbedingten Einbußen seiner Fähigkeit, die bisherige Erwerbstätigkeit auszuüben, und den damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken und Statusverlusten ist, ist die Frage, ob der Versicherte lediglich als Gefahrsperson oder aber als Versicherter im Sinne des § 43 Abs. 1 VVG bzw. § 74 Abs. 1 VVG a. F. zu betrachten ist, in der Vergangenheit vor allem beim Abschluss derartiger Versicherungen durch den Arbeitgeber der versicherten Person diskutiert worden. Dabei ist vornehmlich danach differenziert worden, ob die Versicherung vom Arbeitgeber zur Rückdeckung einer Versorgungszusage und aus diesem Grunde ausschließlich im Eigeninteresse genommen war oder ob auch das Interesse des Versicherten an der Erfüllbarkeit der Pensionsverpflichtung seines Arbeitgebers gesichert werden sollte74.

bb) Nach diesen Maßstäben, die in gleicher Weise beim Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen zugunsten naher Familienangehöriger zugrunde zu legen sind, lag im Streitfall eine Versicherung für fremde Rechnung vor. Bei der Absicherung von Familienmitgliedern vor den Folgen gesundheitlicher Beeinträchtigungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese nur im Interesse des VN liegt, mögen diese Beeinträchtigungen auch wegen unterhaltsrechtlicher Pflichten finanzielle Folgen für ihn haben. Dies hat der Senat bereits für die private Krankenversicherung entschieden und insoweit ausgeführt, dass die mitversicherte Ehefrau nicht nur als Gefahrsperson einer allein im Eigeninteresse ihres Ehemannes abgeschlossenen Versicherung anzusehen ist. Eine solche Sichtweise rückte alleine die Unterhaltsverpflichtung des VN in den Vordergrund; dessen Interesse zielt aber – für den VR erkennbar – generell nicht lediglich darauf, Vorsorge für einen bei Krankheit des Versicherten drohenden Unterhaltsanspruch zu treffen. Das ist für eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit naher Familienangehöriger, denen der VN unterhaltspflichtig werden könnte, nicht anders zu beurteilen. Nicht entscheidend ist, ob der Familienangehörige einen wirtschaftlichen Beitrag zu einem gemeinsamen Haushalt leistet. Im Streitfall gilt dies umso mehr im Hinblick auf die Laufzeit der Versicherung bis zum 60. Lebensjahr der Tochter des Bekl. Dass Letzterer sich auch für diesen Zeitraum ausschließlich gegen etwaige gegen ihn gerichtete Unterhaltsansprüche absichern wollte, lag fern75.

c) Auf die streitgegenständliche Versicherung fanden die §§ 74 ff. VVG a. F. entsprechende Anwendung, wodurch ein Auskehrungsanspruch des Versicherten gegen den VN begründet wurde.

aa) Zwar stehen die §§ 74 ff. VVG a. F. im Abschnitt über die Schadensversicherung, während es sich bei der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht um eine Schadensversicherung, sondern um eine hiervon zu unterscheidende Summenversicherung handelt; sie steht aber inhaltlich einer Schadensversicherung so nahe, dass eine entsprechende Anwendung der §§ 74 ff. VVG a. F. gerechtfertigt ist76.

(1) Der Senat hat bereits ausdrücklich die Auffassung des OLG Hamm gebilligt, das zur Krankentagegeldversicherung entschieden hatte, bei der Versicherung der Ehefrau des VN habe es sich zwar um eine Versicherung für fremde Rechnung gehandelt und diese sei auch Summenversicherung und keine Schadensversicherung, habe aber wirtschaftlich den Charakter einer Schadensversicherung und rücke insbesondere wegen der Beziehung der Versicherungsleistung zum Nettoeinkommen derart in die Nähe der Schadensversicherung, dass eine entsprechende Anwendung des § 75 Abs. 2 VVG a. F. gerechtfertigt sei77. Eine in gleicher Weise vorliegende Nähe zur Schadensversicherung ist auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung gegeben, da sie ebenso wie die Krankentagegeldversicherung einen Ausgleich für gesundheitsbedingte Erwerbseinbußen bezweckt und sich die Höhe der vereinbarten Rente regelmäßig jedenfalls auch am Einkommen des Versicherten orientiert78.

(2) Das Vorliegen einer die Analogie rechtfertigenden planwidrigen Lücke im VVG a. F. wird dabei auch dadurch erhellt, dass der Gesetzgeber bei der VVG-Reform mit der Neuregelung in §§ 43 ff. VVG die Erstreckung der Regelungen betreffend die Versicherung für fremde Rechnung über die Schadensversicherung hinaus auf alle Versicherungszweige vornahm, die Vorschriften dabei aber inhaltlich unverändert gelassen und sich im Wesentlichen auf Klarstellungen beschränkt hat79.

bb) Das Vorliegen einer Fremdversicherung zugunsten der versicherten Person bei gleichzeitiger Anwendbarkeit der §§ 74 ff. VVG a. F. führt zunächst dazu, dass im Versicherungsfall materiell dem Versicherten die Versicherungsleistung zusteht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F.; heute § 44 Abs. 1 Satz 1 VVG), er dieses Recht jedoch gegenüber dem VR im Regelfall nicht durchzusetzen vermag, weil die Verfügungsbefugnis beim VN liegt (§ 75 Abs. 2 VVG a. F.; heute § 44 Abs. 2 VVG). Dieses Verfügungsrecht über die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag steht dem VN aber nur zu treuen Händen zu; es handelt sich um ein gesetzliches Treuhandverhältnis. Diese Treuhänderstellung verbietet es dem VN, die ihm nicht zustehende Versicherungsleistung für sich zu behalten, und verpflichtet ihn, diese an den sachlich berechtigten Versicherten auszukehren. Er muss dem Versicherten die ihm gebührende Leistung zur Erfüllung des Versicherungszwecks dabei auch dann zukommen lassen, wenn er ihm den Versicherungsschutz durch eigenen Entschluss und auf eigene Kosten verschafft hat80.

cc) Dem so begründeten Auskehrungsanspruch des Versicherten gegen den VN, der die Versicherungsleistung in Empfang genommen hat, stand nicht entgegen, dass sich der Bekl. ein Widerrufsrecht bezüglich der Bezugsberechtigung vorbehalten und dieses Widerrufsrecht in späteren Erklärungen zum Bezugsrecht nach Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübt hatte. Zum einen besteht der Auskehrungsanspruch unabhängig von einem eingeräumten Bezugsrecht. Zum anderen war das der Tochter des Bekl. eingeräumte Bezugsrecht nach Eintritt des Versicherungsfalles im Jahre 2006 ohnehin nicht mehr widerruflich, weil diese den Anspruch auf die Versicherungsleistung gegen den VR mit dem Eintritt des Versicherungsfalles entsprechend § 166 Abs. 2 VVG a. F. (heute §§ 176, 159 Abs. 2 VVG) bereits erworben hatte. Mit Eintritt des Versicherungsfalles entfällt das bis dahin widerrufliche Bezugsrecht. Dies gilt auch im Hinblick auf die erst nach Eintritt des Versicherungsfalles fällig werdenden Rentenzahlungen, weil die Ansprüche auf die wiederkehrenden Einzelleistungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem eigenständigen Stammrecht folgen. Diese bereits im Leistungsversprechen auf Dauer angelegte Rechtsposition kann dem Berechtigten nach Eintritt des Versicherungsfalles nicht mehr durch Widerruf entzogen werden. Die Gegenauffassung berücksichtigt nicht ausreichend die Bedeutung des Stammrechts und auch den Umstand, dass ein bloßes Bezugsrecht als bloße Anwartschaft auf die Versicherungsansprüche nach Eintritt des Versicherungsfalles schon begrifflich nicht mehr eingeräumt werden kann81.

d) Den Auskehrungsanspruch der Tochter des Bekl. hatte der Kl. in Höhe seiner Aufwendungen gemäß § 93 SGB XII auf sich übergeleitet. Das Berufungsgericht musste noch Feststellungen zur Höhe der Sozialhilfeaufwendungen des Kl. und damit zum Umfang des übergeleiteten Anspruchs sowie zur Verjährungseinrede des Bekl. treffen.

II. Verweisung auf andere berufliche Tätigkeit

Bei dem für die Verweisbarkeit des Versicherten auf eine andere berufliche Tätigkeit gebotenen Einkommensvergleich stellt sich die Frage, ob das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit tatsächlich erzielte Einkommen auf den Vergleichszeitpunkt fortzuschreiben ist. Dies hat der IV. Zivilsenat abgelehnt82.

1. Sach- und Streitstand

Der Kl. nahm den Bekl. aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf Fortzahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Anspruch.

In § 12 der dem Vertrag zugrundeliegenden „Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung“ (im Folgenden: B/BV) war für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit bestimmt:

„(1) Nach Anerkennung … unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad … nachzuprüfen; … Dabei können wir erneut prüfen, ob der Versicherte eine andere Tätigkeit iSv Ziffer I Nr. 2 der Tarifbestimmungen ausüben kann, wobei … neu erworbene berufliche Fähigkeiten, gegebenenfalls im Rahmen der durch Ziffer I Absatz 2. 4 der Tarifbestimmungen gezogenen Grenzen, zu berücksichtigen sind.“

In den „TB/BVTarifbestimmungen zur Tabelle BV“ (im Folgenden: TB/BV) hieß es u. a.:

„I) Vereinbarung zu § 1 B/BV: Welchen Umfang hat Ihr Versicherungsschutz?

2. Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(2. 1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit … voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Die Verweisung auf eine andere Tätigkeit ist ausgeschlossen, wenn das jährliche Einkommen 20 % oder mehr unter dem Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf liegt; sollte die herrschende Rspr. künftig nur geringere Einkommensreduzierungen für zumutbar erachten, so ziehen wir diese heran.“

Der Kl. war seit dem Jahr 1998 im Wesentlichen als Dachdeckerhelfer tätig. Unterbrochen wurde diese Tätigkeit von einer viermonatigen Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres 2006 und einer Beschäftigung als Elektrohelfer von Juli bis einschließlich November 2007. Zum Dezember 2007 wurde der Kl. wiederum von seinem früheren Arbeitgeber als Dachdeckerhelfer eingestellt, wobei der Arbeitsvertrag einen Stundenlohn von 10 EUR vorsah.

Im Januar 2008 wurde bei dem Kl. ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert. Der Bekl. erkannte seine Leistungspflicht im August 2008 an und erbrachte die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente.

Nach Eintritt der Berufsunfähigkeit begann der Kl. eine Umschulung zum Kaufmann, die er im Jahre 2011 abschloss. Mit Schreiben vom Juli 2012 erklärte der Bekl., den Kl. auf seine zum 23.4.2012 aufgenommene, mit monatlich 1.000 EUR brutto vergütete Tätigkeit als Kaufmann im Großhandel mit regelmäßiger Wochenarbeitszeit von 28 Stunden zu verweisen. Er stellte hierauf – abgesehen von einer als Kulanzleistung bezeichneten Überweisung iHv sechs weiteren monatlichen Rentenbeträgen – seine Zahlungen Ende August 2012 ein.

Der Kl. meinte, dass eine Verweisung nicht in Betracht komme, da er im Jahr 2007 ein Bruttoeinkommen iHv 15.523 EUR erzielt habe.

Nach Erhebung der zunächst auf Feststellung der Leistungsverpflichtung gerichteten Klage verwies der Bekl. den Kl. abstrakt auf eine vollschichtige Tätigkeit eines Kaufmanns im Großhandel und Verkauf.

Zum 31.12.2014 endete das 2012 begründete Beschäftigungsverhältnis des Kl. 2016 nahm er eine mit monatlich 850 EUR brutto entlohnte Teilzeittätigkeit als Hausmeister auf.

Das LG wies zuletzt auf Zahlung der monatlichen Rente iHv 691,71 EUR ab März 2013 bis längstens zum 1.3.2031 gerichtete Klage ab.

Auf die Berufung des Kl. verurteilte das OLG den Bekl. antragsgemäß83. Die Leistungspflicht des Bekl. sei nicht dadurch weggefallen, dass er den Kl. auf das seit April 2012 bestehende Arbeitsverhältnis konkret verwiesen habe. Diese Tätigkeit habe nicht dessen bisheriger Lebensstellung entsprochen. Auch durch die weitere Verweisung auf eine fiktive Vollzeittätigkeit mit 40 Wochenstunden als Kaufmann im Großhandel und Verkauf sei die Leistungspflicht des Bekl. nicht beendet worden oder auch nur vorübergehend in Wegfall geraten.

2. Entscheidung des BGH

Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

a) Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach den Bedingungen des Bekl. (§ 12 Abs. 1 B/BV, Ziffer I Nr. 2 Abs. 2. 1 TB/BV) nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt. Da die Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten. Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit84.

b) Diesen Maßstäben genügte die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts zu den beiden Änderungsmitteilungen des Bekl. nicht.

aa) Ziffer I Nr. 2 Abs. 2. 1 Satz 2 TB/BV enthält keine Regelung, nach der die Verweisung auf eine Tätigkeit, in der das jährliche Einkommen weniger als 20 % unter dem Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf liegt, stets wirksam wäre. Seinem Wortlaut nach legt Ziffer I Nr. 2 Abs. 2. 1 Satz 2 TB/BV ausschließlich fest, dass eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit ausgeschlossen ist, wenn das jährliche Einkommen 20 % oder mehr unter dem Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf liegt. Ein durchschnittlicher VN entnimmt der Klausel im Umkehrschluss nur, dass bei geringeren Einkommenseinbußen eine Verweisung nicht ausgeschlossen ist. Ob die Verweisung darüber hinaus auch wirksam ist, bestimmt die Klausel dagegen nicht. Insoweit verbleibt es daher bei den in Ziffer I Nr. 2 Abs. 2. 1 Satz 1 TB/BV geregelten Voraussetzungen einer Verweisung; die andere Tätigkeit muss der bisherigen Lebensstellung entsprechen85. Bei einem anderen Klauselverständnis könnte die Berufsunfähigkeitsversicherung auch nicht mehr ihre Funktion erfüllen, die darin besteht, die bisherigen Lebensumstände sicherzustellen und einen individuellen und sozialen Abstieg des Versicherten im Berufsleben und in der Gesellschaft zu verhindern. Eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße lässt sich angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen. Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen – je nach Höhe des bisherigen Verdienstes – unterschiedlich belastend auswirken86.

bb) Das Berufungsgericht hatte seiner Vergleichsbetrachtung ein unzutreffend ermitteltes Einkommen im Ausgangsberuf zugrunde gelegt.

(1) Es hatte anhand der im Arbeitsvertrag vom November 2007 vorgesehenen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und des im Jahr 2012 geltenden Bau-Mindestlohns (Ost) von 10 EUR/Stunde, die auch vereinbart waren, ein monatliches Einkommen aus der Tätigkeit als Dachdeckerhelfer von mindestens 1.733,33 EUR brutto errechnet. Eine solche Bestimmung des Einkommens käme aber nur dann in Betracht, wenn der Kl. typischerweise gleichbleibende monatliche Einkünfte erzielt hätte, wie es bei abhängig Beschäftigten häufig der Fall sein mag. Aus der Berechnung des Berufungsgerichts ergab sich ein Jahreseinkommen, das erheblich diejenigen, ihrerseits schwankenden Einkünfte übersteigt, die der Kl. in den Vorjahren nach eigenem Vorbringen hatte. Für die Lebensstellung des Versicherten in seinem bisher ausgeübten Beruf ist jedoch entscheidend, was ihm tatsächlich regelmäßig monatlich an Einnahmen zur Verfügung stand. Ein fiktives Einkommen kann seine Lebensstellung nicht geprägt haben.

Die danach notwendigen Feststellungen zum tatsächlichen Einkommen hatte das Berufungsgericht nicht getroffen. Es bedarf stets einer auf den Einzelfall abgestellten Wertung, ob mit der neuen Tätigkeit ein spürbarer sozialer Abstieg verbunden ist. Insoweit verbietet sich eine schematische Betrachtung. Anhand dieses Maßstabs ist auch zu prüfen, ob eine zeitweilige Arbeitslosigkeit und eine vorübergehende Tätigkeit in einem anderen Beruf die Lebensstellung des Kl. prägten87.

(2) Nicht tragfähig war damit auch die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, einkommensmindernde Arbeitszeitdefizite, die den Bedingungen des Arbeitsmarktes zuzurechnen seien, müssten für die Lebensstellung des Kl. von vornherein unberücksichtigt bleiben. Für die Lebensstellung des Versicherten ist maßgeblich, was er tatsächlich im zuletzt ausgeübten Beruf verdiente, und nicht, welches Einkommen in diesem Beruf theoretisch hätte erzielt werden können. Dies unterscheidet die Ermittlung des Einkommens im Ausgangsberuf von der Feststellung der Verdienstmöglichkeiten bei einer abstrakten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte nicht tatsächlich ausüben muss, und für die daher ohne Bedeutung ist, ob der Arbeitsmarkt ihre Ausübung durch den Versicherten in diesem Umfang zulässt88.

cc) Zu Unrecht hatte das Berufungsgericht außerdem seiner Vergleichsbetrachtung ein auf den Zeitpunkt der Verweisung fortgeschriebenes Einkommen im Ausgangsberuf zugrunde gelegt und war bei der Prüfung der Änderungsmitteilung von einem höheren Stundenlohn als dem bei Eintritt der Berufsunfähigkeit erzielten ausgegangen.

(1) Ob für den Vergleich zwischen bisherigem Beruf und Verweisungstätigkeit das bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit erzielte Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf zugrunde zu legen oder dieses Einkommen auf den späteren Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist, wird in Rspr. u. Lit. unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird angenommen, dass das früher erzielte Einkommen entsprechend der zu erwartenden Einkommenssteigerung auf den Vergleichszeitpunkt fiktiv fortgeschrieben werden muss oder dass dies jedenfalls dann geboten ist, wenn die Einkünfte aus dem Vergleichsberuf einen erheblich späteren Zeitpunkt betreffen. Weitere Stimmen wollen das bisherige Einkommen fiktiv um die Preissteigerungsrate bis zum Vergleichszeitpunkt erhöhen. Ein anderer Teil der Rspr. vertritt dagegen die Auffassung, dass dem Vergleich allein das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit tatsächlich erzielte Einkommen zugrunde zu legen ist89.

(2) Die zuletzt genannte Auffassung trifft jedenfalls im Grundsatz zu. Bei dem für die Verweisbarkeit des Versicherten auf eine andere berufliche Tätigkeit gebotenen Einkommensvergleich ist das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit tatsächlich erzielte Einkommen grundsätzlich nicht auf den Vergleichszeitpunkt fortzuschreiben.

(a) Ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN entnimmt der Ziffer I Nr. 2 Abs. 2. 1 TB/BV, dass für die Verweisbarkeit auf eine andere Tätigkeit maßgeblich ist, ob sie seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Damit verdeutlicht bereits der Wortlaut, dass es allein auf die bisherige, d. h. bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit erreichte Stellung ankommen kann. Die vom VR zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt. Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll. Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an; die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert dagegen nicht die künftige Verbesserung dieser Lebensumstände. Die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Ursprungsberuf nach Eintritt des Versicherungsfalles hat daher grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Da grundsätzlich das vor Geltendmachung der Berufsunfähigkeit erzielte Einkommen zugrunde zu legen ist, kommt es für die Bestimmung der Lebensstellung auch nicht darauf an, ob im Ausgangsberuf über den Eintritt der Berufsunfähigkeit hinaus künftige Lohnanpassungen aufgrund eines für diese Branche geltenden Mindestlohntarifvertrages gesichert waren90.

(b) Der vorgenannte Grundsatz kann allerdings dann eine Ausnahme erfahren, wenn sonst aufgrund eines besonders langen Zeitraums zwischen dem Eintritt der Berufsunfähigkeit und ihrer Nachprüfung eine objektive Vergleichbarkeit des Einkommens und der damit verbundenen Lebensstellung nicht mehr gewährleistet wäre. Dann kann bei entsprechendem Parteivortrag eine Anpassung des Ausgangseinkommens an einen späteren Vergleichszeitpunkt anhand hinreichend sicherer künftiger Einkommensentwicklungen in Betracht kommen. Das war hier jedoch nicht der Fall91.

dd) Im Fall einer zunächst wirksamen Verweisung entspricht ein späteres Wiederaufleben nicht den Regeln des Nachprüfungsverfahrens. Mit einer Beseitigung der Selbstbindung des Bekl. im Wege des Nachprüfungsverfahrens wäre der gedehnte Versicherungsfall beendet. Davon zu trennen ist die Frage, ob die spätere Beendigung einer Vergleichstätigkeit erneut eine Leistungspflicht des VR zu begründen vermag, wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen unverändert außerstande ist, der „in gesunden Tagen“ ausgeübten Tätigkeit nachzugehen. Damit kann ein neuer Versicherungsfall eintreten, falls der Versicherungsvertrag ausschließlich eine konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit zulässt. Der Kl. war nach den hier zugrundeliegenden Bedingungen jedoch abstrakt auf eine Vergleichstätigkeit verweisbar92.

Das Berufungsgericht musste neue Feststellungen zum Einkommen im Ausgangs- und im Verweisungsberuf treffen.

III. Nachversicherungsgarantie

Zur Berufsunfähigkeit enthält § 172 Abs. 2 VVG eine allgemeine Definition dergestalt, dass berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. Auf welchen Zeitpunkt für diese Beurteilung abgestellt wird, bestimmt die Vorschrift nicht. Die meisten Versicherungsbedingungen konkretisieren die erforderliche Prognose in der Weise, dass entweder rückschauend beurteilt wird, ob der Versicherte für einen bestimmten Zeitraum (in der Regel sechs Monate) berufsunfähig war, oder für die Zukunft geprüft wird, ob er voraussichtlich berufsunfähig sein wird. Um die Abgrenzung zwischen beiden Prognosevarianten ging es in einer aktuellen Entscheidung des IV. Zivilsenats93.

1. Sach- und Streitstand

Der Kl. nahm den beklagten VR auf weitere Leistungen wegen Berufsunfähigkeit in Anspruch.

Im Jahr 2009 schloss er bei der Bekl. eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Nachversicherungsgarantie ab, nach welcher der Versicherungsumfang ohne erneute medizinische Risikoprüfung erhöht werden konnte. Am 29.7.2016 erlitt der Kl. einen Arbeitsunfall; seitdem ist er nicht mehr arbeitsfähig.

Auf Antrag des Kl. wurde der Versicherungsschutz mit Wirkung zum 1.11.2016 um 100 % erhöht.

In den einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Bekl. (nachfolgend: AVB) heißt es:

„1 Versicherungsschutz

1. 2 Wann liegt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen vor?

1. 2. 1 Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung, … 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben.

2 Leistungen

2. 1. 2 Wir zahlen die zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit vereinbarte Rente …

2. 4 Ab wann werden Leistungen gewährt?

Karenzzeit

2. 4. 1 Der Anspruch auf Leistungen entsteht mit Beginn des Kalendermonats nach Eintritt der Berufsunfähigkeit (= Beginn des sechsmonatigen Zeitraums gemäß Abschnitt 1. 2. 1) und Ablauf einer gegebenenfalls vorgesehenen und vereinbarten Karenzzeit.

…“

Im Dezember 2016 meldete der Kl. einen Leistungsanspruch an. Im September 2017 teilte die Bekl. ihm mit, sie habe als Beginn der Berufsunfähigkeit den 29.7.2016 angenommen und erkenne den Anspruch auf Rente ab dem 1.8.2016 an. Seitdem zahlte die Bekl. dem Kl. eine Rente in der 2009 vereinbarten Höhe.

Der Kl. verlangte Zahlung der zum 1.11.2016 erhöhten Rente. Das LG wies die Klage ab.

Die Berufung des Kl. hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht94 verneinte einen Anspruch auf Zahlung der erhöhten Rente, weil der Versicherungsschutz aus der Nachversicherung bei Eintritt der – als solcher unstreitigen – Berufsunfähigkeit noch nicht begonnen gehabt habe. Der Kl. sei bereits vor der Nachversicherung berufsunfähig geworden.

2. Entscheidung des BGH

Auf die Revision des Kl. wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

a) Die Bekl. schuldet die zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit vereinbarte Rente (Abschnitt 2. 1. 2 AVB). Der Versicherungsfall tritt jedoch nicht stets mit dem Beginn des Sechsmonatszeitraums gemäß Abschnitt 1. 2. 1 AVB ein. Vielmehr ist entsprechend den beiden Alternativen dieser Klausel danach zu differenzieren, ob die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen zur Berufsausübung außerstande war (Berufsunfähigkeit am Ende dieses Zeitraums) oder ob sie voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen hierzu außerstande ist (Berufsunfähigkeit zu Beginn des Zeitraums). Das ergibt die Auslegung der Klausel nach den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten VN95.

b) Bei der Beurteilung der Frage, wann der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit vorliegt, wird der VN die Überschrift von Abschnitt 1. 2 AVB finden („Wann liegt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen vor?“) und Abschnitt 1. 2. 1 AVB in den Blick nehmen. Zunächst wird er sich am Wortlaut der Klausel orientieren und erkennen, dass diese zwei durch das Wort „oder“ getrennte Alternativen aufführt, wobei die erste Alternative im Imperfekt formuliert ist („6 Monate ununterbrochen außerstande war“). Daraus wird er folgern, dass es insoweit auf eine rückblickende Beurteilung ankommt, die erst nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums möglich ist. Unter Einbeziehung der Formulierung zu Anfang der Klausel („Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person …“) wird er annehmen, dass der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit nach dieser Alternative erst nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums vorliegen kann. Nach dem Wort „oder“ wird der VN die zweite Alternative für das Vorliegen vollständiger Berufsunfähigkeit erkennen („voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist“). Er wird bemerken, dass diese Alternative im Präsens formuliert ist und keine rückschauende Betrachtung zum Gegenstand hat, sondern die Prognose, ob die versicherte Person „voraussichtlich“ während eines Sechsmonatszeitraums außerstande sein wird, ihren Beruf auszuüben. Aus dem Umstand, dass die Klausel insoweit auf eine Prognose zu Beginn eines Sechsmonatszeitraums abstellt, wird der VN folgern, dass die hieran geknüpfte Berufsunfähigkeit schon zu Beginn dieses Zeitraums vorliegt. Den Sinnzusammenhang der beiden Alternativen wird er dahingehend verstehen, dass eine erheblich beeinträchtigte Person, deren Außerstandesein zur Berufsausübung während der nächsten sechs Monate abzusehen ist, bereits berufsunfähig im Sinne der zweiten Alternative von Abschnitt 1. 2. 1 AVB ist, während bei einer Person, bei welcher eine solche Prognose (noch) nicht möglich ist, der Sechsmonatszeitraum abgewartet werden muss und erst dann (wenn sie sechs Monate zur Berufsausübung außerstande war) feststeht, dass für die Folgezeit Berufsunfähigkeit im Sinne der ersten Alternative der Klausel vorliegt96.

c) Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit auch nach der ersten Alternative von Abschnitt 1. 2. 1 AVB zu Beginn des Sechsmonatszeitraums vorliegen könnte, wird der VN in der Klausel nicht finden. Insoweit unterscheidet sich die Klausel von Bedingungen, welche durch den Zusatz „von Beginn an“ bestimmen, dass auch bei einer rückschauenden Betrachtung der Versicherungsfall ab dem ersten Tag des jeweiligen Zeitraums vorliegt97. Fehlt – wie hier – ein entsprechender Einschub, tritt der Versicherungsfall erst sechs Monate nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit ein. Das gilt auch für die erste Alternative von Abschnitt 1. 2. 1 AVB. Die Klausel ist insoweit nicht anders auszulegen als andere Bedingungen, nach denen die „Fortdauer“ des sechsmonatigen Außerstandeseins als Berufsunfähigkeit „gilt“98.

d) Nichts anderes wird ein durchschnittlicher VN Abschnitt 2. 4. 1 AVB entnehmen. Die Klausel, die unter der Überschrift „Ab wann werden Leistungen gewährt?“ und der weiteren Überschrift „Karenzzeit“ steht, wird der VN für die Beurteilung der Frage, wann der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit eintritt, nicht in den Blick nehmen. Unabhängig davon wird er erkennen, dass die Klausel nicht den Versicherungsfall, sondern den Leistungsbeginn regelt. Dem Klammerzusatz („= Beginn des sechsmonatigen Zeitraums gemäß Abschnitt 1. 2. 1“) wird er nicht entnehmen, dass Berufsunfähigkeit entgegen seinem Verständnis von Abschnitt 1. 2. 1 AVB in beiden Alternativen bereits zu Beginn des Sechsmonatszeitraums vorliegt. Vielmehr weisen der Regelungsort in den Bedingungen, die Überschriften, der Wortlaut und das Fehlen einer Verweisung in Abschnitt 1. 2. 1 AVB den VN darauf hin, dass Abschnitt 2. 4. 1 AVB allein den Leistungszeitpunkt betrifft99.

Das Berufungsgericht musste noch feststellen, nach welcher der beiden Alternativen der Kl. berufsunfähig ist.

IV. Befristetes Anerkenntnis

1. Sachlicher Grund für Befristung

In einem neueren Urteil des IV. Zivilsenats sind endlich die Anforderungen an ein befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung festgelegt worden. Es setzt sowohl das Vorliegen eines sachlichen Grundes als auch eine Begründung der Befristung durch den VR gegenüber dem VN voraus100.

a) Sach- und Streitstand

Der Kl. verlangte von der Bekl. weitere Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Diese schloss der Kl., der selbständig als Betreuer von PC-Netzwerken arbeitete, mit der Bekl. im Jahr 2012 ab.

Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Besonderen Versicherungsbedingungen der Bekl. (im Folgenden: AVB) enthalten folgende Bestimmungen:

„§ 5 Wann liegt Berufsunfähigkeit für die Berufsgruppen […] vor?

(1) Berufsunfähigkeit […] liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall, was ärztlich nachzuweisen ist, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % außerstande ist, ihren vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung zuletzt ausgeübten Beruf […], so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, nachzugehen. […]

(3) Bei einer selbstständig oder freiberuflich tätigen versicherten Person setzt Berufsunfähigkeit zusätzlich voraus, dass sie außerstande ist, durch zumutbare Umorganisation ihres Arbeitsplatzes oder ihres Tätigkeitsbereichs sowie durch Zuweisung betrieblich anfallender Arbeitsabläufe an Mitarbeiter, sich ein Tätigkeitsfeld zu schaffen, das mindestens 50 %ige Berufsunfähigkeit ausschließt. […]

Wann liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn eine Prognose nicht möglich ist?

(7) Kann nicht festgestellt werden, dass ein Zustand gemäß den Absätzen 1 bis 5 voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen andauern wird, gilt es als Berufsunfähigkeit von Beginn an, wenn der entsprechend beeinträchtigende Zustand tatsächlich länger als sechs Monate angedauert hat.

[…]

§ 8 Wann geben wir eine Erklärung über unsere Leistungspflicht ab?

(1) Nach Vorliegen aller entscheidungserheblichen Unterlagen erklären wir innerhalb von höchstens vier Wochen in Textform, ob, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum wir eine Leistungspflicht anerkennen. […]

Für die Berufsgruppen […] gilt:

(2) Grundsätzlich sprechen wir keine zeitlich befristeten Anerkenntnisse aus. Wir können aber in begründeten Einzelfällen einmalig ein auf maximal 18 Monate zeitlich begrenztes Anerkenntnis aussprechen. Bis zum Ablauf der Frist ist das zeitlich begrenzte Anerkenntnis für uns bindend. Anschließend wird die Berufsunfähigkeit erneut beurteilt.ʺ

Im Oktober 2013 beantragte der Kl. bei der Bekl. die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Im Februar 2014 erstellte ein Gutachter, der vom Krankentagegeldversicherer des Kl. beauftragt worden war, eine Stellungnahme, nach welcher der Kl. infolge einer schweren depressiven Episode voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % außerstande sei, seinem zuletzt ausgeübten Beruf nachzugehen; es handele sich um einen Dauerzustand, der eine Besserung unwahrscheinlich erscheinen lasse. Die Stellungnahme wurde der Bekl. übermittelt.

Mit Schreiben vom März 2014 teilte die Bekl. dem Kl. Folgendes mit:

„Sehr geehrter [Kl.],

nach Prüfung aller vorliegenden Unterlagen erbringen wir die vertragsgemäßen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung für den Zeitraum vom 1.3.2014-1.6.2015 nach § 173 VVG.

Ab diesem Termin entfällt die Beitragszahlung. […]“

Im Mai 2015 beantragte der Kl., die Versicherungsleistungen über den 1.6.2015 hinaus zu erhalten. Ein von der Bekl. daraufhin eingeholtes ärztliches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass beim Kl. eine leichtgradige depressive Episode mit Somatisierung vorliege und er noch zu mehr als 50 % in seiner letzten beruflichen Tätigkeit leistungsfähig sei. Hierauf gestützt lehnte die Bekl. weitere Leistungen ab. Der Kl. meinte, die Bekl. sei aufgrund ihres Anerkenntnisses im Schreiben vom März 2014 über den 1.6.2015 hinaus verpflichtet, Versicherungsleistungen zu erbringen.

Das LG wies die auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente, Rückzahlung geleisteter Prämien, Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie Zahlung von Zinsen gerichteten Leistungsanträge des Kl. ebenso ab wie sein Begehren, festzustellen, dass die Bekl. verpflichtet sei, ihn von der Prämienzahlungspflicht freizustellen sowie vertraglich vereinbarte Überschüsse an ihn zu zahlen.

Die Berufung des Kl. war erfolglos. Nach Auffassung des Berufungsgerichts101 war die Bekl. nicht aufgrund ihres Schreibens vom März 2014 über den 1.6.2015 hinaus leistungsverpflichtet, da sie mit dem Schreiben nur ein befristetes Anerkenntnis abgegeben habe. Der für die Befristung des Anerkenntnisses erforderliche sachliche Grund habe vorgelegen. Der Kl. habe unstreitig auf eine Leistung gedrängt und angegeben, bald wieder arbeiten zu wollen. Es sei nachvollziehbar, dass die Bekl. aufgrund der vom Krankentagegeldversicherer eingeholten Stellungnahme Zweifel an der Berufsunfähigkeit des Kl. gehabt habe. Einer schriftlichen Begründung der Befristung bedürfe es nicht.

b) Entscheidung des BGH

Die Revision führte zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Der Bekl. war es schon deswegen verwehrt, sich auf die Befristung ihres Anerkenntnisses zu berufen, weil sie die Befristung im Schreiben vom März 2014 nicht begründet hatte.

aa) Das befristete Anerkenntnis setzt zunächst das Vorliegen eines sachlichen Grundes voraus.

(1) Dies ergab sich im Streitfall bereits unmittelbar aus den vereinbarten Versicherungsbedingungen. § 8 Abs. 2 AVB bestimmt für die hier maßgebliche Berufsgruppe, dass die Bekl. grundsätzlich keine zeitlich befristeten Anerkenntnisse ausspricht, sondern allenfalls in begründeten Einzelfällen ein auf maximal 18 Monate befristetes zeitliches Anerkenntnis. Der durchschnittliche VN wird der hier maßgeblichen Bedingungslage auf dieser Grundlage entnehmen, dass nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes eine Befristung möglich ist, da nur dann ein begründeter Einzelfall vorliegen kann102.

(2) Diese vertragliche Regelung steht auch in Einklang mit § 173 Abs. 2 VVG. Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich zwar lediglich, dass das Anerkenntnis nur einmal zeitlich befristet werden darf. Der Gesetzgebungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift lässt sich aber entnehmen, dass auch im Rahmen des § 173 Abs. 2 VVG ein grundloses Anerkenntnis nicht möglich ist. So besteht nach Auffassung des Gesetzgebers aus der Sicht beider Vertragsparteien ein Bedürfnis, in zweifelhaften Fällen bis zu einer abschließenden Klärung zunächst eine vorläufige Entscheidung zu ermöglichen. Die gesetzgeberische Entscheidung trifft einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des VR und des VN, indem einerseits in zweifelhaften Fällen eine vorläufige Zusage und damit ein rascher Leistungsbeginn ermöglicht wird, andererseits sich der VR nicht durch mehrere aufeinander folgende, jeweils zeitlich befristete Zusagen einem endgültigen Anerkenntnis entziehen kann103.

Der VN hat bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen Anspruch auf ein Anerkenntnis. Das Erfordernis eines sachlichen Grundes rechtfertigt sich auf dieser Grundlage daraus, dass ein nur befristetes Anerkenntnis für den VN in erheblichem Maße nachteilig ist, wenn der Berufsunfähigkeitsversicherer seine Leistungspflicht nach der gegebenen Sachlage zeitlich uneingeschränkt anzuerkennen hat. Denn während der VN bei einem befristeten Anerkenntnis nach Ablauf der Frist die Voraussetzungen für eine fortbestehende Leistungsverpflichtung des VR nach den Grundsätzen der Erstprüfung beweisen muss, ist es im Fall eines unbefristeten Anerkenntnisses Sache des VR, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr gegeben sind. In Rspr. und Schrifttum ist daher zu Recht überwiegend anerkannt, dass für die Befristung ein sachlicher Grund vorliegen muss104.

bb) Bedarf das befristete Anerkenntnis eines sachlichen Grundes, so muss der VR diese Befristung auch gegenüber dem VN begründen.

(1) Ohne weiteres ergibt sich auf dieser Grundlage die Begründungspflicht bei der hier vereinbarten Bedingungslage, die ein befristetes Anerkenntnis nur in begründeten Einzelfällen erlaubt (§ 8 Abs. 2 AVB). Hier entspricht es der Sichtweise eines durchschnittlichen VN, dass der sachliche Grund in Gestalt des begründeten Einzelfalles ihm auch mitgeteilt werden muss, da er nur so in der Lage ist, diesen auf seine Berechtigung zu überprüfen105.

(2) Nichts anderes gilt im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 173 Abs. 2 VVG. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber entschieden hätte, die Befristung des Anerkenntnisses sei nicht zu begründen. Der Gesetzesbegründung lässt sich hierzu nichts entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus ihr im Gegenteil, dass die Vorschrift einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des VR und denen des VN schaffen soll. Das spricht unter Berücksichtigung der langjährigen Rspr. des Senats für eine Begründungspflicht. Hiernach ist ein Berufsunfähigkeitsversicherer wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung und ihrer häufig existentiellen Bedeutung für den VN nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des VN auszunutzen; ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen, ist in der Berufsunfähigkeitsversicherung unverzichtbar. Dazu gehört nach der Rspr. des Senats, dass der Berufsunfähigkeitsversicherer dafür Sorge zu tragen hat, dass der VN seine Rechte aus dem Versicherungsverhältnis sachgerecht wahrnehmen kann; dies setzt die Nachvollziehbarkeit der Versichererentscheidung voraus. Mit Rücksicht hierauf ist der Berufsunfähigkeitsversicherer verpflichtet, seine Entscheidung, nur ein befristetes Anerkenntnis abzugeben, zusammen mit der Erklärung des befristeten Anerkenntnisses zu begründen. Bestehen für die Zulässigkeit der Befristung des Anerkenntnisses – wie ausgeführt – materielle Grenzen, muss der VN in der Lage sein, zu entscheiden, ob er sich gegen die Befristung gerichtlich zur Wehr setzt oder nicht. Das in materieller Hinsicht bestehende Prozessrisiko kann der VN nur dann tragfähig abschätzen, wenn ihm bekannt ist, weshalb der Berufsunfähigkeitsversicherer das Anerkenntnis befristet hat; wie bei der Einstellung der Versicherungsleistungen infolge eines Nachprüfungsverfahrens gilt auch bei der Befristung des Anerkenntnisses, dass die Nachvollziehbarkeit der Versichererentscheidung Voraussetzung für die Einschätzung der Notwendigkeit und des Risikos eines Prozesses ist106.

Da die Erfolgschancen eines möglichen Prozesses mit zunehmendem Zeitablauf insbesondere infolge einer Verschlechterung der Beweislage nicht selten abnehmen, ist der VN darauf angewiesen, die Gründe für die Befristung des Anerkenntnisses möglichst zeitnah zu erfahren. Dies ist nur gewährleistet, wenn der VR die Befristungsgründe zusammen mit der Erklärung des befristeten Anerkenntnisses mitzuteilen hat, was für ihn mit keiner ins Gewicht fallenden Belastung verbunden ist. Dass der VN den VR von sich aus nach den Gründen für die Befristung fragen könnte, steht der Annahme einer solchen Begründungspflicht nicht entgegen. Denn durch die Fragemöglichkeit ist die zeitnahe Kenntniserlangung von den Befristungsgründen nicht im gleichen Maße sichergestellt, da der VN die Bedeutung, die die Befristung des Anerkenntnisses für ihn hat, nicht ohne weiteres erkennen wird und daher nicht sichergestellt ist, dass er zeitnah die entsprechenden Fragen stellt107.

cc) Rechtsfolge der im Streitfall fehlenden Begründung der Befristung des Anerkenntnisses war, dass sich die Bekl. nicht auf die Befristung berufen konnte. Diese Konsequenz ergibt sich aus dem Zweck des Begründungserfordernisses, zu gewährleisten, dass der VN in die Lage versetzt wird, zeitnah die Notwendigkeit und das Risiko eines auf die materielle Überprüfung des Anerkenntnisses gerichteten Prozesses abschätzen zu können. Dieser Zweck wurde im Streitfall endgültig verfehlt, da die Bekl. die fehlende Begründung auch nicht alsbald nachholte108.

Das Berufungsgericht musste noch Feststellungen zu einem möglichen Entfallen der Leistungspflicht der Bekl. durch ein Nachprüfungsverfahren treffen.

2. Keine Rückwirkung für abgeschlossenen Zeitraum

Der VR kann ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgeben109. Das gilt auch dann, wenn die Berufsunfähigkeit während der Leistungsprüfung entfallen ist.

a) Sach- und Streitstand

Die Kl. verlangte weitere Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Dieser lagen „Allgemeine Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung“ (im Folgenden: BUV) zugrunde. Die BUV lauten auszugsweise:

„1. 2 Wann liegt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen vor?

1. 2. 1 Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung, Pflegebedürftigkeit oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben.

[…]

2. 5 Wann geben wir eine Erklärung zu unserer Leistungspflicht ab?

[…]

Befristetes Anerkenntnis

2. 5. 3 Grundsätzlich sprechen wir kein befristetes Anerkenntnis aus. In begründeten Einzelfällen können wir einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis bis zu 12 Monaten in Textform aussprechen.

2. 5. 4 Gründe für ein befristetes Anerkenntnis liegen z. B. vor, wenn für ein unbefristetes Leistungsanerkenntnis noch Erhebungen oder Untersuchungen oder deren Auswertung erforderlich sind oder aus medizinischen oder beruflichen bzw. betrieblichen Gründen (z. B. Dauer einer Umschulung oder Fortbildung, Möglichkeit der Umorganisation bei Selbstständigen oder ihnen gleichgestellten Personen […] ein Ende der Berufsunfähigkeit zu erwarten ist.

[…]

4 Nachprüfung der Berufsunfähigkeit

[…]

4. 1. 5 Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 % bei der Pauschalregelung bzw. 25 % bei der Staffelregelung vermindert, stellen wir die Leistung ein […]. In diesem Fall informieren wir den Anspruchsberechtigten schriftlich über die Einstellung der Leistungen. Diese Information können wir auch in Textform übermitteln.

Die Einstellung unserer Leistungen wird mit dem Ablauf des 3. Monats nach Zugang unserer Erklärung bei Ihnen wirksam. […]“

Die Kl. stellte im Juli 2015 einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsleistungen, den sie mit einem seit Anfang 2013 bestehenden Bandscheibenvorfall begründete. Die Bekl. holte verschiedene Auskünfte von der Kl. und dem behandelnden Arzt ein und erhielt verschiedene Arztberichte. Die von der Bekl. beauftragte Sachverständige stellte in einem Gutachten vom September 2016 eine vom 1.7.2015 bis zum 29.2.2016 bestehende Berufsunfähigkeit fest. Die Bekl. erkannte mit Schreiben vom Oktober 2016 ihre Leistungspflicht befristet für diesen Zeitraum mit der Begründung an, dass gemäß dem von ihr eingeholten fachorthopädischen Gutachten ab dem 1.3.2016 wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit vorliege. Eine Kopie des Gutachtens lag diesem Schreiben bei. Die Kl. ist seit dem 1.3.2016 wieder als medizinische Fachangestellte in Vollzeit tätig.

Mit der Klage verlangte die Kl. die Zahlung von Versicherungsleistungen sowie Beitragsrückerstattungen iHv 39.610,45 EUR nebst gestaffelten Zinsen und die Feststellung des Anspruchs auf Überschussbeteiligung. Das LG wies die Klage ab.

Die hiergegen gerichtete Berufung wies das OLG110 zurück. Es hielt die bedingungsgemäßen Voraussetzungen für eine Befristung des Anerkenntnisses zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung für gegeben. Dem VR müsse es gestattet sein, die Leistungspflicht für einen bestimmten Zeitraum in der Vergangenheit anzuerkennen und sie für die Folgezeit zu verneinen, wenn hierfür ein praktisches Bedürfnis bestehe, insbesondere dann, wenn – wie hier – zwischen VR und VN nicht im Streit stehe, dass die Berufsunfähigkeit zu dem benannten Zeitpunkt geendet habe.

b) Entscheidung des BGH

Auf die Revision der Kl. wurde die Berufungsentscheidung aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

aa) Die Regelung über die Befristung des Anerkenntnisses für bis zu zwölf Monate in Ziff. 2. 5. 3 BUV ist wirksam. Sie schränkt nicht wesentliche Rechte des VN in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise ein (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB); dies gilt auch unter Berücksichtigung von Ziff. 1. 2. 1 BUV, nach der Berufsunfähigkeit bei einem voraussichtlichen oder bereits eingetretenen Außerstandesein zur Berufsausübung für sechs Monate vorliegt. Mit dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung bezweckt der VN Schutz vor einem dauerhaften krankheitsbedingten Verlust des aus seiner beruflichen Tätigkeit erzielten Einkommens. Eine Gefährdung des Vertragszwecks liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht. In der Berufsunfähigkeitsversicherung scheidet eine solche Vertragszweckgefährdung aus, solange das primäre Leistungsversprechen nicht angetastet wird. Das ist hier nicht der Fall; der VR nimmt sein Leistungsversprechen nicht in gewichtigem Umfang zurück111.

Die Möglichkeit, das Anerkenntnis für bis zu zwölf Monate zu befristen, gefährdet den Vertragszweck auch dann nicht, wenn nach den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen Berufsunfähigkeit bereits nach einem kürzeren Prognose- oder Erkrankungszeitraum vorliegen kann. Ein Aufschub der Entscheidung über eine dauerhafte Leistungspflicht des VR ändert auch bei dieser Bedingungslage nichts an den Voraussetzungen und dem Inhalt des Versicherungsanspruchs. Die Rechtsposition des VN wird dabei im Einzelfall dadurch geschützt, dass eine Befristung nur aus einem sachlichen Grund zulässig ist, wie es hier Ziff. 2. 5. 3 BUV auch vorsieht112.

bb) Die von der Bekl. ausgesprochene Befristung ihres Anerkenntnisses für einen zurückliegenden Zeitraum war unwirksam.

(1) Ziff. 2. 5. 3 BUV erlaubt der Bekl., in begründeten Einzelfällen einmalig ein zeitlich befristetes Anerkenntnis auszusprechen. Ob ein Anerkenntnis auch rückwirkend für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum der Berufsunfähigkeit befristet werden kann, ist umstritten113.

(2) Nach Auffassung des IV. Zivilsenats kann der VR ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgeben. Ein Recht zur Abgabe eines rückwirkend befristeten Anerkenntnisses kann der Befristungsklausel in Ziff. 2. 5. 3 BUV nicht entnommen werden, da ein solcher Inhalt der Klausel entgegen § 175 VVG zum Nachteil des VN von § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG abwiche.

(a) Nach § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG darf das Anerkenntnis einmal zeitlich begrenzt werden, ohne dass sich dem Wortlaut dieser Regelung unmittelbar entnehmen lässt, ob diese Begrenzung auch einen bereits zurückliegenden abgeschlossenen Zeitraum der Berufsunfähigkeit umfassen kann. Ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis entspräche aber nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die eine Ausnahme von der in § 173 Abs. 1 VVG grundsätzlich vorgesehenen Erklärung des VR über seine unbefristete Leistungspflicht enthält. Der VN hat bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen Anspruch auf ein Anerkenntnis. Aus der Lohnersatzfunktion der Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung folgt ein schützenswertes Interesse des VN, dass sich der VR möglichst bald und für längere Zeit bindend erklärt, ob er seine Leistungspflicht anerkennt. Die § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG zugrundeliegende Situation der Unsicherheit, die eine vorläufige Regelung erforderlich macht, liegt nur für einen in die Zukunft reichenden Anerkenntniszeitraum vor. Dieser Zweck einer vorläufigen Regelung in einer Situation der Unsicherheit erlaubt daher nur eine (auch) in die Zukunft gerichtete Befristung. Der VR hat aus der maßgeblichen Perspektive ex ante darüber zu entscheiden, ob und für welchen Zeitraum er ein befristetes Anerkenntnis abgibt114.

(b) Auch der Zusammenhang mit § 173 Abs. 2 Satz 2 VVG zeigt, dass das befristete Anerkenntnis in die Zukunft gerichtet ist und keine bereits zurückliegenden, abgeschlossenen Zeiten der Berufsunfähigkeit erfasst. Nach § 173 Abs. 2 Satz 2 VVG ist das Anerkenntnis bis zum Ablauf der Frist bindend. Dies ist das vom Gesetzgeber vorgesehene Regulativ, das eine Regelung der Laufzeit der zeitlich beschränkten Zusage überflüssig machen soll, da so auch der VR ein Interesse daran hat, die Gültigkeit der Zusage nicht unangemessen lange auszudehnen. Auch hier geht das Gesetz von einem in die Zukunft gerichteten Anerkenntnis aus, das dem VN für diesen Zeitraum eine gesicherte Rechtsposition verschaffen soll. Der VR kann sich nicht vorzeitig von seiner Zusage lösen, auch wenn sich später der fehlende Nachweis eines Versicherungsfalles herausstellen oder die zunächst gegebenen Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit wegfallen sollten. Diese Bindung schließt es aus, den Anspruch des VN auf Abgabe des gebotenen Anerkenntnisses rückwirkend auf den tatsächlichen Zeitraum der inzwischen beendeten Berufsunfähigkeit zu beschränken115.

(c) Der VR ist selbst dann, wenn er kein Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, bei Wegfall der zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit an die eine Leistungseinstellung regelnden Versicherungsbedingungen gebunden. Diese Regeln kann er nicht umgehen, indem er nach Wegfall der Berufsunfähigkeit ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis abgibt. Es trifft daher nicht zu, dass der VN nicht schützenswert sei und das Nachprüfungsverfahren nicht unterlaufen werden könne, wenn der VR vor Wegfall der Berufsunfähigkeit noch kein Anerkenntnis abgegeben habe. Der VN bedarf auch in derartigen Fällen des Schutzes, den ihm die in einem Nachprüfungsverfahren zu liefernde nachvollziehbare Begründung des VR für das Entfallen seiner Leistungspflicht bietet. Den Interessen des VR wird dagegen insoweit Rechnung getragen, als (unbefristetes) Anerkenntnis und Nachprüfungsentscheidung miteinander verbunden werden können, wenn die Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits wieder entfallen ist. Der VR muss daher nicht ein unrichtiges Anerkenntnis abgeben116.

cc) Rechtsfolge der unzulässigen Rückwirkung der Befristung des Anerkenntnisses war, dass sich die Bekl. nicht auf die Befristung berufen konnte. Das Anerkenntnis der Bekl. vom Oktober 2016 galt daher als unbefristet abgegeben. Die Beendigung der Leistungspflicht richtete sich damit nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens117.

(1) Nach Ziff. 4. 1. 5 BUV hat der VR dem VN eine Mitteilung darüber zu machen, dass die bereits anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen Mitteilung ist deren Nachvollziehbarkeit, also grundsätzlich eine Begründung, aus der für den Versicherten nachvollziehbar wird, warum nach Auffassung seines Vertragspartners die anerkannte Leistungspflicht enden soll. Geht es um eine Gesundheitsbesserung, so ist im Nachprüfungsverfahren maßgebend der Vergleich desjenigen Gesundheitszustands, den der VR seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt. Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des VR setzt daher in der Regel voraus, dass mit ihr diese Vergleichsbetrachtung vorgenommen wird und die aus ihr abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt werden. Zur Erfüllung der Mindestvoraussetzungen dieser Nachvollziehbarkeit kann es auch genügen, dass der VR dem Versicherten unverkürzt ein Gutachten zugänglich macht, aus dem er seine Leistungsfreiheit herleiten will, und – soweit noch erforderlich – in seiner Mitteilung ergänzend aufzeigt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die der VR seinem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine nach den Versicherungsbedingungen maßgebliche Besserung ergeben hat. Wenn der Sachverhalt, der Gegenstand der Nachprüfung des VR ist, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits der Vergangenheit angehört, können Anerkenntnis und Nachprüfungsentscheidung miteinander verbunden werden118.

(2) Gemessen daran hatte die Bekl. im Schreiben vom Oktober 2016 eine entsprechende Mitteilung gemacht.

(a) Die unwirksame Befristung des Anerkenntnisses in diesem Schreiben konnte in eine Änderungsmitteilung der Bekl. umgedeutet werden. Erkennbares Ziel der Bekl. mit diesem Schreiben war es, nach dem Wegfall der Berufsunfähigkeit die Leistungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzustellen. Wenn dies nicht, wie primär beabsichtigt, durch eine rückwirkende Beschränkung der Leistungspflicht auf den Zeitraum der Berufsunfähigkeit möglich war, so war es naheliegend, dass die Bekl. jedenfalls eine Beendigung ihrer Leistungspflicht durch die Verbindung des Anerkenntnisses mit einer Änderungsmitteilung erstrebte.

(b) Das Schreiben genügte auch inhaltlich den Anforderungen an eine Änderungsmitteilung. Die Bekl. hatte darin angegeben, von welchem Zeitraum der Berufsunfähigkeit sie ausgeht, und eine darüberhinausgehende Leistungspflicht abgelehnt. Durch die Bezugnahme auf das beigefügte Gutachten wurde hinreichend verdeutlicht, warum die Bekl. ab dem 1.3.2016 von einem Ende der Berufsunfähigkeit ausging. Vor dem Hintergrund, dass die Kl. unstreitig zum 1.3.2016 ihre vollschichtige Tätigkeit im bisher ausgeübten Beruf wiederaufgenommen hatte, reichte dies zu ihrer Information aus119.

(cc) Nach Ziff. 4. 1. 5 BUV endete die Leistungspflicht der Bekl. mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang dieser Änderungsmitteilung bei der Kl. Dieser dritte Monat war hier Januar 2017.

dd) Das Berufungsgericht musste sich noch mit der Höhe der zu gewährenden Leistungen und dem Verzugsbeginn sowie der vertraglichen Ausgestaltung der Überschussbeteiligung befassen.

V. Nachprüfungsverfahren

Der VR kann auch dann, wenn er kein Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, bei Wegfall der zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit nur im bedingungsgemäßen Nachprüfungsverfahren seine Leistungen einstellen. Dazu hat der IV. Zivilsenat 2019 zwei wichtige Entscheidungen getroffen120.

1. Beschl. v. 13.3.2019

a) Sach- und Streitstand

Der Kl. unterhielt bei der Bekl. eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. In den dem Vertrag zugrundeliegenden „Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ (im Folgenden: B-BUZ) hieß es unter anderem:

„§ 7 Wann geben wir eine Erklärung über unsere Leistungspflicht ab?

(1) Nach Prüfung der uns eingereichten sowie der von uns beigezogenen Unterlagen erklären wir, ob und für welchen Zeitraum wir eine Leistungspflicht anerkennen.

§ 9 Wann stellen wir unsere Berufsunfähigkeitsleistungen ein, und welche Mitteilungspflichten sind während des Bezugs dieser Leistungen zu beachten?

(1) Liegt eine Berufsunfähigkeit iSv § 1 dieser Bedingungen nicht mehr vor, stellen wir unsere Berufsunfähigkeitsleistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 8 mit; sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam, frühestens jedoch zu Beginn des darauf folgenden Monats.

§ 10 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Wir sind berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 7. …“

Der Kl. behauptete, seiner Tätigkeit als IT-Systemadministrator seit April 2012 unter anderem aufgrund einer Depression nicht mehr nachgehen zu können.

Mit seiner Klage begehrte er zunächst Versicherungsleistungen ab Mai 2012 bis längstens zum Vertragsende. Nachdem er zum 21.9.2015 eine neue Tätigkeit als SAP-Anwendungsbetreuer aufgenommen hatte, beschränkte er seine Anträge auf die bis zu diesem Zeitpunkt fällig gewordenen Ansprüche und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache einseitig für erledigt.

Das LG sprach dem Kl. die begehrte Berufsunfähigkeitsrente sowie die Feststellung der Beitragsfreistellungspflicht und eines Anspruchs auf Überschussbeteiligung für die Zeit vom 1.5.2012 bis zum 30.4.2013 zu wies und die Klage im Übrigen ab.

Nach Berufung des Kl. und Anschlussberufung der Bekl. gab das Berufungsgericht121 den entsprechenden Klageanträgen für den Zeitraum vom 1.5.2012 bis zum 30.9.2015 nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten statt und stellte fest, dass sich der Rechtsstreit im Übrigen erledigt hatte. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass der Kl. von April 2012 bis einschließlich April 2013 aufgrund einer sog. Double-Depression mit einer rezidivierenden mittelgradigen depressiven Episode einerseits und einer Dysthymie andererseits in der Ausübung seines Berufes im Umfang von 60 % und 70 % eingeschränkt gewesen sei. Die Bekl. sei aber nicht bereits ab Mai 2013 leistungsfrei geworden. Dass die Bekl. den Anspruch des Kl. nicht anerkannt habe, ändere an der Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Einstellungsmitteilung nichts.

b) Entscheidung des BGH

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision wurde zurückgenommen, nachdem der Senat drauf hingewiesen hatte, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision iSv § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorlagen und das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hatte.

aa) Das Berufungsgericht hatte in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Kl. von April 2012 bis April 2013 aufgrund einer mittelgradigen depressiven Episode bedingungsgemäß berufsunfähig war122.

bb) Der Kl. konnte über das Ende seiner Berufsunfähigkeit am 30.4.2013 hinaus bis zum 30.9.2015 weiter Versicherungsleistungen beanspruchen; diese Ansprüche hätten ihm ohne das erledigende Ereignis der Aufnahme einer neuen Tätigkeit bis zum 31.3.2017 zugestanden. Ein VR kann auch dann, wenn er kein Anerkenntnis seiner Leistungspflicht abgegeben hat, den späteren Wegfall einer zunächst bestehenden Berufsunfähigkeit nur durch eine den inhaltlichen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügende Änderungsmitteilung geltend machen123.

(1) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 B-BUZ kann der VR den späteren Wegfall einer zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens geltend machen. Unerlässlicher Bestandteil dieses Verfahrens ist es, dass dem VN eine Mitteilung über das Ende der Leistungspflicht gemacht wird, wie sie auch § 9 Abs. 1 Satz 2 B-BUZ vorsieht. Denn erst die zugegangene Mitteilung kann – nach einer Schutzfrist (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 B-BUZ) – die Leistungspflicht entfallen lassen, nicht bereits zuvor der Eintritt von Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Versicherten. Die Änderungsmitteilung hat insoweit rechtsgestaltende Wirkung124.

(2) Dies gilt auch dann, wenn der VR kein Anerkenntnis abgegeben hat. Auf der Grundlage ihrer Versicherungsbedingungen wäre die Bekl. gemäß § 7 Abs. 1 B-BUZ verpflichtet gewesen, ihre Leistungspflicht anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit vorliegen. Der VN hat Anspruch auf ein Anerkenntnis. Es kann den VR daher nicht freistellen von den Regeln, die er selbst in seinen Versicherungsbedingungen für die Nachprüfung von Berufsunfähigkeit aufgestellt hat, dass er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis bislang nicht abgegeben hat. Auch wenn der VR kein Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, ist er daher bei Wegfall der zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit an die eine Leistungseinstellung regelnden Versicherungsbedingungen gebunden. Der VN bedarf auch in derartigen Fällen des Schutzes, den ihm die in einem Nachprüfungsverfahren zu liefernde nachvollziehbare Begründung des VR für das Entfallen seiner Leistungspflicht bietet125.

Ob im Einzelfall etwas anderes gilt, wenn der VN erst nach Ende der Berufsunfähigkeit Versicherungsleistungen beantragt und so gegebenenfalls die Leistungspflicht des VR durch sein eigenes Verhalten verlängern könnte, wenn man diesen an der Notwendigkeit einer Änderungsmitteilung festhielte, konnte hier offenbleiben. Der Kl. hatte seinen Leistungsantrag im Februar 2013 gestellt, als die vom Berufungsgericht festgestellte Berufungsunfähigkeit noch andauerte126.

(3) Macht der VN mangels Anerkenntnis des VR seine Ansprüche im Wege der Klage geltend und führt er dort den Nachweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit, steht dem VR im selben Rechtsstreit der Beweis offen, dass und ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder Einstellung der Leistungen nach der für das Nachprüfungsverfahren geltenden Versicherungsbedingung eingetreten sind. Dies ändert aber nichts an der Erforderlichkeit einer Änderungsmitteilung. Die für das Nachprüfungsverfahren geltenden Versicherungsbedingungen sehen vielmehr auch im vorliegenden Fall die Abgabe einer Änderungsmitteilung vor, § 9 Abs. 1 Satz 2 B-BUZ.

Eine Änderungsmitteilung kann – wie hier – auch in einem während des Rechtsstreits übermittelten Schriftsatz des VR zu sehen sein. Es bleibt dem VR unbenommen, während des Rechtsstreits auch hilfsweise eine Änderungsmitteilung an den VN zu richten, die den Wirksamkeitserfordernissen der Versicherungsbedingungen genügt. Dies ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil es mangels Anerkenntnis oder gerichtlicher Entscheidung keine Feststellung eines Gesundheitszustands gäbe, mit dem der spätere Zustand im Rahmen einer Änderungsmitteilung verglichen werden könnte. Auch wenn der VR kein Anerkenntnis abgegeben hat und noch kein gerichtliches Urteil über seine Leistungspflicht vorliegt, ist die bedingungsgemäße Beurteilung, ob die einmal eingetretene Berufsunfähigkeit bereits wieder entfallen ist, nur im Wege des Vergleichs zweier Zustände und ihrer Auswirkungen möglich. Der Gesundheitszustand des Kl., der einem gebotenen Anerkenntnis hätte zugrunde gelegt werden müssen und sich hier aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten ergibt, ist danach dem späteren Gesundheitszustand gegenüberzustellen127.

(4) Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil § 7 Abs. 1 B-BUZ ein befristetes Anerkenntnis erlaubt. Der VR hat aus der maßgeblichen Perspektive ex ante darüber zu entscheiden, ob und für welchen Zeitraum er ein befristetes Anerkenntnis abgibt. Auch für das befristete Anerkenntnis sieht § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 B-BUZ aber vor, dass sich der VR vor Ablauf des anerkannten Zeitraums nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens von seiner Leistungspflicht befreien kann. Das schließt es aus, den Anspruch des VN auf Abgabe des gebotenen Anerkenntnisses rückwirkend auf den tatsächlichen Zeitraum der inzwischen beendeten Berufsunfähigkeit zu beschränken128.

2. Urt. v. 18.12.2019

An die zuvor genannte Entscheidung hat der Senat in einem Urt. v. 18.12.2019 angeknüpft129.

a) Sach- und Streitstand

Der Kl. begehrte Leistungen aus Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Geschäftsführer der Kl. zeitweilig war, hielt bei der Bekl. drei Kapitallebensversicherungen mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die den Kl. als versicherte Person nannten. Zwei dieser Verträge wurden 1995 und 1996 abgeschlossen; ihnen liegen „Allgemeine Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ (AB-BUZ) der Rechtsvorgängerin der Bekl. zugrunde, die unter anderem folgende Regelungen enthielten:

㤠1 Was ist versichert?

1. Wird der Versicherte während der Dauer dieser Versicherung zu mindestens 50 % berufsunfähig so erbringen wir folgende Versicherungsleistungen:

b) Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, wenn diese mitversichert ist. Die Rente zahlen wir monatlich im voraus.

3. Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. …

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

3. Ist der Versicherte sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.

§ 5 Wann geben wir eine Erklärung über unsere Leistungspflicht ab?

2. Wir können ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis unter einstweiliger Zurückstellung der Frage aussprechen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit iSv § 2 Absatz 1 ausüben kann.

§ 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

1. Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder die Pflegestufe und das Fortleben des Versicherten nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5 Absatz 2.

4. Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 6 mit, sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam, frühestens jedoch zu Beginn der darauffolgenden Rentenzahlungsperiode.

…“

Dem 2009 abgeschlossenen Versicherungsvertrag liegen „Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ (BB-BUZ) der Bekl. zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

㤠1 Was ist versichert?

Leistung infolge Berufsunfähigkeit

(1) Wird die versicherte Person während der Versicherungsdauer zu mindestens 50 % berufsunfähig, so erbringen wir – je nach vertraglicher Vereinbarung – folgende Versicherungsleistungen:

Rente (BUZ-R)

Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Die Rente zahlen wir monatlich im Voraus, erstmals zu Beginn des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. …

Anspruchsentstehung

(3) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. …

§ 5 Wann geben wir eine Erklärung über unsere Leistungspflicht ab?

(3) Wir können einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis aussprechen. Es ist bis zum Ablauf der Frist für uns bindend.

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(5) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen. In diesem Fall legen wir Ihnen die Veränderung in Textform dar und teilen die Einstellung unserer Leistungen dem Anspruchsberechtigten in Textform mit. Die Einstellung unserer Leistungen wird mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang unserer Erklärung bei Ihnen wirksam. …“

In den vorgenannten Vertrag einbezogen sind außerdem „Besondere Bestimmungen zum Versicherungsschein“, die unter anderem folgende Regelungen enthalten:

„4. 1. § 2 Absätze 1 – 3 der „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ erhalten folgende Fassung:

Absatz 3 wird ersetzt durch:

Ist die versicherte Person mindestens sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, ihren zuletzt ausgeübten Beruf – so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war – auszuüben, so gilt dieser Zustand von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit, es sei denn, sie übt eine andere ihrer Ausbildung, Erfahrung und Lebensstellung entsprechende Tätigkeit konkret aus.

§ 6 Absatz 1 der „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ erhält folgende Fassung:

Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder die Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen. …“

Der Kl. beendete am 4.5.2010 seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH. Anschließend beantragte er bei der Bekl. Berufsunfähigkeitsleistungen und gab unter dem 13.8.2010 im Antragsformular an, er sei noch immer krankgeschrieben und habe kein Beschäftigungsverhältnis. Die Bekl. lehnte mit Schreiben vom Juni 2011 ihre Einstandspflicht mit der Begründung ab, dass keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliege, und kündigte die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen außerordentlich und fristlos. Sie erstattete außerdem Strafanzeige gegen den Kl. Der Kl. wurde später vom Vorwurf des versuchten Betruges zum Nachteil der Bekl. rechtskräftig freigesprochen.

Der Kl. behauptete, seit Mai 2010 aufgrund einer psychischen Erkrankung in seinem Beruf als Geschäftsführer berufsunfähig zu sein. Mit seiner Klage verlangte er, soweit für die Revision noch von Interesse, rückständige Berufsunfähigkeitsrenten iHv 93.250,16 EUR nebst gestaffelter Zinsen sowie monatliche Rentenzahlungen von 2.372,29 EUR ab 1.8.2013 bis zum jeweiligen Vertragsende und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Das LG sprach dem Kl. 30.839,77 EUR (für die Zeit von Mai 2010 bis einschließlich Mai 2011) nebst gestaffelter Zinsen sowie 1.590,91 EUR Rechtsanwaltskosten zu und wies die Klage im Übrigen ab.

Nach Berufungen beider Parteien änderte das OLG das landgerichtliche Urteil dahingehend ab, dass an den Kl. insgesamt 225.367,55 EUR (für die Zeit von Juni 2010 bis einschließlich April 2018) nebst gestaffelter Zinsen und 4.345,88 EUR Rechtsanwaltskosten zu zahlen sind.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass der Kl. ab Mai 2010 berufsunfähig gewesen sei. Der Leistungsanspruch sei deshalb ab Juni 2010 begründet. Es habe eine mittlere bis schwere depressive Episode vorgelegen, die auch länger als sechs Monate angedauert habe. Seit Oktober 2012 sei der Kl. wieder berufsfähig. Die Bekl. sei aber nicht bereits ab dann leistungsfrei geworden, denn der VR müsse die Änderung des Gesundheitszustands grundsätzlich auf dem vertraglich vorgesehenen Weg des Nachprüfungsverfahrens geltend machen. Dass die Bekl. den Anspruch des Kl. nicht anerkannt habe, ändere an der Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Einstellungsmitteilung nichts. Erst aufgrund der mit Schriftsatz vom Dezember 2017 hilfsweise erklärten Einstellungsmitteilung, die der Gegenseite am 11.1.2018 zugegangen sei, sei die Bekl. erst mit Ablauf des dritten Monats nach Zugang der Erklärung, mithin zum 30.4.2018 leistungsfrei geworden.

b) Entscheidung des BGH

aa) Die Revision der Bekl. war nur teilweise begründet. Die vom Berufungsgericht zugesprochene Hauptforderung war um 2.222,58 EUR zu reduzieren.

(1) Das Berufungsgericht hatte in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Kl. als versicherte Person hier die Versicherungsansprüche selbst geltend machen konnte und von Mai 2010 bis einschließlich September 2012 aufgrund einer mindestens mittelgradigen depressiven Episode bedingungsgemäß berufsunfähig war130.

(2) Zu Recht hatte das Berufungsgericht dem Kl. Berufsunfähigkeitsrenten ab Juni 2010 zugesprochen. Die Leistungspflicht der Bekl. begann gemäß § 1 Abs. 3 AB-BUZ und § 1 Abs. 3 BB-BUZ mit Ablauf des Monats, in dem Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Das war hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Mai 2010 der Fall. Das Berufungsgericht hatte die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit gemäß § 2 Abs. 3 AB-BUZ und § 2 Abs. 3 BB-BUZ in der Fassung von Ziff. 4. 1. der Besonderen Bestimmungen zum Versicherungsschein festgestellt, wonach die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen außerstande gewesen sein muss, ihren Beruf auszuüben. Beim Kl. lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ab Mai 2010 eine mittlere bis schwere depressive Episode vor, die auch länger als sechs Monate angedauert hatte. Damit trat der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit aber nicht nur im Rahmen des 2009 abgeschlossenen Versicherungsvertrages, sondern auch für die 1995 und 1996 abgeschlossenen Verträge bereits mit dem Beginn dieses Sechsmonatszeitraums ein. § 2 Abs. 3 AB-BUZ bestimmt für den Fall, dass der Versicherte sechs Monate ununterbrochen außerstande gewesen ist, seinen Beruf auszuüben, dass „die Fortdauer dieses Zustandes von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit“ gilt. Der durchschnittliche VN wird den hier maßgeblichen Bedingungen entnehmen, dass die Fortdauer des mindestens sechs Monate andauernden Zustands „von Beginn an“ und damit bereits ab dem ersten Tag dieser sechs Monate als Berufsunfähigkeit gilt. Der VN wird nicht annehmen, dass die Worte „von Beginn an“ inhaltsleer und damit überflüssigerweise in die Klausel eingefügt sind. Dieser Einschub unterscheidet die Klausel von anderen Bedingungen, nach denen „die Fortdauer dieses Zustands als Berufsunfähigkeit“ gilt und der Versicherungsfall demnach erst sechs Monate nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eintritt131.

(3) Die Leistungspflicht der Bekl., die kein Anerkenntnis abgegeben hatte, endete erst mit dem Wirksamwerden ihrer Änderungsmitteilung132.

(a) Eine Änderungsmitteilung ist auch dann erforderlich, wenn die zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen ein befristetes Anerkenntnis erlauben. Dabei kam es nicht darauf an, ob dem Kl. bereits zu Beginn seiner Erkrankung eine zeitlich bestimmte Genesungsprognose hätte gestellt werden können. Selbst wenn aus der maßgeblichen Perspektive ex ante ein sachlicher Grund für eine Befristung des Anerkenntnisses vorgelegen hätte, blieb es der Entscheidung des VR überlassen, ob er ein befristetes Anerkenntnis abgeben will. Macht er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, kann er nicht im Nachhinein so gestellt werden, als hätte er eine tatsächlich nicht erfolgte Befristung vorgenommen133.

(b) Im Rahmen der Änderungsmitteilung ist der Gesundheitszustand der versicherten Person, der einem gebotenen Anerkenntnis hätte zugrunde gelegt werden müssen, dem späteren Gesundheitszustand gegenüberzustellen. Dieser Vergleich setzt nicht voraus, dass bereits abschließende gerichtliche Feststellungen zum früheren Gesundheitszustand vorliegen. Der frühere Gesundheitszustand kann sich im Rechtsstreit aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten ergeben, ohne dass der VR aber auf ein solches Gutachten als Vergleichsgrundlage beschränkt wäre. Da der VR eine Änderungsmitteilung auch hilfsweise unter Aufrechterhaltung seiner ursprünglichen Leistungsablehnung abgeben kann, bindet er sich damit nicht an eine bestimmte Bewertung des Gesundheitszustands. Auch die vom VN vorgelegten und vom VR in Frage gestellten Befunde könnten daher Grundlage einer hilfsweise erklärten Änderungsmitteilung sein, um geltend zu machen, dass dieser – bestrittene – Gesundheitszustand jedenfalls jetzt nicht mehr besteht134.

(c) Das Erfordernis einer Änderungsmitteilung setzt nicht voraus, dass die Ablehnung des Anerkenntnisses durch den VR schuldhaft oder treuwidrig erfolgte. Der VR ist vielmehr bereits dann an die Regeln gebunden, die er selbst in seinen Versicherungsbedingungen für die Nachprüfung von Berufsunfähigkeit aufgestellt hat, wenn er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis bislang nicht abgegeben hat. Voraussetzung dieser Bindung ist daher allein, dass ein Anerkenntnis objektiv geboten war, weil bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorlag. Ob der VR subjektiv zum damaligen Zeitpunkt Anlass hatte, seine Leistungspflicht in Frage zu stellen, ist dabei ohne Belang135.

(d) Der Kl. hatte seine in den Versicherungsbedingungen geregelten Rechte aus dem Nachprüfungsverfahren auch nicht wegen des Vorwurfs, er habe nach Eintritt des Versicherungsfalls falsche Angaben gegenüber der Bekl. gemacht, verloren. Falls der VR wegen eines Verhaltens des VN oder Versicherten nach dem Versicherungsfall, insbesondere einer Obliegenheitsverletzung, leistungsfrei bleibt, wäre nach Sachlage auch kein Anerkenntnis geboten. Das Berufungsgericht war jedoch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dies hier nicht der Fall war136.

(d) Das Berufungsgericht war rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Bekl. erst mit ihrem Schriftsatz vom Dezember 2017 die Anforderungen an eine Änderungsmitteilung erfüllt hatte137.

(4) Nicht in vollem Umfang Bestand konnte dagegen die Entscheidung des Berufungsgerichts haben, dass die Leistungspflicht der Bekl. erst zum 30.4.2018 geendet habe. Vielmehr war die Bekl. hinsichtlich der beiden Versicherungsverträge, die 1995 und 1996 abgeschlossen wurden, für die Monate März und April 2018 (2.222,58 EUR) zu Unrecht verurteilt worden138.

bb) Die Anschlussrevision des Kl. war unbegründet.

Das Berufungsgericht hatte in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Kl. seit Oktober 2012 nicht mehr bedingungsgemäß berufsunfähig war. Ein Anspruch auf weitere Berufsunfähigkeitsrente für den Monat Mai 2010 und gestaffelte Verzugszinsen aus den zugesprochenen Rentenbeträgen vom 1.6.2010 bis zum 1.6.2011 stand dem Kl. nicht zu139.

VI. Verjährung des Stammrechts

Der Gesamtanspruch (das Stammrecht), der dem VN einer selbständigen oder als Zusatzversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem Versicherungsfall zusteht, unterliegt auch nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 der Verjährung140. Es verjähren nicht nur die Leistungsansprüche für die einzelnen Leistungsabschnitte.

1. Sach- und Streitstand

Die Kl. nahm den beklagten VR aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auf Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für eine fondsgebundene Rentenversicherung in Anspruch.

Sie unterhielt bei der Bekl. eine fondsgebundene Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, in deren Besonderen Bedingungen (im Folgenden: BB-BUZ) es hieß:

㤠1 Was ist versichert?

(1) Wird die versicherte Person nach Ablauf der Karenzzeit von 3 Jahren und während der Dauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so sind Sie in voller Höhe von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen befreit. … In den ersten drei Versicherungsjahren besteht Versicherungsschutz, wenn die versicherte Person infolge eines Unfalls berufsunfähig wird, der sich nach In-Kraft-Treten der Zusatzversicherung ereignet hat und die Berufsunfähigkeit innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten ist.

(3) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist.

(4) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung erlischt, wenn der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt, … wenn die versicherte Person stirbt oder bei Ablauf der vertraglichen Leistungsdauer.“

Am 1.2.2009 erlitt die Kl. einen Skiunfall, aufgrund dessen sie bedingungsgemäß berufsunfähig wurde. Im Mai 2010 stellte sie einen Leistungsantrag, den die Bekl. im Oktober 2010 ablehnte. Einen weiteren, nach den Feststellungen des OLG aufgrund anderer Erkrankungen im September 2014 gestellten Leistungsantrag lehnte die Bekl. im März 2015 ab.

Mit der im Oktober 2016 erhobenen Klage beantragte die Kl. festzustellen, dass die Bekl. verpflichtet sei, sie beginnend ab März 2009, hilfsweise ab Januar 2012, solange sie bedingungsgemäß berufsunfähig ist, längstens jedoch bis zum 31.5.2035 von der Beitragspflicht für die Rentenversicherung zu befreien.

Das LG wies die Klage ab, nachdem die Bekl. die Einrede der Verjährung erhoben hatte.

Auf die Berufung der Kl. stellte das OLG die Verpflichtung der Bekl. fest, die Kl. beginnend ab 1.1.2013 und solange sie bedingungsgemäß berufsunfähig sei, längstens jedoch bis zum 31.3.2035, von der Beitragspflicht für die Lebensversicherung zu befreien. Im Übrigen hob es unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Versäumnisurteil auf und wies die Klage ab.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts141 waren zum Zeitpunkt der verjährungshemmenden Klageerhebung nur die bis Ende 2012 entstandenen Leistungsansprüche verjährt. Für die Zeit ab Anfang 2013 könne die Kl. dagegen Beitragsfreistellung verlangen. Eine Stammrechtsverjährung, der zufolge Teilansprüche auf Versicherungsleistungen nicht mehr geltend gemacht werden könnten, wenn der Gesamtanspruch, das Stammrecht, verjährt sei, könne jedenfalls seit der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 nicht mehr angenommen werden.

2. Entscheidung des BGH

Die Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit zum Nachteil der Bekl. erkannt worden war.

a) Der Gesamtanspruch (das Stammrecht), der dem VN einer selbständigen oder als Zusatzversicherung abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem Versicherungsfall zusteht, unterliegt auch nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 der Verjährung.

aa) Nach ganz herrschender Ansicht in der obergerichtlichen Rspr. und der Literatur unterliegt der auch als Stammrecht bezeichnete Gesamtanspruch des VN einer Berufsunfähigkeitsversicherung selbständiger Verjährung142. Diese Ansicht geht zurück auf ein Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahr 1932, in dem das Gesamtrecht aus einem Vergleich, gerichtet auf wiederkehrende Erstattung von Grundsteuern, selbständig der Verjährung unterworfen wurde143. Dem hat sich der BGH 1955 für den Gesamtanspruch, also das Stammrecht als solches, aus der privaten Unfallversicherung angeschlossen144. Der erkennende Senat hat das Bestehen eines Stammrechts des VN aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, aus dem wiederkehrende Rentenbeträge fließen, anerkannt. Er ist ferner davon ausgegangen, dass dieses Stammrecht als solches der Verjährung gemäß § 12 Abs. 1 VVG a. F. zugänglich ist145.

bb) Hieran hält der Senat auch nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 fest.

(1) Entscheidend ist der besondere Inhalt des Leistungsversprechens, das der VR der Berufsunfähigkeitsversicherung abgibt.

(a) Beim Versicherungsfall in der Berufsunfähigkeitsversicherung handelt es sich um einen so genannten gedehnten Versicherungsfall, der nicht schrittweise eintritt, sondern durch die Fortdauer des bereits mit seinem Eintritt geschaffenen Zustandes bestimmt wird. Der VR verpflichtet sich im Leistungsversprechen dazu, nicht lediglich eine einmalige Versicherungsleistung zu erbringen, sondern längstens bis zum Ablauf der vertraglich bestimmten Leistungszeit so lange fortlaufend zu leisten, wie der den Versicherungsfall aus-

lösende Zustand andauert. So liegt es auch hier. Nach § 1 Abs. 3 BB-BUZ entsteht der Anspruch auf Beitragsbefreiung mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Er erlischt erst, wenn der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt, wenn die versicherte Person stirbt oder bei Ablauf der vertraglichen Leistungsdauer (§ 1 Abs. 4 BB-BUZ)146.

Die danach bereits im Leistungsversprechen auf Dauer angelegte Rechtsposition des VN erfährt durch die prozeduralen Vorgaben der §§ 173 und 174 VVG eine weitere Verfestigung. Der VR hat nach einem Leistungsantrag bei Fälligkeit in Textform zu erklären, ob er seine Leistungspflicht anerkennt (§ 173 Abs. 1 VVG). Die möglichst frühzeitige und für längere Zeit bindende Erklärung des VR soll es dem VN ermöglichen, die wiederkehrenden Leistungen in seine Zukunftsplanung einzubeziehen). Zum Schutz des VN sieht § 174 Abs. 1 VVG vor, dass sich der VR von einer Leistungszusage nur unter besonderen Voraussetzungen lösen kann. Zusätzliches Gewicht erhalten die genannten Vorgaben dadurch, dass Abweichungen zum Nachteil des VN ausgeschlossen sind, § 175 VVG147.

(b) Der so ausgestaltete Gesamtanspruch des VN einer Berufsunfähigkeitsversicherung unterliegt der Verjährung. Dies gilt unabhängig von dem Gegenstand der Versicherungsleistungen, seien es Rentenzahlungen oder – wie hier – die Befreiung von der Verpflichtung zur Beitragszahlung. In beiden Fällen hat der VN iSv § 194 Abs. 1 BGB das Recht, von dem VR etwas zu verlangen. Der Gesamtanspruch (das Stammrecht) des VN ist Grundlage der Verpflichtung des VR, wiederkehrende Einzelleistungen zu erbringen; in diesem Sinne folgen die Ansprüche auf Einzelleistungen aus dem Stammrecht, weshalb der VR nach Eintritt der Verjährung des Stammrechts berechtigt ist, Einzelleistungen zu verweigern148.

Dass dieses Stammrecht der Verjährung unterliegt, ist interessengerecht. Es würde den VR unbillig belasten, sich Jahre nach einer Leistungsablehnung noch mit einem für abgeschlossen gehaltenen, angesichts des Zeitablaufs typischerweise nur noch unter Schwierigkeiten aufklärbaren Versicherungsfall auseinandersetzen zu müssen. Ihn davor zu schützen, entspricht gerade dem Zweck des Verjährungsrechts. Die Verjährung beruht auf den Gedanken des Rechtsfriedens und des Schuldnerschutzes. Sie soll den Schuldner davor bewahren, noch längere Zeit mit von ihm nicht mehr erwarteten Ansprüchen überzogen zu werden149.

Die Verjährung des Stammrechts aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ist auch nicht unzumutbar für den VN. Diesem stehen Möglichkeiten zur Hemmung der Verjährung zur Verfügung (etwa die Klage auf künftige wiederkehrende Leistungen, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 258 ZPO). Die Verjährung des Stammrechts nimmt ihm nicht insgesamt seine Rechte aus der Berufsunfähigkeitsversicherung, sondern nur im Hinblick auf den zu spät verfolgten konkreten Versicherungsfall. Unabhängig von der Stammrechtsverjährung besteht der Versicherungsvertrag fort. Tritt ein weiterer Versicherungsfall ein, erwirbt der VN ein neues Stammrecht. Der VN wird auch nicht damit rechnen, nach einem Versicherungsfall und einer Leistungsablehnung des VR viele Jahre untätig bleiben und trotzdem noch mit Erfolg wiederkehrende Leistungen geltend machen zu können. Er wird vielmehr davon ausgehen, dass er Ansprüche aus einem Versicherungsfall – wie alle anderen Ansprüche – innerhalb einer gewissen Frist geltend machen muss, wenn er sich nicht dem Risiko ihrer Verjährung aussetzen will150.

(2) Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich nichts anderes.

(a) Aus der Streichung von im Entwurf des BGB zunächst vorgesehenen Vorschriften zur Stammrechtsverjährung folgt nicht, dass Stammrechte nicht verjähren können. Vielmehr ist die Frage, ob ein verjährbarer Gesamtanspruch vorliegt, nach der Lage des Einzelfalles zu beantworten, wie bereits das Reichsgericht entschieden und eingehend begründet hat. Dies ist bei dem Gesamtanspruch des VN einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu bejahen151.

(b) Auch aus der Streichung von § 12 Abs. 3 VVG a. F. im Rahmen der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 können keine Rückschlüsse für die Frage der Stammrechtsverjährung gezogen werden. Die Vorschrift verhielt sich nicht zur Verjährung. Vielmehr stellte sie den VR von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Leistungsanspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wurde. Danach konnte der VR schon vor Ablauf der Verjährungsfrist frei werden. Diese Privilegierung sollte mit der Streichung der Vorschrift durch das Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts beendet werden152. Der Gesamtanspruch des VN einer Berufsunfähigkeitsversicherung unterlag bis zur Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 nicht nur der selbständigen Verjährung. Mit der Reform ist § 12 Abs. 3 VVG a. F. aufgehoben worden und damit die Möglichkeit des VR entfallen, die Verjährungsfrist zu Lasten des Vertragspartners einseitig zu verkürzen. Das hat aber nichts an der selbständigen Verjährung des Gesamtanspruchs nach allgemeinem Verjährungsrecht geändert153.

Entsprechendes gilt, soweit die in § 12 Abs. 1 VVG a. F. geregelten Verjährungsfristen mangels schutzwürdigen Interesses der Vertragspartner an einer Abweichung von der Regelfrist des BGB aufgehoben wurden und soweit die Hemmungsregelung in § 12 Abs. 2 VVG a. F. mit geringfügigen Änderungen in § 15 VVG übernommen wurde. Anhaltspunkte für die Auffassung des Berufungsgerichts, der Gesetzgeber habe sich mit der Reform des Versicherungsvertragsrechts 2008 gegen eine Stammrechtsverjährung entschieden und deren normativen Anknüpfungspunkt gestrichen, ergeben sich aus diesen Änderungen nicht154.

(3) Auch die Einführung von § 18 a BetrAVG durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 ist kein Beleg dafür, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ohne Vorhandensein einer entsprechenden Vorschrift eine Verjährung des Stammrechts aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung ausscheidet. Der Sonderregelung in § 18 a BetrAVG, die die eigenständige Verjährung des Rentenstammrechts vorsieht, bedurfte es, um die insoweit geltende besondere Verjährungsfrist von 30 Jahren festzuschreiben.

Die Stammrechtsverjährung in der Berufsunfähigkeitsversicherung unterliegt hingegen der Regelfrist des BGB. Sie erfordert deshalb keine besondere gesetzliche Regelung. Rückschlüsse, die gegen die Stammrechtsverjährung in der Berufsunfähigkeitsversicherung sprächen, können aus der Einführung von § 18 a BetrAVG mithin nicht gezogen werden. Im Gegenteil belegt die Begründung des Gesetzgebers, dass auch er grundsätzlich von einer möglichen Verjährung von Stammrechten ausgeht155.

b) Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das fehlende Feststellungen – etwa zu dem Einwand der Kl., die Erhebung der Verjährungseinrede sei treuwidrig, und gegebenenfalls zu dem von der Kl. im September 2014 gestellten Leistungsantrag nachzuholen hatte.

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1 Begründung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag, 1907, S. 155.

2 BGH, Urt. v. 22.7.2015 – IV ZR 437/14, r+s 2015, 455 = VersR 2015, 1148 Rn. 15 ff.; v. 14.2.2007 – IV ZR 150/05, r+s 2007, 332 = VersR 2007, 784 unter II 2 a [juris Rn. 10 ff.].

3 BGH, Beschl. v. 8.5.2019 – IV ZR 190/18, r+s 2019, 598 = VersR 2019, 1068 Rn. 16 ff.; v. 25.6.2019, juris.

4 OLG Köln, Urt. v. 2.7.2018 – I-21 U 66/17, juris.

5 BGH, Beschl. v. 8.5.2019 – IV ZR 190/18, r+s 2019, 598 = VersR 2019, 1068 Rn. 16 ff.

6 Vgl. zur Vorgängerreglung des § 159 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F.: BGH, Urt. v. 9.12.1998 – IV ZR 306/97, BGHZ 140, 167 unter II 2 b [juris Rn. 14] mwN.

7 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 19 ff.; Anm. Esskandari/Bick, ErbStB 2019, 13; Podewills, EWiR 2019, 239; Rixecker, WuB 2018, 515; Schreier, NJW 2018, 3029.

8 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 27.7.2016 – 7 U 49/15, juris.

9 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 19 f.

10 Vgl. zum Streitstand BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 21 mwN.

11 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 24 f. mwN.

12 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 26. f. mwN.

13 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 28 mwN.

14 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 29.

15 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 30 mwN.

16 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 32.

17 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 33 mwN.

18 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 35.

19 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 222/16, BGHZ 219, 142 = r+s 2018, 483 = VersR 2018, 985 Rn. 36.

20 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 21 ff.; Anm. Armbrüster, NJW 2020, 156; Esskandari/Bick, ErbStB 2020, 75.

21 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 17 ff. mwN.

22 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 21 ff.

23 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 24 f.; v. 9.12.1998 – IV ZR 306/97, BGHZ 140, 167 unter 2 c [juris Rn. 15]; v. 8.2.1989 – IVa ZR 197/87, VersR 1989, 465 unter II 2 [juris 13].

24 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 26.

25 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 27 ff. mwN.

26 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 31 mwN.

27 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 32 mwN.

28 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 33.

29 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 34.

30 BGH, Urt. v. 25.9.2019 – IV ZR 99/18, r+s 2019, 718 = VersR 2019, 1479 Rn. 35 mwN.

31 BGBl. I 1330.

32 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 10; Anm. Armbrüster, EWiR 2021, 357; Franz, BB 2021, 433; Schröder/Fischer, VersR 2021, 496; BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 9; Anm. Reiff, VersR 2018, 965; Schöller, jurisPR-VersR 1/2019 Anm. 1.

33 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 10 mwN.

34 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917.

35 LG Düsseldorf, Urt. v. 13.7.2017 – 9 S 46/16, juris.

36 BVerfG, NJW 2005, 2376, 2378 = BVerfGE 114, 73, 89 ff.; r+s 2017, 255 Rn. 22 f.

37 BVerfG, r+s 2017, 255 Rn. 25.

38 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 14 f. mwN.

39 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 16; BVerfG, NJW 2010, 3629, 3630 f. = BVerfGE 127, 1 [juris Rn. 57 f. mwN].

40 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 17; vgl. BT-Drucks. 18/1772 S. 1, 19, 22.

41 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 18 f.

42 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 20 ff. mwN.

43 BGH, Urt. v. 11.2.2015 – IV ZR 213/14, BGHZ 204, 172 Rn. 14-16.

44 BVerfG, r+s 2017, 255 Rn. 31-36.

45 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 28 f.

46 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 11 ff.; Anm. Armbrüster, EWiR 2021, 357; Franz, BB 2021, 433; Schröder/Fischer, VersR 2021, 496.

47 BGBl. I S. 1330.

48 OLG Stuttgart, Urt. v. 14.11.2019 – 7 U 12/18, VersR 2020, 43.

49 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 11 mwN.

50 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 12 ff. mwN.

51 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 15 f. mwN zum Gesetzgebungsverfahren.

52 BGH, Urt. v. 27.6.2018 – IV ZR 201/17, BGHZ 219, 129 = r+s 2018, 430 = VersR 2018, 917 Rn. 10.

53 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 17 f. mwN.

54 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 19 mwN.

55 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 20 mwN.

56 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 21 ff mwN.

57 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 25 ff. mwN.

58 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 28 mwN.

59 BGH, Urt. v. 20.1.2021 – IV ZR 318/19, BGHZ 228, 250 = r+s 2021, 345 = VersR 2021, 294 Rn. 30 ff.

60 BGH, Beschl. v. 19.12.2018 – IV ZB 10/18, r+s 2019, 137 = VersR 2019, 251 Rn. 8 ff.

61 Vgl. OLG Karlsruhe VersR 2017, 1420 unter 1 [juris Rn. 3 ff.] mwN.

62 BGH, Beschl. v. 19.12.2018 – IV ZB 10/18, r+s 2019, 137 = VersR 2019, 251 Rn. 8 ff. mwN.

63 BGH, Urt. v. 10.2.2021 – IV ZR 32/20, VersR 2021, 437 Rn. 17 f.; Anm. Kirsten, VersR 2021, 437; Weißhaupt, WuB 2021, 262.

64 in der Fassung v. 15.12.2004, BGBl. I 3416, in Kraft getreten am 21.12.204.

65 BGH, Urt. v. 10.2.2021 – IV ZR 32/20, VersR 2021, 437 Rn. 12 ff.

66 ABl. EG 2002 L 345 S. 1 ff.

67 BGH, Urt. v. 10.2.2021 – IV ZR 32/20, VersR 2021, 437 Rn. 16.

68 BGH, Urt. v. 10.2.2021 – IV ZR 32/20, VersR 2021, 437 Rn. 17 f. mwN.

69 Vgl. zu den Maßstäben: Senatsurt. v. 16.7.2014 – IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 32-42; BVerfG, VersR 2015, 693 Rn. 42 ff.; Beschl. v. 4.3.2015 – 1 BvR 3280/14, juris Rn. 30 ff.

70 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097; Anm. Münkel, jurisPR-VersR 12/2020 Anm. 1.

71 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 15.

72 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 16 f. mwN.

73 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 18 f. mwN.

74 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 20 mwN.

75 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 21 ff. mwN.

76 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 25.

77 BGH, Urt. v. 19.12.1973 – IV ZR 130/72, VersR 1974, 184 unter I 3 [juris Rn. 22]; OLG Hamm VersR 1972, 968 unter I 2.

78 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 27.

79 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020,1097 Rn.28; vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 72 re.Sp.zu §43

80 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 29 f. mwN.

81 BGH, Urt. v. 15.7.2020 – IV ZR 4/19, r+s 2020, 588 = VersR 2020, 1097 Rn. 31 ff. mwN.

82 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001; Anm. Looschelders, NJW 2019, 2777.

83 Thüringer OLG, Urt. v. 21.12.2017 – 4 U 699/13, juris.

84 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 17 f. mwN.

85 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 20; vgl. zu einer anderen Klausel Senatsurt. v. 8.2.2012 – IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 3.

86 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 21; vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2016 – IV ZR 434/15, VersR 2017, 147 Rn. 22, 25.

87 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 23 f. mwN.

88 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 25 mwN.

89 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 27 mwN zum Streitstand.

90 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 28 ff.

91 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 31 mwN.

92 BGH, Urt. v. 26.6.2019 – IV ZR 19/18, r+s 2019, 472 = VersR 2019, 1001 Rn. 32.

93 BGH, Urt. v. 14.7.2021 – IV ZR 153/20, r+s 2021, 528 = VersR 2021, 1158; Anm. Neuhaus, jurisPR-VersR 3/2022 Anm. 3.

94 KG, Urt. v. 26.5.2020 – 6 U 75/19, VersR 2020, 1234.

95 BGH, Urt. v. 14.7.2021 – IV ZR 153/20, r+s 2021, 528 = VersR 2021, 1158 Rn. 10 f. mwN.

96 BGH, Urt. v. 14.7.2021 – IV ZR 153/20, r+s 2021, 528 = VersR 2021, 1158 Rn. 12 ff.

97 vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 13 f.

98 BGH, Urt. v. 14.7.2021 – IV ZR 153/20, r+s 2021, 528 = VersR 2021, 1158 Rn. 15 mwN.

99 BGH, Urt. v. 14.7.2021 – IV ZR 153/20, r+s 2021, 528 = VersR 2021, 1158 Rn. 16.

100 BGH, Urt. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25; Anm. Neuhaus, VersR 2020, 12; Scheu, jurisPR-VersR 10/2020.

101 OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 12.9.2018 – 12 U 141/17, juris.

102 BGH, Urt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 11 f.

103 BGH, Urt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 13; vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 106 li. Sp.

104 BGH, Urt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 14 f. mwN.

105 BGH, Urt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 16 f.

106 BGH, Urt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 18. ff. mwN.

107 BGH, Urt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 21.

108 BGH, Urt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 23.

109 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500; Anm. Neuhaus, jurisPR-VersR 4/2022 Anm. 1.

110 Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 25.3.2020 – 11 U 106/19, juris.

111 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 9 f.; vgl. BGH, Beschl. v. 6.7.2011 – IV ZR 217/09, VersR 2012, 48 Rn. 23.

112 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 11, v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 14.

113 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 12 f. mwN zum Meinungsstand.

114 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 14 ff. mwN; vgl. Senatsurt. v. 9.10.2019 – IV ZR 235/18, r+s 2019, 715 = VersR 2020, 25 Rn. 13 f.

115 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 17 mwN; BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 19.

116 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 18 mwN; vgl. Senatsbeschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 19 mwN.

117 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 20.

118 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 21 mwN.

119 BGH, Urt. v. 23.2.2022 – IV ZR 101/20, r+s 2022, 335 = VersR 2022, 500 Rn. 22 ff.

120 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134; Anm. Gundlach, VersR 2019, 1134; Otto, r+s 2019, 596; Scheu, juris-PR-VersR 3/2020 Anm. 1; Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 = NJW-RR 2020, 353; Neuhaus, jurisPR-VersR 9/2020 Anm. 1.

121 OLG Celle, Urt. v. 9.4.2018 – 8 U 250/17, juris.

122 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 16.

123 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 17 mwN.

124 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 18 mwN

125 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 19 mwN

126 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 20; vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2007, 344.

127 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 21 ff. mwN

128 BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 25.

129 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276; Anm. Neuhaus, jurisPR-VersR 9/2020 Anm. 1.

130 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 11.

131 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 12 ff.

132 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 15 unter Bezugnahme auf BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 17.

133 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 16; vgl. Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 25.

134 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 17; vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 22 f.

135 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 18 f.; vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2019 – IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 = VersR 2019, 1134 Rn. 19.

136 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 20 f.

137 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 22.

138 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 23.

139 BGH, Urt. v. 18.12.2019 – IV ZR 65/19, VersR 2020, 276 Rn. 28 ff.

140 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669; Anm. Neuhaus, jurisPR-VersR 5/2019 Anm. 1; Rolfs/Pröpper, NJW 2019, 1876.

141 Thüringer OLG, Urt. v. 29.3.2018 – 4 U 392/17, VersR 2018, 723.

142 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 12 f. mwN zum Meinungsstand.

143 RGZ 136, 427, 430 f.

144 BGH, Urt. v. 20.1.1955 – II ZR 108/54, MDR 1955, 221, 222.

145 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 14 mwN; v. 5.10.1988 – IVa ZR 317/86, VersR 1988, 1233 unter 3 [juris Rn. 17].

146 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 15 ff.

147 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 17 f. mwN; vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 16.

148 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 19 mwN.

149 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 20 mwN.

150 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 21 mwN.

151 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 22 f.; vgl. Motive Band 1 S. 310 f., 345; Mugdan, Materialien I. Band S. 782, 796

152 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 24 mwN; vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 64 li. Sp.

153 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 25 mwN.

154 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 26 mwN.

155 BGH, Urt. v. 3.4.2019 – IV ZR 90/18, r+s 2019, 342 = VersR 2019, 669 Rn. 27 mwN Richterin am BGH Marion Harsdorf-Gebhardt: * Die Autorin gehört dem – u. a. für Versicherungsvertragsrecht zuständigen – IV. Zivilsenat des BGH an. Der Beitrag ist die zusammengeführte und überarbeitete Fassung der Vorträge, die die Autorin im Rahmen der diesjährigen Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im DAV „Die Rechtsprechung des BGH zum Versicherungsrecht“ am 6. und 7.5.2022 in Baden-Baden gehalten hat