Einschränkungen des Vorsteuerabzuges bei Holdinggesellschaften

Einschränkungen des Vorsteuerabzuges bei Holdinggesellschaften

In der Praxis führt – insbes. im Rahmen von Konzernbetriebsprüfungen – die Frage des Vorsteuerabzuges einer Holding regelmäßig zu vielfältigen Problemen der Abgrenzung des unternehmerischen Bereichs vom nichtunternehmerischen Bereich. Hinzu kommt die stetige Veränderung der Rechtslage durch eine hohe Frequenz neuer gerichtlicher Entscheidungen in diesem Kontext. Die Rechtsprechung auf nationaler und europäischer Ebene hat hier gerade in den letzten Jahren zu zahlreichen Klarstellungen geführt, die, insgesamt betrachtet, Einschränkungen des Vorsteuerabzuges zur Folge haben. Der vorliegende Beitrag analysiert die aktuellen Entscheidungen zu diesem Themenkomplex und weist auf (verbleibende) Fragen in diesem Zusammenhang hin. Besonderheiten umsatzsteuerlicher Organkreise sind hiervon differenziert zu betrachten und sind hier ausgeklammert.

1. Führungsholding, Finanzholding und gemischte Holding

Für den Begriff der Holding gibt es keine allgemeine Definition. Im Allgemeinen kann eine Holding verstanden werden als eine Kapitalgesellschaft, deren Haupttätigkeit in dem Halten von Beteiligungen an Kapital- sowie Personengesellschaften und in der Finanzierung dieser Tochtergesellschaften besteht.1 Bedeutsam in der Praxis ist seit jeher die Differenzierung einer Holding in umsatzsteuerlicher Hinsicht. So ist das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen keine unternehmerische Tätigkeit.2 Eine derartige Holding (Finanzholding) ist nicht Unternehmer iSd § 2 UStG und mithin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Demgegenüber ist eine Holding, die durch administrative, finanzielle, kaufmännische oder technische Dienstleistungen in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingreift (sog. Führungs- oder Funktionsholding) unternehmerisch tätig und grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt.3 Sofern sich die vorgenannten Eingriffe nicht auf alle Tochterunternehmen erstrecken und einige Beteiligungen ausschließlich im Sinne einer Finanzholding gehalten werden (sog. gemischte Holding), hat die Holding sowohl einen unternehmerischen als auch einen nichtunternehmerischen Bereich. Folglich ist die gemischte Holding für einen Teil ihrer direkt zuordenbaren Eingangsleistungen (unternehmerischer Teil) zum Vorsteuerabzug berechtigt und für die übrigen direkt zuordenbaren Eingangsleistungen (nichtunternehmerischer Teil) nicht. Für Kosten wie allgemeine Verwaltungskosten (sowie auch Steuerberatungskosten, allgemeine Beratungskosten, etc.) muss die Vorsteuer aufgeteilt werden.4

Sowohl bei der Einordnung einer Holding in eine dieser Schubladen als auch in der Folge bei der Zuordnung einer gehaltenen Beteiligung zum Unternehmensvermögen ergeben sich diverse Fragen. Führt jedweder Eingriff (zB aufgrund finanzieller Dienstleistungen) in die Verwaltung einer Tochtergesellschaft zu einer Einstufung als Funktionsholding und folgt der Zuordnung einer Beteiligung zum Unternehmensvermögen der Abzug jedweder Vorsteuer aus direkt zuordenbaren Eingangsleistungen und anteiligen Verwaltungskosten?

Bereits in mehreren Urteilen hatte der EuGH nun Gelegenheit, den Zusammenhang von Eingangsdienstleistungen zu tatsächlichen/beabsichtigten Ausgangsumsätzen näher zu beleuchten. So verneinte er bei einer Holding den Vorsteuerabzug für Beratungskosten, die sich auf eine Beteiligungsveräußerung bezogen, die unstreitig zum Unternehmensvermögen gehörte, weil zwischen diesen eingekauften Beratungskosten und den durch die Holding erbrachten Verwaltungs- und IT-Dienstleistungen kein erkennbarer Bezug existierte.5 Hier schied sowohl eine direkte Zuordnung dieser Kosten zum Ausgangsumsatz aus als auch eine Rechtfertigung, dass diese Kosten zu den Kostenelementen der steuerbaren Ausgangsumsätze gehören.6 Ebenso hat der EuGH in Bezug auf den fehlenden Zusammenhang zwischen allgemeinen Verwaltungskosten und Finanzierung-(hilfs-)umsätzen entschieden.7 Fehlt es an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Eingangsleistung und Holdingumsatz gegenüber der Tochtergesellschaft, der einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG8 zuließe, und gehört die Eingangsleistung nicht zu den Kostenelementen der Holdingumsätze, scheidet ein Vorsteuerabzug gleichwohl aus, obgleich eine Beteiligung im Unternehmensvermögen der Holding tangiert wird. Allein die Höhe der Eingangsleistung im Verhältnis zu nur geringen Holdingumsätzen kann den Kostenelement-Zusammenhang nicht zunichtemachen. Besteht jedoch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangsleistung und Holdingumsatz, ist die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG zu prüfen.

Auch der BFH teilt diese Auffassung, gestattet er einer Holding, die aufgrund administrativer, finanzieller, kaufmännischer oder technischer Dienstleistungen Eingriffe in ihre Tochtergesellschaften vornimmt, nur hinsichtlich dieser Kosten den Vorsteuerabzug.9

So wurde durch die EuGH sowie die nationale Rechtsprechung der vergangenen Jahre der Vorsteuerabzug bei Holdingunternehmen erheblich eingeschränkt. Zu erwähnen sind hier die folgenden Bereiche:

Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Einwerben von Kapital im Zusammenhang mit einer Beteiligung.

Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Gesellschafterbeiträgen.

Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Finanzierungsdienstleistungen.

2. Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Einwerben von Kapital bei einer Beteiligung

Die Gründe für den Erwerb einer Beteiligung an einer Tochtergesellschaft bei einer Führungsholding sind immer ambivalent. Zum einen ermöglicht die Beteiligung Eingriffe in Form von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen, zum anderen generiert die Holding Dividenden sowie Wertzuwächse durch die Beteiligung. Leider hat es der EuGH versäumt, dem letzteren, nichtsteuerbaren Bereich deutlich und nachvollziehbar einen Anteil des Kostenapparates einer Holding zuzuordnen.10

Nach Auffassung des EuGH überlagert das Interesse einer Holding, entgeltliche Dienstleistungen zu erbringen und damit wirtschaftlich tätig zu werden, das ebenso vorhandene Interesse, Dividenden zu vereinnahmen. Nach dem „Kostenelemente-Begriff“ des EuGH werden allgemeine Kosten grundsätzlich nur der wirtschaftlichen Tätigkeit zugeordnet und sind vollständig abziehbar. Dies gilt selbst im Falle nicht kostendeckender Ausgangsdienstleistungen.

In den Folgeentscheidungen hat der BFH die Entscheidung des EuGH umgesetzt.11 Die Finanzverwaltung hat sich der Auffassung des EuGH angeschlossen.12

Doch der Vorsteuerabzug für Kapitalbeschaffungsmaßnahmen ist nicht grenzenlos. Eine Grenze wurde durch das Urteil des BFH v. 6.4.2016 gesetzt.13

BFH-Fall:

Aufgrund der erbrachten Dienstleistungen war die Holding-KG Unternehmerin. Entgegen der Auffassung der Klägerin sah der BFH in den Kosten für die Einwerbung von Kapital keine Kostenelemente der eigenen Umsätze, zum einen, weil die Beteiligung an den Tochtergesellschaften im Zeitpunkt des Leistungseinkaufes bzw. Zeitpunkt der Ausgabe der zusätzlichen Kommanditanteile bereits existierten, zum anderen, weil die Höhe des eingeworbenen Kapitals (hier: 7,8 Mio. EUR) in keinem Verhältnis zu den Beteiligungswertansätzen (1,1 Mio. EUR) stand. Vorsteuern im Zusammenhang mit Kapitalmaßnahmen bedürfen daher immer einer genauen Betrachtung, ob das eingeworbene Kapital (vollumfänglich) dazu verwendet wird, Beteiligungen zu erwerben, um anschließend durch entgeltliche Verwaltungsleistungen (weitere) wirtschaftliche Tätigkeiten zu begründen.

3. Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Gesellschafterbeiträgen

Wie sich bereits durch mehrere EuGH-Urteile in der Vergangenheit andeutete14, ist der EuGH nunmehr in seiner kürzlich ergangenen Vorabentscheidung15 der Auffassung mancher Anhänger im Schrifttum16 entgegengetreten, dass Leistungsbezüge einer gemischten bzw. Führungsholding stets den Vorsteuerabzug zulassen, soweit entgeltlich Eingriffe in die Verwaltung der Tochtergesellschaften erfolgen.

3.1 EuGH-Vorabentscheidung – C-98/2117

In der Rs. XI R 22/18 hatte der BFH dem EuGH folgenden Sachverhalt zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Die W-GmbH hielt 94 % der Kommanditanteile an der X-GmbH & Co. KG sowie 89,64 % der Anteile an der Y-GmbH & Co. KG. Die W-GmbH verpflichtete sich in Ergänzungsvereinbarungen zu den Gesellschaftsverträgen der KGs zur Erbringung unentgeltlicher Gesellschafterbeiträge in Form der eingekauften Leistungen.

3.2 Würdigung durch den EuGH

Die von der W-GmbH erbrachten Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen sind wirtschaftliche Tätigkeiten und die GmbH ist hierdurch Steuerpflichtige iSv Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL. Die W-GmbH wurde durch das Gericht als Führungsholding beurteilt. Bei Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit muss für das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen bestehen. Dies war hier nicht der Fall.

Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören und – als solche – Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind.

Wegweisend hat nun der EuGH entschieden, dass der Vorsteuerabzug für eingekaufte Leistungen einer Holding, sei es eine Führungsholding oder eine gemischte Holding, nicht möglich ist, wenn die eingekauften Leistungen nicht Kostenelemente der von ihr erbrachten Dienstleistungen, sondern einen nicht wirtschaftlichen Gesellschafterbeitrag darstellen. Ein innerer Zusammenhang zwischen den eingekauften Leistungen und den erbrachten Dienstleistungen wurde verneint.

3.3 Folgen für die Praxis

Daher ist künftig genau darauf zu achten, ob Eingangsdienstleistungen einer Holding in einem inneren Zusammenhang zu den von ihr erbrachten Leistungen stehen oder ob sie davon getrennt zu beurteilende unentgeltliche Gesellschafterbeiträge darstellen, die den Vorsteuerabzug nicht eröffnen. In einer Vielzahl von Praxisfällen stellt sich einmal mehr die Frage, inwieweit der Vorsteuerabzug einer Führungs- oder gemischten Holding einzuschränken ist. Eingangsdienstleistungen einer Holding sind daher einzuordnen in:

Durch diese Einordnung ergeben sich zahlreiche praktische Anwendungsbeispiele:

Beispiel 1:

Die Eingangsdienstleistungen stehen weder in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu den von der Holding erbrachten Dienstleistungen noch gehören sie zu den Kostenelementen der durch die Holding erbrachten technischen und finanziellen Dienstleistungen. Ein innerer Zusammenhang besteht nicht. Die Eingangsdienstleistungen werden zur Erbringung unentgeltlicher Gesellschafterbeiträge genutzt, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Beispiel 2:

Die Eingangsdienstleistungen stehen weder in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den erbrachten Dienstleistungen noch gehören sie zu den Kostenelementen dieser erbrachten Dienstleistungen. Die eingekauften Leistungen fließen auch hier in unentgeltliche Gesellschafterbeiträge ein, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Beispiel 3:

In einem früheren Urteil des EuGH wurde der Vorsteuerabzug aus den Eingangsdienstleistungen in Ermangelung eines unmittelbaren Zusammenhanges und eines Kostenelemente-Zusammenhanges zu den Umsätzen der Holding nicht zugelassen.18 Auch wenn der Gesellschafterbeitrag damals nicht thematisiert wurde, folgt das Urteil dem gleichen Denkansatz.

4. Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Finanzierungs­dienstleistungen

4.1 Finanzierungsdienstleistungen (Darlehen) keine Hilfsumsätze

In der Praxis sind Eingangsleistungen einer Holding im Zusammenhang mit Darlehensgewährungen, die diesen direkt und unmittelbar zuzuordnen sind, selten anzutreffen. Diese wären nach § 15 Abs. 2 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, sofern hinsichtlich der Finanzierungsumsätze19 nicht nach § 9 UStG optiert wurde oder sofern der Darlehensnehmer (zB die Tochtergesellschaft) im Drittlandsgebiet ansässig ist und somit der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG zulässig ist. Soweit die allgemeinen Verwaltungskosten einer Führungs- oder einer gemischten Holding dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen sind, ist ebenso wie vorgenannt beschrieben ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn Finanzierungsumsätze den Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausschließen. Sofern neben den finanziellen Dienstleistungen andere, den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Dienstleistungen erbracht werden, ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Hilfsumsätze iSd § 15 Abs. 5 Nr. 3 UStG iVm § 43 Nr. 3 UStDV bleiben bei dieser Aufteilung außen vor, dh der Ausschluss vom Vorsteuerabzug tritt insoweit nicht ein.

Darlehensgewährungen an Tochterunternehmen sind vom Wortlaut des § 43 Nr. 3 UStDV nicht erfasst, sondern ausschließlich Darlehensgewährungen an Kreditinstitute, die als Hilfsumsätze zu beurteilen sind.20 Möglicherweise gilt dies jedoch auch über Art. 174 Abs. 2 MwStSystRL für Darlehen an Tochterunternehmen. Besteht der Gegenstand des Unternehmens in der Finanzierung von Tochterunternehmen oder in dem Erwerb und der Verwaltung von Finanzanlagen, sind Darlehensgewährungen an Tochterunternehmen und Kreditinstitute nicht als Hilfsumsätze zu beurteilen.21 Dies dürfte in der Praxis regelmäßig der Fall sein.

Beispiel:

Sofern die allgemeinen Verwaltungskosten einer gemischten Holding iHv 40 auf den nichtunternehmerischen Bereich der Holding entfallen, ist insoweit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Für den unternehmerischen Anteil ist zu prüfen, ob der Vorsteuerabzug, soweit die allgemeinen Verwaltungskosten den Finanzierungsumsätzen zuzuordnen sind, gemäß § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen ist.22

Alternativen:

a) Darlehensnehmer sind Leistungsempfänger im Drittland = Vorsteuerabzug 60, § 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG iVm § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG

b) Darlehensnehmer sind Leistungsempfänger in Deutschland/EU = Vorsteuerabzug 30, § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG

c) Darlehensumsätze sind keine Hilfsumsätze iSd § 43 Nr. 3 UStDV = Vorsteuerabzug 30, § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG.

4.2 Nicht kostendeckende Darlehensgewährungen – anhängiges BFH-Verfahren23

Diese anstehende Entscheidung im Holdingkontext wird sich mit der Frage befassen, ob nicht fremdübliche Darlehensgewährungen eine unternehmerische Tätigkeit darstellen. In dem Urteilsfall gewährte eine Holdinggesellschaft – neben zeitweise weiterbelasteten Beratungsleistungen – Darlehen an deutsche Tochtergesellschaften. Die vereinbarten Zinssätze von 0,5 bis 4 % waren fremdunüblich niedrig. Daher sah das FG in der Darlehensgewährung keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des MwSt-Systems. Hierbei berücksichtigte das Gericht die Rechtsprechung des EuGH24, wonach eine Darlehensgewährung nur dann eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, wenn sie durch die Rentabilisierung des investierten Kapitals geprägt ist. Die Darlehensgewährung verfolge nicht das Ziel, das Kapital rentabel anzulegen, sondern sei Ausfluss der gesellschaftsrechtlichen Stellung der Holding.

In einem der Streitjahre gewährte die Holding Darlehen und berechnete Beratungsleistungen an Tochtergesellschaften weiter, im zweiten Streitjahr gab es letztere Dienstleistungen nicht. Die direkt der Beratungsleistung zuzuordnenden Eingangsumsätze wurden komplett zum Vorsteuerabzug zugelassen. Die sonstigen Vorsteuern (allgemeine Verwaltungskosten, Steuerberatung, Aufwendungen für Kommunikation, sonstige/nicht zuordenbare Aufwendungen) wurden im ersten Jahr entsprechend § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt. Die den Vorsteuerabzug vermittelnden Beratungsumsätze wurden zu der Summe der wirtschaftlichen sowie nicht wirtschaftlichen Umsätze (Zinsen) ins Verhältnis gesetzt. Im zweiten Jahr, in denen die Holding keine Beratungsumsätze tätigte und damit keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachging, wurde der Vorsteuerabzug insgesamt versagt.

Interessant bleibt nun, wie sich der BFH hierzu positioniert und ob er die Auffassung teilt, dass nicht fremdübliche Darlehensgewährungen nicht wirtschaftliche Tätigkeiten sind. Sollte dies der Fall sein, könnte diese Fragestellung auch für andere, nicht fremdübliche Dienstleistungen von Interesse sein. Führt eine fremdunübliche Geschäftsführungs- oder IT-Dienstleistung ebenfalls zu nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten? In der Entscheidung v. 6.4.201625 ließ der BFH offen, ob die Umsatzsteuer auf Leistungsentgelte eine Obergrenze für den Vorsteuerabzug darstellt.

5. Fazit und Ausblick

Auch zukünftig bleibt das Themenfeld im Fokus in der Diskussion zwischen den Unternehmen und der Finanzverwaltung und darauffolgend auch in der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Durch die jüngsten Urteile in diesem Kontext ist die Grenze des Vorsteuerabzuges bei Holdingunternehmen deutlich enger abgesteckt worden. Diese deutlichen Urteile sind zu begrüßen.

Interessant bleibt die anstehende Entscheidung des BFH zu fremdunüblichen Darlehensgewährungen auch in Bezug auf eine mögliche Ausweitung auf andere fremdunübliche Dienstleistungen. Sollte der BFH sich hier der in diesem Fall von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung anschließen, wäre es wünschenswert, dass der EuGH erneut die Gelegenheit bekäme, den Vorsteuerabzug bei Erwerbskosten einer Beteiligung mit anschließend fremdunüblichen Dienstleistungen der Holding genauer zu beleuchten.

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1 Frotscher, Internationales Steuerrecht, 5. Aufl. 2020, Rn. 626.

2 Vgl. EuGH v. 14.11.2000 – C-142/99, Floridienne SA u. Berginvest SA, DStRE 2000, 1268; v. 29.4.2004 – C-77/01, EDM, DStRE 2004, 1095 mAnm Philipp; Abschn. 2.3 UStAE Abs. 2 S. 1.

3 Vgl. EuGH v. 27.9.2001 – C-16/00, Cibo Participations SA, DStR 2001, 1795.

4 Vgl. BFH v. 9.2.2012 – V R 40/10, BStBl. II 2012, 844, DStR 2012, 518; Abschn. 15.22 UStAE Abs. 1 S. 3.

5 Vgl. EuGH v. 8.11.2018 – C-502/17, C&D Foods Acquisition ApS, DStR 2018, 2425.

6 Vgl. EuGH v. 27.9.2001 – C‑16/00, Cibo Participations, DStR 2001, 1795 Rn. 31; v. 6.9.2012 – C‑496/11, Portugal Telecom SGPS SA, DStR 2012, 1859 Rn. 36.

7 Vgl. EuGH v. 29.4.2004 – C-77/01, EDM, DStRE 2004, 1095 mAnm Philipp; Art. 174 Abs. 2 MwStSystRL.

8 Art. 168 MwStSystRL.

9 Vgl. BFH v. 6.4.2016 – V R 6/14, BStBl. II 2017, 577, DStR 2016, 1366; Abschn. 15.22 UStAE Abs. 1 S. 4.

10 Vgl. EuGH v. 16.7.2015 – C-108/14, C-109/14, Beteiligungsgesellschaft Larentia + Minerva/Marenave Schiffahrts AG, DStR 2015, 1673.

11 Vgl. BFH v. 19.1.2016 – XI R 38/12, BStBl. II 2017, 567, DStR 2016, 587 mAnm Treiber; und v. 1.6.2016 – XI R 17/11, BStBl. II 2017, 581, DStR 2016, 1668 mAnm Treiber.

12 Vgl. BMF v. 26.5.2017 – III C 2 – S 7105/15/10002, BStBl. I 2017, 790, DStR 2017, 1268.

13 Vgl. BFH v. 6.4.2016 – V R 6/14, BStBl. II 2017, 577, DStR 2016, 1366.

14 Vgl. EuGH v. 8.11.2018 – C-502/17, C&D Foods Acquisition ApS, DStR 2018, 2425; vgl. v. 12.11.2020 – C-42/19, Sonaecom SGPS, DStR 2020, 2602.

15 Vgl. EuGH v. 8.9.2022 – C-98/21, W-GmbH, DStR 2022, 1904.

16 So etwa Grebe/Raudszus Ubg 2019, 41; Prätzler jurisPraxisReport-SteuerR 43/2015, Anm. 6.

17 EuGH v. 8.9.2022 – C-98/21, W-GmbH, Vorabentscheidungsersuchen des BFH v. 23.9.2020 – XI R 22/18, DStR 2021, 346.

18 Vgl. EuGH v. 12.1.2017 – C-28/16, MVM, DStR 2017, 2806.

19 Grds. steuerfrei nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG.

20 Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 11.11.2019 – 7 V 7180/19, BeckRS 2019, 30149.

21 Vgl. BFH v. 19.1.2016 – XI R 38/12, BStBl. II 2017, 567, DStR 2016, 587 mAnm Treiber.

22 Aufteilung der Vorsteuer bei einer gemischten Holding nach § 15 Abs. 4 UStG analog, s. oben Fn. 6.

23 Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 14.6.2021 – 7 K 7011/19, BeckRS 2022, 12528; Rev. anh., Az. BFH: V R 30/21.

24 Vgl. EuGH v. 14.11.2000 – C-142/99, Floridienne SA u. Berginvest SA, DStRE 2000, 1268 Rn. 28.

25 Vgl. BFH v. 6.4.2016 – V R 6/14, BStBl. II 2017, 577, DStR 2016, 1366 Rn. 40.

Thorsten Reichert: Dipl.-Fw. (FH) Thorsten Reichert ist nach einer Tätigkeit als Dozent an der Fachhochschule für Finanzen in Nordkirchen Sachgebietsleiter im FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Düsseldorf II. Der Aufsatz ist nicht dienstlicher Natur und gibt ausschließlich die persönliche Ansicht des Verfassers wieder.