Widerruf einer Pensionszusage

Widerruf einer Pensionszusage

Widerruf einer Pensionszusage

Eine GmbH kann Ansprüchen aus einer ihrem Geschäftsführer erteilten Versorgungszusage nur dann den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten, wenn der Versorgungsberechtigte seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt (Festhaltung BGH, NZG 2000, 498 = ZIP 2000, 380 [381 f.]). Dies setzt voraus, dass die Gesellschaft durch das grobe Fehlverhalten des Begünstigten in eine ihre Existenz bedrohende Lage gebracht wurde; ob im Einzelfall die Zufügung eines außerordentlich hohen Schadens genügen kann, kann offenbleiben.

BGH, Urt. v. 2.7.2019 – II ZR 252/16 (OLG Köln, Urt. v. 25.8.2016 – 18 U 230/14)

Zum Sachverhalt:

Der Kl. war mit einem Anteil von 98 % Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der bekl. GmbH, die 1995 gegründet und im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig wurde. Unter dem 30.11.1999 erteilte die Bekl. dem Kl. eine Pensionszusage, die später mehrmals angepasst wurde. Zur Deckung der Pensionszusage deponierte die Bekl. in der Folgezeit bei der BB-Bank erhebliche Vermögenswerte. Ab dem 1.5.2011 bezog der damals 62-jährige Kl. die vereinbarte Altersversorgung, blieb aber Geschäftsführer mit abgesenktem Gehalt.

Der Kl. beabsichtigte nach dem Erreichen des Rentenalters, einen bedeutenden Teil seiner Geschäftsanteile zu veräußern und zugleich seinen Söhnen S und N eine dauerhafte Anstellung als Geschäftsführer der Bekl. zu ermöglichen. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 13.6.2013 veräußerte der Kl. 51 % der Geschäftsanteile an der Bekl. an die zur K-Unternehmensgruppe gehörende E-GmbH (künftig: E), die damit Mehrheitsgesellschafterin wurde. Weitere Gesellschafter blieben der Kl. mit 47 % und Sch mit 2 %. Der im notariellen Vertrag genannte Kaufpreis von 150.000 Euro sollte aus Ausschüttungen der Bekl. auf die Geschäftsanteile der E gezahlt werden. Weitere 350.000 Euro sollten gemäß einer ebenfalls am 13.6.2013 privatschriftlich geschlossenen Grundlagenvereinbarung dem Kl. ab 2014 in Form von Tantiemen zufließen. Zu der Grundlagenvereinbarung gab die E unter dem 18.6.2013 eine Zusatzerklärung ab, die ua die Verpfändung der für Pensionsverpflichtungen zweckgebundenen Kapitalanlagen der Bekl. an die versorgungsberechtigten Personen vorsah.

Durch Auflösungsvereinbarung vom 30.7.2013 wurden die Grundlagenvereinbarung und die Zusatzerklärung aufgehoben. Am selben Tag schlossen die K-GmbH (künftig: K), die E, die Bekl. und der Kl. zur Kompensation einen so bezeichneten Grundlagenvertrag. Dieser regelte ua eine Überleitung der Geschäfte der Bekl. auf K. Ab dem 19.8.2013 sollten alle Leistungen der Bekl. den Kunden durch K in Rechnung gestellt werden; die Pensionsverpflichtungen sollten aber bei der Bekl. verbleiben. Eine Verpfändung der für Pensionsverpflichtungen zweckgebundenen Kapitalanlagen sah der Grundlagenvertrag nicht mehr vor. Vereinbart wurden ferner der Abschluss eines Beratervertrags zwischen K und dem Kl. sowie eine liquiditätsabhängige Beteiligung des Kl. am Umsatz der K mit Altmandanten. Im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung wurden neben dem Kl. dessen Söhne S und N sowie der Geschäftsführer der E, U, zu weiteren Geschäftsführern der Bekl. bestellt.

Ab August 2013 kam es zu Streitigkeiten zwischen dem Kl. und seinen Söhnen auf der einen sowie der E, U und der Mitgesellschafterin Sch auf der anderen Seite, die in ein nachhaltiges Zerwürfnis insbesondere zwischen dem Kl. und U mündeten. Am 23.8.2013 verpfändete der Kl. namens der Bekl. zu seinen Gunsten Vermögenswerte (Geldbeträge und Wertpapiere) der Bekl. im Wert von ca. 710.000 Euro oder ca. 600.000 Euro, die zur Deckung der Pensionszusage bei der BB-Bank deponiert waren. Nachdem die Pensionszahlung für September 2013 bis dahin ausgeblieben war, teilte der Kl. der Bekl. mit Schreiben vom 23.9.2013 mit, dass er von seinem – bestrittenen – Recht auf Kapitalabfindung Gebrauch mache und veranlasste den Transfer der zu seinen Gunsten verpfändeten Vermögenswerte auf ein für ihn und seine Ehefrau geführtes Konto. Die Bekl. nahm den Kl. in einem Parallelverfahren erfolgreich auf Rückerstattung in Anspruch. Am 2.9.2013 verweigerten der Kl. und seine Söhne ihnen bekannten Mitarbeitern der E den Zutritt zu den Geschäftsräumen der Bekl. ohne Vorlage einer entsprechenden Vollmacht. Am 20.9.2013 beschloss die Gesellschafterversammlung der Bekl. mehrheitlich, den Verwaltungssitz von B. nach K. zu verlegen. Der Kl., der diesen Beschluss für unwirksam hielt, weigerte sich, seine Tätigkeit in K. aufzunehmen. Auch seine Söhne wurden nicht in K. tätig. Die gegen den Gesellschafterbeschluss gerichtete Anfechtungsklage des Kl. hatte im Ergebnis keinen Erfolg.

Mit einem Rundschreiben vom 1.10.2013 wandte sich der Kl. an Kunden der Bekl. und teilte mit, er sei als Geschäftsführer der Bekl. bis auf weiteres nicht mehr unter der bekannten Festnetznummer, sondern nur noch unter seiner näher bezeichneten Mobilfunknummer erreichbar.

In einer Gesellschafterversammlung vom 9.10.2013 wurde der Kl. als Geschäftsführer abberufen und der für die K Gruppe tätige T N zum weiteren Geschäftsführer bestellt. Weiter wurde beschlossen, die dem Kl. erteilte Pensionszusage zu widerrufen. Diesen Beschluss hat der Kl. in einem Parallelverfahren erfolgreich angefochten.

In der Gesellschafterversammlung vom 28.11.2013 wurden zu TOP 1–3 mehrheitlich Beschlüsse gefasst, die die Abberufung der beiden Söhne des Kl. als Geschäftsführer aus wichtigem Grund sowie die Kündigung der Anstellungsverträge mit dem Kl. und seinen Söhnen betrafen. Zu TOP 4 wurde die Bestätigung des Gesellschafterbeschlusses vom 9.10.2013 über den Widerruf der dem Kl. erteilten Pensionszusage beschlossen; weiter wurde beschlossen, den Widerruf vorsorglich erneut zu erklären. Neben der Bekl. bestand die Dr. L-Gesellschaft mbH (künftig: Dr. L.). Für diese Gesellschaft wurde der Kl. im Bereich der betrieblichen Altersversorgung tätig, wobei auch die Bezeichnung „Dr. L-GmbH“ verwendet wurde. Demgegenüber hat die Bekl. ihre Geschäftstätigkeit mittlerweile eingestellt. Worauf dies zurückzuführen ist, ist im Einzelnen streitig. Die Bekl. erhebt den Vorwurf, dass der Kl. und seine Söhne die Bestandskunden der Bekl. bzw. die für die Kundenwerbung maßgebenden „Multiplikatoren“ auf die Dr. L übergeleitet hätten.

Mit seiner Anfechtungsklage wendet sich der Kl. gegen die am 28.11.2013 zu TOP 1–4 gefassten Gesellschafterbeschlüsse. Das LG hat lediglich den zu TOP 4 gefassten Beschluss für nichtig erklärt, soweit damit der – seinerseits in einem Vorprozess für nichtig erklärte – Beschluss vom 9.10.2013 über den Widerruf der Pensionszusage bestätigt worden ist (LG Köln, Urt. v. 14.11.2014 – 82 O 25/14, BeckRS 2016, 16516). Im Übrigen, auch hinsichtlich des erneuten Widerrufs der Pensionszusage, hat das LG die Klage abgewiesen. Das BerGer. (OLG Köln, Beschl. v. 25.8.2016 – 18 U 230/14, BeckRS 2016, 136673) hat die Berufung des Kl. durch Beschluss zurückgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kl. die Anfechtung des zu TOP 4 zum erneuten Widerruf der Pensionszusage gefassten Gesellschafterbeschlusses weiter.

Die Revision hatte Erfolg und führte hinsichtlich des zu TOP 4 gefassten Gesellschafterbeschlusses zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.

Aus den Gründen:

14I. Das BerGer. hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:

15Der Widerruf der dem Kl. erteilten Pensionszusage sei wegen der Verfehlungen des Kl. und ihrer Auswirkungen auf die Bekl. gerechtfertigt. Der Kl. habe seine langjährige Tätigkeit für die Bekl. teilweise – nämlich hinsichtlich der Bindung der Kunden an die Bekl. und nicht den Kl. persönlich – schon dadurch entwertet, dass er zum einen an der vereinbarten Integration der Bekl. in die K-Gruppe nicht mitgewirkt und sich der Umsetzung der jedenfalls vorläufig wirksam beschlossenen Verlegung des Verwaltungssitzes der Bekl. ohne weiteres verweigert habe, und dass er zum anderen mit seiner Rund-E-Mail an die Kunden der Bekl. dafür gesorgt habe, dass sein persönlicher Kontakt zu den Kunden aufrechterhalten geblieben sei, diese nicht ohne weiteres auf ein Unternehmen der K-Gruppe hätten übergeleitet werden können und zudem Rückfragen der Kunden bei dem ihnen bekannten Kl. zum Hintergrund der Rund-E-Mail nahegelegen hätten.

16Im Übrigen habe der Kl. seine Tätigkeit für die Bekl. entwertet, indem er eigenmächtig auf die Vermögenswerte der Bekl. zugegriffen habe und schließlich für seine andere Gesellschaft im Geschäftsfeld der Bekl. tätig geworden sei. Denn danach sei der Bekl. jede auch nur teilweise und zeitweise Verwendung des Deckungsvermögens, die den Deckungszweck selbst nicht berühre, unmöglich gewesen.

17Der Widerruf der Pensionszusage sei dem Kl. nicht nur vor dem Hintergrund seiner schwerwiegenden Pflichtverletzungen zumutbar, sondern auch deshalb, weil er an den zur Bekl. zurückgelangenden und nach dem Widerruf der Pensionszusage nicht mehr zweckgebundenen Vermögenswerten mittelbar als Gesellschafter und im Falle seines Ausscheidens über seinen Abfindungsanspruch beteiligt wäre.

18Offenbleiben könne, in welchem Umfang die Dr. L schon vor der Auseinandersetzung zwischen dem Kl. und U um die Bekl. am Markt tätig gewesen sei. Ebenso brauche nicht aufgeklärt zu werden, in welchem Umfang der Kl. für diese weitere Gesellschaft Geschäfte mit früheren Kunden der Bekl. tätige und wie es genau dazu gekommen sei. Schließlich brauche nicht festgestellt zu werden, inwieweit das Auftreten des Geschäftsführers N gegenüber Multiplikatoren zum Zusammenbruch der Geschäfte der Bekl. beigetragen habe und inwiefern der Bekl. von Unternehmen der K-Gruppe zu Unrecht Leistungen in Rechnung gestellt worden seien.

19II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

20Der angegriffene Gesellschafterbeschluss zum „Widerruf“ der Pensionszusage kann nur Bestand haben, wenn die Verpflichtungen der Bekl. aus der Pensionszusage nicht mehr bestehen oder die Bekl. eine Erfüllung dieser Verpflichtungen verweigern, insbesondere dem Kl. den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten kann. Die Voraussetzungen hierfür sind nach den vom BerGer. getroffenen Feststellungen nicht erfüllt.

211. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats sind Versorgungszusagen nur dann dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand ausgesetzt, wenn der Pensionsberechtigte seine Pflichten in so grober Weise verletzt hat, dass sich die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue nachträglich als wertlos oder zumindest erheblich entwertet herausstellt (BGH, NZG 2000, 498 = ZIP 2000, 380 [381 f.]; NJW-RR 2000, 1277 = NZA 2001, 612 = ZIP 2000, 1452 [1454]; NZA 2002, 511 = ZIP 2002, 364 [365]; NZG 2002, 635 [636]; NJW-RR 2007, 1563 Rn. 18). Diese – mit der Judikatur des BAG übereinstimmende – Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass das Versorgungsversprechen Teil des von dem Dienstberechtigten geschuldeten Entgelts ist. Ebenso, wie durch eine fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses die Vergütungspflicht des Dienstherrn nicht rückwirkend beseitigt werden kann, kann sich der die Versorgung Zusagende durch eine entsprechende Erklärung nicht von der Verpflichtung befreien, im Versorgungsfall diesen Teil der geschuldeten und versprochenen Vergütung zu leisten. Insofern bewendet es vielmehr dabei, dass das Dienstverhältnis fristlos beendet und gegebenenfalls Schadenersatz gefordert werden kann. Erst dann, wenn das pflichtwidrige Verhalten des Dienstverpflichteten sich als eine besonders grobe Verletzung der Treuepflicht des Leitungsorgans darstellt, kann die Gesellschaft den Rechtsmissbrauchseinwand erheben (BGH, NZA 2002, 511 = ZIP 2002, 364 [365]; NZG 2002, 635 [636]).

22Hierfür genügt es nicht, dass ein wichtiger Grund für die sofortige Beendigung des Anstellungsverhältnisses besteht oder dass das Leitungsorgan gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßen hat. Vielmehr hat der Senat die entsprechende Voraussetzung bisher nur dann bejaht, wenn der Versorgungsberechtigte den Versprechenden in eine seine Existenz bedrohende Lage gebracht hat, weil jedenfalls dann die Grenze überschritten ist, bis zu der auch der pflichtwidrig Handelnde, ohne sich dem Einwand auszusetzen, rechtsmissbräuchlich zu handeln, das ihm gegebene Versprechen einfordern kann. Ob auch ohne eine solche Existenzgefährdung der versorgungspflichtigen Gesellschaft sich der Versorgungsberechtigte im Einzelfall wegen der besonderen Umstände seines Verhaltens und der extremen Höhe des von ihm angerichteten, wenngleich nicht zur Existenzgefährdung führenden Schadens ausnahmsweise den Rechtsmissbrauchseinwand entgegenhalten lassen muss, hat der Senat bislang offengelassen (BGH, NZA 2002, 511; NZG 2002, 635 [636]; NJW-RR 2007, 1563 Rn. 18).

23Danach setzt ein zum „Widerruf“ der Pensionszusage berechtigender Rechtsmissbrauch jedenfalls voraus, dass die Gesellschaft durch das grobe Fehlverhalten des Begünstigten in eine ihre Existenz bedrohende Lage gebracht wurde, zumindest aber einen außerordentlich hohen Schaden erlitten hat. Ob es stets einer Existenzgefährdung bedarf, muss hier nicht entschieden werden. Erforderlich ist zumindest eine massive Schädigung der Gesellschaft durch das Fehlverhalten des Begünstigten.

242. Die Erfüllung dieser rechtlichen Voraussetzungen, von denen auch die Revisionserwiderung ausgeht, hat das BerGer. nicht festgestellt. Zwar mag eine existenzbedrohende Lage der Bekl. anzunehmen sein. Es fehlt aber an der Feststellung, dass die Existenzgefährdung maßgebend auf grobe Pflichtverletzungen des Kl. zurückzuführen ist.

25a) Die Feststellungen des BerGer. zur Einflussnahme auf das Kundenverhalten, namentlich im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Kl. für die Dr. L, genügen nicht, um eine existenzgefährdende Schädigung der Bekl. durch pflichtwidriges Verhalten des Kl. annehmen zu können. Die gegenteilige Auffassung der Revisionserwiderung, die sich vornehmlich auf Ausführungen des BerGer. in seinem Hinweisbeschluss stützt, geht fehl.

26aa) Allerdings hatte das LG, auf dessen Urteil das BerGer. in seinem Hinweisbeschluss Bezug genommen hat, noch festgestellt, dass der Kl. den Kundenstamm der Bekl. treuwidrig mithilfe falscher oder zumindest irreführender Informationen auf die Dr. L übergeleitet und hierdurch seit Anfang Oktober 2013 den Geschäftsbetrieb der Bekl. vorsätzlich und nachhaltig zum Erliegen gebracht habe. Diese Einschätzung hat der Kl. mit seiner Berufung aber angegriffen. Das BerGer. hat in seinem Hinweisbeschluss daraufhin offengelassen, ob der Kl. die früheren Kunden der Bekl. aktiv auf seine weitere Gesellschaft übergeleitet habe, und ausgeführt, hierauf komme es letztendlich nicht an und es sei auch nicht ausschlaggebend, dass für den Kl. kein vertragliches Wettbewerbsverbot vorgesehen gewesen sei. Gleichwohl hat das BerGer. im Hinweisbeschluss ausgeführt, es sei insbesondere unter Berücksichtigung der E-Mail-Schreiben des Kl. von Anfang Oktober 2013 sowie des zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Geschäftseinbruch bei der Bekl. und des umfangreichen Geschäfts der Dr. L mit früheren Kunden der Bekl. davon überzeugt (§ 286 I ZPO), dass der Kl. die Bekl. sowohl mit dem zu seiner Abberufung und Kündigung als Geschäftsführer führenden Verhalten als auch mit seinem Verhalten kurz vor und nach seinem Ausscheiden so schwer geschädigt habe, dass sich seine langjährige Tätigkeit für die Bekl. vor diesem Hintergrund als erheblich entwertet herausstelle und er die Bekl. in eine existenzbedrohende Lage gebracht habe.

27Ob diese teilweise wertende Einschätzung ausreichende tatsächliche Feststellungen für die Annahme einer Existenzgefährdung der Bekl. infolge groben Fehlverhaltens des Kl. beinhaltet, kann offenbleiben. Denn der abschließenden Entscheidung über die Berufung des Kl., auf die die revisionsrechtliche Prüfung bezogen ist, liegen jedenfalls keine hinreichenden Feststellungen mehr zugrunde.

28bb) Das BerGer. hat, nachdem der Kl. zu dem Hinweisbeschluss nochmals umfassend Stellung genommen und eine ihm anzulastende schwerwiegende Schädigung der Bekl. im Einzelnen in Abrede gestellt hatte, im Zurückweisungsbeschluss zwar auf den Hinweisbeschluss Bezug genommen. Es hat aber auch erklärt, dass die Ausführungen des Kl. zum Hinweisbeschluss Anlass zu einigen Richtigstellungen und weiteren Ergänzungen gäben. Im Zurückweisungsbeschluss hat das BerGer. sodann ausdrücklich offengelassen, in welchem Umfang die Dr. L schon vor der Auseinandersetzung am Markt tätig war und in welchem Umfang der Kl. für diese Gesellschaft Geschäfte mit früheren Kunden der Bekl. getätigt hat. Die pflichtwidrige Überleitung eines erheblichen Teils der Kunden der Bekl. auf das vom Kl. geleitete Konkurrenzunternehmen kann auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Überdies hat das BerGer. davon abgesehen, nähere Feststellungen zu anderweitigen, von dem Kl. nicht zu verantwortenden Umständen zu treffen, die nach dem Vorbringen des Kl. für den wirtschaftlichen Niedergang der Bekl. ausschlaggebend gewesen sein sollen. So hat das BerGer. dahinstehen lassen, inwiefern das Auftreten des Geschäftsführers N zum Zusammenbruch der Geschäfte der Bekl. beigetragen habe.

29Das BerGer. hat sich im Zurückweisungsbeschluss darauf beschränkt, einzelne, einer Existenzgefährdung der Bekl. vorgelagerte Umstände festzustellen, die dem Kl. vorzuwerfen seien und seine langjährige Tätigkeit für die Bekl. entwerteten. Die angesprochenen Verhaltensweisen des Kl. wie seine fehlende Mitwirkung an der Integration der Bekl. in die K-Gruppe, die verweigerte Teilnahme an der Verlegung des so bezeichneten Verwaltungssitzes nach K., das Aufrechterhalten eines persönlichen Kontaktes zu Kunden der Bekl. sowie die Tätigkeit des Kl. für die Dr. L betreffen zwar Umstände, die zu einer wirtschaftlichen Schwächung der Bekl. beigetragen haben können. Ohne eine nähere Bewertung der jeweiligen Auswirkungen unter Berücksichtigung möglicher Alternativursachen rechtfertigen diese Umstände aber nicht die Schlussfolgerung, dass die existenzbedrohende Lage der Bekl. im Wesentlichen dem Kl. anzulasten sei.

30Das BerGer. hat im Übrigen auch keine Feststellungen zu einer möglichen Verpflichtung des im Pensionsalter stehenden Kl. getroffen, der Bekl. längerfristig als Geschäftsführer, insbesondere für geschäftliche Außenkontakte, zur Verfügung zu stehen. Insofern kann die nach den Ausführungen des BerGer. durch eigenes Fehlverhalten des Kl. herbeigeführte Abberufung als Geschäftsführer nicht ohne weiteres als eine den Pensionsanspruch berührende wesentliche Pflichtverletzung gewertet werden, auch wenn bereits das Ausscheiden des Kl. dazu beigetragen haben sollte, dass so bezeichnete Multiplikatoren, denen für die Zuführung von Kunden besondere Bedeutung zukommt, davon Abstand nahmen, ihre langjährige, durch ein persönliches Vertrauensverhältnis mitgeprägte Zusammenarbeit mit der unter neuer Leitung stehenden Bekl. fortzusetzen.

31b) Der dem Kl. außerdem vorgeworfene eigenmächtige Zugriff auf Vermögenswerte der Bekl. lässt keine Schädigung der Gesellschaft erkennen, auf die eine Verweigerung der Pensionszahlungen gestützt werden könnte.

32Das BerGer. geht selbst davon aus, dass die betroffenen Vermögenswerte der Deckung der dem Kl. sowie ferner der Mitgesellschafterin Sch erteilten Pensionszusagen dienen sollen. Es verweist zwar darauf, dass der Bekl. durch den Zugriff des Kl. jede auch nur teilweise und zeitweise Verwendung des Deckungsvermögens, die den Deckungszweck selbst nicht berühre, unmöglich gewesen sei. Es ist indes, wie die Revision zu Recht einwendet, nicht ersichtlich, welche zeitweiligen Verwendungsmöglichkeiten, die den Deckungszweck unberührt lassen, ihn insbesondere auch nicht gefährden, tatsächlich bestanden haben und zur Abwendung des wirtschaftlichen Niedergangs geeignet gewesen sein könnten. Zudem ist der Bekl. auch deshalb im Ergebnis kein bleibender Schaden entstanden, weil ihr bereits vor Erlass der Berufungsentscheidung in einem Parallelverfahren ein Rückgewähranspruch zugesprochen worden und durch Sicherheitsleistung des Kl. gesichert war.

33c) Der Hinweis des BerGer., dass der Kl. bei einem Verlust seiner Pensionsansprüche immerhin aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter, auch im Falle seines Ausscheidens, von den dann nicht mehr zweckgebundenen Vermögenswerten anteilig profitieren könne, ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen für einen durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand nach den bisherigen Feststellungen nicht vorliegen. Ferner würde der Umstand, dass sich ein etwaiger Abfindungsanspruch des Kl. durch einen Wegfall der Pensionsverpflichtungen anteilig erhöhen würde, in gleicher Weise das Interesse der Bekl. an einer Befreiung von den Pensionsverpflichtungen mindern.

34III. Die Berufungsentscheidung ist danach aufzuheben (§ 562 I ZPO). Die Sache ist zur neuen Entscheidung zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 I 1 und 3 ZPO).

35Das BerGer. wird die erforderlichen Feststellungen zu treffen und bei einer erneuten Würdigung des Verhaltens des Kl. gegebenenfalls auch eine mögliche Abhängigkeit der für die Übertragung der Geschäftsanteile vereinbarten Gegenleistung vom wirtschaftlichen Wohlergehen der Bekl. zu berücksichtigen und sich mit der unter Beweis gestellten Behauptung des Kl. zu befassen haben, U habe vor dem Erwerb der Geschäftsanteile Dritten gegenüber erklärt, Darlehensverbindlichkeiten „aus dem Vermögen der Bekl.“ zurückzahlen zu wollen.

Anm. d. Schriftltg.:

S. BGH, NZA 2019, 706 = NJW 2019, 2086 mAnm. Lunk zur Frage, ob der GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer anzusehen ist. Zur Versorgungszusage an Gesellschaftergeschäftsführer einer GmbH vgl. LAG Baden-Württemberg, NZG 2019, 713 Ls. = BeckRS 2019, 7826 und Uckermann/Heilck, NZA 2014, 1187.

Quelle: BGH: Widerruf einer Pensionszusage, NZA-RR 2019, 491. BGB § 242; ZPO § 286 I.